Eliot Pattison: Die Frau mit den grünen Augen

  • Eliot Pattison: Die Frau mit den grünen Augen

    Aufbau Taschenbuch 17. August 2018. 400 Seiten

    ISBN-10: 3746634172

    ISBN-13: 978-3746634173. 14€

    Originaltitel: Skeleton God

    Übersetzer: Thomas Haufschild


    Verlagstext

    Tibet sehen … Shan, der ehemalige Ermittler aus Peking, ist zum Polizisten ernannt worden. Als eine alte Nonne niedergeschlagen wird, versucht er, den Täter ausfindig zu machen – und gerät gleich in Schwierigkeiten. In einer Gruft, die von der Nonne bewacht wurde, werden drei Leichen gefunden: ein alter Lama, der als Heiliger verehrt wird, ein Soldat, der seit ungefähr fünfzig Jahren tot ist – und ein etwa vierzigjähriger, westlich gekleideter Mann, der allenfalls vor ein paar Stunden ermordet wurde. Shan findet heraus, dass der Tote ein Amerikaner ist, dessen Mutter vor vielen Jahren aus Tibet in die USA geflohen ist. Zeugen meinen, eine Frau an dem Grabmal gesehen zu haben: eine Frau mit auffällig grünen Augen.


    Der Autor

    Eliot Pattison ist Journalist und Rechtsanwalt. Er ist oft nach Tibet und China gereist und lebt mit seiner Familie in Oley, Pennsylvania.


    Inhalt

    Eliot Pattisons chinesischer Ermittler Shan ist seit mittlerweile fast 20 Jahren aktiv und wird im 9. Band der Reihe als einfacher Polizist in Yangkor/Tibet tätig. Im ersten Band war Shan, der in Peking gegen die falschen Leute ermittelt hatte, als Strafgefangener in einer Ermittlung zu Hilfe gerufen worden. Inzwischen lebt Shan bereits so lange in Tibet, dass er Tibetisch spricht und schreibt und eine Menge über die Kultur gelernt hat. Seine Sonderrolle als Han-Chinese, der die tibetische Religion und die lokalen Sitten achtet, dient Shans Gegenspieler Oberst Tan allein zur besseren Kontrolle seines ehemaligen Gefangenen, stellt Shan nüchtern fest. Tan hat Shan noch immer in der Hand; denn Shans Sohn ist zu Lagerhaft verurteilt worden. Sollte Shan nicht spuren, wird Sohn Ko das sehr direkt zu spüren bekommen.


    Der kleine Ort hat etwas mehr als 400 Einwohner, so dass normalerweise kaum mehr passiert, als dass ein störrisches Yak aus dem Schlamm gerettet werden muss. Doch weil die chinesischen Behörden auf dem Dach der Welt nach Belieben schalten und walten, ist es mit Shans idyllischem Alltag bald vorbei. Ein Gefangenentransport macht im Ort halt und kurz darauf werden zufällig unter einer Grabplatte drei Leichen entdeckt, ein Lama, der schon hunderte von Jahren tot sein könnte, ein Soldat der Volksarmee, vor rund 50 Jahren getötet, und ein junger Ausländer, der gerade erst ums Leben gekommen ist. Der Soldat und der Ausländer sind mit identischer Methode getötet worden. Shan hört sich nun in seiner bewährten Art um, wie der Ausländer überhaupt von den Behörden unbemerkt hierher gelangt ist, was die Armee in den Bergen vor 50 Jahren unternahm und welcher Zusammenhang zwischen den Todesfällen bestehen könnte. Auch wenn Shan schon lange in Tibet lebt, hat er von den Bewohnern noch immer nicht alle Geschichten aus der Zeit der Zwangs-Annektierung Tibets erzählt bekommen. Er hört von einer Medizinschule im Ort, die vor seiner Zeit von einer mächtigen tibetischen Familie betrieben wurde, sowie von geheimen Dokumenten, die vor den chinesischen Besatzern verborgen gehalten werden und mit denen die Zerstörung tibetischer Heiligtümer zu beweisen wäre. Eine wichtige Rolle zur Lösung des Rätsels spielt Shans Fähigkeit, sich in den Bergen wie ein Einheimischer zu bewegen und sich dabei Wege und Gipfel bildlich vorzustellen. Landkarten gibt es nämlich nicht, weil sie von oppositionellen Tibetern zur Flucht genutzt werden könnten. Erst als Shan sich klar macht, dass in den Bergen auch moderne Dämonen aktiv sind, denen man besser aus dem Weg geht, kann er diesen seltsamen Fall lösen.


    Fazit

    Höchst interessant in Eliot Pattisons Krimis ist jedes Mal, wie sich die Beziehung zwischen Tan und Shan weiterentwickelt und ob Shan seinen Werten wohl treu bleiben kann. Und weil bei Pattison stets der Weg das Ziel ist, vermittelt er dabei zahlreiche Details über Tibet.


    Leser sollten Shan wenigstens in einem beliebigen Band vorher begegnet sein, um seine ungewöhnliche Rolle nachvollziehen zu können als Kontaktperson zwischen einer unterdrückten Minderheit und deren Unterdrückern.


    Die Reihe

    Der fremde Tibeter (1991)

    Das Auge von Tibet (2001)

    Das tibetische Orakel (2002)

    Der verlorene Sohn von Tibet (2004)

    Der Berg der toten Tibeter (2007)

    Der tibetische Verräter (2009)

    Der tibetische Agent (2012)


    8 von 10 Punkten

  • Ich bin begeisterte Krimileserin und lese auch sehr gerne über fremde Kulturen, deshalb habe ich mir dieses Buch ausgewählt, denn laut Klappentext entsprach es genau meinen Vorstellungen. Allerdings muß ich im Nachhinein sagen, es war sehr ehrgeizig, als Neueinsteiger mit Band 9 dieses tibetischen Krimis zu beginnen.


    Ausgangspunkt ist, daß Shan Tao Yun früher Ermittler in Peking war und jetzt als Wachtmeister in Yengtse tätig ist. Sein Sohn Ko ist im Zwangsarbeitslager und er darf ihn nur ganz selten sehen. Oberst Tan scheint hier mehr als nur ein Vorgesetzter zu sein. Shan findet neben einer Nonne in einem alten Grab einen vergoldeten Lama und auf der einen Seite von ihm die Leiche eines Soldaten, der schon viele Jahre dort liegt und auf der anderen Seite einen Amerikaner, der erst vor kurzem verstorben bzw. ermordet wurde. Und Shan macht es sich zur Aufgabe, die Identität der Toten und ihre Geschichte aufzudecken.



    Der Autor schreibt in einem gut zu lesenden Schreibstil. Als Leser merkt man, daß Eliot Pattison weiß wovon er schreibt, wenn er über das Land, die Kultur, die Geschichte und die Bewohner berichtet. Er erläutert in dem Buch aber sehr viel mehr als nur eine einfache Krimihandlung, der Leser lernt bzw. frischt sein Wissen durch sehr viel Geschichte Tibets auf, insbesondere natürlich im Zusammenhang mit China. Vor allem beschreibt er auch das Verhältnis zwischen den Menschen, d. h. den Chinesen zu den Tibetern. Für mich war es mehr dieses Drumherum, das das Buch ausmachte und nicht so sehr die Krimihandlung. Auf jeden Fall ist es ein lesenswertes Buch. Es war für mich als Neueinsteiger nicht immer einfach und ich hätte mir auch etwas mehr Spannung gewünscht.