Die Totengräber - Rüdiger Barth und Hauke Friederichs

    • Verlag: S.Fischer
    • Seitenzahl: 409
    • Erscheinungstermin: 26. April 2018
    • ISBN-13: 9783103973259
    • ISBN-10: 310397325X


    Klappentext:

    Es schlägt die Stunde der Strippenzieher, der Glücksritter, Extremisten und Volksverführer. Ein skrupelloser Kampf um die Macht entbrennt.


    November 1932, die Weimarer Republik taumelt. Die Wirtschaft liegt am Boden und auf den Straßen toben Kämpfe zwischen Linksextremisten und Rechtsradikalen. Wenige Männer entscheiden in den kommenden Tagen über das Schicksal der Deutschen. Die Nationalsozialisten um Adolf Hitler und Joseph Goebbels greifen nach der Macht, Reichskanzler Franz von Papen zögert zurückzutreten, General Kurt von Schleicher sägt an dessen Ast. Sie alle umgarnen den greisen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, fintieren, drohen und täuschen.


    Mitreißend schildern die Historiker Rüdiger Barth und Hauke Friederichs die dramatischen Ereignisse, Tag für Tag. So entsteht das farbige und vielschichtige Porträt einer Zeit, die uns irritierend aktuell erscheint, und einer Gesellschaft, deren Weg in den Abgrund nicht zwangsläufig war.


    Die Autoren:

    Rüdiger Barth, geboren 1972 in Saarbrücken, hat in Tübingen Zeitgeschichte und Allgemeine Rhetorik studiert. Er arbeitete 15 Jahre lang für das Magazin »Stern«, lebt als Autor in Hamburg und ist Mitgründer der »Looping Studios«.

    Hauke Friederichs, geboren 1980 in Hamburg, hat in Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Universität Hamburg promoviert, dazu Kriminologie, Politologie und Journalistik studiert. Er schreibt u.a. für »Die Zeit« und »Geo Epoche«.


    Meine Meinung:

    Wie konnte es dazu kommen, daß die - auch damals schon - außerhalb der eigenen Wählerschaft als extrem gefährlich angesehenen Nazis Anfang des Jahres 1933 die Macht in Deutschland übertragen bekamen. Was hat den greisen Reichspräsidenten veranlasst, seine Meinung zu ändern, Hitler niemals zum Kanzler zu machen? Und wie sah er aus, dieser letzte Winter der ersten deutschen Demokratie? Das Buch gibt einen Einblick in einen entscheidenden Moment der deutschen Geschichte.


    "Die Totengräber" ist keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern eine Chronologie der Ereignisse vom Sturz des Reichskanzlers Franz von Papen am 17. November 1932 bis zur Machtergreifung am 30. Januar 1933. Das Buch ist unterteilt in fünf große Abschnitte sowie für jeden Tag im genannten Zeitraum ein eigenes Kapitel, dem die aktuellen Schlagzeilen verschiedener großer Zeitungen verschiedener Richtungen vorangestellt sind. Die Ereignisse werden stets aus den verschiedenen Perspektiven der Personen beschrieben, nie von einem "Erzähler" gebündelt, so daß die Erzählweise sehr sprunghaft ist, was vielleicht für den ein oder anderen sehr gewöhnungsbedürftig ist.


    In erster Linie geht es natürlich um die Politik und die Intrigen um die Macht in Deutschland, Aber immer wieder tauchen auch andere Aspekte auf, wie zum Beispiel die Vorbereitungen auf ein weiteres Weihnachtsfest in Zeiten der Wirtschaftskrise oder auch ganz allgemein die katastrophalen Lebensumstände in den Mietskasernen. Für mich war es ein sehr interessanter Einblick mit teilweise doch neuen Erkenntnissen, das Buch hat mir unheimlich gut gefallen. Allerdings würde ich es in erster Linie jenen unter Euch empfehlen, die sich bereits einigermaßen mit der deutschen Geschichte jener Zeit beschäftigt haben, ein gewisses Grundwissen halte ich für notwendig, um die Ereignisse in den größeren Kontext einordnen zu können und Zusammenhänge herzustellen, denn dies wird von den Autoren komplett unterlassen. Es gibt keinerlei Kommentare oder Erklärungen ihrerseits, Sie wollen "die Menschen selbst zu Wort kommen lassen", wie Sie es im "Making of" hinten im Buch erklären, "ohne wissende Kommentare der Nachgeborenen." Für Geschichtsfans gibt es aber eine absolute Leseempfehlung von mir.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)