Beiträge von Vandam

    Stacey Halls: Die Verlorenen. Roman, OT: The Foundling, aus dem Englischen von Sabine Thiele, München 2021, Pendo Verlag in der Piper Verlag GmbH, ISBN 978-3 86612-495-0, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 377 Seiten, Format: 12,8 x 3,8 x 21 cm, Buch: EUR 22,00 (D), EUR 22,70 (A), Kindle: EUR 18,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    Aus irgendeinem Grund hatte ich das Buch unter „Fantasy“ abgespeichert. Ist es aber nicht. Es ist ein historischer Roman, der in der Mitte des 18. Jahrhunderts in London spielt. Mit viel Spannung, Gefühl und Drama ist das genau der Stoff, aus dem man in meiner Jugend einen Weihnachts-Vierteiler fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen gedreht hätte. Die Boomer wissen jetzt Bescheid, ja?


    Bessie muss ihr Kind in Pflege geben


    London 1747: Die junge Elizabeth „Bessie“ Bright lebt zusammen mit ihrem Vater und ihrem Bruder Ned in einer ärmlichen Behausung und verkauft Krabben auf dem Markt. Die Aufmerksamkeit des reichen Kaufmanns Daniel Callard schmeichelt ihr – auch wenn sein Interesse wohl hauptsächlich ihrer beachtlichen Oberweite gilt. Die flüchtige Liaison hat Folgen: Bessie wird schwanger und der verheiratete Kaufmann ist über alle Berge.


    Bessie und ihre Familie können unmöglich noch eine vierte Person durchfüttern. Vielleicht würde es funktionieren, wenn nicht ihr nichtsnutziger Bruder alles Geld, das ins Haus kommt, gleich versaufen würde. Aber es ist wie es ist, und so bringt Bessie ihre neugeborene Tochter in das Foundling-Hospital, ein Waisenhaus am Rande der Stadt. Sollte sie ihr Leben so geregelt bekommen, dass sie das Kind selbst großziehen kann, kann sie es wieder abholen. Das ist alles schriftlich fixiert.


    Aus dem Heim verschwunden


    Sechs Jahre später ist es so weit: Bessie hat genügend gespart und will ihre Tochter nach Hause holen. Doch im Heim sagt man ihr, dass das Kind bereits kurz nach seiner Aufnahme wieder abgeholt worden sei – von seiner Mutter. Die hätte alle notwendigen Informationen und Unterlagen gehabt. Bessie ist wie vom Donner gerührt. Sie hat ihr Kind garantiert nicht geholt. Aber wer dann?


    Dr. Elliot Meade, der Arzt, der das Waisenhaus betreut, ist bereit, ihr bei der Suche nach dem Kind zu helfen, auch wenn Freunde und Verwandte das für ein aussichtsloses Unterfangen halten. Doch Bessie hat bereits einen Verdacht.


    Mutter Undercover


    Unter falschem Namen lässt sie sich als Kindermädchen in dem vornehmen Haushalt anstellen, in dem ihre Tochter mutmaßlich lebt. Sie hat sofort einen guten Draht zu der kleinen Charlotte. Das ist kein Wunder, denn zu ihrer „Raubmutter“ Alexandra (40) hat Charlotte ein sehr distanziertes Verhältnis. Die Frau ist zwar klug und wohlhabend, aber psychisch gestört,

    und verlässt das Haus nur, um sonntags in die Kirche zu gehen. Sie betritt nicht einmal ihren eigenen Garten. Und „Tochter“ Charlotte muss ganz genau so leben.


    Normal ist alles, woran man sich gewöhnt hat. Charlotte kennt das Leben da draußen nur aus Büchern und vermisst nichts. Erst als ihr das lebhafte neue Kindermädchen von Gärten, Wäldern, Zoos und Jahrmärkten vorschwärmt und von Freunden, Verwandten und anderen Kindern berichtet, ahnt das Mädchen, was es alles verpasst, und fühlt sich auf einmal in seiner kleinen Welt gefangen.


    Flucht vor der „Raubmutter“


    Wenn Alexandra nur eine Angststörung hätte, könnte man damit noch umgehen. Doch als sie sich einmal erschreckt, rastet sie vollkommen aus und attackiert Charlotte, Bessie und Dr. Meade mit einem Schürhaken. Jetzt ist für Bessie Schluss mit lustig. Hier ist man ja seines Lebens nicht mehr sicher! Da kann das Kind nicht bleiben! Sie schnappt sich ihre Tochter und läuft mit ihr Hals über Kopf davon.


    Doch wo eine reiche Dame jemanden suchen lässt, da sind die Aasgeier und Verräter nicht weit …


    Faszinierend und spannend


    Es war faszinierend zu sehen, wie die einfachen und die wohlhabenden Menschen damals gelebt haben. Die Unterschiede werden besonders deutlich, weil zentrale Figuren das Milieu wechseln. Das arme „Krabbenmädchen“ Bessie dürfte sich in Alexandras Haushalt wie im Himmel vorgekommen sein – bevor es begriffen hat, dass das auch nur eine komfortabel ausgestattete Hölle ist. Und die kleine Charlotte weiß gar nicht, wie ihr geschieht, als Bessie sie aus ihrem goldenen Käfig zerrt und sie in ihr Elendsviertel bringt.


    Spannend war die Geschichte auch: Wie wird es weitergehen mit dem Mädchen und seinen zwei Müttern? Wer wird gewinnen?


    Hier ist eine kreative Lösung gefragt, wie immer die auch aussehen könnte. Was also werden sie tun?


    Schwer nachvollziehbar, was die Leute tun


    Womit ich meine Probleme hatte: Mit der Motivation der Figuren. Ich hätte Stein und Bein geschworen, dass Dr. Elliot Meade in alles eingeweiht ist


    Um den Doktor so einzuwickeln, wie es hier geschildert wird, hätte Bessie das von Anfang an geplant haben müssen.


    Wie ein Weihnachts-Vierteiler im TV


    Aber gut. Der Roman bietet Zerstreuung, Unterhaltung und ist was fürs Gemüt. Vor Begeisterung ausflippen muss man jedoch nicht. 😊 Es gibt noch weitere historische Romane der Autorin, die auch in diese Richtung gehen. Doch mir ist das – sorry! – ein bisschen zu viel Weihnachts-Vierteiler-Kitsch.


    Die Autorin


    Stacey Halls wurde 1989 geboren und wuchs in Lancashire auf. Sie studierte Journalismus an der University of Central Lancashire und veröffentlichte bereits Artikel bei diversen Publikationen, wie z. B. The Guardian, Stylist, Psychologies, The Independent, The Sun und Fabulous. Ihr erster Roman »The Familiars« erschien 2019 und wurde sofort zum Bestseller.


    ASIN/ISBN: 3866124953

    Alexander Häusser: Noch alle Zeit, Bielefeld 2019, Pendragon Verlag, ISBN 978-3-86532-655-3, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 280 Seiten, Format: 13,6 x 3 x 21,1 cm, Buch: EUR 24,00, Kindle: EUR 18,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Das wird schon“, hatte der Apotheker immer gesagt, wenn er die Medikamente für Mutter geholt hatte. Morphium gegen die Schmerzen. Aber es wurde nicht. Es war eine Lüge, wie alles andere auch. […] Er wollte einmal in seinem Leben die Stimme erheben, wollte brüllen, toben, hinausschreien, dass das Leben einfach so vergehen kann, ohne eine Hoffnung, ohne ein Versprechen. Dass nichts einfach schon wird. (Seite 148)


    Als Zehnjähriger „der Mann im Haus“


    Der Schriftsetzer und Klavierlehrer Edvard Mellmann (62) ist kaum je aus seinem norddeutschen Kaff herausgekommen. Er lebt immer noch in seinem Elternhaus und kümmert sich um seine hochbetagte und schwer kranke Mutter. Sein Vater Oskar, ein Flohmarkthändler, ist eines Tages nicht mehr von seiner Tour zurückgekommen. Da war Edvard zehn.


    Die Mutter findet sich irgendwann damit ab, dass der Gatte wohl tot ist. Nur Edvard klammert sich an die Vorstellung, dass sein Papa noch lebt. Noch als Fünfzehnjähriger schwört er Stein und Bein, den Vater in der Stadt beim Einkaufen gesehen, jedoch wieder aus den Augen verloren zu haben.


    Ist der Vater gar nicht tot?


    Die Mutter wirkt ein bisschen lebensuntüchtig. Sie geht zwar zur Arbeit in die Fabrik, aber den Haushalt und den Alltag organisiert Edvard. Auch schon als Zehnjähriger. Da findet eine ungesunde Parentifizierung statt. Weil die Mutter nicht müde wird zu betonen, dass sie ohne ihren Sohn nicht klarkäme, schafft er nie den Absprung in ein eigenes Leben. Als junger Mann hätte er vielleicht die Chance gehabt – mit der Sparkassenangestellten Elsie. Doch die kapiert irgendwann, dass sie ihn nie wird von seiner Mutter loseisen können und heiratet einen Kollegen.


    Jetzt ist Edvards Mutter gestorben und er räumt ihre Sachen weg. Zu seinem maßlosen Erstaunen findet er ein Sparbuch mit regelmäßigen Einzahlungen und einer erklecklichen Summe. Wo kommt das Geld her? Mellmanns waren nie auf Rosen gebettet und mussten immer sparen. Und wieso hat die Mutter das Sparbuch vor ihm versteckt?


    Spurensuche in Norwegen


    Elsie – der Kontakt besteht immer noch – findet auf nicht ganz legale Weise heraus, dass Edvards Mutter Geld aus Norwegen bekommen hat. Da kann doch nur sein Vater dahinterstecken, oder? Hat er sich nach Norwegen abgesetzt?

    Na, vielleicht kennt man ihn ja bei seiner norwegischen Hausbank, denkt sich Edvard, leiht sich einen Koffer und reist nach Oslo.


    Auch Alva ist auf der Suche


    Auf dem Schiff trifft er die Berliner Journalistin Alva (30), die in Norwegen eine Reportage über „magische Orte“ machen will. Sie betrinken sich gemeinsam an der Bar, und als Alva die Zugangskarte für ihre Kabine nicht mehr findet, lässt er sie ohne Hintergedanken in seiner übernachten. Man hat die beiden für Vater und Tochter gehalten, und so nimmt Edvard diese Bekanntschaft auch wahr. Umso entsetzter ist er, als er am nächsten Morgen feststellen muss, dass Alva ihm 10.000, – schwedische Kronen gestohlen hat.

    Von der Zufallsbekanntschaft zur Schicksalsgemeinschaft


    In Oslo laufen sich Alva und Edvard wieder über den Weg und kommen zu einer schrägen Übereinkunft: Er macht kein Theater wegen des gestohlenen Geldes, wenn sie ihm bei der Suche nach seinem Vater hilft. Für sie ist das in Ordnung, und er ist gottfroh. Wie käme er sonst in entlegenere Gegenden des Landes? Er hat keinen Führerschein, und eine Tagesfahrt entfernt, in Honningsvåg, lebt ein Hobbyhistoriker, der sich mit alten Fotos auskennt und ihm vielleicht weiterhelfen kann.


    Jetzt sind die beiden Einzelgänger also gemeinsam unterwegs. Sie erfahren mehr voneinander, gehen einander aber auch ziemlich auf die Nerven.


    Ob jeder findet, was er sucht?


    Während Edvard mit Hilfe des Hobbyhistorikers Isak Lemskø der Vergangenheit seines Vaters nachspürt, erhält Alva eine Hiobsbotschaft aus Berlin: Ihre Tochter ist verschwunden. Alva lässt alles fallen und fliegt nach Hause.


    Ob jeder findet, was er sucht und bekommt, was er braucht?


    Es ist ein Buch wie ein „Roadmovie“, aber an die gedankenschwere Sprache, die inneren Monologe und die exakten Beobachtungen musste ich mich erst gewöhnen. Man teilt stets die Überlegungen, Gefühle und Erinnerungen der beiden zufälligen Reisegefährten und kommt ihnen dadurch sehr nahe. Sowohl Edvard als auch Alva sind geprägt, ja geschädigt von ihren Familiengeschichten. Jetzt suchen sie Halt, Kraft und Mut für eine Veränderung. Können sie das einander geben oder sind sie dazu zu schwach? Haben sie wirklich „noch alle Zeit“, ihr Leben in eine positive Richtung zu wenden, oder ist es dafür schon zu spät?


    Kein Krimi trotz Vermisstenfall


    Vermisstenfälle finde ich immer ausgesprochen spannend, und auch wenn der Roman kein Krimi ist, wollte ich, genau wie Edvard, unbedingt herausfinden, was aus Oskar Mellmann geworden ist. Alvas Probleme konnte ich ebenfalls gut nachvollziehen, war aber ständig versucht zu sagen: „Gute Frau, suchen Sie sich professionelle Hilfe. Machen Sie eine Therapie, sonst wird das nix!“


    Der Autor


    Alexander Häusser, geboren 1960 in Reutlingen, studierte Germanistik, Philosophie und Geschichte. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen; darunter den Literaturförderpreis der Stadt Hamburg. Sein Roman »Zeppelin!« wurde verfilmt und lief bundesweit in den Kinos. Häusser lebt mit seiner Familie in Hamburg. https://www.alexanderhaeusser.de


    ASIN/ISBN: 3865326552

    Gloria Gray: Jenseits von Verhausen, Vikki Victorias 3. Zwischenfall, Krimi, München 2024, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-21887-0, Klappenbroschur, 378 Seiten, Format: 12,3 x 3,1 x 19,1 cm, Buch: EUR 13,00 (D), EUR 13,40 (A), Kindle: EUR 9,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „[…] Mario will wissen, was hier vor sich geht. Will endlich erfahren, wie er die geheime Filmerei im Olympiaturm, die Ermordung des Greises und dessen mediale Unterschlagung und nun auch noch Marougés sperriges Interview deuten soll.“ (Seite 144)


    Ein alter Freund muss untertauchen


    Ja, um Himmels Willen! In welche undurchsichtigen kriminellen Machenschaften ist unsere Heldin, die transidente Entertainerin Gloria Gray (43) jetzt schon wieder hineingeraten? Das fragt sie sich selber. Schon als ihr Ex-Lover Wolf Wolff, Antiquitätenhändler und Chef der Biker-Gang „Switch Blades“, sie zu einem feudalen Lunch ins Restaurant auf dem Münchner Olympiaturm einlädt, hat sie ein komisches Gefühl. Das wird nicht besser, als er herumdruckst und andeutet, dass er eine Weile „weg“ müsse. Vikki solle sich derweil um seine Angelegenheiten kümmern.



    Schließlich rückt er mit der Sprache raus: Bei der letzten „Intervention“ – die Switch Blades befreien Tiere aus schlechter Haltung – ist etwas schiefgegangen und er hat einen Wachmann getötet. Jetzt gehen er und seine gesamte Gang erst einmal auf Tauchstation.


    Vikki hat jetzt „Personal“


    Weil Vikki täglich als Conférencière eines Varietés auf der Bühne steht, kann sie sich nicht Vollzeit um Wolfs Hund, den treudoofen Dalmatiner Stollberg, kümmern. Ihre Mutter, eine toughe Ex-Gastronomin, zieht deshalb vorübergehend bei ihr ein, übernimmt den Hund und schmeißt den Haushalt. Das ist praktisch! Und weil Vikki derzeit keinen Führerschein hat, fungiert Nachbarstochter Kathi (18), die ehrgeizige Influencerin, die wir aus Band 2 kennen, als Chauffeurin. Das ist nicht immer das reine Vergnügen. Aber immerhin: „Queen Victoria“ hat jetzt Personal! 😊


    Als Madame Marougé, Vikkis derzeitige Chefin im „Palazzo Fantastico“ und eine mysteriöse Größe im Münchner Nachtleben, auf einmal dringend den Wolf sprechen will, schlägt Vikkis Sorge um ihren alten Freund in Panik um. Wenn die Marougé da drinhängt, ist die Geschichte noch gefährlicher als gedacht!


    Nachts im Stall im Kugelhagel


    Sie würde ja selbst gern mit Wolf sprechen, aber sie weiß nicht, wo er ist. Ja … sie vielleicht nicht. Jemand aus ihrem Umfeld schon!


    Doku mit Nebenwirkungen


    Wir Leser:innen wissen geringfügig mehr als die Heldin. Wir begleiten nämlich den abgehalfterten Bestseller-Autor Lars Kessler (60) und dessen neuen Assistenten, den verkrachten Privatdetektiv Mario Sulfak (25) bei ihren … ähm … Aktivitäten. Die zwei haben einen Vertrag mit einem Streamingdienst über eine Doku ergattert. Thema: Die Biker-Gang der Switch-Blades und ihr Engagement für den Tierschutz.



    Ungeschminkt und ungefiltert …


    Derweil stolpert Vikki Victoria mit Pascal, Kathi, Mama und Hund rat- und schimmerlos durch die Szenerie und von einer Katastrophe in die nächste. Worüber sie uns ungeschönt, höchst amüsant und thematisch abschweifend berichtet. Die Entertainerin kann einfach nicht beim Thema bleiben! Wenn ihr beim Erzählen irgendwas ein- oder auffällt, dann muss das raus, ohne Filter. Da kriegen z.B. ein paar Schickimickidamen ihr Fett weg, die sich etwas auffällig benehmen. Nein, die sind nix Besseres, auch wenn sie das vielleicht meinen:


    „Trotz sündteurer Pflegeprodukte: auch nur ein Haufen Zwiderwurzn.“ (Seite 54)


    In alles, was irgendwie medien g e i l ist, haut Vikki ihre Giftzähne rein. Auch Dinge, die mal in bester Absicht ins Leben gerufen wurden, aber ihrer Meinung nach umgeschlagen sind in Wichtigtuerei, sektenähnliches oder faschistoides Gehabe, werden gnadenlos durch den Kakao gezogen. Da ist das Gendern genauso dabei wie die „woke“ politische Korrektheit:


    „Wimmer wimmer, wir fühlen uns angegriffen, wu-hu-huu. Kennt man ja, wer zuerst beleidigt ist, hat gewonnen.“ (Seite 106)


    … Vikki erzählt uns alles


    Nicht einmal der Klima- und Umweltschutz ist vor Vikkis ätzenden Kommentaren sicher. Da können wir noch so viel Wasser verschwenden um unsere Joghurtbecher vor der Mülltrennung sauber auszuspülen – das nutzt alles nix, es ist eh zu spät. Sagt die Vikki. Auch wenn ich ihre Ansichten nicht immer und unbedingt teile, beeindruckt es mich, wie sie zu ihren Überzeugungen steht. Man kann ihr ihre Meinung auch nicht absprechen:


    „Du wärst genauso, wenn du ich wärst. Und umgekehrt.“ (Seite 49)


    Dagegen ist schwer was zu sagen. Die Vikki hat sich eben noch nie was vorschreiben lassen. Sie musste sich ihren Weg gegen alle Widerstände ganz allein erkämpfen. Wenn sie wehleidig gewesen wäre, wäre sie daran zerbrochen. Ich kann also nachvollziehen, dass sie für manche „modernen“ Entwicklungen kein Verständnis hat. Das ist eine konsequente Personenzeichnung.


