Mich hat das Buch echt in ein Dilemma gestürzt, ich liebe Cherryh, ich bete sie an! Aber hier war ich zeitweise echt verärgert, weil ich das Gefühl hatte, dass sie Jordan hier nicht wirklich fair präsentiert. Wir sind nie in seinem Kopf - waren wir das in "Cyteen"? Ich glaube schon - sondern nur in dem der Leute, denen er massiv auf die Nerven geht. Und, das hat mich am meisten gestört, daher war auch auf einmal alles weg, was sein Verhältnis zu Justin oder Grant (zu dem er hier gar keines mehr hat, in "Cyteen" war er noch sein Ziehsohn) irgendwie positiv gemacht hat. Geopfert hat er sich ja letzten Endes für Justin (und somit Grant) und für Paul.
Zu diesem Thema finde ich Kapitel 5 aus Section 2 von Buch 1 sehr passend. Da geht es um den ersten Tag von Grants und Justins im neuen Büro. Da ist sehr bildhaft beschrieben, wie frustriert Paul und Jordan sein müssen, und dass Justin nicht weiß, wie er mit seinem Vater umgehen soll. Das er sich wie ein Verräter gegenüber seinem Vater fühlt. Und um dann auf die Idee zu kommen: ist das nur der Versuch, Justin von Ari zu entfernen und mit Jordan in eine Umgebung zu kommen, in der beide mehr Freiheiten haben?
Insbesondere das entfernen von Ari ist aus Jordans Sicht wahnsinnig wichtig, für ihn scheinen Ari 1 und 2 ja austauschbar. Dadurch, dass wir keine Sicht aus Jordans Welt haben, ist es sicherlich schwierig die Motive zu verstehen. Für mich wirkt es aber so, dass sich Jordan vom Anfang Cyteen, also ca 20 Jahre, wenig verändert hat. Justin aber schon.
Und damit zu einem ganz wichtigen Unterschied zwischen Cyteen und Regenesis: In Cyteen wurden alle Seiten betrachtet. In Regenesis sind abseits der ersten paar Seiten aus Yannis Sicht um das Setting aufzubauen doch nur Perspektiven aus Base 1 vorhanden: Ari, Florian und Caitlin, Justin und Grant (die ja mittlerweile klar zu Base 1 gezählt werden müssen). Auch alle Kontakte mit anderen werden aus Sicht von Base 1 erzählt. Ist das fair den anderen Seiten gegenüber : sicher nicht. Aber es steigert die enge Beziehung, die enge Erzählweise auf ein paar Personen, ein paar Tage, enger Raum. Und trotzdem immer mit der Perspektive auf die gewaltigen Entscheidungen, die in Reseune getroffen werden, für die eine 18 jährige da ist.
Ich habe Buch 2 gerade beendet. Man merkt an meinem vielleicht unsortiertem Post, dass mich das Buch gerade begeistert und durchrüttelt. Das Wolkenschloss mit Aris neuer Wohnung, dieses Paradies mit ihrer kindischen Freude. Was so gar nicht in die Welt, in die Handlung passt. Wie wichtig ihr Freunde, Verbündete zu sein scheinen, und wie sie darunter leidet, dass ihr Lebensweg anders geplant war. Was sie auch überall einholt. Dazu die oben geschilderte Enge durch die einseitige Schilderung. Das sind Momente, warum Lesen mein liebstes Hobby ist. Beim darüber schreiben, beim weiterlesen, bauen sich Verständnis, Erkenntnis, Überraschung auf und ich sitze baff im Sessel.