Beiträge von Sonnenschein12

    ASIN/ISBN: B08Y4RQ9P4


    Damit hätte die deutsche Geschichte einen anderen Verlauf genommen...


    Thomas Majhen hat m.E. mit seinem Roman „Die Clique der Ehrlosen“ ein in mehrfacher Hinsicht interessantes und beeindruckendes Buch geschrieben: ich habe selten so viel bei Wikipedia nachgelesen und selten meine Notizverzeichnis-Funktion beim Tolino so stark in Anspruch genommen!

    Zuerst muss ich eine komplette Bildungslücke gestehen: von der Septemberrevolution 1938 hatte ich bisher keine Ahnung... Klar, Elsers Attentatsversuch 1939, Stauffenberg (und andere) 1944 – und auch immer mal wieder Einzelpersonen, die es gewagt haben und gescheitert sind... Aber dass sich 1938 eine größere Anzahl von hohen Wehrmachtsoffizieren und auch einflussreichen Zivilisten zusammengefunden haben, um Hitler zu stürzen (von einigen wurde auch sein Tod billigend in Kauf genommen) – nein, das war mir vollkommen neu!

    Auslöser für diesen Zusammenschluss war die Blomberg-Fritsch-Affäre (Oberbefehlshaber des Heeres / der Wehrmacht), sie wurden durch falsche Anschuldigungen ihrer Ämter enthoben, damit hatte Hitler sich seiner wichtigsten Kritiker seiner aggressiven Außenpolitik „entledigt“ und konnte selbst den Oberbefehl übernehmen. Beide waren in der Wehrmacht sehr angesehen und viele durchschauten den dahinterliegenden Zweck.

    Hans Oster baut ein Netzwerk auf, zu dem u.a. Erwin von Witzleben, Carl Goerdeler, Wilhelm Canaris, Friedrich Heinz und viele mehr gehören – für mich war die große Anzahl erstaunlich und wie offen sie teilweise über ihre Pläne gesprochen haben...

    Thomas Majhen nimmt uns Leser*innen mit in das Jahr 1938, wir nehmen teil an konspirativen Treffen, bei denen die Männer jedes Für und Wider genau diskutieren – sehr spannend waren für mich die verschiedenen Haltungen, die ihren Ursprung z.B. in ihrer Herkunft, Tradition, Religiosität, Erfahrung usw. lagen. Auch ihre Versuche mit der englischen Regierung Kontakt aufzunehmen, fand ich ausgesprochen bemerkenswert...

    Der zweite Handlungsstrang ist eine Augsburger Schülergruppe von vier Freunden um Christoph, die ein Jahr vor dem Abitur stehen. Hier spiegelt der Autor die „normale“ Bevölkerung und ihre Reaktionen auf Handlungen, Reden und Taten des „Führers“, Alltagssorgen im Nationalsozialismus... z.B. entschließt sich Christoph mit seinen 17 Jahren doch noch der Hitlerjugend beizutreten, obwohl er die damit verbundenen Ideologie eigentlich ablehnt. Sein engster Freund Jan ist ein überzeugter Nationalsozialist... deutlich wird hier, dass die Risse der Befürwortung, der Skepsis und der Ablehnung des nationalsozialistischen Gedankenguts quer durch Familien und Freundschaften gegangen ist!

    Thomas Majhen vermischt grandios seine profunde Recherchearbeit mit einem fiktionalen Teil, dieser ist auch ausgesprochen gut und spannend geschrieben, ein wahrer „Pageturner“ – dabei dachte ich, ich sei mittendrin! Doch darüber möchte ich jetzt hier nichts schreiben, um nicht zu Spoilern - selber lesen ist angesagt!

    Ich hatte eingangs geschrieben, dass es für mich sehr interessantes und beeindruckendes Buch gewesen sei: ich hätte niemals gedacht, dass mich ein Buch über Wehrmachtsgedanken, -ideologien und -hintergründe derartig fesseln könnte. Ein Buch, über das ich sicherlich noch viel Nachdenken werde, hat es mir doch auch einige meiner Vorurteile über die deutsche Wehrmacht unter Hitler deutlich aufgezeigt.

    Für jeden, der sich für die deutsche Geschichte im Nationalsozialismus und der einem Gedankenspiel „was wäre, wenn...“ nicht abgeneigt ist, kann ich dieses Buch nur wärmstens empfehlen – es zählt mit Sicherheit zu meinen Lese-Highlights 2021 obwohl es (oder gerade weil?) es so gar nicht in mein „Beuteschema“ passt!

    Ich will eine Rezension zu dem Buch "Die Clique der Ehrlosen" von Thomas Majhen einstellen, ich finde allerdings bei Amazon nur die 13-stellige ISBN, nicht die 10-stellige - wo kann ich noch suchen?

    Mein Kollege/Vorgesetzter meinte, ich würde mich nie ändern, denn andere hätten sich krank schreiben lassen um eher das Wochenende einläuten zu können

    Das LW hätte mir auch nicht sagen können, was ich mit 4,5 freien Tagen hätte anfangen sollen

    Ja, da stimme ich etwas mit Deinem Kollegen /Vorgesetzten überein, allerdings kenne ich es leider von mir selbst auch nicht anders... Ich kann nur gute "Klugscheißer"-Ratschläge geben... Außerdem ist es jetzt sowieso "verschüttete Milch" - Du warst halt arbeiten...

