Beiträge von Ines

    Ich habe das Buch ebenfalls gelesen. Jetzt habe ich zwei Meinungen dazu, die obendrein noch vollkommen gegensätzlich sind:


    Die schlechte Meinung: In diesem Buch wimmelt es von Klischees, allerdings wissen wir ja auch alle, dass Klischees durchaus ihre Berechtigung haben.
    Die Problematik der "Hörigkeit" wurde angeschnitten, aber nicht in die Tiefe gehend behandelt. Der Mann - hieß er nicht Wolf? - war nur der Täter, doch ist es inzwischen bekannt, dass es gerade in solchen BEziehungen weder Opfer noch Täter gibt. Man ist stets beides zugleich. Hier hätte ich mir noch ein wenig mehr an Hintergrund gewünscht und auch an Ehrlichkeit. Ein Tabu-Thema aufzugreifen und letztendlich doch nicht das Tabu zu brechen, erscheint mir wie stehen bleiben auf halbem Weg.


    Das Gute: Mir hat gefallen, dass Melanie nicht in ihrer Opferrolle verblieben ist, sondern das Problem auf ihre Weise angepackt hat. Das Ende - Wolfs Tod - war vielleicht ein wenig übertrieben. Trotzdem prima, dass hier in aller Deutlichkeit gezeigt wurde, dass es gelingen kann, sich zu wehren. Schade zugleich aber auch, dass das Beispiel Melanie eine Ausnahmeerscheinung ist, die man in der Realität wohl nur sehr selten findet. Hier hätte ich mir gewünscht, dass realere Möglichkeiten, ein solches Problem zu lösen, aufgezeigt worden wären.

    Hallo, liebe Büchereulen,


    ich möchte heute mal eine lesbische Liebesgeschichte vorstellen und gebe gleich zu, dass ich den Titel im Grunde recht dämlich und überhaupt nicht treffend finde.


    Sandra Wöhe, eine in Holland geborene Indonesierin, die in Deutschland aufgewachsen ist und heute in der Schweiz lebt, hat mit diesem Buch einen Roman herausgebracht, der in der lesbischen Szene sofort die Bestsellerlisten gestürmt hat.


    Ich weiß, dass viele Leserinnen und Leser bei dem Begriff "lesbisch" schon mal vorsorglich zurück schrecken. Ich fand den Roman trotzdem wahnsinng interessant und schlichtweg gut geschrieben.
    Sandra Wöhe beschreibt in diesem Buch eine Liebesgeschichte. Sie macht das auf eine unheimlich humorvolle Art und Weise, die zeigt, dass Lesben sich mit denselben Problemen herumschlagen wie alle anderen Menschen, die sich lieben.
    Ihre erotischen Beschreibungen sind hinreißend. Schon nach wenigen Zeilen vergisst man, dass es sich um zwei Frauen handelt, die da miteinander im Bett liegen. Aber ist das nicht ohnehin vollkommen gleichgültig?


    Ich jedenfalls habe eine Menge Neues über die geheimnisvollen Frauen erfahren, die partout keinen Mann wollen, habe mich an Frau Wöhes Witz und Sinnlichkeit gefreut und kann nur jedem und jeder, die einfach mal wissen wollen, wie das so ist, wenn Frauen Frauen lieben, dieses Buch empfehlen. Toll ist auch ihre Website www.sandrawoehe.ch.

    Oh, ja, über die Amazon-Verkaufsränge wüsste ich auch sehr gern mehr. Meine Lektorin misst ihnen eine ziemlich große Bedeutung bei, ebenso den Rezis. Mein Agent dagegen winkt müde ab. Schon der Verkauf eines einziges Buches würde gleich mehrere hundert Ränge ausmachen.
    Wie ist das nun wirklich?


    fragt
    Ines

    Hallo, Ihr Lieben,


    ich habe schon wieder eine Frage.
    Wie viel Erotik braucht ein Roman?
    Welchem Zweck dient die Erotik in einem Roman?
    Und wollen Leserinnen und Leser wirklich alles ganz genau wissen?
    Was eigentlich ist gute Erotik?
    Worin besteht der Unterschied zwischen erotischer Literatur und literarischer Erotik?


    So viele Fragen. Bin gespannt, was Ihr dazu sagt.


