Un-Su Kim: Die Plotter

  • ASIN/ISBN: 3958902324

    Die Plotter

    Europa Verlag 2018. 360 Seiten

    ISBN-10: 3958902324

    ISBN-13: 978-3958902329. 24€


    Verlagstext

    Raeseng ist Killer von Beruf, seit ihn Old Raccoon als Kind bei sich aufnahm und ausbildete. Aufgewachsen an einem geheimen Rückzugsort in Seoul, einer Bibliothek voller alter Bücher, gehört er zur Killer-Elite Koreas. Denn Old Raccoon ist ein Plotter. Als Kopf der Organisation »Library of Dogs« hat er seit Jahrzehnten alle politisch gewollten Exekutionen in Korea geplant. Doch als die Macht der Diktatur schwindet, gerät auch der Einfluss der Plotter ins Wanken – und eine neue Generation beginnt, ihr eigenes tödliches Netzwerk aufzuziehen. Als Raeseng vom Plan der Plotter bei der Ausführung eines Auftrags abweicht, geraten die Dinge außer Kontrolle – und Raeseng rückt selbst an die erste Stelle der Todesliste …

    Nach Han Kangs Sensationserfolg Die Vegetarierin macht mit Un-Su Kim ein weiterer koreanischer Bestsellerautor international Furore. In Korea gefeiert und mehrfach preisgekrönt, besticht Un-Su Kim in Die Plotter durch einzigartigen Stil und bemerkenswerte Beobachtungsgabe. Mit einfühlsam-sarkastischem Humor lässt er in seinem außergewöhnlichen Krimi noir den Beruf des Killers zum Handwerk werden. Ein faszinierendes Leseerlebnis, das alles zugleich ist: traumhaft und realistisch, hart und aufwühlend. Wie schon Old Raccoon sagte: »Wenn du Bücher liest, wird dein Leben erfüllt sein von Ängsten und Scham« – und alles andere als langweilig.


    Der Autor

    Un-Su Kim, geboren 1972 in Busan, Korea, hat in seiner Heimat mehrere Literaturpreise gewonnen, darunter den renommierten Mumhakdongne Preis. Mit Die Plotter, seinem ersten Kriminalroman, ist ihm auf Anhieb ein Werk gelungen, das Zeichen setzt – nicht nur in Korea. Die internationale Krimiszene feiert ihn schon jetzt als den »koreanischen Henning Mankell


    Inhalt

    Raeseng arbeitet in Seoul als Auftragskiller. Bei seinem aktuellen Auftrag zögert er und wird prompt von seinem Opfer in dessen einfache Hütte eingeladen. Ein Mann sollte seinen Tod in Würde wählen dürfen, davon ist der alte Mann überzeugt. Nachdem Raeseng einmal ins Grübeln gekommen ist, scheint es mit der Routine seines Berufsstandes begab zu gehen. Ein Rückblick zeigt auf, wie Raeseng als Findelkind zu Old Racoon gekommen ist, seinem Pflegevater und Ausbilder. Der Junge hat sich im Dog House, in Racoons Bibliothek, selbst Lesen und Schreiben beigebracht, was Old Racoon anfangs nur schwer glauben kann. Man könnte sich fragen, was Racoon mit einer Bibliothek will; schließlich liest er darin nur das Lexikon. In der Zunft der Morddienstleister („gute Arbeit muss anständig bezahlt werden“) ist Raeseng eine Art Laufbursche, der Pläne anderer ausführt. Das akribisch ausgetüftelte System besteht aus Ermittlern, Dispatchern, Killern, und es nutzt für die spurlose Beseitigung der Leichen das gut getarnte Krematorium von „Baer“. Als Kulisse dient ein Staat im Umbruch, vermutlich im Übergang von einer ehemals autoritären Diktatur zu einer freieren Gesellschaft. Fragt sich nur, was das für eine Gesellschaft ist. Die Kräfte des Marktes schlagen bei den Plottern jedenfalls erbarmungslos zu, die Preise fallen ins Bodenlose. Sollen Menschen wirklich ihre Feinde oder Angehörigen abmurksen lassen dürfen, nur weil sie sich das aufgrund eines Preiskampfes neuerdings leisten können? Auch die Frage, warum das Land noch rückständig ist, taucht im Gespräch auf, und dass man seine Einstellung ändern müsse. Bei den Arbeitskräften sind erste Skrupel zu beobachten, auch ein Nachfolgekonflikt zwischen erfahrenen Alten und ehrgeizigen Jungspunden ist zu ahnen. Über die knochentrockene Art mit dem Tod umzugehen musste ich einfach grinsen. Dass der Buchschnitt aussieht, als hätte daneben jemand gerade ein Huhn geschlachtet, macht danach auch nichts mehr.


