Beiträge von DraperDoyle

    Ein Kaff im erweiterten Speckgürtel von Berlin, hier treffen Welten aufeinander. Von Abgeschiedenheit und Sozialismus gleichermaßen geprägte Alteingesessene, die über Jahrzehnte ihre Angelegenheiten unter sich ausgemacht haben, bekommen zunehmend neue Nachbarn, junge Stadtflüchtlinge, die allerdings ihre ganz eigenene Vorstellungen vom Landleben haben.
    Linda braucht in erster Linie Platz für ihr Pferd, und um den zu bekommen, nutzt sich nicht nur geschickt Spannungen und Konflikte im Dorf aus, sondern spannt auch einen vermeintlich knallharten Investor aus dem Westen für ihre Zwecke ein. Ihr Freund ist irgendwie nur mit.
    Gerhards neuer Lebenszweck dagegen ist nach einer gescheiterten Unikarriere der Schutz der Restpopulation an Kampfläufern vor Windrädern, Pferdeställen und der LPG. Frau und Kind sind irgendwie nur mit.
    Die Neubürger treffen also auf eine Dorfgemeinschaft, in der es vor unterschwelligen Konflikten nur so wimmelt. Kaum einer, vom Bürgermeister und Kathrin Kron vielleicht mal abgesehen, führt ein einigermaßen zufriedenes Leben zu führen, Freundschaften wirken eher wie Bündnisse gegen die Gegner.
    Die Zugezogenen sind also nur der Funken, der das Pulverfaß Unterleuten zum Explodieren bringt.


    Das ist alles sehr hübsch konstruiert, aber leider schafft es Juli Zeh nicht, diese Konstruktion unter dem Roman zu verbergen. Ich hatte das Gefühl, dass es zu jeder Figur einen ausführlichen Waschzettel gäbe, nur leider wurden dann auf der Bühne dieses Buches nicht die Figuren, sondern lediglich die Waschzettel bewegt. Denken und Motive der Figuren werden zwar ausführlich erklärt, doch kaum eine handelte für mich nachvollziehbar.
    Obwohl Julie Zeh selbst auf einem Kaff in Brandenburg wohnt, kam mir der ganze Roman vor wie das buchgewordene Bild, das sich überzeugte Städter vom Dorfleben machen. Das ist zwar immer noch angenehmer als die Rosarote-Brille-Landidyll-Ergüsse eines Max Moor, überzeugen konnte es mich aber auch nicht.


    Edith hat gerade festgestellt, dass sich meine Meinung weitestgehend mit der von Herrn Palomar deckt :wave

    Zitat

    Original von rienchen
    Pass auf Dich auf, Draper! :wave


    Hab ich. Nur bin ich leider als Eiszapfen zurückgekommen, hätte mir mal besser eine Mülltonne angezündet.
    Zum Glück waren es nicht die angedrohten 60000 Legida-Fuzzis, aber dennoch eindeutig zuviel. Wirklich sympathische Jungs, diese Jungnationalen :uebel
    Wirklich gut geht's mir immer noch nicht, es waren ganz viele offensichtlich arabisch- oder türkischstämmige Familien dabei, und ich frage mich ernsthaft, wie kann man diesen Kindern sagen, wir wollen euch nicht, wir haben ein zwar ein demografisches Problem, aber bitte nur deutsche Kinder. Die anderen Kiddies dürfen gerne im Mittelmeer ersaufen :rolleyes

    Zitat

    Original von melanie
    Danke für Deine Antwort Bella :-)
    Aber schön ist das nicht :-( Ich hatte unserem Zwerg sooo ein schönes Zimmer mit tollem Bücherregal eingerichtet und jetzt zerlegt er immer mehr... :-( Das darf doch echt net wahr sein, wofür gibt man sich denn sollche Mühe ?? Wenn ich manchmal Bilder von anderen Kinderzimmern seh..., die sehen soo toll aus.