    Einen schönen Tag wünscht Euch allen
    Ines

    Hallo Tom und hallo an alle anderen,


    Selbstelitarisierung ist ein schönes Wort. Doch es wäre schade und mir auch peinlich, wenn ihr meine Frage in dieser Richtung verstanden habt.
    Es geht weder um den pädagogischen Zeigefinger noch um Bildungselite. Ich glaube, es geht einfach nur darum, dass ein Autor, der sich anmaßt, anderen etwas zu sagen zu haben (ich zähle mich dazu), auch eine solide Wissensbasis haben muss. Was nützt mir der beste Roman, wenn ich alles, was darin steht, schon anderswo gesehen, gehört oder gelesen habe? Gut, dann kann es immer noch ein Hochgenuss an Unterhaltung sein, aber ich glaube auch, dass ein Hochgenuss an Unterhaltung mit Bildung im Zusammenhang steht. Ein Autor, der z.B. Kleist, den Meister der Zeitraffung, gelesen hat, kann in seinem Buch vielleicht sehr gut mit Zeitraffungen umgehen, er kann von Jonathan Franzen die Einführung von Charakteren lernen, von anderen die Spannung, Dialoge usw. Ich nehme jedenfalls ab und an Bücher, die mir besonders gut gefallen haben, auseinander, um zu sehen und zu lernen, wie die anderen das machen.


    Aber wahrscheinlich bin ich momentan nur auf dem Humboldt-Tripp. Am Wochenende habe ich mir in einer Buchhandlung den "Kosmos" angesehen und bin vor Ehrfurcht fast ins Regal gekippt. Humboldt erklärt in diesem Buch schlicht und einfach, was die Welt zusammen hält und wie sie entstanden ist.
    Und ich habe begriffen, dass ich im Grunde verdammt wenig weiß. Eigentlich gar nix. Und habe mich dann darüber gewundert, dass ich mir trotzdem anmaße, Bücher zu schreiben.


    Fazit: Ines hat eine Bildungskrise, die nichts mit Bildungselite und Zeigefinger zu tun hat, sondern einfach mit der Tatsache, dass sie wieder mal auf ihre ureigene Unwissenheit gestoßen ist.

    Liebe Murmelito,


    danke schön für deine Meinung. Oh, um Gotteswillen, ich habe nie, nie, niemals vor den pädagogischen Zeigefinger beim Schreiben zu erheben. Nein, wirklich nicht. Hoffentlich ist es mir noch nicht passiert.


    Ich möchte nur einfach genau wissen, worüber ich schreibe. Bei einem Buch über die Liebe habe ich den Anspruch, so viel wie möglich über die Liebe zu wissen. Also auch ihre historische Seite, ihre Darstellungsweisen, ihre Erscheinungsformen usw. Ich glaube, erst aus dem Wissen darüber kann sich in mir eine echte Meinung bilden, die mehr beinhaltet als meine persönlichen Erfahrungen.


    Denkt jetzt bloß nicht, dass ich so arbeite. Nö, leider nicht. Bisher habe ich die Welt, die ich in meinen Büchern beschrieben habe, aus meinem kleinen Zimmer heraus betrachtet. MEINE Meinung, meine Erfahrungen usw. waren dabei ausschlaggebend. Aber inzwischen frage ich mich, ob das nicht etwas zu wenig ist.


    Danke schön und Gruß

    Liebe Iris, lieber Tom,


    zunächst Danke schön für Eure Meldungen. Tom, ich habe mich kaputt gelacht über deinen Beitrag zu Habseligkeiten. Besonders über das Aktfoto im Duden.


    Ich finde allerdings nicht, dass es ausreicht, nur über die jeweilige Zeit, die Schicht und das Leben der Protagonisten Bescheid zu wissen. Vor kurzem habe ich eine Vortragsreihe zur Toleranz zwischen Tugend und Torheit gehört.
    Einer der Referenten hat den Begriff der Toleranz historisch abgeleitet - und plötzlich stellte sich mein zeitgeistiger Toleranzbegriff als verdammt dünn und oberflächlich heraus.


    Deshalb stimme ich auch dir, Iris, voll und ganz zu: Ein Autor muss über ein Höchstmaß an Bildung verfügen.


    Mit neuen Gedanken meine ich allerdings noch etwas anderes. Wann ist ein Buch ein "gutes" Buch? Wann ist Kunst eigentlich Kunst?


    Ich finde, es reicht absolut nicht aus, eine Geschichte zu erzählen, selbst wenn sie verdammt gut erzählt ist. Bücher, die mich auf andere, neue Gedanken bringen, die neue Sichtweisen anregen, halte ich für sehr viel wertvoller. Das klingt jetzt ein bisschen blöde, aber ich erkläre es gleich.
    Kunst und gute Literatur sind erst dann Kunst und gute Literatur, wenn sie althergebrachte Denkmuster in Frage stellen und möglicherweise sogar neue Denkmuster aufzeigen.
    Beuys hat das praktiziert. Er hat die gewohnten Denkmuster in Bezug auf Kunst umgeworfen und neue dagegen gestellt. Das ist eine enorme Leistung, finde ich. Ob mir persönlich diese neuen Denkmuster gefallen oder nicht, ist dagegen eine andere Frage.


