Beiträge von Tom Löwenherz

    Zitat

    Original von Lesehest
    Ich finde es recht schwer, die richtigen Worte zu finden......


    Gut nachvollziehen kann ich, dass sie Selbstmordversuche gegangen hat. Und es bleibt für mich fast unbegreifbar, dass sie trotz fehlender Hilfe oder Unterstützung von anderen Menschen es geschafft hat, sich nicht brechen zu lassen.


    Dafür sollte man ihr immer größten Respekt entgegenbringen.


    Du sprichst mir aus der Seele.
    Es ist so dermaßen krass, was sie erleben musste, dass ich mich beim Lesen gefragt habe: Ist es überhaupt möglich - wieder in Freiheit- sowas zu verarbeiten? Sind da nicht angeborene körperliche Funktionen, mit Extremsituationen umzugehen (z.B. Adrenalinausstoß), derart überstrapaziert worden, dass diese für ihr ganzes weiteres Leben aus dem Gleichgewicht gebracht worden sind?
    Und dann dieses ständige Nichtbeachten und Übergreifen auf ihre Intimssphäre. Auch dabei stelle ich mir vor, dass dies enorme Auswirkungen auf jetzige Beziehungen hat...

    Klar, das sehe ich auch so: Natascha und ihre Hilfe haben sich gedacht, es ist für den Leser informativ, im ersten Kapitel eine Auflistung von Verbrechen, die in den Jahren und Monaten vor Nataschas Entführung durch die Presse gegangen sind, aufgeschrieben zu finden.
    Ich habe aber trotzdem das Gefühl, dass Nataschas Interesse an diesem Thema größer war, als das normalerweise bei 10jährigen der Fall ist. Wenn Kinder in dem Alter unbeaufsichtigt Fernsehen schauen, nehmen sie die Verbrechen, wenn sie in den Nachrichten gezeigt werden, zur Kenntnis, denken vielleicht sogar ein wenig darüber nach, schalten dann aber auch schnell um auf ein anderes Programm, weil es sie so dann doch nicht interessiert. Aber so wie es in "3096 Tage" geschildert wird, hat sich Natascha ja richtig intensiv in diese Thematik reingedacht und darüber reflektiert...

    Der entscheidende Fehler (den man einem 10jährigen Mädchen in dieser Gemütsverfassung natürlich nicht zur Last legen kann) könnte gewesen sein, dass Natascha nicht die Straßenseite gewechselt hat.
    Das, was man sich schon denken kann, habe ich selber erlebt: Wenn man bei einem Spaziergang durch bestimmte Stadtbezirke ganz nah an einer Gruppe alkoholisierter Jugendlicher vorbei geht, ist die Wahrscheinlichkeit angepöbelt zu werden um ein Vielfaches höher, als wenn man einfach die Straßenseite wechselt.
    Ich gehe mal davon aus, dass auch bei Natascha die Wahrscheinlichkeit, entführt zu werden, sehr viel geringer gewesen wäre, wenn sie die Straßenseite gewechselt hätte. Selbst, wenn der Täter seine Tat genau geplant hatte...

    Es macht auf mich den Eindruck, dass sich das Kind Natascha in weit größerem Ausmaß mit Entführungsfällen und Sexualverbrechen an Kindern, die in den 90er Jahren durch die Medien gegangen sind, beschäftigt hat, wie andere in ihrem Alter.
    Ich frage mich, ob Menschen tief in sich drinnen, instinktiv ihre Zukunft wahrnehmen (wenn vielleicht auch nur sehr vage oder unbestimmt) und das Handeln in der Gegenwart mehr davon beeinflusst wird, als wir denken...


    Jedenfalls finde ich es ungewöhnlich, wie intensiv das Kind Natascha solche Verbrechen verfolgt hat...

    Nataschas Schilderungen ihres Lebens bis zum Tag der Entführung haben mich sehr berührt, weil sie äußerst präzise die Sichtweise und Empfindungen eines Kindes, das sich von den Erwachsenen um sich herum im Stich gelassen fühlt, wiederzugeben vermag. Viele Menschen haben als Kind ähnlich empfunden wie sie, aber mit der Zeit die Position der Erwachsenen verinnerlicht und übernommen. Im Gegensatz zu Natascha nehmen sie, wenn sie dann selber erwachsen sind, nur noch unklar oder verklärt wahr, wie sie als Kind gefühlt haben.

