Wie weit man geht und wie forsch man ist, hängt von einem selber und dem Medium ab, für das man arbeitet. Sozusagen vom Berufsethos.
Boulevardleute können mehr vorpreschen als andere bei einer lokalen Tageszeitung vor Ort, die es sich natürlich nicht mit den Behörden verscherzen wollen. Im Boulevard steht auch das Persönliche, Emotionale mehr im Vordergrund - und die Konkurrenz zu anderen Medien, mehr Infos zu bieten und die eine Info, die die anderen nicht haben. Dazu werden dann auch Verwandte, Nachbarn, Angehörige angezapft und gelegentlich ein Scheck für Bildmaterial rübergeschoben. So radikalere Jungs und Mädels ist das auch egal, was die Polizei oder Staatsanwaltschaft offiziell verlauten lassen - die fragen lieber Leute, die ganz dicht dran waren oder Täter/Opfer kennen. Ich kann und will so was nicht. Aber ich weiß schon, wie es läuft. Und um die Nähe auf den Punkt zu bringen: Die Polizei tut aus gutem Grund einen Teufel, einen bei einem Mord sozusagen ins Herz der Finsternis vorzulassen. Was haben wir da auch zu suchen? Es kann aber schon sein, dass man später bei Verhandlungen oder Pressekonferenzen aus erste Hand erfährt, was da genau los war - meist mit der Bitte, das aber bloß nicht zu schreiben 
Ein Tatort ist natürlich abgesperrt, wenn man da ankommt. Da kommt man auch nicht rein während der Spurensicherung. Kann aber trotzdem mal sein, wenn einen der Pressesprecher lässt. Grundsätzlich kommt man natürlich an alles sehr dicht ran, vor allem bei Unfällen, Bränden, Unglücken, Überfällen usw. Man ist oft auch sehr schnell vor Ort und sieht natürlich Dinge, die Einsatz- oder Rettungskräfte ebenfalls sehen. Was nicht immer so schön ist.
Wie sehr man sich in eine Berichterstattung reinhängt, kann ich gar nicht mal pauschal sagen. Und was zum Beispiel einen Mord anbelangt, erfährt man das eher durch Zufall oder wenn die Polizei eine Pressekonferenz einberuft. Man bekommt dann natürlich gesteuerte Informationen, weil ja Verfahren schweben - und manchmal hat das auch ermittlungstaktische Gründe, wenn bestimmte Dinge nicht an die Öffentlichkeit gegeben werden, oder eben nur so in der Art, dass sie den gewünschten Effekt erzielen. Bei allem kommt dazu, dass man bösen Buben ja keine Anleitungen geben möchte oder Infos darüber, was die Polizei so alles kann und tut und weiß. Deswegen werden bei Banküberfällen zum Beispiel fast nie die Summen genannt 
Was da rausgegeben wird, hängt natürlich von der Polizei und Staatsanwaltschaft ab. Wenn einem das für eine Berichterstattung nicht reicht, was vom Einzelfall abhängt, kann man hintenrum bei persönlichen Kontakten nochmal nachhaken oder hat bereits Dinge gehört, mit denen man dann offizielle Stellen konfrontiert. Und das jeweilige Engagement hängt natürlich vom jeweiligen öffentlichen Interesse ab, das man abwägen muss: Hat jemand in der Nacht hinter verschlossener Tür seine Frau erdrosselt und sich dann gestellt - dann ist das noch was anderes, als wenn jemand nachmittags vor einer Spielhalle in der Innenstadt jemanden erschießt, eine Geisel nimmt und sich anschließend eine Verfolgungsjagd mit anschließendem Schusswechsel mit der Polizei durch die Innenstadt liefert. Ganz einfach deswegen, weil mehr Menschen es dann mitbekommen haben, es Freunden usw erzählen. Sprich: Der Grad öffentlicher Betroffenheit ist dann größer.
Weiter muss man natürlich Personenschutzrechte beachten - und halt immer die Grenzen abwägen. Muss ich erzählen oder fotografieren, was da wirklich im Detail geschehen ist? Aber pauschal lässt sich das echt nicht sagen, und zum Beispiel sind Medien in Südamerika oder anderswo sehr, sehr viel härter drauf als wir das hier so kennen. Die bringen auch Bilder von Menschen mit Kopfschuss auf der kompletten Titelseite.
Ich hoffe, das gibt einen kleinen Einblick, diese Arie 