    Wisst Ihr, was ich meine?


    Fazit: Ein guter Roman ist nur dann wirklich gut, wenn er Denkmuster in Frage stellt und möglicherweise sogar neue Denkmuster aufzeigt. Dazu ist eine verdammt gute Allgemeinbildung notwendig.
    Mir ist so ein Glanzstück bisher noch nicht gelungen. Und Euch?

    Tom,


    über deinen Beitrag habe ich mich schief gelacht. Du hast so Recht! Aber ein Aktfoto von Habseligkeiten hätte ich doch schon ganz gern.
    Sag, schreibst du in deinen Büchern auch so witzig?


    Gruß

    Hallo, Ihr alle,


    Derzeit beschäftigt mich die Frage, welchen hohen Grad an Allgemeinbildung ein
    Schriftsteller haben sollte, um in seinen Büchern wirklich neue Gedanken
    formulieren zu können. Reicht es aus, sich in der jeweiligen Zeit auszukennen
    oder sollte ein Autor nicht vielleicht doch nach einem gewissen
    Universalwissen streben?
    Bestimmte Dinge der Gegenwart sind erst aus der Historie heraus verständlich.
    Ist es deshalb für einen zeitgenössischen Autor notwendig, die Geschichte zu
    kennen? Wie sieht es mit Naturwissenschaften, Philosophie, Kunstgeschichte
    aus?
    Was meint Ihr dazu?

    Hallo,


    gibt es unter euch jemanden, der sich mit zeitgenössischer Klassik auskennt?
    Ich mühe mich gerade an der Oper von Helmut Lachenmann, finde Philip Glass überraschend interessant und habe gerade Jan Garbarek entdeckt. Leider habe ich üüüüüüüüüüüüüberhaupt keine Ahnung von diesem Genre. Gibt es noch jemanden zu entdecken? Gibt es Literatur dazu?


    Danke schön sagt


    Ines

    Ich war neulich zu einem Seminar über Toleranz zwischen Tugend und Torheit. Dort hat auch der Komponist Helmut Lachenmann gesprochen. Er sagte: "Wir sollten die Sprache in Sicherheit bringen." Der Satz hat mir sehr gefallen.
    Fremdwörter lassen sich nicht immer vermeiden. Viel schlimmer ist für mich, dass man auch mit deutschen Worten viel Unheil anstellen kann. Was zum Beispiel bedeutet der Satz: "Wenn das ICH in der Schwebe des SEINS aufgeht, verliert es sich in der Grausamkeit der Schönheit." Ich kenne jedes einzelne Wort, habe aber keine Ahnung, was mit dem Satz gemeint sein könnte. So etwas finde ich wirklich schlimm. Wir sollten nicht vergessen, dass wir sprechen, um von anderen verstanden zu werden. Und das ist mehr, als nur zu beeindrucken.
    Ich lese sehr gern die FAZ und auch die ZEIT. Aber manchmal geht es mir dort so, wie oben beschrieben. Ich kenne die Worte, finde jedoch keinen Sinn und habe sogar das Gefühl, dass es möglicherweise gar keinen Sinn gibt. Hmm. Geht euch das auch manchmal so?

    Herzlichen Glückwunsch! Ihr habt Euch eine ganz, ganz große Torte mit ganz, ganz viel Sahne drauf verdient.
    Schön, dass es die Büchereulen gibt!

    Hallo, Lilli,


    ich habe einen Vertrag für elektronische Medien, der jedoch an Verlagsvertrag gekoppelt ist. Hilft dir das weiter?
    Bin bis 24.10. im Urlaub und fern vom Netz. Magst du mich anschließend anmailen?


    Gruß

    Iris,


    es gibt allerdings Branchen, z.B. Liebesromane, da verpassen dir die Verlage ein zumeist englisches Pseudonym, weil die Leserinnen wohl lieber etwas aus dem Ausland lesen. Wir reden hier allerdings nicht von Heftromanen. Außerdem gibt es unter den Autoren regelrechte Vielschreiber, die einfach mehrere Namen brauchen, um alles, was sie geschrieben haben, unterzubringen. Dasselbe gilt für Autoren, die mehrere Genres bedienen - und jedes einzelne davon mit einem Extranamen.
    Aber bei der Titelgestaltung hatte ich bisher eigentlich immer zumindest ein Mitsprachrecht. Das heißt, wenn mein Arbeitstitel nicht gefiel, dann gab man mir die Möglichkeit, weitere Titelvorschläge zu unterbreiten.
    War das bei dir anders?