    "Bin frustriert" :cry


    Also bitte, soll das Zimmer dir gefallen oder deinem Sohn? Wie kann man ernsthaft von einem Einjährigen erwarten, dass er sich wie in einer Stadtbibliothek verhält? Nicht essen, nicht trinken, nicht schwatzen und auf keinen Fall die Bücher ansabbeln. Denkst du im Ernst, ein Kleinkind kümmert sich darum, dass Muddi die Bücher so schön nach Farben sortiert und sich solche Mühe gemacht hat? Kinderzimmer sind immer eine einzige Katastrophe, das ändert sich frühestens, wenn die Kinder ausgezogen sind.
    Hast du ein Kinderzimmer, damit es auf Bildern toll aussieht, oder damit ein kleiner Mensch, immerhin dein Sohn, sich darin wohlfühlt?

    ein ansonsten sehr netter neuer Kollege bemerkte kürzlich anerkennend, wie gut ich vernetzt sei :wow
    Naja, ich kenne den einen oder anderen nützlichen Menschen, aber Netzwerk klingt für mich dann doch zu sehr nach Seilschaften :lache

    Den Vegleich zum Schneefegen verstehe ich nicht :gruebel
    Ich bin verpflichtet, vor meinem Haus Schnee zu schippen. Wenn ich darauf keine Lust habe, bestelle ich einen Hausmeisterservice, der natürlich nicht umsonst meine Arbeit macht.


    Das Problem ist, dass das Erfolgsmodell online-Handel nur funktioniert, weil stillschweigend davon ausgegangen wird, dass die Arbeit des Entgegennehmens und Aufbewahrens von freundlichen Nachbarn übernommen wird.
    Unsere Mieterin kriegt mehrmals wöchentlich Päckchen, meist amazon oder dieses Schuhdingens mit Z oder so (?), höchst selten mal eines von Oma. Ich bin mir sicher, sie würde "bequem einkaufen" deutlich unbequemer finden, wenn sie diese Päckchen nicht irgendwann bei mir, sondern abends auf der Post abholen müsste.


    Um beim Schneeschieben zu bleiben: natürlich schipp ich mal für die Nachbarin mit, wenn die gerade nicht kann, ich hätte aber keine Lust, Schnee zu schieben, damit etwa ein Wohnungsbaukonzern Kosten spart oder Gewinne maximiert.

    Ich habe diese Woche einen schönen Beitrag in der Quengelzone (einer Kolumne in der ZEIT), über völlig unter Tarif, nämlich gar nicht bezahlte Mitarbeiter der Versandfirmen gelesen, die unentgeltlich ihre Garderoben in Päckchen-Zwischenlager umfunktionieren: die Nachbarn.
    Das hat mich tatsächlich nachdenklich gemacht, da meine Nachbarin, wenn es samstags früh klingelt und ich einfach zu faul bin, aufzustehen, zuverlässig meine Päckchen annimmt (und mich gegen zehn informiert, dass ein Päckchen für mich gekommen ist).

    lustig, dass gerade heute dieser Tread wieder auftaucht :rolleyes


    Hatte heute meinen Nostalgischen und beim Bauen Platten gehört. Himmel, was fürn Scheiß ich da noch im Plattenschrank hatte! Wer kennt noch Wham? Oder Midge Ure und Ultravox? Dancing with tears in my eyes von 1984. Nun ja, explodierende Atomreaktoren hatten wir in der Zwischenzeit ja schon zwei mal. :wow

    Beim Neujahrsspaziergang im Park fiel mir auf, dass ganz viele (Erwachsene!) die Stöckchen der Sylvesterraketen eingesammelt haben. Mein Mann, durch und durch Philanthrop, meinte, die wollten halt einfach den Park aufräumen. Mir wollte das nicht so recht einleuchten, konnte mir aber auch nicht erklären, was man mit den Dingern machen kann. Pflanzstäbe, mitten im Winter? Sonstige Basteleien?
    Nun habe ich in meinem aktuellen Buch gelesen, dass das Schönste an Neujahr das Einsammeln der Raketenstäbe sei. Leider steht da auch nicht, was man damit anfangen kann.
    Deshalb meine Frage: was zum Kuckuck machen die ganzen Leute mit den Raketenstöckchen?

    danke für den Hinweis, oemchenli. Ich habe mir das angeguckt, sehr unter Till Schweiger gelitten, fand Frau Rosenberg aber, zumindest gegen Ende, gar nicht forsch.
    Eher schien sie mir ziemlich, wenn nicht traurig, so doch nachdenklich, als die einhellige Meinung, sowohl beim Arzt, als auch beim betroffenen Ehepaar, war, dass liebevolle Zuwendung für Demenzkranke das Wichtigste sei. Und genau das es war, was weder sie, noch erst recht nicht ihr Vater, ihrer Mutter gegeben haben.

    Wahrscheinlich, weil das Thema Tod und Sterben in meinem Leben immer näher rückt, sprang mir dieses Buch ins Auge und dann auch recht schnell in den Einkaufskorb. Der recht provokante Titel tat sein Übriges.


