Beiträge von Selim

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    Original von Babyjane
    Wie würdest du dich und deine Bücher beschreiben? Wenn dir das Multikulti so gar nicht behagt?


    Gar nicht. Ist ja zum Glück nicht mein Job, meine Arbeit auch noch zu beschreiben.
    Ich bin beim Schreiben sehr viel mit Alltag beschäftigt, aber das kann vieles heißen und taugt möglicherweise nicht zu Charakterisierung. Letztlich wurde ich auf einer Lesung gefragt, wo ich mich denn als Schriftsteller einordnen würde. Und ich habe gesagt: Ich bin der beste deutsch schreibende Yogalehrer, den es gibt.
    Und wahrscheinlich stimmt das auch. Und dann habe ich hinzugefügt, daß ich meine Arbeit nicht einordnen muß, das machen andere.
    Aber nochmal zu den Schubladen:
    Wir brauchen sie fürs Marketing und wir brauchen sie auch im täglichen Leben. Ich vermute, jeder denkt erstmal in Schubladen, sonst wäre man völlig überfordert, mit all dem Kram, den man wahrnimmt. Aber die Welt ist ein Schrank, in dem sich die Menschen mehr oder minder frei bewegen und man darf halt nicht den Fehler machen zu glauben, der andere sei so limitiert, wie die Schranken, die man im eigenen Kopf hat.


    Das sind zweierlei Dinge: Das Buch nicht verstehen und nicht die ganze ganze Lebensgeschichte aller handelnden Personen zu kennen.
    Und doch: Jeder gelunge Text ist wohl schlauer als man selbst. Das ergibt sich so und ist eins der Geheimnisse, die ich nicht ganz ergründen kann. Man verrät ja oft etwas über sich selber, ohne es zu wollen.


    Trotzdem weiß ich ziemlich genau, was ich sagen will und wohin ich will. Und ich nehme mich sehr in acht vor Autoren, die das nicht nicht tun.

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    Original von Batcat
    Aber zum Thema Klappentext: Auf die gebe ich schon lange nichts mehr. Meist hat man das Gefühl, die werden von jemand verfaßt, der das Buch gar nicht mal gelesen hat. Oft genug wird das auch zutreffen.


    Genau. Klappentext ist auch Sache der Werbeabteilung und die lesen die Bücher in den seltensten Fällen, lassen sich dafür aber briefen.

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    Original von Babyjane


    Autsch...
    hab ich da etwa an der falschen Stelle ein Frageloch in den Bauch gebohrt?


    Ist das tatsächlich die Art von Wind, die "äusländischen" Autoren entgegen weht?


    Das ist schon ein sehr häufiges Problem, aufgrund seiner Herkunft auf bestimmte Themen festgelegt zu werden.



    1. Ist ein billiges Bild finde ich. Keine Ahnung, ich weiß nicht, vielleicht habe ich es aufgeschnappt oder es ist mir eingefallen. Ehrlich keine Ahnung.


    2.Jüdschel.


    3. Nein, das ist keine türkische Redewendung. Ist ein Bild, das ich für dieses Buch passend fand.


    4. Hinsetzen, Beine austrecken, Kind mit dem Kopf auf Füße legen, so daß die Kinderfüße Richtung eigener Bauch zeigen, schaukeln.


    5. Kann ich nicht ausm Kopf. Wenn du mich daran erinnerst, reiche ich sie nach.


    6. Weißbrot, Butter, Zucker. Und siehe die anderen.


    7. Gänsefüßchen mag ich im Schriftbild nicht. Sowenig wie möglich Firlefanz, keine Gänsefüßchen, keine Ausrufezeichen, keine Semikolons, Fragezeichen nur bei echten Fragen.


    8. Ich denke nicht oft so, zumindest ist es mir nicht bewußt. Aber ich höre gut zu. Jeder erfindet fast täglich eigene Bilder. Das meiste geht unter, weil es uns an Aufmerksamkeit mangelt.