    Härter als Band 1 und 2


    Vikkis dritter „Zwischenfall“ ist eindeutig der bis jetzt brutalste. Hat in den vorangegangenen Bänden irgendein D*pp was vermasselt, was zu irrwitzigen und saukomischen Verwicklungen führte und maximal in einer Massenschlägerei gipfelte, gibt’s in Band drei jede Menge Tote. Selbst die Guten … okay, hier gibt’s ja kein eindeutiges Schwarz und Weiß, sagen wir: die „Hellgrauen“ … machen sich schuldig. Und hier hat auch kein unbedarfter Kleinkrimineller aus Versehen eine Lawine losgetreten, hier sind ein paar eiskalte Zyniker unterwegs, die ohne Rücksicht auf Verluste ihr Ding durchziehen.


    Der letzte „Zwischenfall“?


    Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jetzt noch einen vierten „Zwischenfall“ geben kann. Die Unschuld ist hin, Vikkis gut funktionierendes Netzwerk irgendwie auch – und ohne Hilfe kann sie solche Aktionen nicht stemmen, wie die Szenen im Stall und in der Kapelle zeigen. Es sei denn, es ist vielleicht doch nicht alles so, wie wir jetzt glauben … Na, lassen wir uns überraschen!


    Wer ist „XXRXX CXXXXX“?


    Was mich jetzt noch interessieren würde: Auf Seite 67 listet Vikki in kodierter Form ein paar Unsympath:innen aus der deutschen Promi-Szene auf. Ich hab‘ sie alle identifiziert, vom Alexander über die Heidi bis hin zum Uli. Aber wer, zum Geier, ist XXRXX CXXXXX? Das habe ich nicht herausgefunden. Prominenter D*pp mit C, sechs Buchstaben …


    Die Autoren


    Gloria Gray ist seit über 30 Jahren international als Performerin tätig. 2010 kehrte sie in ihre Heimat Zwiesel im Bayerischen Wald zurück und macht sich dort einen Namen als Unternehmerin, Kreisrätin und Botschafterin. Mit der Serie rund um Vikki Victoria legt sie ihr fulminantes Debüt vor.


    Co-Autor Robin Felder lebt und arbeitet in München als Komponist, Texter und Schriftsteller. Bislang sind von ihm vier Romane erschienen.



    ASIN/ISBN: 3423218878

    Patrizia Zannini: Commissario Leone und die römische Unterwelt, Kriminalroman, München 2024, Piper Verlag, ISBN 978-3-492-50796-7, Softcover, 245 Seiten, Format: 12 x 2,05 x 18,7 cm, Buch: EUR 15,00 [D], EUR 15,50 [A], Kindle: EUR 2,99.


    „Unter der Stadt gibt es Steinbrüche, Aquädukte und natürlich auch die Katakomben. Ach, und nicht zu vergessen das weitverzweigte Tunnelnetz der Metro. Vieles, das sich unterhalb der Straßen Roms befindet, haben wir noch gar nicht erforscht.“ (Seite 36)


    Enzo Leone, 31, Jurist und Commissario di Polizia in Rom, sieht es gelassen: Ja, stimmt schon … sein Chef, Primo Dirigente Diego Fontanello hält sich nicht immer an die Vorschriften. Das hat durchaus Vorteile: Hätte er nicht seinem Kumpel, dem Conte Amidei, einen Gefallen getan und dessen Sohn eingestellt, obwohl dieser nicht einmal die Schule abgeschlossen hat, hätten sie heute nicht ihren genialen „Sonderermittler“ Vanni Amidei (21), der mit Computern wahre Wunder vollbringt, wenn auch manchmal abseits der Legalität.


    Die Mordkommission als Wachmannschaft


    Doch jetzt hat der Chef den Bogen womöglich überspannt. Weil sein Schwager, Inhaber einer Sicherheitsfirma, aufgrund krankheitsbedingter Personalausfälle gerade nicht genügend Leute hat, um eine hochkarätige Kunstauktion zu bewachen, schickt Fontanello die Mitarbeiter:innen seiner Mordkommission hin.


    Das ist nicht in Ordnung, aber die Polizisten wollen keinen Ärger mit ihrem Vorgesetzten, also wehren sie sich nicht und spielen mit. Ein Fehler, wie sich bald zeigt. Sie sind Mordermittler und keine routinierten Wachleute. Trotz aller Vorkehrungen dringt ein vermummter Mann in die Auktionsräume ein, greift in eine Vitrine und springt mit der Beute aus dem Fenster. Bis die Polizisten sich aus ihrer Schockstarre gelöst haben, ist der Kerl verschwunden – wie vom Erdboden verschluckt!


    Diebstahl vor den Augen der Polizei


    Gestohlen wurde nur ein einziges Schmuckstück: ein goldener Damenring mit einem auffälligen blauen Diamanten.


    Wie vom Erdboden verschluckt


    Inzwischen ist auch klar, wie der Dieb so schnell verschwinden konnte. Und vor allem: wohin! Er ist tatsächlich durch einen Kanaldeckel in Roms „Unterwelt“ geflüchtet! Die Archäologin Laura Minotti lässt die Polizei Einblick nehmen in diese unheimliche unterirdische Welt. Ihre Warnung ist unmissverständlich: Ja nicht ohne Pläne oder eine kundige Führung dort hinuntersteigen! Das ist ein Labyrinth, in dem man sich nur zu leicht verirren kann.


    Commissario Leone und Ispettore Rossi steigen zusammen mit der Archäologin hinab in die Finsternis und finden dort nicht nur einen, sagen wir mal „illegalen landwirtschaftlichen Betrieb“, sondern auch noch einen Toten! Da geht sie hin, die Chance, den Raubüberfall an eine andere Abteilung loszuwerden! Der Mann ist erschossen worden, und jetzt ist das wirklich Sache der Mordkommission. Mist!


    Ermittlungen in der Unterwelt


    Das Opfer ist polizeibekannt: Alfredo Terranova, ein Leibwächter im Dienst des Ex-Mafioso Antonio Susino. Susino und sein erwachsener Sohn geben sich charmant und ahnungslos. Aber geht ein Mafioso tatsächlich in den Ruhestand? Oder lässt die Katze das Mausen nicht? Commissario Leone zumindest glaubt nicht daran, dass Susino sich gänzlich aus dem Milieu zurückgezogen hat.


    Wie recht er hat, zeigt sich, als der Sohn plötzlich verschwindet und alles auf eine Entführung hindeutet.


    Wie hängt das alles zusammen?


    Aber wie hängt das alles zusammen? Der Mord, die unterirdische Plantage und der Diebstahl des Diamantrings? Irgendwo müssen die Fäden ja zusammenlaufen! Nur wo?


    Es ist so, wie Primo Dirigente Fontanello sagt:


    „[…] Ich befürchte, je tiefer Sie sich durch den Sumpf und Morast der römischen Unterwelt graben, desto mehr Unrat werden sie finden und ans Tageslicht befördern.“ (Seite 92)


    Alles bleibt rätselhaft, bis ein polyglotter Ohrenzeuge ganz zufällig einen wertvollen Hinweis liefert. Ist das jetzt der Durchbruch?


    Der Commissario kommt in seinem zweiten Fall ein bisschen zu kurz. Man erlebt ihn ein paar Mal mit seiner Lebensgefährtin Rosa, aber er ist hier nicht der große Solist. Die Ermittlungen sind eine „Ensemble-Leistung“.


    Hauptattraktion: Das unterirdische Rom


    Manchmal fühlte ich mich ein wenig an Donna Leons „Commissario Brunetti“-Krimis erinnert: der großspurig-cholerische Chef, die bestens vernetzte Sekretärin – nur dass nicht sie es ist, die sich hier illegal in anderer Leute Computer hackt. Das macht Sonderermittler Vanni Amidei. Das ist eine bewährte, erfolgreiche und – bei allem Ernst des Falles – auch amüsante Personal-Konstellation.


    Hauptattraktion war für mich, neben dem verzwickten Fall, die römische Unterwelt. Nicht die, der Antonio Susino angehört, sondern all das, was sich unterhalb der Stadt abspielt. Antike unterirdische Steinbrüche, Katakomben und Aquädukte, das würde ich jetzt gerne mal sehen! Nur das Abseilen in den Untergrund müsste nicht unbedingt sein.


    Actiongetrieben ist dieser Krimi nicht, aber wer Freude an verzwickten Rätseln und ungewöhnlichen Schauplätzen hat, ist hier richtig.


    Die Autorin


    Patrizia Zannini wurde in Stuttgart geboren. Sie ist gelernte Fotografin und hat Werbung studiert, danach war sie bei einem Stuttgarter Verlag als Konzeptionerin und Texterin tätig. Nach der Geburt ihrer beiden Söhne arbeitete sie als freie Werbetexterin und veröffentlichte ihre ersten Bücher. Seit 2013 widmet sie sich ganz dem Schreiben. Als Tochter eines italienischen Vaters verbrachte sie in der Kindheit und Jugend viel Zeit in Rom und in Italien. Mit ihrer Krimi-Reihe, Commissario Leone, kehrt sie nach Rom zurück und entführt die Leserinnen und Leser in die Ewige Stadt. Dabei schwingt deutlich ihre Liebe zu ihrer zweiten Heimat mit. Patrizia Zannini lebt mit ihrer Familie in Stuttgart und Berlin. Homepage: www.patriziazannini.de


    ASIN/ISBN: 3492507964

    Andreas Neuenkirchen: Ein Toter lag im Treppenhaus. Kriminalroman, Köln 2024, GRAFIT in der Emons Verlag GmbH, ISBN 978-3-98659-021-5, Softcover, 272 Seiten, Format: 13,5 x 2,5 x 20,3 cm, Buch: EUR 14,00 (D), EUR 14,40 (A), Kindle: EUR 10,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Es ist so ein schönes Wetter“, freute Holly sich. Da konnte man ihr nicht widersprechen. „Da wollen Sie ja wohl nicht drinnen sitzen.“
    Da konnte man ihr durchaus widersprechen. „Wissen Sie, was ich wirklich hasse“, begann Wolf.
    „Jede Menge Sachen, die anderen Leuten eher egal sind und die ich mir, ehrlich gesagt, nicht alle gemerkt habe.“
    „Ich meine etwas, was ich Ihnen noch nicht erzählt habe.“
    „Draußen sitzen?“
    (Seite 181)


    Der Nachbar ist tot!


    Hm … was habe ich denn da gerade gelesen? Selbst für eine Kriminalkomödie wird hier sehr viel abseitiges Zeug gequasselt. Es geht mehr um Befindlichkeiten als um Ermittlungen. Aber als „Insider-Job“ für Autor:innen und Verlagsleute ist die Geschichte recht vergnüglich: Zwei extrem unterschiedliche Schriftsteller suchen den Mörder ihres Nachbarn, weil die Polizei dessen plötzlichen Tod als Unfall abtut. Dabei babbeln sie ohne Unterlass. Alles, was sich bewegt, kriegt sein Fett weg:


    Zwei Schriftsteller ermitteln …


    Doch von vorn: In einem unscheinbaren Mehrfamilienhaus in München-Moosach wohnen gleich zwei Schriftsteller zur Miete: Amadeus Wolf (geschätzt Mitte 30). Ein ehemaliges literarisches Wunderkind“, das nach einem viel beachteten Erstlingswerk nichts mehr geschrieben hat. Er versucht’s, aber er kommt einfach nicht dazu. Seine Frau Silke, die in führender Position bei einem großen Onlineversandhändler tätig ist, hat sich „aus beruflichen Gründen“ nach Luxemburg abgesetzt und ihn mit Baby Maxine sitzen gelassen. Und jetzt wurstelt sich dieser weltfremde Mann, der immer ein bisschen wie ein Zeitreisender aus der Vergangenheit wirkt, mühselig durchs Leben.


    Wolfs Nachbarin und Berufskollegin Holly McRose – einer ihrer Künstlernamen – dürfte ungefähr in seinem Alter sein. Sie schreibt unter anderem sehr erfolgreich „Nackenbeißer“-Romane, die in den schottischen Highlands spielen. Schrill, bunt, chaotisch und von einer naiven Fröhlichkeit nervt sie den snobistischen Wolf jedes Mal, wenn er sie nur sieht. Was nur Hausmeister Wagner weiß und wir Leser:innen häppchenweise serviert bekommen: Die permanente gute Laune ist nur ein Teil ihrer Persönlichkeit. Holly hat eine ebenso geheimnisvolle wie problematische Vergangenheit.


    … und streiten die ganze Zeit


    Dem kulturbeflissenen Amadeus Wolf wäre das Wurscht. Alles, was Holly gut und interessant findet, verabscheut er. Die meiste Zeit versteht er nicht einmal, wovon sie spricht. Kulturelles, das jünger ist als – sagen wir mal – 100 Jahre, ist für ihn „neumodischer Quatsch“.

    Mich hat er mächtig genervt. Aber das war ja wohl der Plan des Autors.


    An Holly prallt das alles ab. Als Herr Niedermeyer, ihr Nachbar aus dem 2. Stock, tot im Keller liegt, glaubt sie nicht an einen Unfall. Für Kommissar Cem Aslam, der mehr nach Gangsta-Rapper als nach Polizist ausschaut, ist der Fall dagegen klar: Der Mann kam vom Sport, bekam ein Kreislaufproblem und stürzte über das Treppengeländer in die Tiefe. Keine Fremdeinwirkung, und tschüss. Jetzt will Holly selbst ermitteln. Weil sie sich das allein nicht zutraut, wendet sie sich an Amadeus Wolf und quatscht ihn in die Sache rein.


    Amateur-Detektive mit Baby im Schlepp


    Jetzt gurken die zwei kreuz und quer durch München, immer das Baby im Schlepp, diskutieren und streiten dabei über Gott und die Welt und fühlen recht dilettantisch diversen Verdächtigen auf den Zahn:


    Niedermeyers Geliebte gerät ebenso ins Visier wie seine Nordic-Walking-Gruppe und die Typen, mit denen er Karten gespielt hat. Irgendwie geht’s hier auch um Lego, den Wunsch nach einer größeren Wohnung und minderwertige Importware. Und steckt am Ende gar die attraktive, wenn auch prollige Mode-Influencerin La Veroniqua mit drin? Das fände Amadeus Wolf aber gar nicht famos. Denn seit er hinter ihr Geheimnis gekommen ist – er soll nämlich auf Wunsch seines Agenten ihre Biografie schreiben – findet er sie auf einmal toll.


    Ein mysteriöser Beobachter


    Die ganze Zeit über werden die zwei selbst ernannten Privatermittler von einem Unbekannten beobachtet. Wer das ist und was er im Schilde fühlt, zeigt sich erst am Schluss. Da wird’s mächtig dramatisch.


    Der Großteil des Romanpersonals ist auf lustige Weise schräg, wenn’s auch der Held mit seiner elitären Erbsenzählerei manchmal übertreibt. Kein Wunder, dass ihm seine Silke davongerannt ist! Und nachdem wir sie kennengelernt haben, frage ich mich, warum er sie partout wiederhaben will. Sie ist auch nicht sympathischer als er.


    La Veroniqua und Assistentx Johannx


    Ich bin ein Fan von La Veroniqua und ihrem Assistentx Johannx … oder wie auch immer die korrekte Formulierung hier heißen muss.


    „Ich bin altmodisch und stolz darauf“


    Es ist ein zweiter Band angekündigt. Einerseits würde ich schon gerne wissen, wie das mit Wolf und seiner Familie weitergeht und welches Trauma hinter Hollys Verhalten steckt. Andererseits weiß ich nicht, ob ich mir den verbalen Schlagabtausch der beiden Helden nochmals antun möchte. Sinngemäß geht’s überwiegend darum: „Ich bin altmodisch und stolz darauf“ – „Nein, Sie sind altmodisch, lebensuntüchtig und verpassen den ganzen Spaß!“ Das habe ich inzwischen begriffen, aber auf Dauer ist mir das zu fad. Doch sollte sich Amadeus Wolf jemals entwickeln und auch an der Gegenwart Gefallen finden, ist das Konzept hinüber. Ich bin also unschlüssig, ob ich diese Reihe weiter verfolgen werde.


    Der Autor


    Andreas Neuenkirchen arbeitet seit den frühen 90ern als Journalist, zunächst frei im Feuilleton Bremer Tageszeitungen und Stadtmagazine, später als Redakteur in Münchner Redaktionen. Er hat mehrere Sachbücher und Romane mit Japan-Bezug geschrieben und arbeitete als Autor, Berater und Redakteur an über 20 internationalen Fernsehproduktionen mit. Er lebt mit Frau und Tochter in Tokio.


    ASIN/ISBN: 3986590218

    Prof. Dr. Simon Meier-Vieracker: Sprache ist, was du draus machst! Wie wir Deutsch immer wieder neu erfinden, München 2024, Droemer Knaur GmbH & Co. KG, ISBN 978-3-426-44612-6, Hardcover, 255 Seiten mit s/w-Graphiken, Format: 13,2 x 2,18 x 21 cm, Buch: EUR 21,00 (D), EUR 21,60 (A), Kindle: EUR 17,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Anstatt aus meiner Position als Sprachwissenschaftler heraus die Regeln für korrektes Deutsch zu verkünden und zum Beispiel normabweichende Schreibungen in Sozialen Medien zu verurteilen, habe ich dafür plädiert, genauer hinzusehen. Es geht darum, nach den Gründen zu fragen, warum eine Sprache so vielfältige Ausprägungen annimmt, aber auch um eine Reflexion, wer sich in welcher Weise und mit welchen Motiven und Argumenten an den Diskussionen um korrektes Deutsch beteiligt.“ (Seite 209)


    Was machen eigentlich Linguisten?


    Auch wenn ich vom Schreiben lebe: Ich habe keine wissenschaftliche Grundlage. Ich mach‘ das intuitiv und hemdsärmelig. Linguistik habe ich mir immer trocken und theoretisch vorgestellt – mit Resultaten, die außerhalb des „Elfenbeinturms“ keinen interessieren. Dann ist mir das Buch von Simon Meier-Vieracker, Professor für Angewandte Linguistik, vor die Füße gelaufen und ich fand das, was er über sein Fachgebiet berichtet, hochinteressant, alltagsrelevant und spannend!


