Beiträge von Sorko

    Das Haus am Rande der Nacht wäre ein ebenso treffender Titel für diesen Familienroman gewesen, denn dort, in jener Bar mit dem poetischen Namen, spielt sich viel von der Geschichte ab.
    100 Jahre im Leben einer Familie – das sind vier Generationen und eine lange Zeit für die Personen. 100 Jahre im Leben einer Insel – das ist nur ein Tropfen im Meer der Zeit. Beides fließt hier zusammen, von der Autorin wunderbar verwoben in einer gefühlvollen Geschichte, bei der ich manches Mal lachen musste und manchmal eine Träne im Auge hatte. Das Leben auf einer kleinen Insel ist kompliziert, auch wenn es von außen betrachtet einfach aussieht. Ich habe das selbst erleben müssen, deshalb hat mich dieses Buch interessiert.


    Er war ein Findelkind, um 1875 in Florenz zur Welt gekommen. Seine Mutter gab ihn als Baby ab, niemand kannte ihre Identität. Er wuchs in einem Waisenhaus auf, der Direktor gab ihm seinen Namen: Amedeo. Der Doktor des Waisenhauses nahm ihn später bei sich auf, und er ermöglichte Amedeo, seinen Wunschberuf zu erlernen: Arzt zu werden. Als junger Mann bewarb er sich um feste Anstellungen, doch aufgrund seiner Herkunft wurde er immer abgelehnt. Bis ihn schließlich der Bürgermeister einer kleinen Insel, südlich von Sizilien gelegen, anstellte. So wurde Amedeo Arzt auf Castellamare. Das ist der Beginn dieser Familiengeschichte. Nach einem Skandal, in den er maßgeblich verwickelt war, konnte Amedeo nicht weiter offiziell als Arzt arbeiten. Er übernahm eine Bar, das Haus am Rande der Nacht. Er musste kämpfen. Um seinen Unterhalt, um seine Frau, um seinen Ruf. Und er hatte Glück. Seine Bar ernährte ihn, seine Frau verzieh im, und sein Ruf wurde wenigstens teilweise wieder hergestellt.
    Die nachfolgenden Generationen blieben der Bar verbunden, manche mehr, manche weniger. Es ist die Geschichte des Lebens, die Geschichte vieler Leben, von denen jedes seine eigene Dramatik entwickelt. Sehr einfühlsam beschrieben, immer mit einer Prise Humor, doch nicht ohne Tragik. Gelungene Charaktere, es wurde nie langweilig. Ich habe es als sehr gute Unterhaltung empfunden.

    Sie will den Auftrag nicht, Rosa Silbermann ist keine Agentin. Schießen hatte sie im Kibbuz gelernt, aber das ist auch schon alles. Nur der Druck der Gemeinschaft und die Loyalität gegenüber ihrer neuen Heimat lassen sie schließlich zustimmen. Und so läuft auch fast alles schief in Deutschland, wohin sie ihr Auftrag nun führt. Im Schwarzwald, Hotel Bühlerhöhe, wird Bundeskanzler Adenauer erwartet, um für ein paar Tage Urlaub zu machen. Der israelische Geheimdienst befürchtet einen Anschlag auf Adenauer, Rosa soll ihn zusammen mit Ari beschützen. Ari soll mit ihr in Deutschland zusammentreffen, die beiden sollen als Ehepaar auftreten. Rosa kennt Ari nicht, aber man sagt ihr, dass sie im Grunde nur die Frau an seiner Seite spielen muss, also kein großes Problem für sie. Der Mossad erwartet einen Anschlag jüdischer Fanatiker. Natürlich wird Adenauer auch von deutschen Sicherheitskräften beschützt, doch die erwarten eine mögliche Gefahr eher von linken Gruppen als von Juden. Rosa und Ari sollen besonders auf jüdische Attentäter achten. Doch die erste Panne beginnt schon bei der Anreise, denn Ari trifft nicht wie vorgesehen im Schwarzwald ein. Rosa, völlig unerfahren in Geheimdienstangelegenheiten, muss allein zurecht kommen. Das macht ihr zu schaffen, zumal Sophie, die Hausdame der Bühlerhöhe, ihr sehr misstrauisch begegnet. Rosa muss sich behaupten, auch gegenüber den deutschen Sicherheitsleuten. Sie hat einen schweren Weg vor sich, zumal sie in Deutschland mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird.
    Das Buch beschreibt die Geschichte von drei Frauen, die immer wieder an die Schrecken des vergangenen Krieges erinnert werden. Jede von ihnen hat ihre eigene Last zu tragen, und jede geht anders damit um. Ich fand das gut erzählt, sehr interessante Figuren und nachvollziehbare, streckenweise dramatische Entwicklungen. Ein gelungenes Buch, das bis zum Schluss spannend bleibt.