    Martina Rosenberg schildert in diesem Buch die Geschichte des langsamen Todes ihrer dementen Mutter und vor allem die Belastung, die damit für die Autorin verbunden war.
    Was mit verbummelten Haustürschlüsseln begann, endete in einer vollständigen Auslöschung der Persönlichkeit der Mutter. Aus der fürsorglichen und bescheidenen Mutter wird eine fordernde, egozentrische, alles in allem nicht sehr liebenswürdige Fremde. Aber auch der Vater, der trotz der leichten Einschränkungen durch einen Schlaganfall eigentlich körperlich noch recht fit ist, wird durch die anhaltende Belastungen immer verbitterter und griesgrämiger.
    Rosenberg erzählt im Präsens und in schlichten Worten aus dieser Zeit, dadurch bekommt der Text einen tagebuchmäßigen und somit auch authentischen Charakter. Und tatsächlich wird in jeder Zeile klar, was für eine psychische Belastung die Pflege für die Autorin war, wie besonders die zunehmende Bösartigkeit und persönlichen Angriffe ihres Vaters sie belasten. Ich konnte mitfühlen.


    Allerdings war ich ich im weiteren Verlauf des Buches mehr und mehr irritiert. Denn eine ganze Armada an Pflegepersonal marschiert hier auf, die Eltern werden bis zum Schluss von eigens engagierten Pflegerinnen und Pflegedienst liebevoll betreut. Die Autorin, der das Leben in einem Haus mit den Eltern irgendwann zu viel wird, baut sich mal kurz ein Eigenheim und beschränkt sich im Folgenden auf sporadische Besuche und die Erledigung des Papierkrams. Selbst die Berichte der Pflegerin über den Zustand der Eltern waren ihr zu viel, empfindet sie als Zumutung und beschwert sich gleichzeitig über mangelnde Anerkennung ihrer eigenen Leistung. Die Pflegerin allerdings mit einem „das will ich gar nicht wissen“ abzubügeln, spricht auch nicht gerade für eine ausgeprägte Wertschätzung der Arbeit der anderen.
    Und auch gegen Ende des Lebens der Mutter wirkt die Autorin seltsam Ich-bezogen, so als sei sie das eigentlich Opfer. Einen Menschen Sterben zu zu sehen ist wahrlich nicht schön. Ihm im Todeskampf allerdings die Menschenwürde abzusprechen und quasi für ein rechtzeitiges „Einschläfern“ zu plädieren (was so nicht explizit ausgesprochen, aber doch durch den Vergleich mit dem Einschläfern des Hundes nahegelegt wird) halte ich für falsch und sogar eine Missachtung eben jener eingeforderten Würde. Sterben ist grausam und, ja, unappetitlich. Und Sterben dauert auch seine Zeit. Den Sterbenden selbst diese Zumutungen für die Angehörigen nicht mehr zuzugestehen und das Ganze durch einen vermeintlichen „schönen Tod“ rechtzeitig zu beenden, mag dem Zeitgeist, in dem alles gesund, sauber und hygienisch zu sein hat, geschuldet sein, oder auch der Tatsache, dass der Tod, wenn er denn sein muss, für die Überlebenden möglichst glatt und und reibungslos verlaufen soll. Mit Menschenwürde hat das allerdings nix zu tun.


    Im Rückblick betrachtet ist dieses Buch also gar kein Plädoyer für eine bessere Pflege, für weniger Bürokratie und mehr Menschlichkeit im Umgang mit alten und dementen Menschen, sondern unterschwellig, auch wenn das nie explizit ausgesprochen wird (höchstens durch den Titel), ein Plädoyer für Sterbehilfe. Und zwar nicht nur für Menschen, die nur noch dank Hightech-Medizin überleben, sondern auch für solche, die auf den ersten Blick nur noch „Ärger“ machen, aber einfach nicht sterben wollen.


    Ich kann es durchaus nachvollziehen, dass eine solche Erfahrung zermürbt, und ich verstehe auch die Gedanken der Autorin, dass sie sich irgendwann den Tod der Mutter wünscht. Allerdings stört mich die Rechtfertigung, dass ein schneller Tod eigentlich nur im Sinne der Mutter wäre und es deshalb ein Fehler im System der Grund sei (das direkte Sterbehilfe, also das Töten eines Menschen, der von alleine einfach nicht stirbt, verbietet), dass die Autorin all dies mitmachen musste, gewaltig.