    Der Professor hat Übung darin, seine Erkenntnisse kurz, knackig und volksnah zu präsentieren: Er hat einen TikTok-Kanal (#LinguisTikTok). Sowas wird zwar in Wissenschaftlerkreisen nicht gern gesehen, aber egal. Ohne den Kanal gäb’s dieses Buch nicht. Und das wäre schade.


    Sprache ist flexibel


    Worum geht’s hier also? Um den Sprachwandel, unter anderem. Wenn es von Haus aus verschiedene Arten gibt, Deutsch zu sprechen – Standarddeutsch/Hochdeutsch, Dialekte, Soziolekte, dazu noch verschiedene Register (situationsbezogen formell oder informell) und wir munter zwischen diesen Varianten hin- und herspringen, wieso fühlen sich dann viele Menschen von Veränderungen bedroht? Sprache scheint ja durchaus flexibel zu sein.


    Verlottert unser Deutsch, wenn Begriffe und Formulierungen aus anderen Sprachen einwandern? Zum Beispiel das aus dem Englischen stammende „Sinn machen“. Lässt uns da die Abwehr gegen das Fremde korrigierend eingreifen? Ist das am Ende ein latent fremdenfeindlicher Akt? – Diese Frage habe ich mir noch nie gestellt. Kann denn nicht jeder selbst entscheiden, ob er „Sinn machen“ oder „Sinn ergeben“ verwendet? Das eine ist, laut Auskunft des Autors, nicht „richtiger“ als das andere.


    Was ist richtiges Deutsch?


    Überhaupt: „richtiges“ Deutsch! Natürlich gibt es Fehler, die durch nichts zu entschuldigen sind, zum Beispiel die Verwechslung von das/dass oder seit/seid. Doch nicht alles, was vom normierten Standard-Deutsch abweicht, ist automatisch falsch. Manches ist lediglich eine regionale Besonderheit, vor allem bei der Aussprache. Raaaad oder Ratt? Könik, Könich oder gar Könisch? Oder bei Formulierungen wie „ich habe im Zug gesessen“ versus „ich bin im Zug gesessen“.


    Was korrektes Standarddeutsch ist, wurde erst vor ca. 130 Jahren festgelegt, und das recht willkürlich. Wenn man alles, was – vor allem mündlich – davon abweicht, als falsch bezeichnen würde, hieße das, das zwei Drittel der Deutschsprachigen kein richtiges Deutsch könnten. – Klar, man orientiert sich am Standarddeutsch, schon der Verständlichkeit wegen. Dennoch wird es immer Varianten geben, die in einer Region als völlig normal gelten und sich in einer anderen total verkehrt anhören. Kein Grund zum Streiten, einander auszulachen oder auch nur die Nase zu rümpfen!


    Schreiben in den Sozialen Medien


    Manchmal pfeifen selbst gebildete Menschen auf die korrekte Schreib- und Ausdrucksweise. Dann nämlich, wenn sie in einem Chat interaktionsorientiert schreiben. Das sind keine Texte für die Allgemeinheit oder gar für die Ewigkeit. Es ist nur wichtig, dass es schnell geht und der Dialogpartner einen versteht. Da schreibt man schon mal: „wadde ma gucke ma kurz im internet“. Das bedeutet nicht, dass Leute, die das tun, nicht in der Lage sind, in anderen Situationen formal korrekte Texte zu verfassen. Diese „schludrige“ Chat-Schreibweise ist lediglich eine Anpassung an die Erfordernisse des Mediums. Eine Erweiterung der Sprache, nicht deren Untergang.


    „Als Sprachwissenschaftler schaue ich […] entspannt und häufiger noch mit detektivischer Begeisterung darauf, wie im Netz immer wieder neue Schreibweisen jenseits der schriftsprachlichen Norm entstehen.“ (Seite 74)


    „Euch allen noch nh schönen Tag“


    Hochinteressant finde ich die Ausführungen zu der Verwendung von ne bzw. nh anstelle unbestimmter Artikel. Wenn diese Kurzform inzwischen von der mündlichen Aussprache entkoppelt und zu einer rein schriftlichen Form geworden ist, wird mir einiges klar. Und ich kann auch bei Formulierungen wie „Euch allen noch nh schönen Tag“ gelassen bleiben. Es gibt keinen empirischen Beleg dafür, dass sowas in die formal korrekte Schriftsprache einsickert. Es ist wohl wirklich nur ein weiteres Register.


    Sternchen sehen: Warum gendern?


    Ein Reizthema, an dem man als Sprachwissenschaftler wohl nicht vorbeikommt, ist das Gendern. Wir erfahren hier unter anderem, wenn wer es nicht ohnehin schon wussten, dass das generische Maskulinum gar nicht so neutral ist, wie es immer tut. 😉 Ein Blick in die Vergangenheit zeigt:


    „Ob mit ‚Ärzten‘, ‚Professoren‘, ‚Bürgermeistern‘ oder ‚Wählern‘ auch Frauen gemeint sein können, diese Frage stellte sich oft gar nicht, da ohnehin nur Männer diese Berufe und Ehrenämter ausüben durften oder das Wahlrecht hatten.(Seite 103/104)


    Unsere Sprache bildet heute die Wirklichkeit also gar nicht mehr ab. Das Gendern ist der Versuch, der Ungleichbehandlung der Geschlechter mit der Sprache entgegenzuwirken. Wer die entsprechenden sprachlichen Konstruktionen unschön findet, kann das Gendern auch bleiben lassen. Es zwingt einen niemand. Der Autor rät zur Gelassenheit und dazu, abzuwarten, ob sich das überhaupt durchsetzt.


    Wie sich Sprache verändert


    Ach ja: Wie sprachliche Veränderungen entstehen und sich verbreiten, („Trampelpfad“), wie man sie misst und wie man feststellt, was sie beim Rezipienten bewirken, das erfahren wir hier auch. Die Graphiken machen das recht anschaulich.


    Wie man uns zu manipulieren versucht


    Faszinierend ist das Kapitel MIT SPRACHE POLITIK MACHEN: DIE MACHT DER WÖRTER. „Framing“ war mir ein Begriff und was gezielt ausgewählte Metaphern auslösen können, war mir auch nicht neu. Doch was man mit unscheinbaren Wörtchen wie „statt“ und „wieder“ anzurichten vermag, ist so perfide, dass ich regelrecht schockiert war. Den Fachbegriff „Präsupposition“ werde ich sicher schnell wieder vergessen, den Mechanismus nicht!


    Phrasen auf‘m Rasen


    Zum Kapitel PHRASEN AUF’M RASEN – DIE SPRACHE DES FUSSBALLS kann ich nicht viel sagen. Von dem Thema habe ich schlicht keine Ahnung. Hängen geblieben ist: Weil alles schnell gehen muss und weil die Leser:innen und Hörer:innen es inzwischen sogar erwarten, bedient man sich der immergleichen Formulierungen. Das scheint übrigens kein spezifisch deutsches Phänomen zu sein.


    Wie denkt die KI?


    Da inzwischen nicht nur Menschen reden und schreiben, sondern auch die künstliche Intelligenz, ist auch ihr ein Kapitel gewidmet. Jetzt weiß ich ungefähr, wie Chat GPT lernt, selbst wenn ich den Vorgang nicht im Detail erklären könnte. Der Autor macht sich auch interessante Gedanken darüber, was wir von künstlich generierten Texten erwarten können und dürfen.


    „So wie die Erfindung der Fotografie die Malerei nicht ersetzt, sondern verändert hat, ist davon auszugehen, dass sich auch menschliches Schreiben verändern wird. Es wird aber immer Bereiche geben, in denen wir künstlich generierte Sprache nicht nutzen können oder nicht nutzen wollen.“  (Seite 207/208)


    Er räumt jedoch ein, dass sich die Entwicklung rasant verändert und sein Beitrag zu dem Thema nur eine Momentaufnahme sein kann.


    Ein kleines bisschen schlauer …


    Nachdem ich dieses Buch gelesen habe, fühle ich mich tatsächlich ein winziges bisschen schlauer. Sprachwissenschaftler machen ja gar nicht nur abgehobenes Zeug! Sie helfen uns, unsere Gesellschaft und aktuell geführte Debatten besser verstehen und einordnen zu können. Einiges sehe ich jetzt anders, klarer oder auch gelassener. Und für so manche manipulative Sprach-Schweinerei hat mir der Autor erst die Augen geöffnet. Da werde ich künftig genauer hinsehen, hinhören und auf der Hut sein!


    Der Autor


    Prof. Dr. Simon Meier-Vieracker ist Inhaber der Professur für Angewandte Linguistik an der TU Dresden. Er forscht u. a. zu den Zusammenhängen von Sprache und Politik, Fußball und Fußballfankulturen sowie Sprache und Medizin. Für seinen TikTok-Kanal zur Linguistik wurde er 2023 mit dem Preis “Die Goldenen Blogger“ ausgezeichnet.


    ASIN/ISBN: 342644612X

    Tina Zang: Ein Schuljahr voller Zauberei. Freistunde statt Erdkunde, Band 3 (ab 8 J.), München 2024, arsEdition, ISBN ‎978-3-8458-5713-8, Hardcover mit goldfarbener Prägung, 140 Seiten mit zahlreichen s/w-Illustrationen von Sandra Reckers, Format: 14,9 x 1,9 x 21,9 cm, Buch: EUR 14,00, Kindle: EUR 9,99.


    Das Klassenzimmer zaubert


    Ob es eine gute Idee war, das seit Jahrzehnten verschlossene Klassenzimmer wieder zu nutzen? Das kommt darauf an, wen man fragt. Ja, es lindert die Raumnot an der Grundschule von Eigam. Das freut die Erwachsenen. Doch dieses Zimmer treibt magischen Schabernack, seit Oberstudienrat Gottlieb Loberecht 1951 dem Schüler Alois Auerhahn ein Zauberbuch weggenommen hat. Dabei ist dessen Zauberkraft auf diesen Raum übergegangen. Und da ist sie noch heute.


    Die Kinder finden das klasse. Jedenfalls die meisten. Sie haben jetzt ein Plastikskelett, das bei Tests heimlich „vorsagt“, Füller, die falsch geschriebene Wörter durchstreichen, singende Mäuse, die im Chor die Pausen ankündigen und eine Tafel, die alberne Bildchen entstehen lässt, wenn die Lehrkraft gerade nicht hinguckt. Manchmal ist auch eine Wiese oder ein Bach im Klassenzimmer, je nachdem, was dem Raum gerade einfällt. Wer hat schon so eine spannende Lern-Umgebung?


    Die Kinder lieben das, die Lehrer nicht


    Die Lehrerinnen und Lehrer sind von dem magischen Unfug nicht so begeistert. Lehrer Blitzke versucht verzweifelt und vergeblich, die Magie zu leugnen. Und auch die Viertklässlerin Friedlinde „Friedi“ Loberecht findet die magischen Eigenmächtigkeiten „ihres“ Klassenzimmers nicht lustig. Das hat nämlich Vorlieben und Abneigungen, genau wie ein Mensch. Streber:innen und Spaßbremsen kann es nicht leiden und lässt keine Gelegenheit aus, diese zu mobben. Das bekommt Friedi, die überkorrekte Klassenbeste, zu spüren.



    Magisches Mobbing


    Doch das magische Klassenzimmer kennt keine Gnade. Friedis Klassenkameraden bekommen beim Geographie-Test tatkräftige Hilfe vom Plastikskelett, Friedi dagegen wird beim Schreiben behindert und erhält zum Entsetzen ihrer Eltern die schlechteste Note der Klasse. Ein Ausrutscher? Nein. Beim nächsten Diktat läuft es für die bisherige Klassenbeste auch nicht gut. Resultat: eine Sechs! Die Mutter plant für ihre Tochter schon eine Therapie.


    Mitschüler Felix, den Enkel von Alois Auerhahn, plagen mittlerweile Gewissensbisse.

    Die Hilfestellungen, die es den Schülerinnen und Schülern gibt, sind auf seinem Mist gewachsen. Aber irgendwie fühlt sich das wie Schummeln an. Ist es ja auch, wie ihm Opa Alois bestätigt.


    Als Felix mitkriegt, wie übel das Klassenzimmer der Streberin Friedi mitspielt und wie sehr sie darunter leidet, ist er sehr betroffen. Er mag sie zwar nicht, aber dass sie nun vielleicht nicht aufs Gymnasium gehen kann und ihre Zukunftspläne begraben muss, das hat er nicht gewollt!


    Schluss mit dem Zauber!


    Es gibt nur eine Lösung: Das Klassenzimmer muss mit dem Zaubern aufhören! In Felix‘ magischem Notizbuch gibt es einen Spruch, der die Zauberei schlafen legt. Felix wendet ihn an, und der Klassenzauber ist vorbei. Aber das ist irgendwie auch nix. Ohne Magie ist das Klassenzimmer nur ein angestaubter Raum,

    Selbst Friedi wünscht sich bald die Magie zurück.


    Jetzt gibt’s nur ein Problem: Niemand weiß, wie lange die herbeigezauberte Magie-Pause andauert. Das stand in dem Zauberspruch nicht drin. Und auch nicht, wie man das Zimmer vorzeitig aus seinem Schlaf erwecken kann, wenn man das möchte.


    Ohne Magie ist’s auch nix!


    Opa Alois weiß auch keinen Rat. Aber vielleicht seine ehemalige Schulkameradin Susanne? Die ist gerade bei ihrer Familie in Eigam zu Besuch und dürfte von dem Problem schon gehört haben. Ihr Enkel Bernie ist nämlich ein Klassenkamerad von Felix. Und tatsächlich: Oma Susanne hat eine gute Idee! Aber ob das Klassenzimmer da mitspielt? Es hat ja die Tendenz, Zaubersprüche sehr eigenwillig auszulegen …


    Fantasievoll, turbulent und lustig wie schon die beiden vorigen Bände. Aber es ist nicht der pure Klamauk, einen ernsten Hintergrund gibt es auch: Der Spaß hört genau dann auf, wenn er auf Kosten anderer geht. Wenn die ganze Klasse sich amüsiert aber eine Mitschülerin (Friedi) darunter leidet, ist das nicht in Ordnung und man muss etwas unternehmen. Auch wenn diese eine Mitschülerin nicht besonders nett ist. Felix erkennt das und zieht beim Zauber die Notbremse. Dass man auf erschummelte Erfolge nicht so stolz ist wie auf etwas, das man aus eigener Kraft erreicht hat, dämmert ihm auch langsam.


    Hokuspokus mit Lerneffekt


    Da in jedem Band andere Schüler:innen aus der Klasse im Mittelpunkt stehen, kann man noch viele Geschichten über ihre Stärken, Schwächen, Freundschaften, Probleme, Erfolge usw. erzählen (und lesen) – und dabei entdecken, welchen Einfluss die Klassenzimmer-Magie auf die verschiedenen Menschen hat. Da scheint ja recht individuell zu sein. Vielleicht kapiert auch Lehrer Blitzke irgendwann, dass der ganze Hokuspokus nicht nur eine Ablenkung vom Unterricht darstellt, sondern den Kindern auch einiges beibringt.


    Die Autorin


    Tina Zang schreibt und übersetzt seit über 20 Jahren Kinder- und Jugendbücher. Sie ist Jahrgang 1960, lebt in Auenwald (was genau so idyllisch ist, wie es sich anhört) und genießt die Abwechslung zwischen der eher einsamen Schreibarbeit und den spannenden Reisen zu Lesungen, Recherchezielen, Autorentreffen und Workshops.


    Die Illustratorin


    Sandra Reckers lebt in Münster und hat dort Grafikdesign mit dem Schwerpunkt Illustration studiert. Seit ihrem Abschluss 2001 arbeitet sie als freiberufliche Illustratorin für verschiedene Verlage und hat bereits zahlreiche Kinderbücher illustriert.


    ASIN/ISBN: 3845857137

    Das Buch ist unter einem anderen Titel bereits 2022 erschienen. Aus komplizierten verlagsinternen Gründen war es geraume Zeit nicht lieferbar und wurde 2024 unter neuem Titel frisch aufgelegt. Inhaltlich ist es genau gleich wie das damals erschienene, nur Buchtitel & Bestellnummern haben sich geändert.


    Tina Zang: Ein Schuljahr voller Zauberei. Schulfest statt Mathetest, Band 2 (ab 8 J.), München 2024, arsEdition, ISBN 978-3-8458-5712-1, Hardcover mit goldfarbener Prägung, 138 Seiten mit zahlreichen s/w-Illustrationen von Sandra Reckers, Format: 15,2 x 2 x 22 cm, Buch: EUR 14,00 (D), EUR 14,40 (A), Kindle: EUR 9,99.


    Stolz berichtet Lehrer Bernhard Blitzke seinem Vorgänger, dass jetzt Schluss sei mit der chronischen Platznot an der Grundschule von Eigam: Man habe vor kurzem in dem Gebäude ein in Vergessenheit geratenes Klassenzimmer entdeckt, voll eingerichtet, sogar mit einem Plastik-Skelett für den Bio-Unterricht!


    Magischer Schabernack


    Seit 1951 war das Klassenzimmer versiegelt, und das aus gutem Grund: Es geht darin nicht mit rechten Dingen zu! Seit das Zimmer damals das Zauberbuch von Felix‘ Opa verschluckt hat, hat es die schrägsten magischen Tricks drauf. Nur der skeptische Lehrer Blitzke denkt noch immer, dass sämtliche unerklärlichen Vorkommnisse auf Schülerstreiche zurückzuführen sind.


    Damit die Schülerinnen und Schüler keine Zeit mehr für Unfug und Schabernack haben, beschließt Blitzke, sie mit einem anspruchsvollen Projekt zu beschäftigen. Er teilt die Viertklässler, die im zaubernden Klassenzimmer sitzen, in Kleingruppen ein und gibt ihnen die Aufgabe, etwas einzustudieren, das sie im September beim Herbstfest aufführen können. Bedingungen: Es muss kreativ sein, mit der Schule zu tun haben und darf nichts kosten. Davon abgesehen haben sie freie Hand.


    Herbstfest und Zauberbuch


    Felix und seine Teamkameradinnen Elena und Lilly planen etwas mit Tieren. Insgeheim setzt Felix auf die Hilfe der Magie. Sein Großvater und er arbeiten nämlich derzeit an einem neuen Zauberbuch – bisher mit mäßigem Erfolg. Zwar tun die Zaubersprüche, was sie tun sollen, doch sie scheinen eigenmächtig zu entscheiden, wann und wo. Doch ein Zauber, der vielleicht erst übermorgen und an einem ganz anderen Ort wirkt, als vom Magier vorgesehen, ist für die Katz‘.