    Infotext: Nach Jahrzehnten des Schweigens gibt Sebastian Winter, einst Tontechniker der legendären Band Klarstein, 2015 erstmals ein Interview. Jule Sommer, gefeierte Nachwuchsjournalistin des Musikmagazins, hat die einmalige Chance, aus erster Hand zu erfahren, was sich damals in der «Kommune des Schreckens» tatsächlich abgespielt hat.
    Im Berlin der späten 1970er Jahre war die Band um den charismatischen Sänger Jerome aus dem Nichts kommend kometenhaft aufgestiegen.
    Nachdem die erste Platte und vor allem die Single Sommer die Charts gestürmt hatten, schien den Erfolg nichts mehr aufhalten zu können. Bis zu jener katastrophalen Neujahrsnacht, an deren Ende Jerome erschossen im Tonstudio lag und Klarstein aufgehört hat zu existieren. Sebastian Winter will reden, doch was hat er zu erzählen – und was bezweckt er damit? Je weiter er die Reporterin in die Vergangenheit mitnimmt, desto beklemmender empfindet diese das Gespräch: Führt sie ein Interview oder nimmt sie eine Beichte ab; hat sie es mit einem Zeugen oder einem Mörder zu tun? Und was bedeutet das für sie selbst? Weiß Winter gar von Ihrem geheimen Auftrag?


    Über den Autor: Michael Düblin, 1964 in Basel geboren, erhielt 1984 den Vera-Piller-Poesiepreis der Literaturzeitschrift "orte". 1993 absolvierte er die höhere Fachschule für Informatik und im Jahr 2000 ein Nachdiplomstudium im Bereich "Business Engineering Management" an der FH Nordwestschweiz.
    "Der kalte Saphir" (2016) ist nach "Zwölf Runden" (2008), einem Fußballroman, und "Der Alpenflug" (2012), einem Roman über den Schweizer Flugpionier Oskar Bider, seine dritte Romanveröffentlichung.


    Mein Eindruck: Musikjournalistin Jule Sommer interviewt den ehemaligen Tontechniker Sebastian Winter. Der gehörte Ende der 70er Jahre zur Kultband Klarstein, die als aufsteigender Stern der deutschen Rockmusik galt. Bis Ende 1981, als in der Neujahrsnacht der Sänger der Band, Jerome, erschossen wurde. Drummerin Zed, die eine Beziehung mit Jerome hatte und blutüberströmt neben seiner Leiche gefunden wurde, galt als Täterin. Sie konnte fliehen, die Band und die Ereignisse verblassten mit der Zeit. Jule Sommer, die für eine Musikzeitschrift arbeitet, hatte schon vor Jahren einen Artikel über das schreckliche Ende der Band geschrieben. Jetzt reist sie zu einem Interview mit Winter nach Kastro, einer griechischen Insel, auf der Winter lebt. Er hat sie eingeladen und will ihr die ganze Geschichte von damals erzählen. Es folgt das mehrfach unterbrochene Gespräch zwischen den beiden, an dessen Ende Jule Winter weiß, wie alles zusammenhängt.


    Die Geschichte hinter der Geschichte ist schon interessant und auch spannend. Man möchte wissen, wie es weitergeht, was wirklich passiert ist. Die Interaktionen zwischen Winter und Sommer sind dabei eher zweitrangig. Der charismatische Jerome, die leidenschaftliche Zed, der geniale Sven, der schon lange in anderen Sphären weilte, der eher ruhige Herb und Sebastian – das war Klarstein. Sie wurden bekannt, sie verdienten gutes Geld, doch glücklich wurden sie nicht. Künstler eben. Nein, das wäre zu einfach, obwohl auch hier, wie so oft im Leben, Beziehungen, Beziehungskrisen und natürlich das Geld eine wichtige Rolle spielen. Im Milieu des Musikgeschäfts angesiedelt, ist es eine gute und fesselnde Geschichte. Es ist übersichtlich gegliedert, die Zeitsprünge sind gut nachvollziehbar. Das, was zwischen Sommer und Winter während ihres Gesprächs passiert, wirkte auf mich schon fast störend. Ich wollte wissen, wie die eigentliche Geschichte weiterging. Am Schluss wurden viele Fragen geklärt, es blieben aber auch einige noch offen. Vielleicht eine Absicht des Autors, denn eine Fortsetzung könnte nahtlos anschließen.


    Ein nettes Gimmick sind die Lieder, die man sich tatsächlich im Internet anhören kann. Die Codes für den Download stehen im Buch, einen Vorgeschmack gibt es auf der Webseite von Klarstein: www.klarstein.rocks

    Zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen, fast schon tot, werden bei Hades Archer auf seiner Müllkippe abgeladen. Er soll sie verschwinden lassen. Die Verbrecher, die sie entführt hatten, wollten von ihren Eltern Lösegeld erpressen. Doch die Entführung lief völlig schief. Die Eltern wurden ermordet, die Kinder soll nun Hades auf seiner Kippe entsorgen. Denn die Entsorgung von Leichen ist sein Geschäft. Allerdings leben die Kinder noch, und Hades findet Gefallen an ihnen. Er zieht sie auf. Er wird Vater und Mutter für sie, er wird ihr Lehrer. Später findet man die Kinder als Polizeibeamte wieder, sie nennen sich jetzt Eden und Eric. Und sie kennen die Namen der Männer, die sie einst entführt hatten, und die für den Tod ihrer Eltern verantwortlich sind.
    Als der Kollege von Eden stirbt, wird Frank Bennett ihr als neuer Partner zugeteilt. Frank ist der Ich-Erzähler in dieser Geschichte, ihm kommen die beiden Geschwister von Anfang an etwas merkwürdig vor. Er kennt ihren Hintergrund ja noch nicht. Der neue Fall lässt sie einen Serienkiller jagen, der seinen Opfern Organe entnimmt und diese verkauft. Es kommt zu heiklen Situationen, und Frank nähert sich langsam dem Geheimnis von Eden und Eric. Auf mich wirkte der Ich-Erzähler Frank ein wenig wie die Machoermittler aus den 50er Jahren in alten US-Filmen. Weiß auch nicht, warum. Aber es hat mir gefallen, zumal die Geschichte um Eden und Eric ja eine ganz eigene ist. Die Autorin wechselt zwischen der aktuellen Killerjagd und der Geschichte der beiden Kinder. Gut zu unterscheiden durch die verschiedenen Schriftdarstellungen. Es bleibt übersichtlich, und es ist spannend. Guter Auftakt dieser Reihe. Bin gespannt auf die Fortsetzung.