    Erstmal: Hallo allerseits. :wave
    habe das Buch gestern das erste mal zu Ende gelesen.
    Die Entführung einer 10jährigen, die mehr als acht Jahre in einem unterirdischen Verlies verbringen muss, ist ein Verbrechen, für das einem die passenden Worte fehlen. Aber das, was ich in "3096 Tage"gelesen habe, übertraf bei weitem das, was ich mir persönlich nach Verfolgung ihrer Geschichte in den Medien vorgestellt hatte.
    Ich hätte jetzt Schwierigkeiten damit, sie so ohne Weiteres zu einer Leserunde einzuladen.
    Auf der anderen Seite möchte sie selber nicht auf ein hilfsbedürftiges, gebrochenes Mädchen reduziert werden. Sie schreibt, dass dies eine Rolle ist, in die sie sich nicht gefügt hat und die sie auch in Zukunft nicht annehmen möchte (Siehe "3096 Tage", Seite 280).
    Bin der Meinung, dass es richtig ist, sich mit anderen Menschen über so ein schwieriges Thema auszutauschen. Reden darüber kann im Kleinen dazu beitragen, noch sensibler und wacher in Bezug auf Kindesmisshandlungen zu werden- sei es, dass ein Verbrechen in der Art, wie Frau Kampusch es erleben musste, verhindert werden kann, sei es aber auch, ein waches Auge für alltägliche Misshandlungen, wie sie jeden Tag um uns herum passieren (die wir vielleicht gar nicht immer als solche wahrhaben wollen), zu bekommen oder zu behalten...


    So, und jetzt konzentriere ich mich wieder auf die ersten Seiten des Buches.

    Natascha Kampusch hat sich leider bis jetzt nicht auf meine Anfrage hin gemeldet.


    Die Bedenken, die booklooker geäußert hat, nehme ich sehr ernst, bin aber grundsätzlich der Meinung, dass es in Ordnung ist, eine/n Autor/in zu fragen, ob er/sie an einer Leserunde teilnehmen möchte (auch wenn in einem Buch extreme persönliche Erlebnisse geschildert werden). Von meiner Seite aus gesehen, stellt sowohl der Vorschlag, das Buch gemeinsam mit anderen zu lesen, als auch die Anfrage, ob Natascha dieses Lesen begleiten möchte, ein Ausdruck der Wertschätzung und des Respekts für sie als Person sowie ihre außergewöhnliche Fähigkeit, sehr reflektiert mit den schlimmen Erlebnissen in ihrer Kindheit umzugehen, dar. Gerade Letzteres würde eine Leserunde unter ihrer Beleitung dann auch so attraktiv machen.
    Um aber auch Respekt und eine gewisse Distanz in Bezug auf ihre Privatsphäre (in der Art, wie booklooker es angedeutet hat) auszudrücken, werde ich es bei der einen Anfrage belassen und nicht (weil ich mir z.B. unsicher bin, ob die Mail sie erreicht hat) zusätzlich auf einem anderen Weg (z.B. über den Buchverlag) versuchen, Kontakt mit ihr aufzunehmen.
    Aber warten wir den Februar erst mal ab, vielleicht tut sich da ja noch was. Wenn nicht, dann könnten wir als Startdatum den 8. März ins Auge fassen. Läge dieser Termin für alle günstig?

    Aktualisierte Teilnehmerliste:
    Tom Löwenherz
    Veronika
    Lesehest
    Belle Affaire
    Julia167
    Sabine Sorg
    maikaefer
    Xania
    Beatrix
    ladystyle
    Jasmin87

    Lesehest
    Habe Natascha Kampusch angeschrieben (aus Zeitgründen habe ich es leider erst dieses Wochenende geschafft), sie eingeladen eine Leserunde der "3096 Tage" als Autorin zu begleiten und ihr kurz beschrieben, wie so eine Leserunde abläuft. Mal schauen, ob sie sich bei mir meldet und was sie mir in dem Fall schreibt.
    Vielleicht ist das erste Februarwochenende jetzt zu knapp kalkuliert. Was haltet ihr dann davon, wenn wir Natascha bis Ende Februar Gelegenheit geben, sich bei mir zu melden und dann in Absprache mit ihr einen Termin fixieren? Wenn sie nicht mitmacht, könnten wir jetzt schon den 5. März ins Auge fassen. Was meint ihr?
    Es wäre natürlich schon wichtig (für den Fall, dass Natascha mitmachen würde), dass es dann auch genügend Teilnehmer gäbe. Aber jetzt heißt es erst mal ihre Reaktion abwarten.