    A propos Katz‘: Die hat überhaupt keine Lust, bei der geplanten Schulaufführung mitzuwirken. Und jetzt stehen Felix, Lilly und Elena dumm da. Auch die drei Mäuse, die im zaubernden Klassenzimmer wohnen und mit der musikalischen Meryem, der Streberin Antonia und dem miesepetrigen Oskar ein Lied singen sollen, haben darauf keinen Bock. Das liegt vor allem daran, dass Antonia so grauenhaft singt. Nur sie selbst scheint das nicht zu bemerken. (Dieses Phänomen kennt man ja von diversen Casting-Shows im Fernsehen,)


    Da hilft nur noch Magie!



    Wir wissen nicht, wie die Vorbereitungen auf das Herbstfest bei den anderen Arbeitsgruppen laufen, aber den Teams von Felix (mit der unkooperativen Katze) und Meryem (mit Heulboje Antonia) kann nur noch ein Wunder helfen. Oder ein bisschen Magie …


    Vorsingen statt vorlesen?


    Ich könnte die Geschichte keinem Kind vorlesen, ohne in albernes Gekicher auszubrechen. Wenn zum Beispiel die Klassenzimmer-Mäuse ihren Auftritt haben oder Lehrer Blitzke mal wieder verzweifelt um die richtige Formulierung ringt.


    Müsste man die geprobten Lieder nicht eigentlich vorsingen und bei Antonias Auftritten ganz furchtbar falsch jaulen? :-D Und gibt‘s den Band auch als Hörbuch? – Was Kinderbücher angeht, werde ich wohl nie richtig erwachsen!


    Das junge Lesepublikum wird vermutlich hauptsächlich dann lachen, wenn Simons kleine Schwester in Reimen spricht. Die sind nämlich nicht besonders salonfähig. So ein bisschen kindlicher Pipikacka-Humor sei ihnen aber gegönnt!


    Interessante Frauen


    Was mich freut, auch wenn es nur so in Nebensätzen zum Tragen kommt, ist, dass die Frauen in der Geschichte keine langweiligen Muttis und Omis sind, sondern interessante Berufe und/oder nicht alltägliche Freizeitbeschäftigungen haben. Felix‘ Oma geht beispielsweise zum Line-Dance und ihre Freundin Karola, die Inhaberin des örtlichen Tante-Emma-Ladens, ist eine Sportskanone, die Bergsteigen und Kajakfahren liebt. Ja, okay: Felix‘ Opa ist auch nicht ohne. Zwar kramt er ganz spießig von früh bis spät in seinem Garten herum, aber er kann zaubern. Das kann auch nicht jeder von seinem Großvater behaupten!


    Was geschah 1951?


    Nun weiß ich immer noch nicht, welche haarsträubenden magischen Ereignisse in den 50er-Jahren zur Versiegelung des zaubernden Klassenzimmers geführt haben. Da muss es ja mächtig abgegangen sein, wenn man den Aufzeichnungen des damaligen Schulleiters glaubt (Band 1). Aber das werden wir sicher im dritten Band erfahren.


    Die Autorin


    Tina Zang schreibt und übersetzt seit über 20 Jahren Kinder- und Jugendbücher. Sie ist Jahrgang 1960, lebt in Auenwald (was genau so idyllisch ist, wie es sich anhört) und genießt die Abwechslung zwischen der eher einsamen Schreibarbeit und den spannenden Reisen zu Lesungen, Recherchezielen, Autorentreffen und Workshops.


    Die Illustratorin


    Sandra Reckers lebt in Münster und hat dort Grafikdesign mit dem Schwerpunkt Illustration studiert. Seit ihrem Abschluss 2001 arbeitet sie als freiberufliche Illustratorin für verschiedene Verlage und hat bereits zahlreiche Kinderbücher illustriert.


    ((Die herkömmliche Verlinkung funktioniert nicht.))




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    Melanie Metzenthin: Unsere kurze Ewigkeit, Margarethe und Fritz Krupp. Roman einer Ehe, München 2024, Piper Verlag, ISBN 978-3-492-06397-5, Klappenbroschur, 413 Seiten, Format: 13,5 x 3,9 x 20,3 cm, Buch: EUR 18,00 (D), EUR 18,50 (A), Kindle: EUR 14,99.


    „Wäre sein Leben wohl anders verlaufen, wenn er sich als junger Mann gegen seinen Vater gestellt hätte? Wenn er nicht von seiner Mutter gelernt hätte, seine Macht aus seiner Krankheit zu beziehen?“ (Seite 337)


    Wie sieht das die Expertin?


    Es ist nicht das erste Buch, das ich über die Familie Krupp lese. Die Handlung war mir also grob vertraut. Aber ich wollte unbedingt wissen, was die Autorin, eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, aus dem Stoff macht. Es gibt ja Ereignisse im Leben von Fritz und Margarethe Krupp, über die man nichts Genaues weiß, aber gerne mehr wüsste. Da muss man sich aus vorhandenen Informationen zusammenreimen, was wohl geschehen sein mag. Ich dachte, dass eine Fachfrau, die weiß, wie wir Menschen ticken, hier sicher mit einer plausiblen Theorie aufwarten kann. Und, ja, durchaus!


    Starke Frau und schwacher Mann


    Doch fangen wir von vorne an: Friedrich Alfred „Fritz“ Krupp (geb. 1854) ist der einzige Sohn und Erbe des Essener Industriellen Alfred Krupp und dessen Frau Bertha. Also der Sohn des „Kanonenkönigs“. Gegen seinen Vater kann Fritz sich nie durchsetzen. Von klein auf kränklich (Asthma, Rheuma) bedient er sich der Taktiken seiner Mutter, die sich auch gern in ihre Krankheiten flüchtet, wenn ihr alles zu viel wird. Einem Leidenden wird man nichts zumuten.


    Von anderem Kaliber ist Fritz‘ spätere Frau Margarethe von Ende (ebenfalls 1854 geb.). Sie hatte auch andere Startbedingungen: Sie stammt aus verarmtem Adel, hat noch rund ein Dutzend Geschwister und eine standesdünkelhafte Mutter, die die Pflichten der Haushaltsführung und Kindererziehung schnellstmöglich auf ihre erstgeborene Tochter abwälzt. Margarethe wehrt sich. Sie will etwas lernen, die Welt sehen und ein selbstbestimmtes Leben führen.


    Wenn man bereit ist, die Konsequenzen zu tragen, sagt sich Margarethe, dann kann man alles machen. Gegen den Widerstand ihrer Mutter – der Vater hat daheim nicht viel zu sagen – absolviert sie eine Ausbildung an einem Lehrerinnenseminar und ist danach in England und später am Hof von Sachsen-Anhalt in Dessau als Erzieherin tätig. Bei der Mutter ist sie damit unten durch. Sie betrachtet die Tochter jetzt als Dienstbotin, die, wenn sie ihr Elternhaus besucht, durch den Hintereingang gehen und in einer Dienstmädchenkammer schlafen muss. Margarethe nimmt das hin, denn sie lebt genau das Leben, das sie will. Das ist eben der Preis dafür.


    Ehe mit langem Vorlauf


    Fritz Krupp und Margarethe von Ende lernen einander kennen, als sie beide 18 sind. Das ist jetzt nicht die leidenschaftliche Liebe auf den ersten Blick, aber sie verstehen sich gut, können über alles reden und begreifen sich als Seelenverwandte.


    Erst als beide 28 sind, treten sie vor den Altar. Natürlich erwartet man nun, dass bald Nachwuchs kommt. So eine Heirat hat auch „dynastische“ Gründe und Margarethe ist nicht mehr so jung. Doch besonders leidenschaftlich ist Fritz nie. An S*x hat er kaum Interesse. Generell nicht. Sie haben dann trotzdem zwei Töchter, Bertha, die Firmenerbin (geb. 1886) und Barbara (geb. 1887). Danach hält Fritz seine Pflicht für erfüllt und zieht sich immer öfter auf seine Krankheiten und in seine Kuren und Auslandsaufenthalte zurück.


    Alles hängt an Margarethe


    Seit dem Tod von Krupp Senior ist Fritz zwar der Firmenchef, aber er ist ja nie da. Es hängt alles an Margarethe: Kinder, Haushalt – die „Villa Hügel“ ist wie ein Schloss und verfügt über 600 Bedienstete – sowie Repräsentationspflichten mit Kontakten bis hinauf zum Kaiserpaar. In Firmenangelegenheiten wird sie schon auch das eine oder andere mitentschieden haben. Sie hat auf jeden Fall eine Menge Verantwortung und stets viel zu tun.


    Der Gatte holt derweil auf Capri seine Jugend nach,

    Die Eheleute Krupp werden einander immer fremder.


    Rufschädigende Gerüchte


    Wer reich und mächtig ist, hat Feinde, und so dauert es nicht lange, bis böse Gerüchte die Runde machen.


    Als Fritz 1902 überraschend stirbt, ohne dass Frau und Kinder sich von ihm hätten verabschieden können, schlagen die Gerüchte neue Wellen: Jetzt mutmaßen die Leute, er habe sich wegen der Geschichte auf Capri das Leben genommen. Auf dem Totenschein steht „Schlaganfall“. Ja, was war’s nun? – Wir wissen es nicht. Doch Melanie Metzenthins Schilderung der Vorgänge erscheinen mir plausibel.


    Die Erbin ist noch minderjährig


    Wie geht’s jetzt weiter? Firmenerbin Bertha ist noch minderjährig und kann erst in vier Jahren die Unternehmensleitung übernehmen. Dass sie dafür bestens qualifiziert ist, dafür haben ihre Eltern gesorgt. Bis zu Berthas Volljährigkeit muss Margarethe als Treuhänderin einspringen.


    Hören denn die ermüdenden Verpflichtungen niemals auf? Margarethe spürt, dass sie keine 20 mehr ist, sie steckt die Belastungen nicht mehr so leicht weg. Ihr Leben lang hat sie für alles und jedes die Verantwortung getragen. Was uns zu der Frage führt, was sie wohl tun wird, wenn Firma und Villa mit allem, was dazugehört, endgültig in Berthas Hände übergehen. Nur zeichnen, spazieren gehen und die Enkelkinder bespaßen wird ihr sicher nicht genügen. Aber Frauen wie Margarethe fällt immer was ein …


    Neue Aspekte


    Obwohl ich die Geschichte schon kannte, konnte ich nicht aufhören zu lesen. Sagen wir so: Was die Krupps gemachthaben, wusste ich. Warum sie so gehandelt haben und wie sich das für sie angefühlt hat, darüber hatte ich mir eine Meinung gebildet, die ich hier zum großen Teil bestätigt fand. Es kamen aber auch neue Aspekte hinzu. Fritz und seine Mutter sehe ich jetzt in einem etwas anderen Licht. Und auch Eleonore, Margarethes Mutter, war wohl doch nicht nur eine bl*de Kuh, sondern ein Opfer der Umstände. Sie hatte Gründe für ihr oft unverständliches Verhalten.


    UNSERE KURZE EWIGKEIT ist keine Biografie, sondern ein Roman, und er hat mir Fritz und Margarethe Krupp und deren ungewöhnliche Ehe auf faszinierende Weise nahegebracht.


    Die Autorin


    Melanie Metzenthin lebt in Hamburg, wo sie als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie arbeitet. Sie hat bereits zahlreiche Romane veröffentlicht, in denen psychische Erkrankungen oft eine wichtige Rolle spielen. Beim Schreiben greift die Autorin gern auf ihre berufliche Erfahrung zurück, um aus ihren fiktiven Charakteren glaubhafte Figuren vor einem realistischen Hintergrund zu machen. 2020 wurde sie für ihr Buch "Mehr als die Erinnerung" mit dem DELIA Literaturpreis ausgezeichnet.


    ASIN/ISBN: 3492063977

    Ellie Brauer: Ein nicht ganz koscherer Fall. Israel-Krimi, München 2024, Piper-Verlag, ISBN 978-3-492-50774-5, Softcover, 320 Seiten, Format: 13,9 x 19,1 x 2,9 cm, Buch: EUR 18,00, Kindle: EUR 4,99.


    „Im Regelfall brechen Verdächtige ein, sobald sie die Tatsache akzeptieren, dass wasserdichte Beweise ihre Tat belegen. […] Früher oder später wird er uns die ganze Geschichte erzählen. Und entweder haben wir dann für den Mord an Alexander sein Alibi oder sein Geständnis. Oder sein Wissen, wer der Täter war.“ (Seite 248)


    So einfach, wie sich der israelische Kommissar Michael „Micki“ Cohen das vorstellt, ist die Sache dann doch nicht. Das hätte er sich eigentlich denken können! Er kennt die Leute ja. Doch von vorn:


    Olivia Pfeffer, 37, die Kriminalkommissarin, die es von Stuttgart nach München verschlagen hat, konnte mit dem deutschen Winter noch nie was anfangen. Sobald’s draußen kalt und schmuddelig wird, träumt sie sich in ihre Wahlheimat Israel. Aber es ist halt maximal ein Urlaub im Jahr drin. Für immer Achziv am Banana Beach statt München an der Isar, das wär’s!


    Kommissarin Pfeffer: Dienstlich nach Israel


    Nachdem sie im letzten Urlaub dort zusammen mit der örtlichen Polizei einen internationalen Fall gelöst hat, hat sie jetzt die Chance, auch dienstlich an ihren Sehnsuchtsort zu kommen: Sie wird nach Israel abkommandiert. Offenbar hat ihre Arbeit dort Eindruck hinterlassen. Sie gehört jetzt zur Special Unit Aleph, der ersten deutsch-israelischen Sondereinheit der Mordkommission, die aufgrund eines Regierungsbeschlusses länderübergreifend und ohne bürokratische Hürden arbeiten soll.


    Einen entsprechenden Fall gibt es schon. Ausgerechnet an Olivias geliebtem Banana Beach im Norden des Landes ist ein Toter angespült worden … ein Mann mittleren Alters, erschossen, möglicherweise mit einer Polizeiwaffe. Beim Toten wurden keine Papiere gefunden. Aber er hat ein auffälliges Tattoo mit einem deutschen Text. Das bringt Olivia schnell auf die richtige Spur: Der Tote ist Alexander Claasen, ein Werbegraphiker aus Stuttgart. Ein unauffälliger Mann, der keine Feinde hatte und sich rührend um seine demenzkranke Mutter kümmerte. Warum er jetzt tot am Banana Beach gefunden wurde, kann sich niemand erklären.


    Tod am Banana Beach: Wer erschoss Alexander Claasen?


    Olivias Kollegen in Achziv versuchen derweil, herauszufinden, wo Claasen in Israel gewohnt hat. Keine Hotelreservierung, nix! Er müsste schon privat untergekommen sein, aber er hatte keine Verbindungen nach Israel. Oder doch?


    Die Freundin ist Noa Stern, 41, aus Bat Shlomo, die lange Jahre in Ecuador gelebt hat. Sie ist aber nicht zu erreichen. Niemand ist zu erreichen! Feiertage lähmen das Land, alle Welt ist auf Verwandtenbesuch.


    Kommissar Cohen im Interessenskonflikt


    Kommissar Micki Cohen ahnt, dass es jetzt kompliziert wird. Er kannte Noa, er kennt ihre Familie. Mit ihrem Bruder David ist er seit der Schulzeit befreundet. Wenn dessen Familie etwas mit dem Mord zu tun hat, wird das mehr als nur unangenehm.


    Olivia Pfeffer fliegt nach Israel, richtet sich in Achziv häuslich ein


    Unterdessen in München …


    Während Olivia sich in ihrem neuen Wirkungskreis einlebt und einarbeitet und auch häufig privat mit Kollege Micki und dessen Sohn unterwegs ist, macht sich daheim in München Abteilungssekretärin Beatrice Pfannenschwarz auf ebenso plumpe wie dreiste Weise an Kommissar Mimi Zioni heran. Olivia, die selbst Interesse an dem gebürtigen Neapolitaner hat, kriegt das wohl mit, kann aber aus der Ferne nichts dagegen tun.


    So anstrengend, faul und nervig diese „Beatritsche“ auch ist – ihr fallen manchmal Details auf, die ein „normal“ denkender Mensch nie bemerken würde. Das hat sich schon als hilfreich, ja sogar als entscheidend erwiesen.


    Ein bisschen befreiende Komik


    Ein bisschen befreiende Komik muss hier sein. Dafür sorgen Beatrice und der schmierige Hausmeister in Olivias neuer Wohnung. Weil er sich distanzlos aufführt, macht sie sich gar nicht erst die Mühe, sich seinen komplizierten Nachnamen zu merken, sondern sortiert die Buchstaben im Geiste jedes Mal neu, wenn sie sich über ihn ärgert. Das ist ebenso kreativ wie gemein, und ich habe eine Lieblingsvariante.


    Diese komischen Momente braucht man, weil der Fall selbst so tragisch ist.


    Familie Stern schweigt eisern


    Welche Szenarien die Polizisten auch durchspielen, das ist alles nur logisch bis zu einem gewissen Punkt. Danach passt nichts mehr zusammen. Familie Stern hält eisern dicht, obwohl die garantiert alle wissen, was hier gespielt wird. Und dann versucht plötzlich ein Nachbar, sich Hals über Kopf ins Ausland abzusetzen. Was, zum Geier, läuft hier?


    Ein bisschen hofft Olivia ja, dass sie den Fall nicht so schnell aufklären, dann kann sie noch eine Weile im Land bleiben. Andererseits … was, wenn es noch mehr Tote gibt? Sie müssen den Mörder finden!


    Ich hatte relativ schnell eine Vorstellung davon, wer Alexander Claasen erschossen hat und auch eine ungefähre Idee, warum. Nur beim zweiten Todesfall ging es mir wie den Ermittlern: Ich hab‘die Enden nicht zusammengebracht. Das passte alles nicht. Es blieb also spannend bis zum Schluss. Dann erst versteht man die Zusammenhänge – und ist erschüttert. Der Fall ist eine Tragödie – und alles, was geschehen ist, war im Grunde völlig unnötig.


    Israel, unpolitisch? Kaum zu machen!


