Beiträge von marianna

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    Original von grottenolm
    Die Atmosphaere, die handelnden Personen, die Geschichte- all das so plastisch und uebezeugend, dass ich das Buch gegen Ende wirklich verschlungen habe.


    Im Uebrigen ziehe ich meinen Hut vor Bouquineurs Rezi, so toll moechte ich das auch mal koennen. :anbet


    Dem kann ich mich nur anschließen. Ein tolles Buch, eine klasse Rezi.

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    Original von nofret78
    Es war für mich ein etwas anderer historischer Roman, welchen ich häppchenweise begonnen und gegen Ende hin verschlungen habe.


    So ging's mir auch. Der Roman ist wirklich "anders", sowohl was die Art der Geschichte, aber auch was die Erzählweise betrifft. Ein spannendes Buch, das aber nicht allein von der Spannung der Handlung lebt, sondern auch von interessanten Figuren und starken Konflikten.

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    Original von drehbuch
    gefallen hat mir nicht, dass jez ihre kinder verlässt. das mag zwar psychologisch erklärbar sein, weil auch sie von ihrer mutter verlassen worden ist und so etwas gibt es ja in der jetztzeit auch, aber nachvollziehen kann ich es nicht.


    Gefallen hat es mir auch nicht, aber das sollte es ja auch nicht. Interessant finde ich, wie immer wieder das Thema "Schuld" behandelt wird. Fast alle haben sich schuldig gemacht und müssen irgendwie mit dieser Schuld umgehen (durch Beichte, Buße oder Lüge und Verdrängung). Und manchmal wird die Schuld sogar in der nächsten Generation fortgeführt.

    Das Interessante an dem Roman ist ja, dass es so viele Perspektiven und verschiedene Erzähler gibt. Mir gefällt der Stil von Geoff zwar sehr gut, aber wer mit Ich-Erzählern nichts anfangen kann, hat es in den anderen Teilen mit Erzählern in der 3. Person zu tun. Und dass der Ich-Erzähler immer mehr weiß als der Leser, ist lange noch nicht ausgemacht ;-)

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    Original von Bouquineur
    Offensichtlich aber doch. Der Wirt weiß wo sie steckt. Er lässt sich von Wenceslaus (meine Katze sitzt auf meinem Buch, ich kann den Namen nicht nachschlagen) Geld für die Auskunft geben. Wenn es der Wirt weiß, warum sagt er es Geoff nicht?


    Wahrscheinlich ist das Geld auch eine Art Schweigegeld? Sehr mysteriös.

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    Original von Sisi
    Aber dass niemand es für nötig hält, Geoff über den Verbleib der Schwester aufzuklären, fand ich dann schon sehr merkwürdig.


    Nach der Szene mit dem Gentleman in der Kneipe scheint es doch so, als wäre Jezebel Hals über Kopf getürmt. Da finde ich es nicht verwunderlich, dass sie nichts über ihren Verbleib sagt. Und es gibt ja niemanden sonst, der Geoff aufklären könnte.

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    Original von Booklooker
    Was hat es denn mit dem seltsamen Namen auf sich? Ich befürchte, es ist kein Name, sondern irgend ein Teil eines Satzes in einer fremden Sprache?


    Welchen Namen meinst du genau? Es wimmelt in dem Buch ja von seltsamen Namen, wobei einige ja gar nicht vom Autor erfunden wurden (z. B. Wenceslaus Hollar). Am besten gefiel mir bisher (als Name) Rat Scabies. Kommt mir irgendwie bekannt vor.

    Zum Inhalt:
    Die Ärztin Selma Seiler zieht in eine neue Wohnung samt Praxis und wird von ihrem Nachbarn Harrlich zunehmend belästigt, belagert, verfolgt und terrorisiert. Harrlich glaubt, Selma zu lieben und für sie bestimmt zu sein, und sein Wahn treibt auch sein Opfer beinahe in den Wahnsinn. Das Stalking muss aufhören, und so beschließt Selma, ihn zu töten ...


