Beiträge von Waldlaeufer


    Mir ist es gleich, es fiel nur an mehr als einer Stelle auf, dass deine Auflistung mit Lieblingsszenen des Buches vielmehr den Filmen zuzuordnen sind. Das bisschen an spontaner, kurzweiliger Häme musst du mir gönnen. ;-)
    Was mich dann gelegentlich interessiert, da es anscheinend häufiger beim gemeinen Leser vorkommt, dass den Filmerinnerungen Vorzug gegeben wird, was vom Buch eigentlich wirklich hängen geblieben sein muss. :gruebel


    Lass mich raten: Du hast den Film gesehen, aber das Buch nicht gelesen? :lache
    Ist jedenfalls eindeutig, wenn man bedenkt, das Glorfindel und nicht Arwen im Buch mit Frodo vor den Ringgeistern nach Bruchtal reitet...

    Zitat

    Original von magali
    Über die literarische Leistung kann kaum einer sprechen. Hemingway wird eben oft nicht gelesen, statt dessen spricht man über ihn.


    Ich denke nicht, dass dies etwas Hemingway-Spezifisches ist.
    Es grassieren immer wieder Mythen, ohne, dass dabei wirklich das konkrete Werk gelesen, gesehen (etc.) und schließlich besprochen wird. Bei literarischen Texten vielleicht, walser vielleicht zu lang sind, immendorf bekommt man halt auch nur über die Medien was mit und bei de Philosophen hegelt sich meist auch alles nur an Kanten und Eckharts entlang.
    Aber es bleibt halt das Bild des großen weisen/verkalten/wichtigen/geschälten... Mannes im Kopf.

    Lieber Reimar,


    ich verstehe dich noch nicht ganz in deiner Haltung dem Neuen Testament gegenüber, bzw. habe ich noch nicht den Zugang zu deinem Beitrag gefunden - das AT hat doch auch keinen einheitlichen jüdischen Urtext zur Grundlage, sondern musste ebenfalls erst kanonisiert werden. Korrigiere mich einer, der genaueres weiß. Interessensfrage: Hast du die Stuttgartensier als hebräischen Text verwendet oder von ewas gehst du aus? Was ist die Grundlage für dein Urteil (?), auch für die folgenden Punkte:
    Im AT ist weiterhin auch ein viel, sagen wir mal, gewalt(tät)igeres Gottesbild dargestellt. Die Macht Gottes wird häufiger weltlicher verdeutlicht als im NT. Was stört dich an diesem (welches genau?) Gottesbild und vor allem warum - nur weil dir ein Bild nicht zusagt, spricht das doch nicht gegen die Bibel oder das Christentum; Gott soll sich ja nicht nach deinem (Wunsch)Bilde richten, oder sollte er?
    Was findest du am NT genau unglaubwürdiger als am AT? Natürlich sind es verschiedene Schreiber und vieles wird über die kirchliche Autorität legitimert, allerdings sind die Texte nun einerseits nicht zusammenhangslos und andererseits beschäftigt man sich eben gerade wegen der einzelnen Episoden mit Quellentheorien und -forschung. Sowie einer Untersuchung von Zusammenhängen und vor allem auch Unstimmigkeiten.
    Noch verstehe ich nicht ganz, worum es dir genau geht.
    LG Waldlaeufer

    Fast wäre ich schockiert darüber, dass alle so schockiert sind und worüber wir so alles schockiert sein können - was schockierend ist, wenn man sich schockieren lässt und wenn man bedenkt, dass Schock auch nur eine Teilreaktion schockierender Ereignisse sein kann - wenn ich nicht gerade festgestellt hätte, dass ich keine Milch mehr im Haus habe. Schockierend genug.

    Zitat

    Original von Cookiemonster
    Wieder mal ein toller Beweis dafür dass solche TV-Sendungen sehr wohl auch ihren Sinn erfüllen: dass sich die intellektuelle Elite noch toller fühlen kann.


    Wer? Wo? :lache
    Wenn es sowas gibt, bekommen die derartiges nicht deutlich genug mit, oder es interessiert vielleicht auch nicht. Die wissen auch so, dass sie toll sind.
    Zur Abgrenzung und zum Toll-Fühlen reicht es bei solchen Sendungen grad mal beim Mittelfeld.
    Um mal Soziologie für Anfänger zu betreiben.

    Zitat

    Original von Babyjane
    @ Idgie
    Definiere DEIN UMFELD....
    Kleinstadt, auf dem Land, gehobenes Bildungsniveau der Eltern, Gymnasiasten.....


    Klar, da gibt es sie noch.... :chen


    Da gibt es im Regelfall die potentielle Käuferschaft von 50 Cent-CDs.
    Die gefährlichen vierzehnjährigen Vorstadt-Underdogs.