    Die Reihe läuft unter „Cosy Krimi“, der Israel weitgehend politikfrei als Urlaubsland präsentieren möchte. Gänzlich unpolitisch kannst du über das Land nicht schreiben, wenn auch die Ereignisse vom 7. Oktober 23 und deren Folgen hier ausgespart werden. Gut, die Geschichte ist nicht exakt datiert, das kann alles auch noch in der Zeit davor spielen. Anders würde das Konzept nicht funktionieren, das die Autorin im Nachwort so erklärt:


    „Mit meinen Krimis […] wollte ich Lesern und Leserinnen eine neue Sichtweise auf Israel ermöglichen. Dabei war es mir als Autorin wichtig, authentische Situationen zu schaffen, die mit Lokalkolorit und fein gezeichneten Charakteren die kulturelle Vielfalt Israels widerspiegeln.“ (Seite 344)


    Mir gefällt diese Idee, ich mag die Reihe, auch wenn ich natürlich sehe, was das derzeit für ein Spagat ist. Ach, wär’s in Israel doch so, wie die Autorin es beschreibt!

    Und ich hoffe, dass Olivia irgendwann einen Weg findet, in Israel leben zu können.


    Die Autorin


    Ellie Brauer, geboren in Stuttgart, ist freischaffende Werbetexterin und Autorin. Wenn sie nicht gerade Webseiten konzipiert oder PR-Texte für ihre Kunden verfasst, geht sie auf Reisen und schreibt. Bevorzugt in ihrem Lieblingsland Israel, wo sie sich am Strand neue Fälle für ihre Krimireihe um die urlaubsreife Ermittlerin Olivia Pfeffer ausdenkt.

    Ihr Debütroman Bittermandel Honigherz erschien im Herbst 2021 unter dem Pseudonym Ada Lewis bei Piper und wurde vom Verlag für den Delia Literaturpreis 2022 eingereicht. Für Kein Urlaub ohne Mord erhielt sie 2022 ein Stipendium der VG Wort, für Ein nicht ganz koscherer Fall 2023 ein Stipendium des Förderkreis der Schriftsteller:innen in Baden-Württemberg. Sie lebt mit ihrem Lebenspartner in der Nähe von Stuttgart.


    ASIN/ISBN: 3492507743

    Birgit Ebbert: Die Königin von der Ruhr. Margarethe Krupp und die Gründung der Margarethenhöhe, Roman, Köln 2023, Bastei Lübbe, ISBN 978-3-7577-0008-9, Klappenbroschur, 496 Seiten, Format: 13,4 x 3,5 x 21,2 cm, Buch: EUR 15,00, Kindle: EUR 12,99.


    Margarethe reichte ihm das Blatt, auf dem sie die Rahmenbedingungen für die Stiftung notiert hatte. Der Finanzrat holte tief Luft und steckte das Papier ein. „Ich glaube, wir haben Sie in den letzten Jahren unterschätzt.“ (Seite 271)


    Margarethe hat eigene Pläne


    Brav und langweilig sein, handarbeiten, sich dünkelhaft geben, weil man dem (verarmten) Adel angehört und auf den Prinzen auf dem weißen Pferd warten – das ist nichts für Margarethe Freiin von Ende (geb. 1854 in Breslau), die spätere Frau Krupp. Dünkelhaft ist ihre Mutter Eleonore in so hohem Maß, dass es für die ganze Familie reicht:


    Margarethe gefällt die Situation nicht. Sie ist intelligent und wissbegierig und erwartet mehr vom Leben. Sie setzt durch, dass sie nach der Höheren Töchterschule das Lehrerinnenseminar besuchen darf. Sie schafft’s tatsächlich, von zuhause wegzukommen, zieht nach Berlin zur verwitweten Gräfin Maximiliane von Oriola (einer Tochter des Dichterehepaars Achim und Bettina von Arnim), geht später als Erzieherin nach Nordwales und an den Hof des Fürsten von Anhalt in Dessau. Eleonore von Ende ist entsetzt, dass ihre Tochter einer bezahlten Tätigkeit nachgeht,


    Späte Ehe mit dem Seelenverwandten


    Margarethe ist schon 28, als sie den gleichaltrigen Friedrich Krupp heiratet, den Erben der Essener Gussstahlfabrik. Zu dem Zeitpunkt kennen sie einander schon seit zehn Jahren und verstehen sich als Seelenverwandte, aber irgendwie hat er ewig gebraucht, um ihr einen Antrag zu machen.


    Viel kriegen wir von Friedrich Krupp in diesem Buch nicht mit, die Geschichte beginnt erst so richtig nach seinem Tod. Aber ich habe den Eindruck, dass ihm immer alles zu viel ist und er sich aus dem Staub macht, sobald etwas anstrengend zu werden droht. Aber vielleicht tu ich ihm auch unrecht. Er hatte von jung auf gesundheitliche Probleme.



    Die Tochter wird die Firma erben


    Nach Alfreds Tod 1887 wird Friedrich der Alleineigentümer der Firma, ist aber oft aus gesundheitlichen Gründen auf Kur in Italien, sodass eine Menge Verantwortung auf Margarethe lastet. Zwei Töchter haben die beiden: Bertha (geb. 1886) und Barbara (geb. 1887). Es steht von Anfang an fest, dass Bertha mal die Firma erben und leiten wird. Margarethe sorgt dafür, dass beide Töchter sehr gut ausgebildet werden.


    Die Erbin ist noch minderjährig


    1902 stirbt Friedrich Krupp. Bertha ist noch nicht volljährig. Die Firma kann sie erst in vier Jahren übernehmen. Da wird erst einmal Margarethe einspringen müssen. Auch wenn ihr Mann ihr das nie wirklich zugetraut hat, tritt sie für die kommenden Jahre als Treuhänderin in seine Fußstapfen. Verantwortung zu tragen ist sie von klein auf gewöhnt. Über die Firma hat Margarethe bei ihrem Mann und ihrem Schwiegervater viel gelernt. Sie hat Mitarbeiter, auf die sie sich verlassen kann und schreckt vor dieser Aufgabe nicht zurück.


    Sollte nun jemand meinen, er könne die neue Chefin ausbooten, weil sie eine Frau ist, wird er schnell merken: äh … nein!


    Der Traum von der Gartenstadt


    Dass sie der Firma Krupp nur interimsmäßig vorsteht und gar nicht die Zeit hat, ihr ihren Stempel aufzudrücken, ist Margarethe bewusst. Das ist auch gar nicht ihr Ziel. Sie will etwas Sinnvolles tun, etwas Bleibendes schaffen und verlegt sich auf einen Bereich, in dem sie Erfahrung hat: Wohltätigkeit.


    Werkswohnungen hat die Firma schon unter der Leitung von Alfred Krupp gebaut. Margarethe schwebt jedoch etwas anderes vor: eine Gartenstadt nach britischem Vorbild.

    Margarethe sitzt nicht daheim, hütet die Enkel und stickt – Margarethe baut.


    Gegen alle Widerstände


    Bei Romanen, die sich auf wahre Begebenheiten stützen, ist das mit der Spannung immer so eine Sache: Die Gartenstadt gibt’s: die Margarethenhöhe in Essen. Die kann man sich vor Ort oder im Internet ansehen. Wir wissen also, dass Frau Krupp ihren Plan umsetzen konnte. Das ist nicht die Frage. Hier geht es mehr darum, welche Widerstände sie zu überwinden hatte und was sie alles veranstalten musste, bis es so weit war. Da wird viel geplant, umgeplant, ein bisschen genetzwerkt und getrickst und mal mehr und mal weniger hart verhandelt.


    Spannung bringen die intriganten Verwandten in die Geschichte. Diese oftmals angeheirateten Personen meinen, ein Anrecht auf ein sorgenfreies Leben zu haben, ohne dafür arbeiten zu müssen, nur weil Krupps so sagenhaft reich sind. Nicht alle Schmarotzer:innen beschränken sich auf bühnenreifes Gejammer und Gebettel. Da hat’s auch ein paar richtig fiese Gestalten drunter,


    Frauen, die bauen


    Ich bin kein Groupie der Superreichen, aber Margarethe, so wie sie in diesem Roman geschildert wird, hat mir gefallen. Frauen, die bauen – denen fühle ich mich verbunden.


    Margarethe ist nicht von Haus aus vermögend gewesen und hat sich deshalb auch nach ihrer Heirat eine gewisse Bodenständigkeit bewahrt. Dass ihr als Frau in der Geschäftswelt Grenzen gesetzt sind, ist ihr bewusst und sie ärgert sich darüber. Doch sie versteht es auch, das System für sich zu nutzen. Deswegen hat sie – anders als beispielsweise ihre Gesellschafterin – an radikalen politischen Veränderungen kein Interesse. Für sie funktioniert die bestehenden Verhältnisse ja.


    Was meine niedrigen Instinkte angesprochen hat: Der Skandal auf Capri, in den Friedrich Krupp kurz vor seinem Tod angeblich verwickelt war.


    Ich brauche nicht immer mörderische Spannung. Mich interessiert, wie Menschen in anderen Epochen, Gesellschaften und Schichten gelebt haben – und vor allem, wie da die Situation der Frauen war. Da schau ich gern mal ein bisschen bei den Leuten über den Gartenzaun. Dieser gründlich recherchierte Roman wird auch nicht das letzte Buch gewesen sein, das ich zum Thema „Familie Krupp“ gelesen habe.


    Die Autorin


    Birgit Ebbert ist freie Autorin und lebt im Ruhrgebiet. Als Diplom-Pädagogin schreibt sie Ratgeber und Lernhilfen sowie Kinderbücher und Erinnerungsgeschichten für die Arbeit mit Seniorinnen und Senioren. Seit ihrer Dissertation über Erich Kästner ist sie fasziniert von der deutschen Geschichte, was sich in ihren Büchern widerspiegelt. In Kurzgeschichten und Romanen zeigt sie, dass hinter Geschichte immer auch Leben und Geschichten stecken.


    ASIN/ISBN: 3757700082

    Roland Bauer: Katzen träumen. Postkartenbuch, Schwäbisch Hall und Sindelfingen 2024, Molino-Verlag, ISBN 978-3-948696-82-5, 20 Seiten mit Farbfotos auf stabilem Postkartenkarton, Format: 11 x 1 x 15,6 cm, EUR 12,00.


    Schreibt eigentlich noch jemand Postkarten? Oder ist das inzwischen völlig aus der Mode gekommen? Also, man könnte, wenn man wollte, denn es gibt sie noch! Zum Beispiel in diesem Buch mit 20 Katzenmotiven.


    KATZEN TRÄUMEN ist so stabil gebunden, dass man bequem darin blättern und das Aufwachsen der fünf flauschigen Kätzchen eines Wurfs als Bildergeschichte verfolgen kann. Es fällt nicht auseinander, nur weil’s als Postkartenbuch konzipiert ist.


    Man kann die 20 Postkarten heraustrennen und an Katzenfreund:innen verschicken oder verschenken. Man kann auch einzelne Motive im Büro oder im Kinderzimmer aufhängen, wenn man will. Doch ob man dies tut oder nicht, bleibt einem selbst überlassen. Sollte man nichts dergleichen vorhaben, hat man einfach ein zauberhaftes Bilderbuch. Dass die Fotos von einem Profi-Fotografen stammen, ist nicht zu leugnen. 😊


    Nur Postkarten – kein Text!


    Text gibt’s keinen, den muss man sich in Eigenregie ausdenken, wenn man das Buch beispielsweise mit Kindern durchblättert. Die werden wissen wollen, wie die Kleinen heißen, die da so fröhlich spielen, die Welt entdecken, an Mamas „Milchbar“ trinken oder selig schlummern. Dann muss man ganz schnell kreativ werden. Fünf Kitten sind’s, wie gesagt. Also Anton, Berta, Cäsar, Dora und Emil … oder so.


    Nutzt man die Motive als Postkarte und beschreibt die Rückseite, steuert man das geschriebene Wort sowieso selbst bei.


    Für große und kleine Katzenfreund:innen geeignet, auch als Geschenk.




    Der Fotograf


    Roland Bauer, Sohn von Stuttgarter Weingärtnern, studierte in Dortmund Fotodesign und Bildjournalismus. Seit 1980 arbeitet er als freischaffender Fotograf. Seine Fotos der Verhüllung des Reichstags von Christo und Jeanne-Claude sind längst Teil des kollektiven Bildgedächtnisses geworden. In zahllosen und berühmt gewordenen Bildern hat er das traditionelle Handwerk und bäuerliche Lebensformen festgehalten.


    ((Herkömmliche Verlinkung funktioniert nicht!))




    https://www.amazon.de/Katzen-träumen-Postkartenbuch-Katzenliebhaber-bezaubernden/dp/3948696829/ref

    Angelika Godau: Herbstjunges, Roman (Bd. 7), Zweibrücken 2024, ‎Independently published, ISBN 979-8-88250629-1, Softcover, 242 Seiten, Format: 12,7 x 1,4 x 20,32 cm, Buch: EUR 12,95, Kindle: EUR 3,99.


    „Wir hatten Pläne, wenn du dich noch daran erinnerst? Wir wollten reisen, noch etwas von der Welt sehen, davon haben wir noch so gut wie nichts umgesetzt.“
    „Na ja, die Umstände waren eben dagegen …“
    „Ja, aber jetzt sind die Umstände ganz normal. […] Alle sind gesund und munter, Zeit für dich, loszulassen und deine Aufmerksamkeit mal deinem vernachlässigten Ehemann zuzuwenden.“
    (Seite 218)


    Krise hier und Krise dort …


    Ach ja! Dialoge wie in dem obigen Zitat haben Jonathan Brinkmann (66) und seine Frau Inge (78) in allen sieben Büchern der Reihe geführt. Öfter! Sie hatten ja sogar mal erwogen, nach Teneriffa auszuwandern, wo Jonathan eine Immobilie besaß. Aber Inges chaotische Patchwork-Sippe kann man keine Sekunde aus den Augen lassen! Kaum blinzelt man, kommt schon die nächste Katastrophe ums Eck:


    Jetzt läuft zur Abwechslung mal alles normal. Gut, ihre Tochter Sarah Hellwig (40) ist schwanger. Aber es sind noch ein paar Wochen bis zur Entbindung, sie hat einen fürsorglichen und verantwortungsbewussten Lebensgefährten und dazu noch die medizinisch vorgebildete Else an ihrer Seite. Da wird doch Brinkmanns eine einwöchige Reise nach Frankreich drin sein! Erst will Inge nicht … es könnte ja doch was mit Sarah und dem Kind sein oder sich sonstwas Fürchterliches ereignen – aber dann fahren sie doch.


    Eifersüchtig auf die Ex?


    Inge hat nach wie vor gemischte Gefühle, nicht nur wegen ihrer Familie, die jetzt daheim in Deutschland allein klarkommen muss, sondern auch, weil Jonathan früher mit seiner ersten Frau an diesem Urlaubsort war. Daher kennt er das Reiseziel. Für Jonathan und Inge ist es ja jeweils die zweite Ehe. Und Inge fragt sich, ob es nicht irgendwie absurd ist, auf eine Tote eifersüchtig zu sein.


    Das fragt sich auch ihre Tochter Sarah, die mit dem verwitweten Polizisten Stefan liiert ist.


    Haushälterin Else hat ein ähnliches Problem, wahrscheinlich noch schlimmer:


    Dubiose Urlaubsbekanntschaften


    Nichts davon müsste die Eheleute Brinkmann jetzt in ihrem Frankreich-Urlaub belasten. Sie könnten sich entspannen – wenn sie hier nicht ihre ganz persönliche Katastrophe erleben würden:


    Drama! Ein Vermisstenfall!


    Unterdessen daheim: Inges Enkel Lars (14) ist außer sich: Sein Freund Jörg will sich etwas antun, weil sein Vater ihm den Umgang mit Lars verboten hat. Die beiden sind nämlich nicht nur Kumpels, sie lieben einander, und damit kann Jörgs Vater nicht umgehen. Lars‘ Familie ist da zum Glück etwas fortschrittlicher.


    Eine fieberhafte Suche nach Jörg beginnt, ein Polizeigroßeinsatz erfolgt – und dann verschwindet in all dem Trubel und in der Aufregung auch noch Oma Inges Hund Georg. Wenn Inge von Frankreich zurückkommt und ihrem vierbeinigen Liebling ist was passiert … nicht auszudenken!


    Lara wieder in Hochform


    So geht es gerade weiter: Eine Verlobungsfeier läuft total aus dem Ruder, Inges Enkelin Lara (fast 16) ist gerade dabei, ihren Freund Mike genauso zu vergraulen, wie sie es mit ihrem Ex Arne gemacht hat. Ja, ich weiß: In dem Alter ist es normal, sich auszuprobieren, sich schnell zu verlieben und sich ebenso schnell wieder zu entlieben. Aber keiner der Kerle hat es verdient, sich so empathie- und respektlos behandeln zu lassen, wie Lara es tut.


    Dieses Mädchen ist von einer so ätzenden Ruppigkeit, dass ich mich frage, ob sich das wirklich mit der Pubertät vertut oder ob sie diese rücksichtslose Egozentrik nicht doch von Axel, ihrem Vater, geerbt hat. (Ich werde es nicht mehr erfahren, weil Band 7 nun der unwiderruflich letzte Teil der Reihe ist, die ursprünglich nur auf 5 Bände angelegt war.)


    Und das ist nur ein Bruchteil dessen, was in diesem Buch passiert. Ein Gesangssolo und einen Fernsehauftritt gibt es zum Beispiel auch noch. Manches ist lustig, manches ist ernst, aber turbulent und spannend ist es immer.


    Wird die Brinkmann-Hellwig-Sippe jemals ihr Chaos sortiert bekommen?


    Ein ruhiges Leben? Bei Brinkmanns?


    Jonathan würde sicher aufatmen, wenn er endlich mit seiner Frau allein wäre. Aber Inge ist doch nichts anderes als diesen galoppierenden Familien-Irrsinn gewöhnt. Die könnte doch mit einem ruhigen und friedlichen Leben gar nicht umgehen! Oder? Na ja, bei denen kommt ja sowieso immer alles anders als geplant und gedacht …


    Ich habe schon viele Buchserien gelesen, doch es ist selten, dass ich – so wie hier – nach einem Jahr den neuen Band zur Hand nehme und sofort die ganze Vorgeschichte parat habe. Hier weiß ich gleich wieder, wer wer ist und wer welches Problem (verursacht) hat. Die Romanfiguren sind für mich fast sowas wie reale Bekannte geworden. Nur bei Sarahs unsympathischem Ex-Gatten muss ich jedes Mal überlegen, ob er Alex oder Axel heißt. Den Kerl verdrängt mein Gedächtnis eben gern.