    Der Text enthält noch viele Druckfehler, zum einen grammatikalische Fehler, zum anderen bei der Silben- und Worttrennung. Das sollte in einem fertigen Buch nicht mehr so zahlreich vorhanden sein. Ich denke, hier wurde schlecht korrekturgelesen.
    Nun zur Geschichte selbst. Ein Mädchen wird aufgrund eines Tests, den es im Internet ausgefüllt hatte, entführt. Sie passt in das Konzept einer skrupellosen Firma, die ein seltsames Geschäftsmodell hat. Daten werden im Gedächtnis gespeichert. Um nicht zu viel zu verraten, möchte ich hier nicht auf die weitere Vorgehensweise eingehen.
    Aber ich frage mich, ob das sicher sein soll? Hier hat die Geschichte nach meiner Ansicht einen großen Schwachpunkt. Niemand würde einen menschlichen Gedächtnisspeicher dem Speichern auf (z.B.) USB-Stick mit bester Verschlüsselung vorziehen. Das Risiko ist doch bei Menschen viel größer! Das Gedächtnis behält die Informationen praktisch ewig. Löschen nicht möglich. Man kann die Daten immer wieder abrufen. Kein Kunde würde so etwas riskieren. Jeder andere Speicher ist sicherer. Daten auf einem Stick kann ich jederzeit wieder löschen. Ich kann sie auch viel leichter transportieren. Für einen Thriller ist mir die Geschichte zu absurd. Auch die Einstellung des Mädchens, das mehrere Gelegenheiten zur Flucht auslässt, erscheint mir eher seltsam. Gut, anscheinend wurde ihr Wille gebrochen, aber an manchen Stellen scheint auch das nicht zu stimmen. Ich räume ein, dass ein durchgehender Spannungsfaden vorhanden ist, der den Leser mitnimmt, aber inhaltlich sind da zu viele Fragezeichen. Vielleicht ein Fantasyroman, wenn man die Geschichte noch ein wenig ausbaut, aber ein guter Thriller ist das nach meiner Ansicht nicht. Mäßige Spannung, fragwürdige Story, aber schönes Papier.

    Die Geschichte ist bis zum Ende spannend, das finde ich positiv. Sie blieb für mich spannend, weil ich auf Lösungen und Erklärungen wartete, die aber nicht kamen. Viele Fragen bleiben offen, sehr viel bleibt der Phantasie des Lesers überlassen. Und leicht lesbar ist dieser Stoff auch nicht. Keine Anführungszeichen bei den Gesprächen, das hat mich stellenweise etwas verwirrt. Aber das sollte wohl so sein, um den Leser zum Mitdenken zu fordern.
    Man erfährt einiges über alte Filme, man erfährt viel über den alten FBI-Direktor Hoover, aber man erfährt wenig über die oft nur angedeuteten Geheimnisse. Trotzdem hatte ich manchmal den Eindruck, als müsste jeden Moment ein Vampir auftauchen. Oder war sogar einer da, und ich habe ihn nur nicht bemerkt? Möglich wäre das, es bleibt der Vorstellungskraft des Lesers überlassen.
    Ein alter Filmliebhaber beauftragt den Agenten McKenzie, den Stummfilm „Um Mitternacht“ zu finden. Den allerersten Vampirfilm. Der Film gilt als verschwunden und angeblich gibt es auch keine verfügbaren Kopien mehr davon. McKenzie macht sich auf die Suche und entdeckt dabei ein Mysterium nach dem anderen. Er gelangt bis in den Dschungel Mexikos, ist zahlreichen Gefahren ausgesetzt und am Ende...
    Nun, das sollte man hier nicht verraten, um den Leser die Spannung nicht zu nehmen. Eine an sich gute Geschichte, mir persönlich hätte mehr Struktur (Anführungszeichen, Absätze) und etwas mehr an Aufklärung der zahlreichen Geheimnisse besser gefallen.

    Eine blinde Agentin, die vorher eine Kampfmaschine war. Was zu der Erblindung von Jenny Aaron führte, haben wir in dem fulminanten Auftakt dieses Romans erfahren. Monate später wird sie angefordert von der Abteilung, der sie früher angehörte. Nach ihrer Erblindung ist Jenny beim BKA in Wiesbaden tätig. Nun fliegt sie nach Berlin zur Abteilung, weil ein Häftling, der einen Mord begangen hat, nur mit ihr sprechen will. Sie kennt diesen Häftling gut, er hatte sie einst in seiner Gewalt. Es beginnt für Jenny Aaron eine Reise in ihre Vergangenheit, die es in sich hat. Vieles, was sie längst nicht bewältigt hat, kommt ans Licht. Sie muss ihre eigene Person in Frage stellen, sich Erlebnissen stellen, die sie verdrängt hatte. Und sie muss sich in Situationen zurechtfinden, in denen selbst ein Sehender große Schwierigkeiten hätte. Weitere Personen, die in ihrem Leben eine Rolle spielten, werden beleuchtet. Nicht wenige davon haben ebenfalls mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen.


