Beiträge von Heidi Rehn

    Ich akzeptiere Deine Entscheidung "ab 1914 ist für mich Schluss", denn jeder hat seine persönlichen Präferenzen. Allerdings möchte ich doch kurz darauf hinweisen, dass es auch in früheren Zeiten nicht eben prüde zuging. Es ist halt immer die Frage, inwieweit das deutlich angesprochen oder unter den Teppich gekehrt wird. Geschwelt hat das Thema immer, es ist sehr menschlich und gehört zum Leben dazu. Auch - oder gerade? - in Gesellschaftsromanen. Aber das ist meine ganz persönliche Meinung.


    Für mich ist es auch irgendwie die Zeit meiner Großeltern und genau deshalb finde ich es für mich wichtig, ihnen auch diesen Teil zuzugestehen. Sie waren ebenso jung und unbeschwert wie andere Generationen, hatten Themen, die offen ausgesprochen oder verschwiegen wurden.

    Zitat

    Original von SiCollier


    S. 93, beim Satz:
    Das Kolosseum wäre jetzt wirklich kolossal.
    hatte ich dann ein genaues Bild vom Kommerzienrat, seiner Stimme und Betonung vor Augen bzw. im Ohr. Das hätte von Oskar Sima sein können, und die Rolle würde auch zu ihm passen. Das Bild und der Tonfall haben sich mir so aufgedrängt, daß ich das jetzt kaum noch aus dem Kopf bekomme. Der Kommerzienrat spricht für mich mit Stimme und Tonfall Oskar Simas, obwohl der einen eher österreichischen Dialekt sprach.


    Danke für den Hinweis! An Sima habe ich zwar nicht gedacht, als ich den Kommerzienrat vor Augen hatte, aber er kommt ihm wirklich nahe! :-]

    Zitat

    Original von SiCollier


    Etwas irritiert hat mich auf S. 89 die Bemerkung: Wäre er doch nur an der Front geblieben, dann hätte er sein Bein nicht verloren und besäße nach wie vor sein eindrucksvolles Auftreten.


    Was hat Dich daran genau irritiert? Der Satz bezieht sich auf eine Erinnerung Lous an ihren Bruder Carl, für dessen Unglück sie sich verantwortlich fühlt. Was genau ihm widerfahren ist, will ich hier noch nicht verraten. Das wird später noch geklärt.

    Gerade in den 20ern ging es erstaunlich freizügig zu, sogar in München. Es gab weitaus mehr Lokale für Homosexuelle als heute und das Spiel mit den Geschlechteridentitäten war sehr beliebt.


    Wer Lust und Gelegenheit hat, nach München zu kommen: weil der Roman größtenteils "vor meiner Haustür" spielt, biete ich hier zwei Mal im Monat Streifzüge zu ausgewählten Schauplätzen des Romans an. Mehr dazu findet ihr auf meiner Homepage www.dierehn.de inklusive eines Stadtplans aus der Zeit, auf dem der Tourverlauf eingezeichnet ist.
    Es hat mich nämlich selbst sehr bewegt, die meisten Orte, die im Roman eine Rolle spielen, mehr oder weniger täglich zu passieren. Teilweise sind es Orte, die sehr prägnant für die Münchner Geschichte sind, gerade in den frühen 20er Jahren. Deshalb kam mir die Idee und sie hat ein sehr großes Echo gefunden, was mich sehr freut.

    Die Figuren brauchen noch ein wenig.... es ist sehr schwer, gleich auf den ersten Seiten schon alles darzustellen. Manches wächst auch erst aus der Situation und den weiteren Gegebenheiten heraus.


    Dennoch finde ich es sehr interessant zu lesen, wie unterschiedlich eure ersten Eindrücke gerade zu Lou und Judith sind. :-]

    Wie schön zu lesen, dass euch der Einstieg in die Geschichte gefallen hat. Das ist ja immer die erste schwere Hürde, die man nehmen muss, und gerade bei historischen Stoffen nicht leicht, weil irgendwie die Atmosphäre/ Stimmung der Zeit mit rein muss, ohne dass es gleich zu viel wird.


    "Gschwerl" finde ich so ein wunderbares Wort, das musste mit rein. Wenn man es von richtigen Münchnern (ich bin gebürtige Rheinländerin, lebe aber seit fast 30 Jahren hier) hört, dann steckt da der ganze Abscheu schon mit drin, den sie dem "Gschwerl" entgegenbringen....


    Auf dem Cover blickt einem tatsächlich Lou entgegen. Als ich es das erste Mal sah, war mir das regelrecht unheimlich. Ich hatte eine ganz genaue Vorstellung davon, wie Lou aussah, fand aber nirgendwo ein passendes Bild. Und dann fand ich sie ausgerechnet auf dem Coverentwurf! Genau so blickt Lou gelegentlich in die Welt, etwas abwartend, zögernd, zurückhaltend, was die Welt ihr so zu bieten hat.... Vor allem, seit die ersten Hoffnungen auf Glück, Liebe und Frieden erst einmal so grausam zerschlagen wurden.


    Frida hat ihren Mann schon recht früh im Großen Krieg, wie man damals den 1. Weltkrieg noch nannte (ohne zu ahnen, dass bald schon ein zweiter folgen wird!), verloren. Franzi kann deshalb gar keine richtige Erinnerung an ihn haben und auch Frida tut sich schwer damit. Letztlich muss jeder seinen Weg finden zu trauern und mit Trauer umzugehen....