    HERBSTJUNGES ist amüsante Unterhaltung mit durchaus ernstem Hintergrund und ein gelungener Abschluss der 7-teiligen „Herbst“-Reihe. Ein bisschen werden mir diese Chaoten schon fehlen …


    Die Autorin


    Angelika Godau, geboren in Oberbayern, hat in verschiedenen Regionen Deutschlands gelebt und fast 10 Jahre lang in der Türkei. Sie hat als Journalistin gearbeitet, Psychologie studiert und in Mannheim eine eigene Praxis betrieben. Heute lebt sie mit ihrem Mann, zwei Hunden und einer Katze in Zweibrücken, schreibt Bücher und engagiert sich im Tierschutz.


    ASIN/ISBN: B0CWV73C9Q

    Carla Berling: Glück für Wiedereinsteiger. Roman, München 2024, Wilhelm Heyne Verlag, ISBN: 978-3-453-42905-5, Softcover, 288 Seiten, Format: 11,7 x 2,8 x 18,6 cm, Buch: EUR 13,00 (D), EUR 13,40 (A), Kindle: EUR 9,99.


    Er war nachdenklich. […]
    „Unsere Freunde … […] … Es fühlt sich für mich an, als wären sie alle irgendwie gefangen. Als würden sie feststecken in ihren Gewohnheiten und Abläufen.“
    „Ja, stimmt. Außer Bea und Marita wirken sie, als würden sie nach einem Drehbuch leben, das sie nicht selbst umschreiben können.“
    (Seite 103)


    40. Hochzeitstag: Grund zum Feiern


    Die Bankangestellten Ronny und Thea Schmidt, beide 59 und am 1. Januar geboren, waren schon zu Schulzeiten ein Paar. Sie haben jung geheiratet und drei Töchter bekommen. Jetzt steht ihr gemeinsamer 60. Geburtstag an und gleichzeitig ihr 40. Hochzeitstag. Grund für eine ganz große Feier mit Familie, Freunden und alten Weggefährten, die sie zum Teil schon ewig nicht mehr gesehen haben.


    Das Paar beschließt, im Urlaub eine Tour durch Deutschland zu machen und den Freunden, die sie ein wenig aus den Augen verloren haben, die Einladung persönlich zu überbringen. Mit Voranmeldung, natürlich. Spätestens hier wird die Geschichte saukomisch und tragisch zugleich.


    Wiedersehen mit alten Freunden


    Schmidts sind teilweise regelrecht entsetzt, wie sich manche Freunde im Lauf der Zeit entwickelt haben.


    Thea und Ronny kommen ins Grübeln


    Das bringt die Schmidts ins Grübeln. Ist das bei ihnen am Ende auch so? Alles nur Gewohnheit? Wollen sie wirklich die nächsten 30 (?) Jahre genau so weitermachen wie bisher? Ein inzwischen viel zu großes Haus nebst Garten in Schuss halten und der Familie den Allerwertesten hinterhertragen? Nicht umsonst ist Theas Spitzname „das Kümmermonster“. Dazu passt auch ihr stark ausgeprägtes Umweltbewusstsein. Ja, auch um die Erde muss sie sich ständig kümmern, selbst wenn das manchmal unbequem ist.


    Wollen Schmidts das tatsächlich so haben? Oder sind sie aus diesem Leben inzwischen unbemerkt herausgewachsen? Sie stellen fest, dass es gar nicht so einfach ist, wieder zu spüren, was man selbst will, wenn man seit Jahrzehnten nur getan hat, was man tun musste.


    In einem ernsten Gespräch wird ihnen klar, dass ihnen ihre Verpflichtungen längst zu viel sind. Das meiste davon kann weg. Doch was kommt dann? Hier liegen ihre Wünsche weit auseinander. Der kultivierte und frankophile Ronny würde am liebsten nach Paris ziehen, die bodenständige und naturverbundene Thea zieht es dagegen nach Neuseeland, das sie zunächst einmal als Rucksacktouristin erkunden will. Das ist völlig unvereinbar. Thea hasst große Städte und Ronny hat’s nicht mit der Natur. Ja – und jetzt?


    Ein neues Leben – aber getrennt!


    Bei der großen Familienfeier lassen sie die Bombe platzen: Sie gehen ab sofort getrennte Wege. Jeder wagt einen Neustart in dem Land seiner Wahl. Wenn die zwei auf Beifall für ihre mutige Entscheidung gehofft hatten, haben sie sich getäuscht. Die Gäste sind schockiert,


    Da hilft kein Jammern und kein Schmollen: Das Projekt „Neustart“ ist längst eingetütet. Ronny hat eine Wohnung in Paris gemietet, Thea ihre Neuseeland-Reise gebucht. Es geht also los.


    Jetzt hatte ich erwartet, dass wir Zeuge werden, wie Ronny sich in Paris einlebt und Thea durch Neuseeland tourt. Und dass die beiden vielleicht doch merken, dass ihnen die Familie fehlt. Aber so leicht macht es die Autorin ihren Hauptfiguren und uns Leser:innen nicht!


    Das Leben pfeift auf jeden Plan


    Leben ist bekanntlich das, was sich abspielt, während man andere Pläne schmiedet. Nichts kommt so, wie es geplant war. Bei Ronny in Paris läuft es ziemlich unrund und bei Thea auch. Sie landet zunächst im Krankenhaus und dann … also jedenfalls nicht am Ziel ihrer Wahl. Aber vielleicht doch am Ziel ihrer Träume? Das wird die Zeit zeigen. Manchmal nimmt das Schicksal ja seltsame Umwege.


    Eines merkt Thea recht schnell: Sie braucht keinen Ehemann zum Überleben. Sie kommt sehr gut alleine klar. Ihre Familie fehlt ihr nicht, höchstens ihre Enkelin. Im Moment erlebt sie aber auch so viel Neues, dass sie gar keine Zeit hat, Mann und Kinder zu vermissen. Sie kommt ja kaum zum Nachdenken! Doch dass sie an den Entwicklungen in ihrem Leben nicht ganz unschuldig war, das dämmert ihr inzwischen.


    Wie gut, dass sie mit der Familiengründung so früh angefangen haben und entsprechend früh damit durch waren! Jetzt sind sie noch jung und fit genug für einen Neustart. Wie auch immer der sich gestalten mag. Denn was Schmidts planen, scheint ziemlich Wurscht zu sein. Es kommt sowieso immer anders …


    Manchmal muss man laut lachen


    WARNUNG: Dieses Buch möglichst nicht in der Öffentlichkeit lesen! Auch nicht auf dem Balkon. Lautloslach-Gefahr! Für euch getestet. :-D Wenn die Nachbarn mich bis jetzt noch nicht für meschugge gehalten haben – jetzt tun sie es bestimmt. Schmidts Besuchstour bei ihren alten Freunden ist der Brüller. Bei der ein oder anderen Gestalt dachte ich: „Mensch, den/die kenne ich doch! Das ist doch …“ - Wenn man im entsprechenden Alter ist, ist die Chance eben groß, Leuten mit ähnlichem Habitus begegnet zu sein. Und wenn Theas Freundinnen Marita und „Heppi“ ganz unverblümt ihre Stories erzählt haben, war ich nur noch am Wiehern.


    Kein Klamauk! Die Frage nach dem Leben und allem


    Doch wie alle Carla-Berling-Komödien ist dies hier kein Klamauk. Die bekichernswerten Szenen sind Leckerlis für die Leser:innen. Im Grunde geht’s darum, wie man lebt – und wie man leben möchte. Die Frage, ob das, was man bisher gemacht hat, noch zu einem passt oder ob man nur aus Gewohnheit und Bequemlichkeit daran festhält, muss erlaubt sein. Genau wie die Konsequenzen, die man unter Umständen daraus zieht, selbst wenn die dem persönlichen Umfeld nicht in den Kram passen.


    Beim Lesen habe ich mich allerdings gefragt, ob Thea in ihrem neuen Leben nicht genau das gleiche macht wie in ihrem alten: sich um alles und jeden kümmern. Aber gut: Das liegt ihr, das kann sie. Jetzt macht sie’s freiwillig und nicht, weil es von ihr erwartet und verlangt wird. Alle wissen, dass sie jederzeit damit aufhören und zu einem neuen Ziel aufbrechen kann. Und das Schöne ist: Thea weiß es auch.


    Die Autorin


    Carla Berling, Ostwestfälin mit rheinländischem Temperament, lebt in Köln, ist verheiratet und hat zwei Söhne. Mit der Krimi-Reihe um Ira Wittekind landete sie auf Anhieb einen Erfolg als Selfpublisherin. Mit »Der Alte muss weg« wechselte sie sehr erfolgreich in die humorvolle Unterhaltung. Unter dem Pseudonym Felicitas Fuchs schreibt sie darüber hinaus historische Familiengeschichten. Bevor sie Bücher schrieb, arbeitete Carla Berling jahrelang als Lokalreporterin und Pressefotografin. Sie tourt außerdem regelmäßig mit ihren Romanen durch große und kleine Städte.


    ASIN/ISBN: 3453429052

    Viola Eigenbrodt: Mode, Mond und blonde Pferde. Ein Krimi aus Südtirol, Leonberg 2024, Independently Published, ISBN 979-8-33224278-6, Softcover, 258 Seiten, Format: 12,7 x 1,65 x 20,32 cm, Buch: EUR 13,80, Kindle: EUR 0,99.


    Leichenfund am Wasserfall


    Als die Meraner Buchhändlerin Florentine Senoner-Marini bei einer ihrer Wanderungen am Fuße des Haflinger Wasserfalls einen übel zugerichteten Toten findet, ist sie zwar schockiert, aber nicht panisch. Schließlich ist sie mit einem Polizisten verheiratet: Maresciallo Franco Marini. Nach ihrem Anruf rückt er mit seinem ganzen Geschwader an.


    Bei der Gelegenheit lernen die Polizisten gleich den Rechtsmediziner Kevin Bunte kennen, der für seine divenhafte Kollegin Lucrezia di Lorenzini eingesprungen ist.


    Das Opfer: Everybody’s Darling?


    Der Tote wird als der Archäologe Hans Spechtenhauser identifiziert. Feinde? Nein, Feinde hatte er nicht, versichert seine Kollegin Iris Käppele vom Archäologischen Museum in Bozen. (Ja, das ist da, wo auch der Ötzi zu sehen ist!) Allerdings muss die Mikrobiologin und Professorin für Veterinärgenetik zugeben, dass es beruflich bedingte Konflikte gab. Spechtenhauser hat einen deutschen Kollegen des Plagiats verdächtigt, ohne dies beweisen zu können. Der eine oder andere Mitarbeiter hätte sich auch mehr Anerkennung für seine Arbeit gewünscht. Und privat? Na ja: Zu seinen Eltern hatte der Archäologe keinen Kontakt mehr und in seiner Beziehung mit der Apfel-Sommelière Verena Schuster lief es derzeit wohl auch nicht so gut. – Aha. Also doch nicht Everybody’s Darling!


    Mörder und Pferdediebe


    Wir Leser:innen haben überdies Grund zur Annahme, dass der Mord an Hans Spechtenhauser etwas mit den Vorgängen zu tun hat, die im Prolog beschrieben werden: Zwei Personen bringen heimlich eine auffällige Haflinger-Stute in ein neues Quartier. Wenig später wird ein ähnlich aussehendes Pony als gestohlen gemeldet.


    Ein merkwürdiger Verein ist hinter dieser besonderen Stute her und will sie partout zu einem bestimmten Termin haben. Aber was ist das Besondere an dem Tier? Wozu brauchen sie es? Hat das esoterisch-kultische Gründe oder steckt mehr dahinter? Doch nicht nur diese mysteriöse „Bruderschaft“ ist an dem Pony interessiert …



    Trittbrettfahrer und Personalmangel


    Kriminelle Trittbrettfahrer und personelle Unterbesetzung der Polizei erschweren die Ermittlungen zusätzlich. Maresciallo Marini ist seit dem letzten Fall noch immer gesundheitlich angeschlagen, Allieva Elsa Ruatti spricht zwar inzwischen einigermaßen Deutsch – das braucht man hier! -, aber umgänglicher ist sie noch nicht geworden. Und bei der Kripo wurstelt in der IT ein Zivilist mit: ein Sohn der Buchhändlerin Florentine Senoner-Marini. Das ist vielleicht nicht legal, aber es hilft.


    Wenn die ermittelnden Beamten wüssten, wer tatsächlich über ihre derzeitigen Fälle Bescheid weiß, sie würden aus der Haut fahren! Aber wenigstens wäre ihnen klar, warum sie keinen Fuß auf den Boden kriegen: Die Gegenseite wird stets brühwarm informiert.


    Maulwurf, Katze, Maus



    Einen spektakulären Verkehrsunfall und einen todesmutigen Undercover-Einsatz später sind die Ermittler schlauer …


    Als Leser:in kann man miträtseln, kommt aber höchstens in die Nähe der Lösung. Bei so vielen geltungsbedürftigen Leuten mit riesigen Egos ist es nicht leicht, dem Täter und seinem Motiv auf die Spur zu kommen. Da tut sich selbst die Polizei schwer.


    Mord in einem faszinierenden Umfeld


    Wie viele andere Laien auch bin ich fasziniert vom Thema „Archäologie“. Ich habe den Wissenschaftler:innen mit großem Interesse bei ihrer Arbeit über die Schulter geschaut und fand’s gar nicht so schlimm, dass ich die Tatperson nicht selbst „ermitteln“ konnte.


    Wer sich jetzt fragt, wie der Mond und die Mode in den Buchtitel kommen: Der Mond hat was mit der Bruderschaft zu tun und Mode – oder besser gesagt: der persönliche Kleidungsstil – ist für die Autorin ein Werkzeug, um Personen zu charakterisieren.


    Ach, wären wir doch in Südtirol!


    Muss man sich in Südtirol auskennen, um der Geschichte folgen zu können? Nein, aber man wünscht sich bald, man wäre dort und könnte das, was die Autorin beschreibt, selbst sehen, riechen, schmecken … Sollte man die vorigen Bände gelesen haben? Für die Kriminalfälle selbst ist das nicht nötig. Die sind eigenständig. Aber es hat sich über die Jahre doch einiges an Ermittlungspersonal samt Anhang angesammelt, und ich glaub‘, da kommt man als Spät-Einsteiger:in nicht mehr hinterher.


    Meine Lieblingsszene ist übrigens die, in der ein hundsgemeiner Artikel in der regionalen Klatschpresse wirkungslos verpufft, weil sich keine S… für den „Skandal“ interessiert. :-D Applaus für die Leserinnen und Leser dieser Zeitung: Das war die perfekte Reaktion!


    Die Autorin


    Viola Eigenbrodt ist Journalistin, Dozentin für Kreatives Schreiben und Schriftstellerin. Mit ihrer Familie hat sie einige Jahre in Meran gelebt und gearbeitet. Sie kennt Land und Leute gut, die eigenwilligen Charaktere, die manchmal altertümlich anmutende Sprache und die liebenswerten Marotten der Bewohner der sonnigen Alpensüdseite. Heute lebt sie mit ihrem Mann in der Nähe von Stuttgart im schönen Heckengäu und denkt sich dort immer weitere Fälle aus.


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    Eshkol Nevo: Trügerische Anziehung. Roman, OT: Gever nichnas bapardes, aus dem Hebräischen von Ulrike Harnisch, München 2024, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN: 978-3-423-28401-1, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 401 Seiten, Format: 13 x 2,8 x 20,8 cm, Buch: EUR 24,00 (D), EUR 24,70 (A).


    Eigentlich hatte ich erwartet, dass die drei Handlungsstränge, die im Klappentext angerissen werden, zu einem einzigen Roman verflochten sind, aber es sind drei voneinander unabhängige Geschichten, die nur lose zusammenhängen: Hauptfiguren des einen Teils tauchen als Randfiguren in einem anderen wieder auf.


    Gemeinsam ist allen drei Geschichten, dass Menschen zu verstehen versuchen, was sie zu einem anderen hingezogen hat, warum sie getan haben, was sie getan haben – und was wirklich geschehen ist. Haben sie vielleicht etwas übersehen oder falsch interpretiert? Sind sie manipuliert worden und haben nur wahrgenommen, was sie sehen sollten und wollten? Auch Verlust und Trauer sind ein übergreifendes Thema.


    DIE STRASSE DES TODES


    Statt des üblichen „Trips-nach-der-Armee“ reist der israelische Musiker Omri erst im Alter von 39 Jahren durch die Welt. Er nennt das seinen „Trip-nach-der-Scheidung“. In La Paz/Bolivien trifft er auf zwei Landsleute, Mor und Ronen Amirov, beide Ende 20 und auf der Hochzeitsreise.


    Zu der attraktiven Mor fühlt er sich spontan hingezogen. Ihr Mann dagegen ist unfreundlich und mundfaul.


    Wochen später – Omri ist längst wieder zuhause – liest er in der Zeitung, dass Ronen auf dem Camino de la Muertemit dem Mountainbike tödlich verunglückt ist. Spontan beschließt er, zur Schiw’a zu fahren, dem Trauerbesuch.

    Nach einem Zwischenstopp bei einer ihrer Freundinnen fragt sich Omri zum ersten Mal, ob wirklich alles stimmt, was sie ihm da auftischt. Trotz seiner Zweifel nimmt er sie mit zu sich nach Hause. Da wartet schon die Polizei, und zwar auf sie beide.


    Was läuft hier? War Ronens Tod weder ein Unfall noch ein Suizid, sondern ein Mord? Hat Mor ihn beseitigt und versucht nun, Omri die Tat anzuhängen? Sie hätte Gründe gehabt, ihrem Mann etwas anzutun. So hat sie ihre Beziehung zumindest geschildert. Oder stimmt das auch nicht?


    Ist wenigstens das wahr, was Omri uns die ganze Zeit erzählt …?


    FAMILIÄR VORBELASTET


    Oberarzt Ascher Cora (68) bildet auf der Inneren angehende Fachärzte aus. Seit kurzem ist er verwitwet, seine erwachsenen Kinder leben in London beziehungsweise Montreal, und so ist er ziemlich einsam. So steht es in seinen „Notizen für die Kommission“.


    Dass die junge Assistenzärztin Liat Ben-Abu so vieles mit ihm gemeinsam hat, nimmt er hocherfreut zur Kenntnis. Er hilft ihr und beschützt sie, wo immer er kann, doch er beginnt auch, sie regelrecht zu stalken, um möglichst viel über sie zu erfahren. Dabei sei sein Interesse keinesfalls e r o t i s c h e r Natur, lässt er uns – beziehungsweise die Kommission, für die er seine Aufzeichnungen anfertigt – wissen. Er hege für die junge Liat ausschließlich väterliche Gefühle.