    ASIN/ISBN: 3839200121

    Von Amazon übernommen:

    Würzburg 1574: Bäckerlehrling Simon leidet unter seinem brutalen Stiefvater und dessen Sohn Wulf. Als die Streitigkeiten eskalieren, muss er die Stadt verlassen und erlernt in Venedig die Kunst der Zuckerbäckerei. Nach Jahren in der Ferne kehrt Simon nach Würzburg zurück. Dort übernimmt er die Backstube des Juliusspitals und gewinnt die Zuneigung des mächtigen, unnahbaren Fürstbischofs Julius Echter. Doch Simons Stiefbruder Wulf, getrieben von Neid und Missgunst, lässt nichts unversucht, um ihm zu schaden …


    Licht und Schatten in Würzburg im 16. Jahrhundert...


    Für mich war „Der Pfeiler der Gerechtigkeit“ bereits der dritte historische Roman von Johanna von Wild – und ich habe wieder jede einzelne Zeile genossen!

    Mir gefällt der Schreibstil der Autorin ausgezeichnet, die Recherchen sind umfangreich und exakt, sie fängt Zeit- und Lokalkolorit wunderbar ein, sie ergänzt ihre Bücher durch ein ausführliches Personenverzeichnis (was ich aber selten benutzen muss) und ein Nachwort mit Zeittafeln, Quellen und Anmerkungen runden die Geschichte perfekt ab – also all das, was für mich zu einem guten historischen Roman gehört!

    Diesmal war Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn die zentrale historische Figur des Romans (ich gestehe: vorher hatte ich noch nie von ihm gehört, aber jetzt muss ich unbedingt mal nach Würzburg), er lebte von 1545 bis 1617. Außer einer kurzen Episode in Julius Kindheit begleiten wir ihn von 1572 (ein Jahr später wird er Fürstbischof von Würzburg) bis 1583, wir erleben mit, wie er z.B. das Juliusspital und die Universität von Würzburg gründet.

    Ihm gegenüber steht die (fiktive) Person Simon Reber, er ist anfangs Bäckerlehrling bei seinem Stiefvater, geht später nach Venedig, lernt dort das Zuckerbäckerhandwerk, nach seiner Rückkehr nach Würzburg übernimmt er die Bäckerei im Juliusspital. Durch ihn lernen wir das Alltagsleben der damaligen Zeit kennen, z.B die Zunftordnungen, ihre Regeln und Bräuche. Wir erfahren u.a. einiges über die Lebensumstände in jenen Tagen, die Rechte und Möglichkeiten von Frauen (eigentlich gar keine!), das Apothekerwesen, die Gerichtsbarkeit.

    Julius und Simon werden Freunde (klar, im „richtigen“ Leben passiert so etwas selten oder nie), aber es war ein gelungener „Trick“ der Autorin, uns alle Facetten des Lebens in Würzburg im ausgehenden 16. Jahrhundert darzulegen.

    Ich will hier gar nicht so stark auf den Inhalt des Romans eingehen: nur so viel: es gibt Licht und Schatten, Liebe, Intrigen, Neid, Missgunst...Es ist spannend geschildert, so dass man quasi durch die Seiten fliegt und das Kopfkino Bilder produziert! Wir nehmen Anteil an Simons und Julius Leben und an ihren Entscheidungen. Beide sind keine „weißen Ritter“, sondern Menschen mit Ecken und Kanten, ich war bei beiden nicht mit allen Handlungen einverstanden... Julius erschien mir in seinem katholischen Glauben lange Zeit zu fundamentalistisch (gut, die Reformation lag noch keine 100 Jahre zurück), aber letztendlich habe ich mich mit ihm „versöhnt“... Auch Simon hat „schwarze Flecken“, aber auch er konnte dann doch wieder bei mir Punkte sammeln...

    Aber gerade das mag ich bei den Protagonisten von Frau von Wild: sie sind Menschen mit Fehlern, aber meistens können wir Leser*innen erkennen, warum sie so und nicht anders handeln (können). Anders als in den vorherigen Büchern endet dieser Roman „gut“, aber durch die Handlung sehr stimmig, ein anderer Schluss hätte mich doch etwas enttäuscht.

    Mein Lieblingsbuch dieser Autorin bleibt noch immer „Die Erleuchtung der Welt“, aber das wird sicherlich auch daran liegen, dass ich mich dort mit den Hauptfiguren stärker identifizieren konnte; das soll wirklich keine Wertung sein, sondern nur mein ganz persönliches Gefühl (wie die Frage nach dem Lieblingskind...).

    „Der Pfeiler der Gerechtigkeit“ hat mich sehr beeindruckt, mich eine Zeitlang in das 16. Jahrhundert „gebeamt“, ich habe wieder viel Neues gelernt und last but not least: ich habe mich wunderbar unterhalten gefühlt – für Liebhaber*innen von historischen Romanen eine absolute Leseempfehlung!


    Zur Autorin:

    Johanna von Wild ist das Pseudonym für Biggi Rist. Gemeinsam mit Liliane Skalecki hat sie mehrere Kriminalromane veröffentlicht, u.a. "Elitewahn", das ich auch sehr empfehlen kann!