    Der Schreibstil von Pflüger erzeugt Spannung. Spannend ist dieses Buch, sehr spannend. Bis zum Schluß. Das Psychoduell zwischen Holm und Aaron ist meiner Ansicht nach etwas zu verzwickt und zu tiefgreifend geschildert. Holm scheint bis zum Ende im Vorteil zu sein, aber ganz klar ist das nicht. Es ist sicher hilfreich, wenn der Leser mit den Regeln des Bushido vertraut ist, der Schluß erschließt sich einem dann besser. Aber zwingend notwendig ist das nicht. Ein anspruchsvolles Thema für den Autor, die Handlungen eines blinden Menschen sind gut recherchiert. Ein bißchen weniger Psychoduell hätte mir besser gefallen. Aber insgesamt ein sehr spannendes Buch. Ach ja, es wird weitergehen mit Jenny Aaron, ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

    Beschreibung
    Als Don Winslows Meisterwerk gilt der monumentale Roman "Tage der Toten" über den Drogenkrieg in Mexiko, für den er sechs Jahre lang intensiv recherchierte. Nun ist Art Keller, der berühmte US-Drogenfahnder aus "Tage der Toten", zurück. Mit großem Erfolg hat er sich darangemacht, in die Strukturen der mexikanischen Drogenmafia einzudringen. Mit so viel Erfolg, dass die Drogendepots aufflogen und die Narcotraficantes die Jagd auf ihn eröffneten. In "Das Kartell" wird Art Keller feststellen, dass das Drogen- und Waffengeschäft unfassbare Dimensionen angenommen hat und der Feind aus einer ganz unerwarteten Richtung kommt.


    Autor
    Don Winslow wurde 1953 in der Nacht zu Halloween in New York geboren. Das Sujet des Drogenhandels und der Mafia, das in vielen von Don Winslows Romanen eine Rolle spielt, lässt sich ebenso mit seinen Kindheitserfahrungen erklären: Seine Großmutter arbeitete Ende der 60er für den berüchtigten Mafiaboss Carlos Marcello, der den späteren Autor mehrere Male in sein Haus einlud. Winslow sagt von sich, dass er bislang nur fünf Tage durchgehalten habe, ohne zu schreiben. Es ist eine Sucht, die bis heute ein Werk hervorgebracht hat, dessen Qualität, Vielseitigkeit und Spannung Don Winslow zu einem der ganz Großen der zeitgenössischen Spannungsliteratur machen. Don Winslow wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Deutschen Krimi Preis (International) 2011 für "Tage der Toten". Für die New York Times zählt Don Winslow zu einem der ganz Großen amerikanischen Krimi-Autoren. Don Winslow lebt mit seiner Frau und deren Sohn in Kalifornien.


    Meine Meinung
    Schon die „Tage der Toten“ fand ich sehr bewegend. Spannend geschrieben, aber „nur“ eine fiktive Handlung, ein Roman? Das ist nicht nur ein Roman, das ist ein Tatsachenbericht mit geänderten Namen. Als im September vergangenen Jahres 43 Studenten verschwanden, rückte Mexiko in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Die unselige Verbindung von Drogenbaronen, Politikern, Justiz und Polizei gibt es wirklich. 43 Studenten ermordet – ein Massenmord, aber kein Einzelfall in Mexiko. Das führt uns Don Winslow mit seinen Büchern vor Augen. „Das Kartell“ ist die Fortsetzung von „Tage der Toten“, und es ist noch spannender und noch bedrückender. Ein Werk, das der Autor selbst als fiktiv bezeichnet, aber er bestätigt auch, dass er sich an der Realität orientiert hat. Für uns im „zivilisierten“ Deutschland kaum vorstellbar, was sich da abspielt. Die US-Fahnder bemühen sich, haben aber ihre Schwierigkeiten, in Mexiko etwas zu bewegen. Und manche stehen selbst auf der Gehaltsliste der Drogenkartelle. Art Keller ist einer der wenigen aufrechten US-Agenten, die den Kartellen den Kampf angesagt haben. Ihm ist es gelungen, Adan Barera festzunehmen, den größten Drogenboß Mexikos. Doch Barera kann entkommen, er entzieht sich der Justiz, in deren Apparat die meisten wichtigen Personen korrupt sind. Und er will sein Imperium zurückhaben, das inzwischen andere unter sich aufgeteilt haben. Die Karten im Buchumschlag fand ich sehr hilfreich für den Anfang der Geschichte, doch die Strukturen der Macht verändern sich. Neue, noch brutalere Leute drängen an die Spitze. Sie schrecken vor nichts zurück. Wenn sie einen Landstrich für sich haben wollen, werden die Bewohner dort mit Waffengewalt vertrieben. Wenn sie nicht gehen, werden sie umgebracht. Unbequeme Zeitgenossen werden brutal gefoltert, Menschenleben sind nichts wert. Der Kampf von Keller ist fast aussichtslos, zumal er nicht wissen kann, wem von seinen Kollegen er trauen kann. Zu viele Polizisten, Staatsanwälte, Richter und Politiker stehen auf den Gehaltslisten der Kartelle. Doch damit nicht genug, die Kartelle bekämpfen sich auch gegenseitig, und wenn man nicht auf der „richtigen Seite“ steht, sollte man besser wechseln oder schnell verschwinden. Manchen gelingt das, aber viele werden erwischt und abgeschlachtet.
    Ein großes Werk, ich war sehr beeindruckt. Spannend, hart, aber auch nicht ganz ohne einen kleinen Funken der Hoffnung. Und gerade wegen seinem grausamen Bezug zur Realität unbedingt lesenswert. Der beste Thriller, den ich bisher gelesen habe!

    Über die Autorin:
    Kapitänstochter, Weltreisende und Geschichtensammlerin. Sie studierte Sprachen und absolvierte eine Regieausbildung an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film. Sie drehte für verschiedene Sender Dokumentationen u. a. mit indianischen Schamanen im Amazonas, mit wilden Reitern in der Mongolei, mit Mönchen in Indien und Schiffsbauern in der Südsee.. Außerdem produziert sie Hörbücher, schreibt Drehbücher und Bücher. Bisher erschienen von ihr "Komm mit ich liebe dich, eine Abenteuerreise in die Demut" (2008), "Irgendwas muss dran sein. Wahre Geschichten über Begegnungen mit Gott"(2010), "Septemberkinder. Eine Kapitänstochter auf den Spuren ihres Vaters" (2015). Susanne Aernecke lebt auf der Kanareninsel La Palma und in München. Sie schreibt bereits an der Fortsetzung von "Tochter des Drachenbaums", die den Auftakt der dreibändigen Amakuna-Saga bildet.


    Inhalt:
    Liebe, Mystik, Abenteuer - ein Buch wie eine Traumreise
    IRIOMÉ ist die letzte Hohepriesterin der kanarischen Ureinwohner von La Palma und Hüterin Amakunas, eines geheimnisvollen Pilzes, der das Reisen durch Zeit und Raum ermöglicht und jegliche Krankheiten zu heilen vermag.
    Als die Spanier ihre Heimatinsel La Palma erobern, wird Iriomé nach Cádiz verschleppt.Von der Liebe ihres Lebens verraten, gerät sie in die Fänge der Inquisition, die ihr Amakuna entreißen will. Mithilfe eines maurischen Medico gelingt ihr die Flucht durch das alte Andalusien zurück in ihre Heimat. Dort verbirgt sie das Geheimnis des ewigen Lebens, bis das Schicksal eingreift und es wieder ans Licht holt.
    ROMY ist Ärztin und wird von rätselhaften Träumen nach La Palma
    geführt. Dort begibt sie sich auf die Spuren Iriomés und entdeckt in einer Grabkammer den heilenden Pilz. Um ihn als universales Heilmittel der Menschheit zur Verfügung zu stellen, reist sie zurück nach Augsburg
    und startet eine Versuchsreihe. Sie ahnt nicht, dass die Pharmakonzerne ihr längst auf den Fersen sind und vor nichts zurückschrecken, um Amakuna in ihre Hände zu bringen – auch nicht vor Mord. Doch dann begegnet sie dem charismatischen Konzernchef Nic Saratoga, der ihr Schutz gewährt und einen Vertrag anbietet. Kann Sie ihm trauen?
    In Vergangenheit und Gegenwart entfaltet der Roman das dramatische Schicksal zweier Frauen, deren Seelen durch Amakuna miteinander verbunden sind. Beide werden von den Mächtigen ihrer Zeit verfolgt und müssen ihr Geheimnis gegen den Mann schützen, der die Liebe ihres Lebens ist. Eine atemberaubende Mischung aus historischem Roman , Thriller und romantischer Liebesgeschichte...


    Mein Eindruck:
    Das Buch ist spannend geschrieben, die Geschichte ist interessant, es läßt sich sehr gut lesen. Ein paar Kleinigkeiten haben mich dennoch gestört. Kann es tatsächlich sein, dass eine Frau sich umgehend in den Mann verliebt, der sie gerade vor ein paar Minuten vergewaltigen oder gar töten wollte?? Gefühle mögen manchmal seltsame Wege gehen, aber das erschien mir doch sehr seltsam. Und dann lässt sie ihn gegen jede Vernunft laufen und nimmt dadurch den Untergang ihrer Sippschaft in Kauf. Fragwürdig. Nur um Jahre später zu erkennen, dass er doch ein Schuft ist. Tichiname, die das Geheimnis von Amakuna kennt, fällt bei der Zeremonie um und stirbt. Wenn der sagenhafte Pilz jede Krankheit heilen kann und auch vor dem Tod bewahrt, wieso stirbt die Meisterin des Pilzes? Er hätte sie doch heilen und stärken müssen, ihr Volk hätte sie noch gebraucht in den nachfolgenden Wirren. Tanausu konnte mit Hilfe von Amakuna in die Zukunft sehen. Wieso geht er dann mit seinen Leuten in die Falle der Spanier? Das hätte er sehen müssen.
    Sieht man über diese und ein paar andere Ungereimtheiten hinweg, bietet die Geschichte durchaus gute Unterhaltung und einen kleinen Einblick in die Geschichte der Guanchen.

    Eine starke Frau, nein, es sind mehrere starke Frauen, von denen hier berichtet wird. Es beginnt mit der Maueröffnung im November 1989 – ein Ereignis, das Alexandra, die Enkelin der Protagonistin, aus ihrem Tiefschlaf langsam erwachen lässt. Sie lebt bei ihrer Großmutter Momi, und sie bekommt von der Welt um sie herum nicht sehr viel mit. Ihre Familiengeschichte kennt sie nicht, und sie ist auch nicht interessiert daran. Ihre Mutter ist sehr früh gestorben, ihren Vater kennt sie nicht, und Momi redet nicht darüber. Das wird sich ändern. Neben den Ereignissen Ende 89 wird die Geschichte von Paula erzählt, die 1912 beginnt. Paula ist sechzehn und hoffnungslos verliebt in Clemens, den charismatischen SPD-Mann aus wohlhabender Familie. Ein Freundeskreis trifft sich jeden Sommer am Wannsee zum Baden und Kaffeetrinken mit Bienenstich. Die SPD erfährt viel Zuspruch, man wird Mitglied, man arbeitet für die Partei, und man verehrt August Bebel. Clemens, der auch ein Auge auf Paula geworfen hat, obwohl er noch mit einer anderen verbändelt ist, setzt sich stark für die Arbeiterrechte ein. Viele in der SPD sehen das misstrauisch, da er ja aus einem reichen Elternhaus kommt. Doch Clemens versteht es, Menschen zu überzeugen. Das alles spielt am Vorabend des ersten Weltkrieges, der Leser bekommt einen Eindruck davon, wie die Menschen das damals erlebt haben. Die Autorin beschreibt die politischen Ereignisse und die zwischenmenschlichen Beziehungen im Licht des Geschehens. Dabei springt sie immer mal wieder zu dem Geschehen im Jahr 1989, das ebenfalls interessante Wendungen aufweist. Relativ schnell wird dem Leser klar, dass es sich bei der Momi von Alexandra um eben jene Paula handelt, die von den tragischen Ereignissen der Vergangenheit gezeichnet ist, und die das gern verdrängen möchte. Das diese starke Kämpferin am Ende doch noch ihren Frieden findet, ist das Verdienst von Alexandra und Oliver. Ein wunderbares Buch, wie ich fand, in dem viele interessante Figuren auftauchen. Persönlich hat mich neben den Hauptfiguren der Kutte besonders angesprochen mit seiner „Berliner Schnauze“ und dem Herz am rechten Fleck. Meine Empfehlung: unbedingt lesen, nicht nur als Frau!

    Als Krimi möchte ich das Buch nicht bezeichnen tun, aber das tut der Autor ja auch nicht. Es handelt sich nach meiner Auffassung um eine lustige Geschichte aus der Provinz, vermischt mit ein klein wenig schwarzem Humor. Drei Leichen sind es am Ende, wenn man die Ratten nicht mitzählt. Polizeiliche Ermittlungsarbeit liegt dem Polizeimeister Kröger nicht so sehr, er stochert im Trüben und findet per Zufall mal hier, mal dort ein Indiz. Damit kann er allerdings nicht viel anfangen. Kein Wunder, die merkwürdige Dienstauffassung seiner Kollegen färbt vielleicht schon ein wenig ab. Obwohl er sich ja selbst als durchaus diensteifrig empfindet. Die etwas fragwürdige Lösung des Falles wird Kröger am Ende geschenkt, sonst wäre er vermutlich nie drauf gekommen. Aber dem Autor geht es ja auch mehr darum, zu beschreiben, was Oma Machentut so alles machen tut. Und ihr Rollatortanzfreund Kirchner erst, der wandelnde Zitatenschatz. Und der Bürgermeister, der ständig in seinen Pfefferminzbüschen sitzt. Und Mandy Plüschke, und, und, und... Dorfcharakter eben, worüber man trefflich lachen kann. Zumindest am Anfang des Buches. Danach gibt es nur noch gelegentlich ein paar humorvolle Höhepunkte. Doch, einige Male musste ich wirklich laut lachen. Kein spannendes Buch, aber stellenweise recht lustig. Leicht und locker geschrieben, als Urlaubslektüre für den Strand durchaus geeignet.

    Es ist schon faszinierend: der Blick auf den Alltag des Menschen aus externer Sicht. Auf seine Gewohnheiten, sein Verhalten, seine Rituale. Auf das Leben, das wir führen. Wir sind es gewohnt und registrieren das meiste Geschehen nur noch unbewusst. Wenn wir es uns bewusst machen würden, könnte uns tatsächlich eine ganze Menge unserer Handlungen merkwürdig oder komisch vorkommen. Aber wir könnten auch dann oft noch einen Grund erkennen, warum wir uns so verhalten. Ein Außerirdischer, der den Grund nicht kennt, muss das noch merkwürdiger finden. Wenn er es verstehen will, muss er schon ein Mensch werden, oder zumindest so fühlen können wie ein Mensch.
    Andrew Martin war ein Mensch, denn auch Mathematiker können Menschen sein. Er fand die Lösung eines bisher noch ungelösten mathematischen Problems, das die Entwicklung der Menschheit voranbringen würde. Doch eine hochentwickelte außerirdische Spezies, die anscheinend das Universum überwacht, sieht eine Gefahr darin, dass sich die Menschheit so schnell weiterentwickelt. Die Menschen seien noch nicht reif für dieses Wissen. Also schickt sie einen der ihren auf die Erde, der in den Körper von Andrew Martin gesteckt wird. Der reale Martin existiert nicht mehr. Der Alien-Martin soll nun die Unterlagen über den mathematischen Beweis vernichten und alle Personen, denen der reale Martin davon erzählt hat, umbringen. Klingt schwierig, ist für die außerirdische Intelligenz aber kein großes Problem. Anfangs überheblich und die Menschen als überaus abstoßend empfindend, macht sich der Typ an die Arbeit. Und dann erfährt er etwas von Gefühlen und einigen anderen Seiten des Menschseins. Nicht ohne innere Konflikte gibt er schließlich seine Unsterblichkeit auf und wird zum Menschen.
    Die Geschichte liest sich gut und flüssig, sie ist toll geschrieben! Und sie entbehrt nicht der Komik und der Tragik. Allerdings merkt man am Ende doch, dass sie von einem Menschen stammt, und nicht von einem Außerirdischen. Die Aufgabe seiner unsterblichen Existenz, die ja durchaus ihre schönen Seiten hatte, lief mir zu menschlich ab. Ich glaube, der logische Verstand des Alien-Martin hätte das nicht wirklich so zugelassen. Es hätte da noch andere Möglichkeiten gegeben. Abgesehen von dieser kleinen Schwäche, aus menschlicher Sicht durchaus verständlich, hat mir das Buch gut gefallen. Und es enthält auch ein paar interessante Hinweise auf reales Geschehen, zum Beispiel auf den Mathematiker Perelman, der ja tatsächlich auf die Fields-Medaille und auf eine Million Dollar verzichtet hat. Von Riemann und den Primzahlen ganz zu schweigen.
    Empfehlenswert, bringt Spaß beim Lesen, was will man mehr?!

    Abwechselnd erzählen Ruth Wesemann und Ernst Toller jeweils aus ihrer Sicht. Für Ruth ist es ferne Vergangenheit, denn inzwischen lebt sie, alt und gebrechlich, im Jahre 2001 in Australien. Sie erhält eines Tages die Aufzeichnungen von Toller und beginnt, sich zu erinnern.
    Die Sichtweise von Ernst Toller entstammt den Aufzeichnungen, die er hinterlassen hat. Er befindet sich im Jahr 1939 in New York und blickt auf die vergangenen Jahre zurück. Er erzählt die Geschichten seiner Sekretärin Clara, die sie für ihn aufschreibt. Was Ruth und Ernst verbindet, ist die Liebe zu Dora Fabian. Das ist die ältere Cousine von Ruth, zu der sie aufblickt, die sie streckenweise bewundert. Dora wird Mitarbeiterin und Mitstreiterin von Toller und schließlich auch seine Geliebte. Der Lebensweg dieser drei Personen wird aus verschiedenen Sichtweisen beleuchtet, was interessant ist. Sie stehen politisch links, und sie bekämpfen Hitler und sein Regime von Anfang an. Sie erkennen früh die Gefahren, die für alle bestehen, die gegen den Nationalsozialismus sind. Sie retten sich ins Exil und kämpfen von dort aus weiter.
    Aber es geht in diesem Buch nicht nur um die drei benannten Personen, sondern auch um ihr Umfeld. Da gibt es entschlossene Widerstandskämpfer, stille Unterstützer, ausländische Helfer und auch Verräter in den eigenen Reihen. Und der Krieg hat ja noch nicht einmal begonnen. Ergreifende Schicksale und bedeutende Ereignisse, die zwischen 1933 und 1939 geschahen, werden anschaulich beschrieben. Heute können wir uns kaum noch vorstellen, wie gefährlich die Lage damals für kritische, selbstbewusste und freiheitsliebende Menschen war. Einen Blick auf jene Menschen und Situationen zu werfen, auf die Stimmung, die Zweifel, den Mut der damals handelnden Personen – darin sehe ich das Verdienst dieses Buches.


    Der offiziell als Selbstmord hingestellte Tod von Dora Fabian und Mathilde Wurm ist zweifelhaft. Die Mordvariante klingt in meinen Augen plausibler, doch endgültig wird darüber wohl kein Beweis mehr zu führen sein. Eindeutig scheint der Selbstmord von Ernst Toller im Jahr 1939 zu sein. Drei mutige Menschen, die für ihre Liebe zur Freiheit starben. Es ist richtig und wichtig, ihrer zu gedenken.

    Er ist der Stärkste, der Schnellste, der Beste – Barrakuda. Ein Junge mit großem Talent für den Schwimmsport. Daniel Kelly, genannt Danny, kommt aus einfachen Verhältnissen. Seine Mutter, eine Friseurin, möchte, daß er es einmal besser haben solle. Dank seines Talents bekommt Danny ein Stipendium für eine Eliteschule. Der dortige Schwimmtrainer ist ein ehemaliger Meisterschwimmer. Er fördert und fordert den Jungen, der sich an seiner neuen Schule gar nicht wohl fühlt. Auch seine Mitschüler, fast alles Söhne aus betuchten Elternhäusern, betrachten ihn nicht als einen der ihren. Doch Danny überzeugt durch seine Leistungen im Becken und gewinnt so allmählich ihre Anerkennung.
    Er gewinnt wichtige Wettkämpfe und sieht sich bereits als Olympiasieger bei den Spielen in Sydney 2000. Nur Siege zählen, der Zweite hat schon verloren. Danny patzt bei einem pazifischen Wettkampf in Japan. Das verkraftet er nicht. Er kann mit Niederlagen nicht umgehen. Im Selbstmitleid gefangen fängt er an zu trinken und reagiert zunehmend aggressiv auf seine Umwelt. Das gipfelt in einem tätlichen Messerangriff auf seinen Schulfreund Martin Taylor. Dafür muß Daniel eine Weile ins Gefängnis. Nach der Haftzeit beginnt er, sein Leben neu zu ordnen. Mit dem Schwimmen hat er nichts mehr zu tun, er will gar nicht mehr ins Wasser. Er nimmt Jobs an, er hilft behinderten Jugendlichen, und er nimmt seine Familie wieder wahr. Nur langsam findet er sich wieder in seiner Umwelt zurecht.
    Ein durchaus interessanter Stoff, allerdings hat die Darbringungsweise mir nicht so gefallen. Es mag ja angehen, daß ein Autor gelegentlich zwischen den Zeiten wechselt, doch hier wurde es m.E. übertrieben. Tsiolkas wechselt zu häufig durch die Zeiten. Eben noch in der Schule ist der Protagonist dann erwachsen und hat eine Beziehung, danach geht es zu den Meisterschaften, dann wieder in die Schule, danach ins Gefängnis usw.
    Es gibt nur wenige Überschriften mit Zeitangaben, so daß man mitunter erst einmal rätseln muß, wo man sich gerade befindet. Das ist verwirrend und wird dem Stoff nicht gerecht. Ein chronologischer Ablauf wäre hier sicher vernünftiger gewesen. Mein Gesamteindruck ist dadurch getrübt, das Buch ist nur schwer lesbar.

    OK, dann mach ich das auch mal so:


    Zitat

    von maikaefer


    Die Auflösung des von ihm ins Spiel gebrachten Mysteriums um den Codex den Nazis quasi gegenüberzustellen, empfand ich im Hinblick auf die Leiden der Nazi-Opfer allerdings als unangemessen.


    Das sehe ich nicht so. Es ging um die Leiden in der Provinz Aude, die gab es auch viel früher schon. Die Nazizeit ist für uns nur näher dran. In Zeiten der Inquisition haben die Menschen auch gelitten. Man kann das Leid nicht gegenüber stellen und bewerten. In der Antike, im Mittelalter und im 2. WK gab es in der Region unvorstellbares Leid. Und es gab mutige Menschen, die sich dagegen gestellt haben.

    Aufbauend auf realen Ereignissen im Zweiten Weltkrieg entwickelt die Autorin eine faszinierende Geschichte um einige mutige Frauen aus Carcassonne. Die junge Sandrine Vidal rettet einen misshandelten, schwer verletzten Mann aus dem Fluß und verliert kurz darauf das Bewußtsein. Nachdem sie von Freunden gefunden wird und ihr Bewußtsein wiedererlangt, ist der Mann verschwunden. Anfangs will ihr die Geschichte niemand so recht glauben, doch bald interessieren sich immer mehr Menschen dafür. Es beginnt eine äußerst spannende Handlung, die Sandrine schließlich in den Widerstand führt. Sie lernt Raoul kennen und lieben, der ebenfalls Widerstandskämpfer ist, genau so wie ihre Schwester und deren Freundinnen. Anfangs liegen Carcassonne und Coustaussa noch in der „freien Zone“, doch die Grenze zu den besetzten Gebieten ist nah und wird schließlich von den Nazis überschritten. Es ist aber nicht nur die Geschichte von mutigen Frauen, die gegen die Besatzer kämpfen. Es geht auch um eine alte Legende. Im 4. Jahrhundert soll ein Mönch der damals noch jungen christlichen Gemeinschaft einen Codex am Nordrand der Pyrenäen versteckt haben, der unglaubliche Macht in sich birgt. Die Kirche wollte ihn vernichten, doch er wurde gerettet und in Sicherheit gebracht. Auch in den 1940er Jahren sind noch Männer der Kirche hinter diesem Codex her, doch es gibt auch in dieser Zeit Leute, die ihn beschützen. Die Autorin wandert immer wieder ins 4. Jahrhundert zurück und beschreibt auf eindrucksvolle Weise, was mit dem Codex geschieht. Arinius, Hüter der geheimen Worte, beschützt ihn und wird Zeuge seiner Macht. Sein Schicksal ist bis in den Zweiten Weltkrieg mit diesem Codex verbunden. Der aufmerksame Leser wird das schon langsam erahnen, doch die Enthüllung erfolgt erst kurz vor Schluß des Romans.
    Das Mysterium um den Codex verleiht der ohnehin schon sehr interessanten Geschichte noch mehr Kraft und Spannung. Und auch die Gefühle kommen nicht zu kurz. Ein sehr empfehlenswertes Buch, sehr gut geschrieben und spannend bis zum Schluß.