    Liat interpretiert eine – wie er sagt – unabsichtliche Berührung als se*uelle Belästigung und sie zeigt ihn bei der Klinikleitung an. Da kann er machen, was er will, die Maschinerie läuft …


    Während Dr. Cora seine Notizen macht, denkt er an seine Jugend zurück und an die Zeit, als er seine Frau Niva gerade erst kennen gelernt hat. Da fällt ihm eine Begebenheit ein, die er völlig verdrängt hatte. Tatsächlich! Das könnte ihn entlasten! Aber es wäre eine Belastung für Liat Ben-Abu, und die will er ja um jeden Preis beschützen.


    Was ist hier Wahrheit, was Wunsch und was Einbildung? Und wie kommt der Doc aus dieser Nummer wieder raus?


    EIN MANN TRAT INS PARADIES


    Das ist der Alptraum schlechthin: Chelli Raz, 42, spaziert mit ihrem Mann Ofer durch eine Obstplantage, wie sie es schon -zigmal getan haben. Er sagt, er müsse mal schnell austreten, verschwindet zwischen den Bäumen – und taucht nicht wieder auf!


    Hat Ofer absichtlich alles hinter sich gelassen? Es wäre nicht das erste Mal. Seine Ex-Frau, eine Amerikanerin, hat er damals auf ähnliche Weise verlassen. Hätte er einen Grund gehabt? Na ja, gesundheitlich war er angeschlagen und in der Ehe mit Chelli lief es auch nicht mehr so super. Hat er sich gar etwas angetan? Aber dann hätte man ihn doch finden müssen!


    Verzweifelt durchforsten Chelli und ihre (fast) erwachsenen Kinder Ofers Blog mit seinen Kurzgeschichten. Vielleicht finden sie dort ja einen Hinweis auf seinen Verbleib. Doch die Geschichten entpuppen sich als so rätselhaft wie sein Verschwinden.


    Nach einem Jahr vergeblicher Suche wagt Chelli sich wieder in den Obstgarten …


    Vielschichtig und geheimnisvoll


    Ich habe die drei Teile als spannende Suche nach der Wahrheit, der Liebe und nach (verborgenen) Motiven gelesen. Ich bin aber ziemlich sicher, dass hinter den Geschichten noch mehr steckt, was sich mir jedoch nicht erschlossen hat. Angeblich vorhandene Anspielungen auf den Talmud, Bibelwissen, ja selbst Hinweise auf die israelische Popkultur habe ich schlicht nicht verstanden. Das war gewissermaßen Lesegenuss mit angezogener Handbremse. 😊


    „Der Roman hat einen Soundtrack“, schreibt der Autor auf Seite 301 und listet die Lieder, die hier eine Rolle spielen, auch brav auf. Das nutzt nur nichts, wenn man kein einziges davon kennt. Wenn der Leser die erwähnte Musik im Ohr hat, erzeugt das eine Stimmung bei ihm. Wenn nicht, dann nicht. Das ist eben etwas, das über Ländergrenzen hinweg nur bedingt funktioniert. Es ist niemandes Schuld, es ist einfach so. Trotzdem bleibt noch jede Menge Faszination und Lesevergnügen übrig.


    Der Autor


    Eshkol Nevo, geboren 1971 in Jerusalem, zählt zu den wichtigsten Schriftsellern des Landes. Seine Bücher wurden international vielfach ausgezeichnet. Der Autor lebt mit seiner Frau und seinen drei Töchtern in Ra’anana / Israel.


    Die Übersetzerin


    Ulrike Harnisch studierte Israelwissenschaften sowie Englische und Amerikanische Literatur. Neben zahlreichen israelischen Filmen übersetzte sie u.a. Asaf Schurr und Nir Baram. Sie lebt in Berlin.


    ASIN/ISBN: 3423284013

    Dr. Lisa Kaltenegger: Alien Earths. Auf der Suche nach neuen Planeten und außerirdischem Leben, OT: Alien Earths. The New Science of Planet Hunting in the Cosmos, aus dem Englischen von Gisela Fichtl, München 2024, Droemer Verlag, ISBN 978-3-426-2842-4, Hardcover mit Schutzumschlag, 299 Seiten mit s/w Illustrationen von Peyton Stark, Format: 13,2 x 2,62 x 20,9 cm, Buch: EUR 24,00 (D), EUR 24,70 (A), Kindle: EUR 20,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Indem wir sorgfältig simulieren, wie die große Bandbreite erdähnlicher Welten mit und ohne Leben durch unsere Teleskope aussehen könnte, können wir […] falsch positive Signale entdecken und kritisch hinterfragen, welchen Zeichen wir vertrauen dürfen und welchen wir mit Vorsicht begegnen sollten. […] Eine Atmosphäre mit einer Kombination aus Sauerstoff und Methan auf einem Planeten, der in der habitablen Zone seines Sterns liegt, ist bis jetzt unsere beste Chance auf Lebensspuren im All […]. “ (Seite 165/166)


    Wenn es so unfassbar viele Sterne im Weltall gibt, die jeweils von mehreren Planeten umkreist werden, von denen etliche noch ein paar Monde haben, ist es doch eher unwahrscheinlich, dass nur auf der Erde Leben existiert.


    Wenn’s Aliens gibt, warum melden die sich nicht?


    Wenn es aber irgendwo da draußen intelligente und technisch versierte Aliens gibt, wieso haben die noch nie mit uns Kontakt aufgenommen? Können sie nicht? Wollen sie nicht? Sind wir ihnen nicht der Mühe wert? Oder haben wir uns verpasst, weil deren Zivilisation längst untergegangen ist oder sich erst noch entwickelt? Können wir schlicht nicht miteinander kommunizieren? Man braucht sich ja nur auf der Erde umzusehen: Quallen oder Ameisen sind auch „Leben“, aber wir Menschen können uns nicht mit ihnen unterhalten. Oder ist es gar nicht so kompliziert, und die Aliens sind einfach zu weit weg?


    Fragen wie diese haben die Autorin schon als Kind beschäftigt. Allen Warnungen zum Trotz, wie schwierig und „langweilig“ das sei, hat sie sich in der Schule für Naturwissenschaften interessiert und später in Graz Technische Physik und Astronomie studiert. Heute leitet sie das interdisziplinäre Carl Sagan Institut an der Cornell University in den USA. Das hat sie mitbegründet und dort arbeitet sie mit Forschenden aus den Bereichen Biologie, Geologie und dem Ingenieurswesen daran, auf fernen Planeten Leben zu identifizieren.


    Sind sie da draußen? Wie finden wir sie?


    Also: Wer oder was ist jetzt da draußen? Wo und wie finden wir das außerirdische Leben, wenn es denn existiert? In unserem Sonnensystem gibt’s vielleicht Spuren von Leben auf dem Mars und auf dem ein oder anderen Mond, aber wirklich habitabel (bewohnbar) ist nur die Erde. Auf den anderen Planeten ist es entweder zu heiß oder zu kalt oder die Oberfläche ist gasförmig oder sonstwie ungastlich. Besonders fasziniert mich die Vorstellung, dass der Saturn die Dichte von Zuckerwatte hat. Jetzt stelle ich mir die ganze Zeit vor, wie Astronauten durch so eine klebrig-süße faserige Masse waten. 😊 So war’s natürlich nicht gemeint, aber die Vorstellung amüsiert mich.


    Lisa Kaltenegger arbeitet viel mit anschaulichen Beispielen und Vergleichen. Sonst wäre man als Laie aufgeschmissen. Physik, Chemie, Biologie, Geologie, da kommt man ja noch mit. Aber Astronomie? Das ist für mich eine abstrakte Geschichte mit unvorstellbar großen Zahlen.


    Schnell wird klar: In unserer „unmittelbaren“ Nähe ist nicht mit intelligentem außerirdischen Leben zu rechnen. Bewohnbare Planeten gibt’s allenfalls in einer so großen Entfernung, dass wir da nicht hinreisen können. Also müssen wir aus der Distanz abschätzen, wo es Leben geben kann. Wobei es gar nicht so einfach ist, zu definieren, was „Leben“ überhaupt bedeutet.


    Wie erkennen wir bewohnbare Planeten?


    Was einen habitablen Planeten kennzeichnet, ist dagegen klar:

    • Es muss ein Felsenplanet sein.
    • Er braucht Energie. Er muss einen Stern umkreisen, der bestimmte Voraussetzungen erfüllt – und das im richtigen Abstand. Sonst wird’s, wie gesagt, schnell zu heiß oder zu kalt.
    • Der Planet braucht eine Atmosphäre.
    • Wasser ist gleichfalls unabdingbar.


    Wenn wir jetzt irgendwelche Sonden und Teleskope ins Weltall schicken, wonach genau sollen sie Ausschau halten? Sie dürfen sich nicht nur nach einer „modernen Erde“ umsehen. Leben ist vielfältig. Da muss man viele Möglichkeiten und Entwicklungsstadien einer Welt berücksichtigen, damit man nichts Wichtiges übersieht. Nur nach grünen Pflanzen zu suchen, wäre ein bisschen zu kurz gesprungen.


    Lebensformen und ihr „Lichtfingerabdruck


    Auch die Erde hat ja mal mit einfacheren Lebensformen angefangen. Und auf Exoplaneten kann es genauso sein. Lisa Kaltenegger und ihr Team von Forschenden haben also rund um den Globus farbige Organismen eingesammelt und deren „Lichtfingerabdruck“ gemessen. Damit erfassen sie deren „kosmische Porträts“, damit sie sie auf ihrer Suche mit Teleskopen auch auf anderen Welten aufspüren können.


    Die Frage ist, in welchen fremdartigen Konzepten man hier denken können muss. Auf der Erde besteht das Leben erstaunlicherweise nur aus 24 der etwa 100 bekannten Elemente. Alle Proteine in lebenden Organismen bestehen aus denselben 22 Aminosäuren, obwohl es hunderte von anderen Möglichkeiten gäbe. Und alle Organismen verwenden DNA oder RNA. Hat sich das nur zufällig durchgesetzt oder wäre das auf anderen Planeten auch so? Sind diese Kombinationen für Leben entscheidend oder geht es auch ganz anders?


    Nicht nur was für Nerds


    Ob wir allein sind im Universum oder ob wir lebendige Gesellschaft haben, wie auch immer die aussehen mag, das kann uns die Autorin nicht beantworten. Aber wie wir danach suchen müssen, das erklärt sie uns sehr anschaulich. Man merkt ihr die Begeisterung für ihr Fachgebiet an. Und so fad und nerdig kann es auch gar nicht sein, wie viele glauben möchten, wenn man auf Kongressen Leute trifft wie Brian May, den Gitarristen von Queen. (Der ist ja auch Astrophysiker.)


    Ich fand das Buch informativ, unterhaltsam und spannend. Was es nicht alles zu entdecken gibt! Planeten, die sich um zwei Sonnen drehen, solche, die aus ihrer Laufbahn geworfen wurden und nun ganz ohne Stern einsam durch das Weltall wandern und solche, auf denen es Steine regnet. Das mit den zwei Sonnen klingt ja toll, aber die anderen … ? Nein, da wollen wir nicht hin!


    Anspruchsvoll ist die Lektüre schon, zumindest für einen Laien wie mich. Wenn man verstehen möchte, was Lisa Kaltenegger uns vermitteln will, huscht man da nicht mal eben drüber wie über einen Unterhaltungsroman. Und ich gestehe, dass ich beim Thema „Neutronensterne“ und „Pulsare“ die Waffen gestreckt habe. Das war mir zu hoch.


    Wohldosierte Exkurse


    Normalerweise mag ich es nicht, wenn ein Sachbuchautor geistige „Exkurse“ vornimmt und von seinem eigentlichen Thema abschweift. Hier geschieht das zurückhaltend und wohldosiert. Es bietet eine willkommene Atempause von den vielen harten Fakten, wenn die Autorin mal kurz von einer Veranstaltung berichtet, von der Science-Fiction-Begeisterung ihrer Kolleg:innen erzählt oder durchblicken lässt, dass es auch unter Astronomen noch Leute mit steinzeitlichen Ansichten gibt. Wissenschaftlerinnen müssen sich leider immer noch viel Schmarrn anhören.


    Erst, nachdem ich das Buch gelesen hatte, habe ich mitbekommen, dass das eine Übersetzung aus dem Englischen ist. Bei einer deutschsprachigen Autorin hatte ich nicht damit gerechnet. Aber sie lebt und arbeitet schon so lange in den USA, dass das eigentlich einleuchtend ist. Wenn man nicht merkt, dass man eine Übersetzung liest, hat die Übersetzerin ihre Arbeit super gemacht.


    Nirgends ist es wie daheim


    Weniger super fand ich den fast unleserlichen Klappentext. Ja, am Computer sieht eine schmale negativ-weiße Schrift auf dunkelblauem Grund elegant aus. Im Druck matscht das derart zu, dass man es kaum entziffern kann. Das ist nicht sehr kundenfreundlich. Aber es ist auch kein großes Drama. Es geht ja um den Inhalt.


    Ob wir jetzt Aliens finden oder nicht, eines muss uns klar sein: Nirgendwo da draußen ist es „wie daheim“, und deshalb tun wir gut daran, auf unsere Erde aufzupassen. Mit den Alternativen ist das nämlich so eine Sache …


    Die Autorin


    Lisa Kaltenegger (geb. 1977) ist eine Pionierin und international führende Expertin in der Modellierung potenziell lebensfreundlicher Exoplaneten. Die gebürtige Österreicherin gründete und leitet das Carl Sagan Institute für die Suche nach Leben im All an der Cornell University. Zu ihren internationalen Auszeichnungen zählen der Heinz Maier-Leibnitz-Preis für Physik und der Christian-Doppler-Preis. Kaltenegger arbeitet mit der NASA und der ESA und war Mitglied des Astronomy and Astrophysics Advisory Committee, das den US-Kongress beriet. Sie ist Teil des James Webb Space Telescope-Teams und auch der NASA TESS-Mission. Kaltenegger wurde vom Smithsonian Magazine und dem TIME Magazine für ihre innovativen Beiträge in der Wissenschaft prämiert. Die Bestsellerautorin tritt im IMAX-3-D-Film The Search for Life in Space auf und hält weltweit Vorträge


    Die Übersetzerin


    Gisela Fichtl studierte Germanistik, Philosophie und französische Literatur. Sie war in mehreren Verlagen tätig und arbeitet seit 1998 als freie Lektorin und Übersetzerin, Herausgeberin und Autorin sowie als Literaturredakteurin des Münchner Feuilleton.


    ASIN/ISBN: 3426284243

    Ingrid Zellner: Viel Tod um nichts. Ein Theaterkrimi, Reutlingen 2024, Oertel + Spörer Verlag GmbH, ISBN 978-3-96555-163-3, Softcover, 266 Seiten, Format: 12 x 2,2 x 18,6 cm, Buch: EUR 13,00, Kindle: EUR 9,99.


    „Seine Gedanken kreisten unablässig um die […] Mordfälle in diesem Theater, und irgendwas sagte ihm, dass die Geschichte noch nicht abgeschlossen war. Da würde noch etwas passieren. Auch wenn er keine Ahnung hatte, was. Es war nur so ein Gefühl.“ (Seite 229)


    Kenner:innen der Krimis rund um den deutsch-indischen Kriminalkommissar Surendra Sinha (Ende 30) haben es schon lange befürchtet: Der Mann hält diesen Beruf auf Dauer nicht durch. Er nimmt sich seine Fälle viel zu sehr zu Herzen. Jetzt, nachdem ihn das Schicksal einmal mehr gebeutelt hat, hat er tatsächlich seinen Job hingeschmissen, lebt von seinem Erbe und überlegt, auf Dauer in Indien zu bleiben und vielleicht in der Touristikbranche zu arbeiten.


    Notruf von der Alb


    Doch als sein alter Freund und Ex-Kollege Frank Hasemann, Kriminalhauptkommissar im Ruhestand, ihm eine Art „Notruf“ nach Amritsar schickt, setzt er sich ohne weitere Nachfrage ins nächste Flugzeug und fliegt nach Stuttgart. Endlich wieder eine Aufgabe! Wenn er da schon gewusst hätte, was Frank und die Kolleg:innen von der Kripo Reutlingen mit ihm vorhaben, wäre er wahrscheinlich in Indien geblieben und hätte auf Reiseleiter umgeschult. 😉Dazu gleich mehr.


    Im Naturtheater Hayingen hat es eine Morddrohung gegeben: Der nächste, der in dem Stück „Mordsg’schiss wega nix“ – einer schwäbischen Adaption des Shakespeare-Stücks „Viel Lärm um nichts“ – den Don Pedro spielt, wird die Premiere nicht überleben.


    Die Polizei nimmt diese Drohung sehr ernst, denn im Vorjahr, als man genau dieses Stück aufgeführt hat, ist der damalige Don-Pedro-Darsteller Peter Müller bei der Premiere tödlich verunglückt. Wobei „verunglückt“ wohl nicht das richtige Wort ist. Das Geländer, auf das er sich in einer Szene stützen musste, war angesägt und Müller ist in den Tod gestürzt. Wer dafür verantwortlich war, hat man nie herausgefunden.


    Todesdrohungen am Naturtheater Hayingen



    Was das alles mit dem Ex-Polizisten Surendra Sinha zu tun hat? Nun, Frank Hasemann und seine Reutlinger Kolleg:innen halten es für eine gute Idee, ihn als „Undercover-Schauspieler“ in die Theaterproduktion einzuschleusen. Surendra ist entsetzt. Noch nie hat er auf einer Bühne gestanden! Dass er sich bei polizeilichen Ermittlungen oft verstellen musste, um an Informationen zu gelangen, geht doch nicht als Theatererfahrung durch!


    Undercover auf die Bühne


    Frank Hasemann und Kriminalhauptkommissarin Dorothea Kaiser sehen darin überhaupt kein Problem. Surendra wird mit einer falschen Identität sowie einer passenden Legende ausgestattet und die Rolle des Don Pedro extra für ihn wieder ins Hochdeutsche umgeschrieben. Auch wenn er viele Jahre in Baden-Württemberg gelebt hat: Schwäbisch kann er nicht. Na, dann kann’s ja jetzt losgehen!


    Der Reutlinger Kollege Jakob Kratz – nicht umsonst als „Kratzbürste“ bekannt – macht von Anfang an klar, dass er Surendra nicht ausstehen kann und ihn mit Vergnügen scheitern sähe.


    Undurchschaubares Beziehungsgeflecht


    Als Leser hoffen wir natürlich, dass das nicht passieren wird. Er darf sich nur nicht verplappern, wenn er inkognito die Theaterleute aushorcht!