    9. Hodscha, ein islamischer Gelehrter. Oder auch ganz genau: geistlicher Lehrer in der osmanischen Türkei.



    1. Es ist nicht gut, wenn man schwanger ist, ins Schwitbad zu gehen, sagt man in der Türkei. Man glaubt, daß die Möglichkeit besteht, daß man das Kind verliert. Ob das medizinisch haltbar ist, weiß ich nicht.


    Es sind nie bestimmte Lieder gemeint und die zitierten Texte, sind entweder Versatzstücke, soll heißen, sie kommen in sehr vielen Liedern vor, oder sind von mir erfunden oder in einem Fall aus einem Gedicht geklaut, um möglichst ein Gefühl auf den Punkt zu bringen.


    Meine Bücher werden nicht in türkische übersetzt.


    Wie scheiße der Klappentext eigentlich ist, ist mir klargeworden, als es schon zu spät war.


    Ich verbinde nicht mal eine Symbolik damit. Ich habe bei den Namen auch versucht, solche zu nehmen, die für einen deutschen Leser möglichst gut unterscheidbar sind.


    Ersterem würde ich so plusminus zustimmen.
    Und bei zweiterem: Ich bin nicht schlauer, als das Buch. Ich mag es, wenn es auch für mich noch offene Fragen hat. Die man vielleicht später mal klären könnte, wenn man sich damit beschäftigen will.


    Manche der Bilder stammen tatsächlich aus der türkischen Sprache, aber ich habe die wenigsten eins zu eins übersetzt, sondern versucht, eine deutsche Entsprechung zu finden, die mir gefällt.


    Wenn das Tempus innerhalb eines Teils wechselt, dann ist das nahezu immer chronologisch bedingt, muß so sein.
    Den Tempuswechsel vom ersten zum zweiten Teil, habe ich gemacht, um einen deutlichen Einschnitt zu haben: vor dem Tod der Mutter, Vergangenheit und somit auch verklärtes Märchenland, nach dem Tod der Mutter-Gegenwart.


    Die Geschichte spielt hauptsächlich in den 50ern und 60ern. Besiktas, Fenerbahce und Galatasaray sind mit die ersten Fußballklubs in der Türkei und alle stammen aus Istanbul.


    einlernen: (abwertend): durch mechanisches [kritikloses] Lernen[lassen] einprägen, beibringen: jmdm., sich etw. gut e.
    sagt das Unviversal Wörterbuch der deutschen Sprache.


    Zur Aussprache allgemein: Betonung in der Regel auf der ersten Silbe. S stimmloses S wie in Bus. Z stimmhaftes S wie in Singen. C stimmhaft wie Dsch und C mit Häkchen stimmlos wie Tsch.

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    Original von Babyjane


    1. Was ist der anatolische Blues? Ist das tatsächlich eine Musikrichtung oder lediglich eine bildhafte Beschreibung für die Art zu leben in Anatolien?


    2. Was ist Bestas bzw. wie spielt man es? (Weiß jemand, wie ich die Häkchen unter das S bekommen mit einer normalen Tastatur?)


    Nein, anatolischer Blues ist keine Musikrichtung, eher eine Haltung dem Leben gegenüber. Den Begriff habe das erste und bisher einzige Mal bei Jörg Fauser gelesen.


    Bestas ist ein Spiel mit 5 Steinen, die man in einer vorgegeben Reihenfolge, vom Boden aufklauben muß, während man einen einzelnen Stein in die Luft wirft und wieder auffängt.
    Wenn es mir wichtig scheint, hole ich mir das S mit Haken schonmal aus Word und kopiere es in der Zwischenablage.
    Selim Özdo?an

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    Original von Cabra
    .. Hast du ein Notizbuch? Merkst du dir alles, bis du feste Tasten unter den Fingern hast?


    Ja, ich habe ein Notizbuch. Aber da ich auch ein ganz gutes Gedächtnis habe, versuche ich mir vieles einfach zu merken. Und es war nur ein erfundenes Buch.