    Die Struktur von Handwerksbetrieben wirkt in diesem Setting symbolkräftig, ähnlich einem Gleichnis auf einen modernen Industriestaat oder gnadenlose Konkurrenzkämpfe auf globalisierten Märkten. Die zunftartige Organisation der Plotter und ihre Berufsehre könnte es so ähnlich in jeder Kultur und in jeder Epoche geben. Höchst amüsant fand ich den Grundsatz, dass ein Plotter stets unauffällig zu sein hat; nur Unwissenheit wird sein Leben schützen. Diese Weisheit erinnert an die Erfahrung, dass das Wissen, das du deinen Kollegen voraus hast, dir nur schaden wird. Zukünftig wirst du diese Tätigkeiten immer erledigen müssen, während die Unwissenden sich zurücklehnen können. Der Grundsatz, nur ja nicht aus der Masse herauszuragen, hat im asiatischen Raum sicher umfassendere Geltung als bei uns in Europa. Die Bibliothek, das Verhältnis zwischen Meister und Schüler, die Nachfolgefrage in einer mafiösen Gruppe, Raesengs Skrupel – der Interpretationsspielraum ist hier erfreulich umfangreich. Raeseng tritt als erstaunlich offene, leicht zynische und dabei nachdenkliche Person auf. Ein Killer, der Katzen hält und sich nicht daran stört, auf einem rosa Fahrrad mit Einkaufskorb herum zu düsen. Stark.


    Fazit

    Ein kluges, bissiges, höchst symbolisches Buch, für das das Etikett Thriller m. A. nach zu kurz greift.


    9 von 10 Punkten

  • Buchmeinung zu Un-Su Kim – Die Plotter


    „Die Plotter“ ist ein Thriller von Un-Su Kim, der 2018 im Europa Verlag in der Übersetzung von Rainer Schmidt aus dem Englischen erschienen ist. Die koreanische Originalausgabe ist 2010 erschienen.


    Zum Autor:

    Un-Su Kim, geboren 1972 in Busan, Korea, hat in seiner Heimat mehrere Literaturpreise gewonnen, darunter den renommierten Mumhakdongne Preis. Mit Die Plotter, seinem ersten Kriminalroman, ist ihm auf Anhieb ein Werk gelungen, das Zeichen setzt – nicht nur in Korea.


    Klappentext:

    Raeseng ist Killer von Beruf, seit ihn Old Raccoon als Kind bei sich aufnahm und ausbildete. Aufgewachsen an einem geheimen Rückzugsort in Seoul, einer Bibliothek voller alter Bücher, gehört er zur Killer-Elite Koreas. Denn Old Raccoon ist ein Plotter. Als Kopf der Organisation »Library of Dogs« hat er seit Jahrzehnten alle politisch gewollten Exekutionen in Korea geplant. Doch als die Macht der Diktatur schwindet, gerät auch der Einfluss der Plotter ins Wanken – und eine neue Generation beginnt, ihr eigenes tödliches Netzwerk aufzuziehen. Als Raeseng vom Plan der Plotter bei der Ausführung eines Auftrags abweicht, geraten die Dinge außer Kontrolle – und Raeseng rückt selbst an die erste Stelle der Todesliste …


    Meine Meinung:

    Der Beginn des Buches war außerordentlich gut, aber leider konnte dieses Niveau nicht annäherungsweise gehalten werden. Dieser erste Abschnitt mit der Begegnung wissendes Opfer und Killer war faszinierend. Man spürte die koreanische Tradition, die bei beiden Figuren im Vordergrund stand. Für einen westlich geprägten Menschen passierte Unfassbares und für beide Figuren war es angemessen. Nach diesem Einsatz ließ die Spannung stark nach und Raeseng hatte Zeit nachzudenken. Er nutzte diese Zeit zu alleilei eher philisophischen Gedanken und Exkursen über die arbeitsteilige Praxis im Killergeschäft. Dann tauchten immer mehr westlich geprägte Motive auf, eine Liebesgeschichte mit Spionageelementen, die in einem Finale ala Hollywood endeten. Zwischendurch fand sich Gelegenheit sehr detailliert und grausam Auseinandersetzungen im Milieu zu beschreiben. Mir hat diese Mischung asiatisch und westlich geprägter Vorgehensweise nicht zugesagt, zumal der Spannungsbogen verloren ging und die neu aufgebaute Spannung eher Thrillercharakter hatte. So sehr mir die ersten Abschnitte gefallen haben, so sehr war ich vom Rest enttäuscht.


    Fazit:

    Nach grandiosem Beginn wird das Buch zunehmend schwächer und das Ende passte eher zu einem 08/15 Hollywoodthriller. Insgesamt bewerte ich dieses Buch mit drei von fünf Sternen (60 von 100 Punkten). Eine Leseempfehlung kann ich nur für den Beginn aussprechen.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln