Hallo an alle Eulen 
Ich habe bislang sehr aufmerksam Eure Einträge und die lebhafte Diskussion verfolgt und möchte mich zuerst einmal bedanken. Denn ihr diskutiert über genau die Fragen, die ich mit meinem Buch aufwerfen (aber nicht abschließend beantworten) wollte.
Ich glaube, man kann die Anmerkungen bislang in zwei große Fragestellungen aufteilen:
1. Sind die Handlungen der Familie nachvollziehbar?
2. Gab es keine einfachere Lösung?
zu 1.: Genau das ist das Kern-Thema von Splitter. Heiligt der Zweck die Mittel? Darf man so etwas tun, wenn man dadurch in der Lage ist gleich zwei Menschenleben zu retten?
Besonders das Verhalten von Sandra wird ja hier heftig in Frage gestellt. Eine Frau, die auf einmal damit konfrontiert wird, in wenigen Wochen sowohl ihr Baby als auch den Ehemann zu verlieren.
Die meisten von Euch würden nicht so weit gehen und haben sich damit eigentlich dafür entschieden, dass der Zweck eben nicht immer das Mittel heiligt.
zu 2.: Die einfachere Lösung
Hier diskutiert ihr genau über das, was Marc seinem Bruder Benny am Ende gefragt hat. Wieso der Aufwand? Gibt es nicht einen einfacheren Weg? Auffallend finde ich, dass Ihr bislang in diesem Zusammenhang kaum über Bennys Psyche gesprochen habt. Benny hat das Angebot gemacht, sich zu opfern. Das tut er nicht (nur) aus Nächstenliebe, sondern weil er eine Schuld begleichen will, die er sowohl gegenüber Sandra als auch seinem Bruder hat. Für ihn stellt sich gar nicht die Frage, zunächst "nur" dem Baby zu helfen. Er will seine Schuld begleichen, seine psychologische Störung unterstützt diesen Opferdrang.
Zuerst einen Teil der Leber zu spenden und Marc vorerst auf die Warteliste zu setzen, wäre sicherlich ein normaler Voschlag in einer funktionierenden Familie. Doch diese Familie ist im wahrsten Sinne des Wortes zersplittert.
Indem Sandra das Angebot von Benny annimmt, zeigt sich, dass sie Benny den Verlust ihres ersten Kindes nie vergeben hat. (Was uns wieder zur ersten Frage bringt ...)
Nebenbei bemerkt: Was soll eigentlich geschehen, wenn Benny zunächst einen Teil seiner Leber für das Baby spendet und Marc dann später doch keinen Spender findet? Sollte Benny sich dann doch noch umbringen? Würde er das dann noch tun? Hätte er sich nicht ohnehin bereits umgebracht - bei seinem Lebenswandel, seiner Störung? Immerhin hatte Benny es doch schon mehrfach zuvor versucht. Und würde Marc dann nicht erst Recht den Selbstmord verhindern - genau deshalb gab es ja die Verschwörung. Damit er sich nicht an die Opferabsicht seines Bruders erinnert.
Meiner Meinung nach ist das die absolut unsichere Lösung (was Benny zu Marc explizit sagt auf S. 335 - "Siehst du? Du hättest nach einem Mittelweg gesucht. Du warst ein zu großes Risiko für unseren Plan.")
Möglicherweise hätte der "normale" Weg dazu geführt beide zu retten. Der sichere Weg hingegen war nur der, den Sandra mit Hilfe ihres Schwiegervaters gegangen ist.
Dass Ihr ihn nicht gehen würdet, ehrt Euch. Marc übrigens geht ihn auch nicht, wie ihr ja gelesen habt. Er verhindert das Opfer, obwohl es selbst den Tod für ihn bedeutet. Damit hat auch er erkannt, dass der Zweck nicht die Mittel heiligen darf.
Alles Liebe
Sebastian