    Hast du ihn gesehen?
    Fandest du ihn authentisch?
    Siehst/liest du gerne Filme/Bücher, die sich mit der Thematik der Multikultigesellschaft auseinandersetzen oder bist du von dem Thema schwer angenervt, eben weil es ständig zur Sprache kommt?


    "Gegen die Wand" ist nicht authentisch, im Sinne von repäsentativ, aber er erzählt die Geschichte von zwei echten Menschen, finde ich. Es gibt nicht DAS türkische Leben in Deutschland, Türken sind genauso eine homogene Masse, wie der Rest des Landes. Es ist auch kein Multikulti-Film, das steht überhaupt nicht im Vordergrund, finde ich. Ich mag das multikulturelle Thema nicht, weil es ein Spielplatz ist, den man von außen zugewiesen bekommt. Ausländischer Name? Dann geh mal da vorne mit den Multikultis rutschen, während wir hier richtige Kultur machen.

    Der Titel ist von mir. Das ist jetzt schon die zweite Frage nach Titeln. Das zeigt wohl, daß man sich hier ein gewisses Bild vom Marketing und der Macht der Verlage macht. Sicherlich kein falsches Bild, aber es gibt daneben auch sehr viele Autoren, die möglichst weitgehend ihre eigenen Vorstellungen durchsetzen.


    Der Titel ist deshalb so gewählt, weil bei "Ein Spiel, das sich die Götter leisten" die Betonung auf Götter liegt und diese somit eine Aufwertung im Satz erfahren. Die Formulierung impliziert für mich, daß nur die Götter sich dieses Spiel leisten können.
    Bei "Ein Spiel, das die Götter sich leisten" ist nicht soviel Betonung auf Götter und das gefällt im Zusammenhang mit dem Spiel.


    Außerdem finde ich nicht, daß der Titel holpert. Er mag ungewohnt klingen, ja. Aber ich mag die Satzmelodie bei "Ein Spiel, das die Götter sich leisten" viel lieber als "Ein Spiel, das sich die Götter leisten"
    Vielleicht wird klarer, was ich meine, wenn man "leisten" durch "gönnen" ersetzt. Da kann selbst die Alliteration die abfallende Betonung am Ende des Satzes nicht herausreißen.
    So zumindest mein Sprachempfinden. :-)

    Neugier also. Ja, es gibt ihn. Und wenn es ihn nicht gäbe, würde ich ihn erfinden, so wichtig ist für mich ...
    Bei Erich Kästner heißt es: Dies ist eine wahre Geschichte. Das heißt nicht, das sie passiert sein muß, aber es ist eine wahre Geschichte.
    Und Max Frisch sagt: Jedermann erfindet
    sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält.
    Auf manche Fragen gibt es keine klaren Antworten.
    José Oliver sagt häufig, bevor er seine Gedichte liest: Sie werden einiges nicht verstehen und das ist gut so. Denn ich schreibe nur über Sachen, die ich selbst nicht verstehe.
    Ende der Zitatklugscheißerei.
    Besser kann und will ich es nicht beantworten.

    @babyjane:
    Bevor ich antworte, sei eine Gegenfrage erlaubt: Was für einen Unterschied macht es, ob es Borell im wirklichen Leben gibt oder nicht?


    Vintersorg :
    Die wichtigen Dinge also .... Nein, ich interessiere mich nicht für Fußball und habe auch keine Lieblingsmannschaft.

    1. Auf wessen Mist ist der Titel gewachsen? Bist du (Ich sag einfach mal du, oder???) mit dem Titel einverstanden? Wie lautete der Arbeitstitel oder welchen Titel hättest du dir für das Buch gewünscht?
    Mein Titel. Ich habe die Titel eigentlich immer, bevor ich anfange das Buch zu schreiben.