    Endlich mal jemand, der dieses Buch nicht als sentimentales Dingens abwertet.
    Vor allem, da viel mehr im Werther steckt als ein pures Rödeln um Lotte.
    Gerade die Anhäufung versteckter christlicher Hintergründe finde ich zemlich spannend, besonders in Verbindung mit dem Thema der Selbsttötung, was ja im Christentum mehr als abgelehnt wird.


    Ein Beispiel: Der Brief des 12. Mai 1771, wo in ihm die ´patriarchalische Idee´ am Brunnen wiederauflebt. Das lässt sich auf die Textstelle im AT beziehen; 1. Buch Moses 24,11-20, wo über die Brautwerbung für Isaak, dem Sohn Abrahams, berichtet wird.
    „Der Knecht Abrahams soll vor der Stadt am Brunnen warten, zu dem abends ´die Töchter der Leute dieser Stadtwerden herauskommen, um Wasser zu schöpfen´, und soll eine finden, die ihm barmherzig aus ihrem Krug zu trinken gibt. Er findet Rebekka und sie wird Isaaks Frau.“

    Das Besondere am Konzept Schleiermachers - und weshalb ich dies hier erwähne - ist zusammenfassend seine Überzeugung, in der Übersetzung gleichsam erkennen zu lassen, dass es eine Übersetzung ist. Er gibt also den Besonderheiten des Grundlagentextes den Vorzug. Dies schafft natürlich Distanz zum Leser, besonders zum späteren. Dennoch bleibt eben durch die Distanz eine kritischere Aufmerksakeit vorhanden.


    Gerade diese halte ich insbesondere bei Platon für notwendig. Nicht einmal nur für ein universitäres Lesen, sondern auch für private Überlegungen. Aus einem sehr triftigen Grund: Platon liest sich sehr nett. Ein bisschen prosaischer als andere Philosophen, ein bisschen szenisch und gesprächig (aufgrund der Dialogform scheinbar leicht zu verfolgen) und kompliziertere Fachbegriffe wie Apperzeption und Wesenheit kommen nun auch nicht ins Blickfeld. Das macht Platon so schön... verständlich. Eben scheinbar. Und das ist der Punkt.
    Man überliest vieles, liest weniger genau - und ich möchte sagen, versteht eben nicht unbedingt. Das ist kein Absprechen des Leserintellekts, sondern eine schlichte Beobachtung und Erfahrung - auch im Umgang mit Philosophiestudenten.


    Zudem ist auch einfach mal an einigen Stellen zu sagen, dass falsch bzw. nicht wirklich korrekt übersetzt wird, hatte ich erst neulich in einem Text, der eine mögliche Problemstelle darstellte. In dem Sinne nicht korrekt, dass aufgrund grammatischer Fehlübersetzung auch manchmal eine Sinnverschiebung eintritt. Die zu falschen Schlüssen leiten kann.
    Schleiermacher war da auch in seiner Übersetzung nicht immer nah an der Grammatik des Quelltextes, um nicht zu sagen, er war schon manchmal etwas freier, für manchen Altphilologen heute sogar zu frei. Allerdings weniger, was den Sinn angeht, sondern in der Übertragung mancher Strukturen, seine Übersetzung ist grammatisch keineswegs immer exakt (weshalb Schleierübersetzung bei ihr gut und gerne heute durch die Graecums-Prüfung gerasselt wäre, wie meine Dozentin damals anmerkte), aus heutiger Sicht begrifflich nicht aktuel und ebenfalls im Geiste seiner Zeit verankert. Er legte also gleichsam schon Wert auf Verständlichkeit (denn die grammatische Struktur-Bedachtsamkeit darf ebenfalls auch nicht auf die Vermittlung des Inhalts gehen), jedoch keine trügerische.
    Der Sinn darf nicht zu stark nach Pässlichkeit übersetzt werden. Das wird gerade in manchen Reclam-Heftchen so stark getan, dass die Simplifizierung auch auf den Inhalt wirkt und Zusammenhänge nicht mehr so eindeutig, schnell auch nicht mehr erkennbar und noch schneller missinterpretiert sind.
    Was du meistens liest, ist also nicht unbedingt Platon. Die Deutungsmöglichkeiten binnen der Übersetzung (und auch während des Übersetzens) darf man nicht unterschätzen.
    Wenn du wissen willst, wie Platon heute aussehen soll, hier und heute, dann braucht es auch mehr als ein Reclam-Heftchen. Denn Platon unhistorisch zu lesen hat noch weniger mit Platon zu tun. Ich lese z.B. "Staat" und gehe mit meinem heutigen Verstehenshorizint dran, vergesse dabei völlig, dass Politeia was ganz anderes ist als der Staat - besonders der heute. Um Platon heute zu verstehen brauch ich sowohl historischen Hintergrund als auch eine vernünftige Übersetzung als auch Grips. Nur mit Grips liest du nicht Platon, sondern was anderes.
    Und deswegen hat Schleiermacher ja so viel Wert auf die Kennzeichnung eines übersetzten Textes Wert gelegt. Dass man sich im Klaren darüber ist, einen nicht zeitgemäßen Text in der Hand zu haben und vor allem, dass ein Übersetzer zwischen Text und Leser in Form eines Textes steht. Distanz ist auch für moderne Leser nicht unsinnig. Dabei spreche ich mich nicht gegen moderne Übersetzungen aus. Im Gegenteil, denen sollte man den Vorzug geben und Schleiermacher ist auch nicht perfekt. Aber ich spreche mich hier an dieser Stelle gegen den Vorzug einer weniger guten modernen (im Vergleich zu einer besseren alten) aus.