    Ich hoffe, die Figuren geben euch noch das ein oder andere Rätsel mehr auf. Wären sie gleich zu durchschauen, wäre es wohl etwas langweilig....


    Viel Spaß beim Weiterlesen! :wave

    Sorry, aber ein Spannungsroman oder gar Krimi ist das hier ganz bewusst nicht. Es geht um charakterliche Entwicklungen, auch vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und sozialen Bedingungen der Zeit. Es wundert mich, nach Deinen bisherigen Anmerkungen jetzt von Dir diese Eintschätzung zu lesen. Ich bin gespannt, was Du zum nächsten Abschnitt schreibst....

    Tja, Selma und Constanze haben da durchaus andere Ansichten, was ihre Freizeitbeschäftigungen angeht, aber sie hängen doch irgendwie beide sehr aneinander. Letztlich merkt die eine, dass die andere hat, was sie nicht hat....


    Grischa geht ganz bei seinen Fliegern auf. Aber er wird wieder kommen...


    Und Selma und Gero haben sich letztlich ganz gut miteinander eingerichtet, garantiert doch der eine dem anderen mehr oder weniger bewusst, die Freiheit und zugleich das Ansehen nach außen, was er braucht. :-]

    SChon 1914 wusste man bzw. Frau sich vor ungewollter Schwangerschaft z.B. mittels Kondom zu schützen. Selmas und Geros Freizügigkeit entspricht durchaus der Zeit, die nicht so prüde war, wie wir sie uns gern vorstellen. Gerade in Großstädten wie Berlin lebte man damals schon sehr offen....zumindest, so lange den Eltern u.a. gegenüber der SChein gewahrt blieb und man es nicht zu offentlich trieb. Deshalb achten Selma und Gero auch ganz bewusst darauf, die Spielregeln einzuhalten...


    Freut mich, dass Du so zügig vorwärts kommst. :wave

    Frohe Weihnachten,


    zugegeben, ich bin sehr überrascht, dass Du jetzt noch hier liest und kommentierst, freue mich aber sehr darüber.


    Wie schön, dass Dir Baden-Baden so vertraut ist. Dann kennst Du Dich gleich bestens aus.


    Deine Anmerkungen zu den Figuren finde ich spannend zu lesen, allerdings habe ich ja den Vorteil zu wissen, wie es weitergeht.


    An den Verbrüderungskuss bei Nesthäkchen habe ich gar nicht gedacht, aber es passt ja wunderbar in die Zeit....


    Selma muss sich gegenüber Constanze in gewisser Weise behaupten, deshalb auch der Kosename. Sie bringt sie mehr durcheinander bzw. berührt bei ihr Seiten, die sie sich selbst ungern eingesteht....

    @maikäfer: Selma ist eine Figur, an der man sich reiben kann und soll. Auch wenn ich selbst der Ansicht war, ihre Entwicklung deutlich genung beschrieben zu haben, so habe ich das trotzdem abgespeichert, dass es nicht allen so erging. Da Du und einige andere das auch gut begründet habt, werde ich mich damit auseinandersetzen. Insofern danke für den Hinweis und danke, dass Du das jetzt nochmal angesprochen hast. :-)

    Danke Dir, SiCollier, das fasse ich als Kompliment :-]


    Natürlich habe ich es - wie alle Autoren - sehr gern, wenn alle in Begeisterung ausbrechen, sobald sie meine Bücher lesen und selbstverständlich nur 5-Sterne-Rezis schreiben. :grin


    Aber, wie gesagt, konstruktive Kritik finde ich andererseits sehr hilfreich. Wie viele (das "alle" habe ich jetzt doch wieder vorsichtshalber gestrichen) Menschen empfinde ich mich nicht als perfekt und arbeite gern weiter an mir und meinem Schreiben. Insofern ist für mich ehrliches, begründetes Feedback sehr wichtig, um daraus Anregungen zu ziehen oder zumindest zum Nachdenken angeregt zu werden.


    Außerdem möchte ich nochmal loswerden, dass mir hier bei den Büchereulen die Atmosphäre gut gefällt und dass ich es sehr schätze, immer wieder auch Hinweise auf andere Bücher o.ä. zu bekommen, die natürlich auch wieder Anregungen bieten. Schließlich gibt es so viele lesenswerte Bücher und es ist nicht immer einfach, sie zu entdecken. :-)

    Letztlich ist es doch das Schöne an Büchern und am Lesen, dass man da geteilter Meinung sein kann. Ich sehe die Leserunden auch als Möglichkeit, sich darüber auszutauschen. Wenn immer gleich alle einig sind, wäre es etwas langweilig...


    Ich habe meine Remarque-Sammlung vorhin gleich gefunden - könnte sie Dir virtuell schicken. :lache In jedem Fall werde ich nach dem nächsten Buch nochmal ein bisschen Remarque lesen. Das macht immer wieder Spaß. Danke für den Tipp. :grin

    Stimmt, den "Weg zurück" habe ich auch sehr beeindruckend gefunden. Überhaupt hat Remarque noch einige sehr tolle Romane geschrieben - auch z.B. später über Exilanten in Paris ("Arc de Triomphe"). Derzeit werden einige seiner Romane rund um den Ersten Weltkrieg neu aufgelegt.


    Dass Du Selmas Motivation anders verstehst, kann ich mir zwar nach wie vor nicht erklären, aber das ist eben manchmal auch schwierig. Wir könnten da sicher endlos drüber diskutieren.