    2. Thema Umschlaggestaltunge. Das Buch weicht ja doch von seinem Äußeren her ziemlich von den anderen Büchern ab, liegt das allein daran, daß man deutlich machen wollte, daß es doch ein ganz anderes Buch ist? Liegt es daran, daß du mehr oder weniger Mitspracherecht bei der Umschlaggestaltunge hattest? Bist du glücklich mit dem Umschlag?
    Ich bin selten ganz glücklich mit den Umschlägen. Es ist aber das kleinste Übel gewesen, wie immer. Ich habe immer das Recht mich gegen ein Cover zu entscheiden, aber man muß leider auch für eins sein. Und ansonsten: Anderes Thema, anderes Cover.


    3. In wieweit hat das Buch autobiographische Züge? Also, ganz klar, bist du kein weibliches Kind eines Schmieds in der Türkei , aber in wie weit sind die geschilderten Probleme Fiktion und in wie weit beruhen sie auf Erlebnissen, die du selbst gemacht hast?
    Ich habe in den 50ern und 60ern nicht gelebt, das Buch beruht nicht auf persönlichen Erlebnissen. Es basiert auf Dingen, die aus dem einen oder anderen Grund Teil meiner inneren Realität sind, die sich nicht nur aus selbst erlebtem zusammensetzt. Wie bei allen. Die meisten Erfahrungen, die wir sammeln, haben wir aus zweiter oder dritter Hand: Erzählungen von Freunden, Filme, Bücher, Musik, Fernsehen. Alles beruht auch auf fremden Erfahrungen und alle Literatur ist Fiktion.

    1. Welches deiner Bücher ist dein Liebling, bzw. liegt dir besonders am Herzen? (Bei deinen Lesungen scheinst du ja Trinkgeld vom Schicksal zu bevorzugen....)


    Ich habe kein besonderes Lieblingsbuch, aber die jüngeren sind mir meistens näher, nicht nur zeitlich, sondern auch persönlich.


    2. Gibt es ein Buch, daß du im Nachhinein vielleicht lieber doch nicht so, sondern ganz anders schreiben würdest?


    Ja, alle. Ich lerne ja hoffentlich dazu und würde mit meinem heutigen Wissen, wenig so machen, wie ich es damals gemacht habe. Aber damals war es das Beste, was ich konnte und deswegen bereue ich auch nichts.


    3. Welche Autoren liest du selbst gerne?
    Peter Hoeg, Hunter S.Thompson, Ralf Rothmann, Helmut Krausser, Leonard Cohen, Jeff Noon, Philippe Djian, Hubert Selby .... viele ....


    4. Wann erscheint dein nächstes Buch?
    Hoffentlich nächstes Jahr.


    5. Welches ist das nächste, bzw. worum gehts? (Du hattest in Köln bei einer Lesung im Wutzstock Auszugsweise aus einem Maunskript vorgelesen, wenn ich mich recht erinner ging es um Träume, die man kaufen konnte....)
    Der Roman, an dem ich gerade arbeite heißt Traumtropfen und es geht um einen Welt, in der man Träume aufzeichnen und fremde Träume konsumieren kann.
    Das Buch, das ich als nächstes veröffentlichen möchte, ist mein Tourtagebuch von diesem Jahr. Ich habe im Moment aber keinen Verlag dafür.


    6. Welche deiner Kurzgeschichten findest du besonders gelungen, bzw. liest sie besonders gerne? (Mir persönlich gefällt die mit den Fragen besonders gut (mist jetzt find ich sie grad nicht....und der titel fällt mir nicht ein....). Allerdings wirkt sie besser, wenn du sie vorliest, als wenn man sie selbst liest.
    Ach, es gibt einige, die ich gut finde und einige andere, die ich für mißlungen halte, aber sie sind halt veröffentlicht. Aber jetzt Beispiele für das eine oder andere herauspicken? Das variiert ja auch. Gerade beim Lesen. Irgendwann ist so ne Geschichte totgelesen, bei manchen dauert es länger, bei anderen geht es schnell.