    Meine Freundin hat fürchterlich gelitten in ihren letzten Lebenswochen, auch von Sterbehilfe gesprochen, und doch hat sie mit dem Sterben gewartet, bis zu ihrem Geburtstag die gesamte Familie am Bett versammelt war. Mittlerweile bin ich der festen Überzeugung, dass das kein gemeiner Zug des Schicksals war, sondern die, wenn auch nicht bewusste, Entscheidung meiner Freundin. Und da wäre es nahezu vermessen gewesen, aus vermeintlichem Mitleid dieses Sterben abzukürzen, ihr die Chance zu nehmen, diese eine, letzte Entscheidung selbst zu treffen. Dass diese Autonomie sterbenskranken Menschen so einfach abgesprochen wird, ist das Ärgerliche an diesem Buch.

    ich frag mich halt nur, wieso man ausgerechnet an Weihnachten einkaufen gehen will , eigentlich sollte man doch froh sein, dass der Konsumterror nun endlich für zwei Tage zu Ende ist gruebel

    Zitat

    Original von rienchen
    Am nächsten Tag gehen wir auf irgendeinen Weihnachtsmark (zB auf dem Bebelplatz), da ist kaum was los. Ich finde es so schön, dass die Märkte hier tatsächlich auch an Weihnachten auf haben, das ist eine ganz besondere Stimmung. :-)


    naja, ich finde es ein wenig unchristlich, dass auch an Weihnachten selbst konsumiert werden soll. Schließlich geht es bei einem Markt ums Geschäft. Außerdem tun mir die Leute leid, die sich selbst an Weihnachten in die Kälte stellen müssen, um ihren Kram zu verkaufen. Was sich womöglich nicht mal lohnt, weil ja kaum was los ist :gruebel

    Ich habe gestern einen Bekannten in einer Suchtklinik besucht. Dort wohnt zwischen den zwei automatischen Eingangstüren eine Katze :wow.
    Die ist vor einigen Jahren aufgetaucht, heißt bezeichnenderweise Whisky und arbeitet da nun als Therapiekatze. Als Freigänger kann sie sich ihre Arbeitszeiten natürlich frei einteilen, und wenn ihr die Zuneigungsbekundungen ihrer zugegeben etwas durchgeknallten Patienten zu viel werden, geht sie eben spazieren. Pünktlich zum Torschluss um zehn ist sie aber wohl meistens zuhause.


    So lass ich mir Katzen gefallen :anbet

    Ich habe das Buch leider nicht verstanden.


    Allerdings fällt es mir schwer, meine Kritikpunkte zu äußern, ohne zu viel zu verraten, obwohl es eigentlich von Anfang an klar ist, wie die Sache ausgeht.


    Ist das ein Glücksspielroman? Wohl eher nicht, zu diesem Thema würde mir eher Dostojewskis "Der Spieler" einfallen. Hier scheint mir eher das amerikanische Motto, dass jeder seiner Glückes Schmied ist, auf so ein auf den ersten Blick beknacktes Geschäftsmodell wie Roulette ausgeweitet werden zu wollen. Also das Geld, dass sie zuvor sinnlos verpulvert haben, wollen Marion und Art in Kanada (hier wird noch nach der europäischen Methode mit einer Null gespielt, in den USA dagegen mit der "unfairen Doppelnull") wieder reinholen. Das System freilich, nach dem Art spielt, Martingale, ist bekannt und hat mit "Spielen" herzlich wenig zu tun, sondern ist eher ein mäßig risikoreiches Investment.



    Egal, die beiden fahren also an die Niagarafälle, auch wenn die Ehe gescheitert ist. Gescheitert? Mir begegneten in diesem Buch zwei freundschaftlich verbundene Menschen, deren einziges Problem ist, dass sie einen zwanzig (!) Jahre zurückliegenden Seitensprung nicht verkraftet haben. Das passte einfach nicht zusammen. Es gibt zwar immer noch Missverständnisse, wie auch nicht, doch die beiden scheinen mit sich im Reinen, was auch die oft erwähnte positive Grundstimmung des Buches ausmacht.
    Leider geht dadurch der gesamte Plot flöten.
    Oder wollen sie sich vielleicht doch trennen wollen, weil dadurch die drohende Privatinsolvenz steuerlich günstiger ist? Also dazu fällt mir dann wirklich nichts mehr ein.



    So war dieser Roman für mich nichts weiter als ein Guckloch zu einer tendentiell langweiligen Ehe, gut beobachtet, nett formuliert, aber eigentlich überflüssig.