    Deren Beziehungen, Abneigungen und Loyalitäten sind für einen Außenstehenden schwer zu durchschauen. Beim mutmaßlichen Mord an Peter Müller vor einem Jahr hält Surendra inzwischen verschiedenste Motive für möglich:


    Die Ereignisse überschlagen sich


    Wir Leser:innen sehen fasziniert zu, wie Surendra sich in seiner Doppelrolle als Schauspieler und Undercover-Ermittler schlägt und wie im Ensemble die Fetzen fliegen. Und dann plötzlich, kurz vor der Premiere, überschlagen sich die Ereignisse und es geschehen Dinge, die man auch als routinierte:r Krimileser:in nicht unbedingt auf dem Schirm hatte. Nie wäre ich darauf gekommen, wer hinter diesen Drohungen steckt! Und warum. Die Zuschauer, die aufgrund des Medienrummels Eintrittskarten für die Premiere gekauft haben, werden auf jeden Fall eine Vorstellung erleben, die sie ihrer Lebtag nicht vergessen …


    Surendras übergriffig-nervige Mutter hat mir in diesem Band ein bisschen gefehlt. Mit ihren beständigen Versuchen, ihren Sohn zu verkuppeln, hat sie ihn in den vorigen Bänden stets zuverlässig zur Weißglut gebracht und uns Leser:innen zum Lachen. Ohne diese befreiende Komik ist der Krimi ernster. Aber die Mutter – wie generell Surendras Privatleben – hätte in dieser Geschichte gar nicht genügend Raum gehabt. Für das Menschliche ist diesmal die Theatercrew zuständig. Und das ist vollkommen okay. Eine Serie darf sich entwickeln.


    (Wie) geht es weiter?


    Jetzt bin ich gespannt, ob und wie’s weitergeht. Ich würde schon gerne sehen, wie Surendra Sinhas berufliche Zukunft aussieht. Und mit der „Kratzbürste“ bin ich als Leserin auch noch nicht fertig. Dem gehört mal eine auf den Deckel! Ja, was glaubt denn der, wer er ist?!


    Bei einer Geschichte, die im Umfeld einer Theaterproduktion spielt, sind natürlich eine Menge Figuren unterwegs. Als kleine Hilfe gibt’s am Schluss ein Personenverzeichnis. Da kann man kurz nachgucken, wer welche Funktion hat, wenn man es nicht mehr weiß. Übrigens: Das Naturtheater Hayingen gibt’s wirklich. Die Autorin versichert uns jedoch, dass das Ensemble in Wahrheit wesentlich netter ist als der zerstrittene Haufen in ihrem Krimi.


    Die Autorin


    Ingrid Zellner war u.a. zwölf Jahre lang Dramaturgin an der Bayerischen Staatsoper München. Heute lebt sie als Übersetzerin (Schwedisch), Autorin und Schauspielerin in Gomadingen auf der Schwäbischen Alb. Ihre bevorzugten Reiseziele sind die Länder Skandinaviens, die Arktis und Indien.


    ASIN/ISBN: 3965551639

    Sybille Baecker: Vermisst in den Highlands. Kriminalroman, Köln 2024, Emons Verlag, ISBN 978-3-740-82098-5, Softcover, 336 Seiten, Format: 13,3 x 2,6 x 20,1 cm, Buch: EUR 14,00 (D), EUR 14,40 (A), Kindle: EUR 10,99.


    „Forsinain, an der A 897. Haben Sie eine Idee, was Alison in der Gegend wollte?“
    „Sie sagten, der Wagen brannte. Was ist mit Ali?“
    „Das wissen wir nicht.“ Una MacLeod holte tief Luft. „Allerdings lag im Kofferraum des Wagens eine Leiche.“
    (Seite 180)


    Das Stammpersonal: Personenverzeichnis


    Das ist Band 2 einer Reihe und man muss eine Menge Leute im Blick behalten. Deshalb stelle ich das Stammpersonal hier kurz vor:


    • Alison Dexter, geb. Johnson (36), Privatdetektivin in Inverness/Schottland.
    • Samuel Dexter (um die 40), Geschäftsmann, der auf dubiosem Weg zu seinem Reichtum gekommen ist. Alison Dexters bestens vernetzter Ex-Ehemann.
    • Jeana Johnson, Alison Dexters jüngere Schwester, Kneipenwirtin in Thybster.
    • Joyce Sandison, Jeanas Partnerin, beruflich wie privat
    • Douglas MacKeith (60), grantiger Schaffarmer, Ziehvater von Alison und Jeana.
    • Grace MacKeith, Police Sergeant, Douglas‘ Tochter, Ziehschwester und Freundin der Johnson-Schwestern.
    • Marley MacKeith, Douglas‘ Sohn, Zimmermann und Küfer.
    • Kimberley Hart, Ex-Profiboxerin aus Hamburg, Marley MacKeiths Lebensgefährtin, arbeitet auf Douglas‘ Schaffarm.
    • DCI Una MacLeod von der Police Inverness.


    Darum geht’s: Ihr letzter Fall steckt der Privatdetektivin Alison Dexter noch in den Knochen. Ihre Schwester Jeana war unschuldig zwischen die Fronten geraten und übel zugerichtet worden. Alison fühlt sich schuldig und denkt über einen Berufswechsel nach. Ihre Laufbahn als Kellnerin ist jedoch „dank“ ihres Ex-Mannes schneller zu Ende als sie gucken kann. Der Typ ist so ein A***!


    Eine Bekannte bittet um Hilfe – und verschwindet


    Dass sie die Detektivarbeit nicht bleiben lassen kann, zeigt sich schnell. Aus heiterem Himmel steht Violet, eine alte Bekannte, vor ihrer Tür und bittet verstört um Unterschlupf. Alison ist erstaunt, weil sie die Frau seit 7 Jahren nicht gesehen hat und sie nie gut miteinander ausgekommen sind.


    Als Alison von einer Verabredung nach Hause kommt, ist Violet ohne Nachricht verschwunden. Ihre Sachen sind aber noch da. Telefonisch ist sie nicht zu erreichen. Das kommt Alison sonderbar vor. Wir Leser:innen hätten vermutlich gedacht, dann soll die undankbare Trulla doch bleiben, wo der Pfeffer wächst. Wenn sie ihren Kram wiederhaben will, wird sie sich schon melden. Aber Detektivin Alison kann das nicht auf sich beruhen lassen und fährt als erstes zum Haus der Thompsons.


    Violets Mann ist ihr Schicksal egal


    „Hausdrache“ Anne will die Detektivin gar nicht erst ins Haus lassen. Violets Mann Broderick ist auch nicht kooperativ. Ihm ist egal, wo seine Frau ist, sagt er. Er habe sie rausgeschmissen. Die Geschichte, die er dann erzählt, weicht stark von dem ab, was Violet berichtet hat.


    Und noch etwas ist merkwürdig: Wozu braucht der 2-Personen-Haushalt der Thompsons neben Haushälterin Anne noch ein Au-pair-Mädchen? Noch dazu so ein verängstigtes Wesen, das kaum Englisch spricht? – Wir Leser:innen wissen, dass das angebliche Au-pair Elani heißt und ein Flüchtlingsmädchen aus Nigeria ist.


    In den Hinterhalt gelockt


    Auch wenn Alison Dexter noch nicht ganz durchschaut, wie das alles zusammenhängt, kommt sie der Wahrheit doch nahe genug – und findet sich auf einmal zusammengeschlagen und gefesselt in einer verlassenen Hochmoorlandschaft der Highlands wieder.


    Hätte die zuverlässige Alison nicht eine Verabredung mit einer Freundin platzen lassen, hätte man sie nicht einmal zeitnah vermisst. Die Freundin schlägt Alarm. Zum Glück hat Alison gute Verbindungen zur Polizei. So wird der Fall ernst genommen und sie schnell gefunden. Doch sollte jetzt jemand glauben, dass ihr das eine Warnung ist, kennt er sie schlecht! Auch wenn sie für die Suche nach Violet nicht bezahlt wird, gibt sie nicht auf.

    Sie muss der Sache auf den Grund gehen!


    Leichen, Schleuser und Vermisste


    Genau wie wir Leser:innen ist Alison bei ihren Ermittlungen ein ums andere Mal komplett auf dem Holzweg, Was sie nämlich nicht weiß: Wer hier alles verwandt, befreundet, verfeindet oder einander verpflichtet ist. Und genau das wäre sehr hilfreich. Landstreicher Sionn wüsste so einiges und möchte Alison auch gerne helfen. Wenn seine Äußerungen nur einen Sinn ergeben würden! Doch leider ist sein Oberstübchen recht unkonventionell sortiert.


    Hier ist ganz schön was los! Auch die Nebenfiguren haben Probleme, die zum Teil auf unerwartete Weise in den Vermisstenfall hineinspielen. So ist das, wenn sich alle untereinander kennen und auf vielfältige Weise miteinander zu tun haben.


    Ein Helfer aus der Hölle


    Was immer neben der Handlung herläuft, ist die seltsame Beziehung zwischen Alison Dexter und ihrem Exmann. Sam ist ein Machtmensch und kann die Spielchen nicht lassen. Für Alison ist es natürlich bequem, im Notfall auf seine Hilfe, sein Geld und seine Connections zählen zu können. Berechnend und gönnerhaft stellt er ihr alles zur Verfügung, was sie braucht. Und jedes Mal, wenn sie sich wieder auf so ein Manöver einlässt, verliert sie wieder ein Stückchen Integrität und Freiheit. Das ist wie ein Pakt mit dem Teufel. Und so kommt er mir in seiner „Allmacht“ und dem stetigen Wechsel zwischen charmant und gefährlich auch vor.


    Wenn Sam sich ständig in ihr Leben einmischt, weil er nicht will, dass sie mit ihren Aktivitäten seinen „guten“ Namen in Verruf bringt – dass eine Mrs Dexter kellnert, hat er ja sofort unterbunden – warum hat sie nicht längst ihren Geburtsnamen wieder angenommen? Sie kann auch als Alison Johnson ermitteln! Und sehe ich das richtig: Sam kann nach Belieben auf Alisons Bankkonto herumwirtschaften? Also nicht nur Geld überweisen, sondern auch welches abbuchen? Kann sie das nicht unterbinden? Oder will sie nicht?


    Interessante Figuren, komplexe Beziehungen


    Ich würde ihr dringend zur Distanz zum Ex raten. Das ist keine Beziehung auf Augenhöhe, das ist eine ganz ungute Geschichte. Andererseits ist es ja auch interessant, was der fiese Mistkerl alles so aus dem Hut zaubern kann, wenn’s hart auf hart kommt. Und auch sein Fahrer scheint über nützliche Talente zu verfügen. Er hat hier nicht mal eine „Sprechrolle“, trotzdem wüsste ich gern mehr über ihn.


    Ich mag das Romanpersonal, auch wenn’s manchmal sperrig und knurrig ist. Und mir gefällt, wie hier alles zusammenhängt. Was genau geschehen ist, kann man erst verstehen, wenn man das komplexe Beziehungsgeflecht durchschaut hat. Ich werde die Reihe auf jeden Fall weiterverfolgen. Schon allein um zu erfahren, wie es für die Personen weitergeht, die ich ins Herz geschlossen habe. Ein klein wenig bin ich in Thybster schon zu Hause.


    Die Autorin


    Sybille Baecker ist gebürtige Niedersächsin und Wahlschwäbin. Sie liebt das Ländle, ihr Herz schlägt aber auch für die Highlands und die rauen Küsten Schottlands, die sie immer wieder gern und ausgiebig bereist. Ebenso hegt sie ein Faible für den Scotch Whisky. Die Fachfrau für »Whisky & Crime« ist Autorin der erfolgreichen Krimiserie um den Kommissar und Whiskyfreund Andreas Brander. 2020 wurde sie mit dem Arbeitsstipendium des Autorinnennetzwerkes Mörderische Schwestern ausgezeichnet. www.sybille-baecker.de


    ASIN/ISBN: 3740820985

    Eric Weißmann: Mord unterm Reetdach. Kristan Dennermann ermittelt. Ein Sylt-Krimi. München 2024, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-22051-4, Klappenbroschur, 346 Seiten, Format: 12,3 x 3,1 x 19 cm, Buch: EUR 13,00 (D), EUR 13,40, Kindle: EUR 9,99. Auch als Hörbuch lieferbar.


    „Wie gesagt, das Ganze …“
    „… ist eine Nummer zu groß für mich, ja, das sagtest du bereits mehrfach. Wäre wirklich zielführender, wenn du es nicht bei diffusen Andeutungen belässt. Schließlich geht es nicht nur um einen Mord, es geht auch um mein Leben. Und um das Leben des Prinzen.“
     
    (Seite 182)


    Kristan Dennermann, 43, ist Immobilienmakler auf Sylt. Da hat er’s mit Objekten der Luxusklasse zu tun, mit den Reichen und Schönen aber auch mit Wichtigtuern und halbseidenen Gestalten. Seine Assistentin Hella „Honeypenny“ Meienburg und er glauben, schon alles gesehen zu haben, was einen an der Menschheit verzweifeln lässt. Doch der Verkauf von Hinnerk Petersens Reetdachhaus toppt alles!


    Petersen muss das Haus altershalber und aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Bei den Besichtigungsterminen will er aber nicht dabei sein. Das soll Dennermann allein regeln. Für den Hauseigentümer wäre es zu schmerzhaft, fremde Leute durch seine Räume trampeln zu sehen.


    Als der Makler vor einem solchen Besichtigungstermin vor Ort noch ein bisschen aufräumt – das macht bei potenziellen Käufern einfach einen besseren Eindruck – findet er einen teuren Brillantring mit einer geheimnisvollen Nachricht an eine gewisse Julia. Wer das sein soll, weiß Dennermann nicht. Hier weiß zwar jeder alles über alle, aber dass Hinnerk Petersen eine Freundin gehabt haben soll, hat sich noch nicht bis zu ihm durchgetratscht. Fragen kann er ihn nicht, nicht einmal „durch die Blume“, denn Petersen ist verschwunden.


    Auftraggeber ermordet, Makler unter Verdacht


    Bei seinen Kindern auf dem Festland soll er sein. Der Makler glaubt kein Wort. Mit seinen Söhnen ist Petersen seit Jahren zerstritten, und eine solche Reise hätte der alte Herr gesundheitlich gar nicht durchgehalten. Auch Simon Beeken, einem von Petersens ältesten Freunden, kommt das komisch vor. Also gehen die beiden Hinnerk suchen – und finden ihn tot in seinem Garten. Ermordet!


    Hauptkommissar Jan Kröger, neu auf der Insel, verdächtigt Kristan Dennermann.


    Darauf, dass die Polizei den Fall aufklärt, kann Dennermann sich also nicht verlassen. Wenn er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen will, muss er Petersens Mörder selbst finden. Also nimmt er, unterstützt von seiner Assistentin Hella und ein paar Freunden, die Ermittlungen auf. Und das, obwohl er nicht gerade der geborene Held ist


    Held wider Willen



    Den Mörder vermutet er unter den Immobilien-Interessenten. Die rennen ihm die Bude ein und schrecken dabei vor nichts zurück. Dabei ist noch nicht einmal klar, wer nach Hinnerk Petersens Tod das Reetdachhaus erbt – und ob die Erben überhaupt verkaufen wollen!


    Ein anonymer Tippgeber: Hilfe oder Gefahr?


    Bald tragen seine privaten Ermittlungen Früchte. Die Vergangenheit des Ermordeten bietet einige Überraschungen, genau wie das Testament – und das Haus! Warum Kristan Dennermann das schneller herausgefunden hat als die Polizei? Nicht, weil er schlauer ist als alle anderen, sondern weil er auf der Insel anders vernetzt ist als der neu zugezogene Kommissar Kröger. Und weil er einen anonymen Hinweisgeber hat.



    Natürlich passt es den Leuten, die Hinnerk Petersens Tod zu verantworten haben, nicht in den Kram, dass der Makler überall herumschnüffelt und verstörende Fakten ans Tageslicht bringt. Das bekommt der Detektiv von eigenen Gnaden bald schmerzhaft zu spüren: Er wird überfallen und bedroht. Selbst auf seinen Hund wird ein Mordanschlag verübt.* Unser Held leidet, hält aber eisern durch. Dabei ahnt er nicht, dass er mit seinen Theorien in fast allen Punkten auf dem Holzweg ist …


    Spannend und ein bisschen schräg


    Krimi? Immobilien? Und der Held hat auch noch einen Hund? Das klingt nach einer interessanten Mischung, dachte ich. Also her damit! – Der Krimi hat sich dann auch als sehr unterhaltsam, verzwickt und spannend entpuppt, wenngleich auch ein wenig „over the top“. Aber vielleicht sind die Menschen auf Sylt so. Zumindest die, die sich so ein Millionenobjekt leisten können. Die hier beschriebene Inselprominenz hat schon einen gehörigen Sprung in der Schüssel!


    Drei Dinge habe ich mich gefragt …


    • Spielt der Roman in der Zukunft? Also im Jahr 2035 oder so? Denn nach meiner Rechnung kann jemand, der 2012 ermordet worden ist, im Jahr 2023 nicht schon seit über 20 Jahren in einer versteckten Gruft liegen. Genau das wird aber mehrfach behauptet.
    • Ermittelt auf Sylt die Schutzpolizei in einem Mordfall? – Ich dachte, da kommt die Kripo. Aber hier rennen nur Uniformierte rum.
    • Sicher, dass der Held auf Frauen steht? – Ob Johanne, Isolde oder Marlene, irgendwie wird das nie was. Ich hatte stets das Gefühl, dass Dennermann mehr Interesse am Kommissar hat. Was vollkommen in Ordnung wäre, aber so wird die Geschichte eben nicht erzählt. Und dann bekommt das ein bisschen was Verdruckstes. Aber vielleicht bilde ich mir das auch ein. Lest selbst!


    Das soll eine Serie werden, und ich denke, ich werde beim nächsten Band wieder dabei sein. Es war jetzt nicht die große Serienliebe auf den ersten Blick, aber Sympathien sind durchaus vorhanden. Manchmal springt der Funke erst beim zweiten oder dritten Band so richtig über.


    *Spoiler für Tierfreunde:


    Der Autor


    Eric Weißmann, Jahrgang 1987, ist selbständiger Immobilienmakler auf Sylt. Er lebt seit fast 20 Jahren auf der Lieblingsinsel der Deutschen und hat seither zahlreiche Traum-Immobilien vermittelt. Mit seinem Buch „Aber bitte mit Reet!: Ein Sylter Makler erzählt Geschichten von der schönsten Insel der Welt“ gelang ihm auf Anhieb ein Bestsellererfolg. „Mord unterm Reetdach“ ist sein erster Krimi.


    ASIN/ISBN: 3423220511