    Potentielle Teilnehmerliste:
    Tom Löwenherz
    Veronika
    Lesehest
    Belle Affaire
    Julia167
    Sabine Sorg
    maikaefer
    Booklooker

    Ganz flüchtig verfolge ich, was es Neues aus Australien zu berichten gibt.


    Die Eule unter mir hat den 18. Spieltag der Fußball - Bundesliga getippt und ärgert sich, dass Hannover 2:0 in Frankfurt führt.

    sternschnuppe
    Stelle es mir schwierig vor, sie dazu zu bewegen, hier mitzuschreiben.
    Habe sie aber in Talkshows als eine Frau erlebt, die sehr authentisch und reflektiert mit den schlimmen Erlebnissen in ihrer Kindheit umgeht. Mit anderen Worten: Sie ist eine Frau, der ich gerne zuhöre, weil sie wirklich etwas zu sagen hat. Deshalb fände ich eine Leserunde, die von ihr begleitet würde, so attraktiv, dass wir wenigstens den Versuch machen sollten, sie dafür zu gewinnen.


    Was meint ihr: Ist die erste Februarwoche zu knapp kalkuliert? Sollten wir uns etwas mehr Zeit lassen für den Start der Leserunde? Und da ich noch neu hier bin, frage ich auch: Wieviele Teilnehmer bräuchten wir mindestens dafür?


    Ich stelle mal eine vorläufige Liste der "Eulen"auf, die beim gemeinschaftlichen Lesen dabei wären:
    Tom Löwenherz
    Veronika
    Lesehest
    Belle Affaire

    Wenn man das liest, bekommt man den Eindruck, dass ein eigentlich sinnvolles Gesetz (Urheberrecht) von Musikverlagen missbraucht wird, um finanziellen Nutzen daraus zu ziehen. Zumal ein Zitat in einem Buch durchaus auch als Werbung für ein Lied angesehen werden kann.
    Da bleibt zu hoffen, dass Texte von Buchautoren auch so gut geschützt sind. Es ist ja immerhin ein Thema, dass, wenn ich verschiedenen Verlagen etwas von mir Geschriebenes zusende, diese den Text theoretisch nehmen und ihn, ohne mich als Urheber ins Boot zu holen, ganz oder teilweise veröffentlichen könnten.

    Das empfinde ich genau anders herum. Die autobiographischen Bücher Canettis können in keinster Weise mit "Die Blendung" und "Masse und Macht" mithalten.


    Meine Interpretation:
    Die Blendung gibt einen Einblick in Menschen, die den Bezug zur äußeren Realität mehr oder weniger verloren haben und in ihrer eigenen inneren Welt leben. Der Grund dafür liegt in existenziellen Erfahrungen und Erlebnissen, die diese Menschen wie ein Klotz am Bein ihr Leben lang mitschleppen und nicht los werden, weil sie sie nicht verarbeitet bekommen. Ein Beispiel: Warum möchte die Haushälterin, die Kien geheiratet hat, ihm immer mehr von seinem Geld und Inventar wegnehmen? An einer einzigen Stelle im Buch wird angedeutet, dass sie als Kind miterleben musste, wie ihre Mutter auf der Straße gebettelt hat und dabei verhungert ist. Wie wird ein Kind, dem nie von einem einfühlsamen Therapeuten geholfen worden ist, später mit dieser einschneidenden Erfahrung umgehen? Der Leser von "Die Blendung" bekommt eine sehr ausführliche Antwort.
    Ich kenne kaum ein Buch, das die Folgen von traumatischen, nicht verarbeiteten Erfahrungen so präzise und sensibel darstellt, wie "Die Blendung", und dabei gleichzeitig schonungslos die Ignoranz und Oberflächlichkeit der Mitmenschen aufzeigt.
    Insofern fehlt mir bei den Beschreibungen und Kommentaren von Vulkan und Raffizack zu diesem Buch das Essentielle