    Ja, natürlich, für eine wirklich einfache Beschäftigung, ein Einlesen und Grobverständnis reicht auch ein Reclam-Heftchen. Ich nutze die Teile ja ebenfalls sehr gerne und sie sind in vielen Fällen besser als ihr Ruf und meine hier geäußerte Ansicht.
    Nur sollte man dann nicht zum lauten und zudem falschen bis unangemessenen Urteil gelangen und Schleiermacher als schlechte und unverständliche Übersetzung abtun und eine Reclam-Übersetzung einfach mal unwissentlich bevorzugen.
    Nur weil etwas nicht so genehm klingt, ist es nicht gleich die schlechtere Wahl.
    Philosophie ist keine Literatur, die irgendwie nett klingen und mit etwas Anspruch unterhaltsam sein soll.
    Das ist ja auch mit Grund für viele der nicht genehmen Schreibweisen. (Dazu hatte sich Kant selbst geäußert - der konnte nämlich durchaus sehr flüssig schreiben. Hat darauf aber bewusst verzichtet, damit man den Inhalt erarbeitet, sich während des Lesens mit selbst erarbeitet - eben versteht.)

    Ein Buch, dessen Verfilmung man sich nicht einfach vorstellt (oder sich überhaupt keine Verfilmung vorstellen kann?), welche ich jedoch, hätte ich diese Möglichkeit, sogar gern selbst in die Hand nehmen würde: Das Foucaultsche Pendel.


    Wesalb sind so viele von den Literaturverfilmungen enttäuscht - wenn man sich klar macht, dass es eine umgesetze Lesart ist, die sich auf ein bis drei Deutungsfäden beschränkt, ist es doch eine interessante Sichtweise. Film mit Buch in ein 1:1 Verhältnis zu setzen, übersteigt das, was eine Verfilmung eigentlich ist: eine Sichtweise, die gerne auch mal von der Vorlage abweicht, je nach Zusammenhang des Films.

    Mit beiden. Ich kann aber auch ebenso leicht mit beiden nicht.
    Das hängt einfach von der Persönlichkeit ab.
    Das Geschlecht ist mir ziemlich rille. Derartige Klassifizierungen machen gelegentlich Spaß, gerade in der Persiflage und dem gegenseitigen Sprücheklopfen, aber wirklich irgendetwas daraus zu schließen und es so ernst zu nehmen? Na gut. ?(

    Zitat

    Original von Delphin
    Den Dialog kann man hier online lesen, allerdings nur in einer grauenhaften, angestaubten Schleiermacher-Übersetzung. Das Reclam-Heft kostet auch fast nichts und liest sich besser. .


    Kannst du dieses Urteil wirklich ziehen - im Vergleich zum altgriechischen Text?
    Mein Urteil fällt anders aus.
    Die Schleiermacher-Übersetzung mag dem heutigen Sprachgebrauch angestaubt vorkommen und dem akademischen Umgang mit Platon nicht mehr genügen - aber verglichen mit vielen "modernen"-Übersetzungen zeigt sich die Kongenialität Schleiermachers vor dem Hintergrund der orginalsprachlichen Texte erst richtig, vor allem, da hinter seinen Übersetzungen ein spezifisch hermeneutisches Konzept stand, welches Grundlagen für spätere Arbeiten mit antiken Texten gelegt hat.
    Reclam ist leicht zu lesen. Toll. Das ist bei einigen Texten, die Gegenstand altphilologischer Studien sind, meist auch schon alles. Bei denen geht es weniger um leichtes Lesen als sprachliche Feinheiten, die grad bei philosphischen Texten nicht unwesentlich zur inhaltichen Bestimmung der Begriffe und Zusammenhänge sind.


    Sorry, wenn ich da ein bisschen bissiger klinge, aber du hast hier einen Schleiermacher-Fan vor dir.

    Wen es interessiert:


    Das Buch der Bücher - gelesen
    Lesarten der Bibel in den Wissenschaften und Künsten
    (Aus der Reihe: Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik Band 13)
    Herausgegeben von Steffen Martus und Andrea Polaschegg.


    Die Einleitung ist online. Weitere Infos gibt es auf der Seite der Peter Lang Verlagsgruppe.