Titel: Jeder hat sein Leben ganz zu leben. Die Tagebücher 1963-1979
Autor: Rudi Dutschke
Herausgegeben von: Gretchen Dutschke
Verlag: Kiepenheuer und Witsch
Erschienen: März 2003
Seitenzahl: 256
ISBN-10: 3462032240
ISBN-13: 978-3462032246
Preis: 24.99 EUR
Rudi Dutschke wurde am 7. März 1940 geboren und starb am 24. Dezember 1979.
Er war ohne Frage eine sehr charismatische Persönlichkeit. Und diese Tagebücher – herausgegeben von seiner Frau Gretchen – zeigen den Menschen Rudi Dutschke, seine politischen Ideen und auch seine Zerrissenheit.
Dutschke wollte die sozialistische Weltrevolution auch in Deutschland, musste aber irgendwann einsehen, dass er lediglich einer Utopie anhing. Er war ein Mensch, der auch zu seinen Irrtümern stand, dabei ein umgänglicher Zeitgenosse, der sehr an seinen Kindern hing und immer Zeit für sie hatte. Er war nicht berechnend.
Er irrte aber in vielen Dingen.
Wenn man diese Tagebücher liest, dann staunt man über die Authentizität und Ehrlichkeit des Rudi Dutschke. Denn ehrlich war er. Er war kein Intrigant sondern diskutierte offen sagte seine Meinung ohne taktische Hintergedanken. Das unterschied ihn von sehr vielen linken Kräften, die ihrer Überzeugung alles und jedes unterordneten.
Rudi Dutschke hatte sich von dem Attentat auf ihn im April 1968 nie wieder ganz erholt. Er litt unter epileptischen Anfällen und war durch sie gehandicapt. Trotzdem promovierte er.
Dutschke war ohne Frage ein genialer Denker und Redner – auch wenn er die politische Situation oftmals vollkommen falsch einschätzte und so auch zu völlig abwegigen Ergebnissen kam. Aber auch in solchen Fällen konnte er überzeugend argumentieren und war auch bereit Irrtümer und Gegenargumente anzuerkennnen.
Rudi Dutschke hatte große Schwierigkeit mit den Verbrechern der Baader-Meinhof-Bande und war nie auch nur annähernd bereit, sich diese kriminellen Elementen anzuschließen.
Diese Tagebücher sind interessant, wenn auch nicht immer einfach zu lesen. Manchmal brachte Dutschke nur Fragmente zu Papier, Abkürzungen und Andeutungen. Seiner Frau Gretchen ist es zu verdanken, dass diese Tagebücher redaktionell – wo notwendig – überarbeitet wurden, ohne aber ihren Wesensgehalt zu verändern.
Rudi Dutschke stand oftmals im Mittelpunkt einer spannenden Zeit, einer Zeit, in die aber nicht zuviel hineininterpretiert werden sollte. Die „1968er-Bewegung“ - nennen wir sie einfach mal so – hat dieses Land sicher in einigen Punkten verändert, entscheidende Veränderungen hat diese Bewegung aber nicht zustande gebracht.
Diese Tagebücher sind sehr lesenswert, authentisch und vor allen Dingen ehrlich. Ein wirklich hochinteressantes zeitgeschichtliches Dokument. Ein Dokument auch über Engagement für eine Sache und ein Dokument über grundlegende politische Irrtümer. 8 Punkte.