    Der vom Verlag als Psychothriller bezeichnete Roman "Selmas Zeichen" präsentiert ein durchaus spannendes, brisantes und aktuelles Thema: Stalking. Eine Frau wird von ihrem Nachbarn zunächst beschenkt, dann belagert, belauert, bedroht und zuletzt terrorisiert. Dieser Nachbar leidet unter einem Liebeswahn und glaubt wider jede Vernunft und alle äußeren Gegebenheiten, für die Frau bestimmt und geschaffen zu sein. Und umgekehrt.
    Die Autorin gibt in dem Roman sowohl der Frau wie auch dem Mann eine eigene Perspektive, zwei Ich-Erzähler wechseln sich ab und geben mitunter dieselben Szenen aus unterschiedlicher Sicht wieder. Dabei ist die Frau diejenige, die die Realität abbildet, während der Mann seinen Wahn und Irrsinn präsentiert. Durch die Ärztin Selma erfährt der Leser, was geschieht und wie sie es interpretiert bzw. gefühlsmäßig einordnet, und die verquaste Ich-Erzählung des Nachbarn Harrlich verdeutlicht, dass dieser eine ganz eigene "Wahrheit" erlebt und empfindet. Die Wahrheit des Wahns, die für den Leser kaum nachzuvollziehen ist. Irre eben.
    Obwohl ich sowohl das Thema wie auch die Erzählweise interessant und spannend finde, hat mich Roman, den ich nicht als Thriller, sondern als Psychodrama bezeichnen würde, nicht durchweg überzeugt. Auf mich hat er wie eine Kurzgeschichte gewirkt, die auf 191 Seiten aufgeblasen wurde, aber inhaltlich und gerade in Bezug auf den Plot die Romanlänge nicht füllen kann. Ein Großteil des Romans besteht aus sich wiederholenden Gedanken und inneren Monologen, es passiert relativ wenig und wenig Unterschiedliches, aber dies wird von den Erzählern immer wieder in inneren Monologen durchdacht, kommentiert, interpretiert und ausgewalzt. Die gesamte Situation ist sehr statisch, sie verändert sich kaum, spitzt sich nur unwesentlich zu (sieht man einmal vom Finale ab). Und so dreht sich auch der Text oftmals im Kreis, weil sich die Figuren im Kreis drehen. Das Ganze ist sehr quälend, nicht nur für die Protagonistin, die kein Mittel gegen Harrlich findet, sondern auch für den Leser, der sich durch langatmige Passagen kämpfen muss, in denen nichts passiert und nur Gedanken wiedergegeben werden, die so oder sehr ähnlich schon wiederholt erzählt wurden. Zumindest mich hat die Geschichte nach einiger Zeit gelangweilt, nicht weil der Konflikt der Heldin mir nicht einleuchtete oder nahe ging, sondern weil die allzu ausufernde und langatmige Erzählweise die Wirkung der Geschichte zerstört. Die Autorin will eindringlich erzählen, aber in der ständigen Wiederholung und dem ständigen Breittreten wird sie aufdringlich und penetrant.

    Zum Inhalt:
    Die Kellnerin Helena wird erwürgt und bestialisch zugerichtet. Kommissar Hanhivaara ermittelt und hat es bald mit einem zweiten Mord zu tun: Helenas Freundin Eeva-Maria wird auf offener Straße von einem Heckenschützen erschossen. Hängen die beiden Morde zusammen, oder hat es der Kommissar mit zwei Mördern zu tun?


    Meine Meinung:
    Sehr spannender und ungewöhnlicher Finnen-Krimi, der sowohl die Sicht des Ermittlers als auch die des Täters präsentiert. Lakonisch, mit unterkühltem Witz und einer Spur Fatalismus. Kirstiläs Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, er ist präzise und zugleich lakonisch, in den Dialogen wie in den Beschreibungen oder inneren Monologen, dabei immer etwas ironisch, mal sarkastisch oder spöttisch, aber nie zynisch. Die Dialoge sind ungewöhnlich, aber nicht unrealistisch, und die Figuren wirken vor lauter Ecken und Kanten zugleich glaubhaft und skurril. Alle Personen wirken ambivalent, jedenfalls selten eindimensional. Und so ergibt sich ein Krimi, der sowohl leisen Witz besitzt als auch düster und fatalistisch ist. Sehr finnisch eben. Etwas unterkühlt und schwermütig, aber nicht ohne Humor.
    Zwar stammt der Krimi aus dem Jahr 1979 (mit entsprechenden zeitlichen und politischen Verweisen), aber das Geschehen ist nicht zeitspezifisch - auch wenn das Thema des mordenden Heckenschützen damals noch nicht so gängig war wie heute.

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    Original von Idgie
    Leider hast du jetzt auch verraten, wer der Täter ist.


    Hallo,
    der Roman macht gar kein Geheimnis aus der und um die Identität des Mörders, er hat sogar eine eigene Erzählperspektive und berichtet aus seiner Sicht von den Taten. Also: kein Spoiler.
    Liebe Grüße

    "Unsichtbare Spuren" präsentiert mit Kommissar Henning zwar einen polizeilichen Ermittler, der sich auf die Suche nach einem Serienmörder macht, dennoch handelt es sich keineswegs um einen klassischen Ermittlerkrimi, sondern um einen Thriller, der um die Identität des Mörders kein Geheimnis macht und dem Täter sogar eine eigene Erzählperspektive gibt. Immer wieder wechselt die Perspektive zwischen dem Mörder und dem Kommissar hin und her.
    Obwohl ein Perspektivwechsel durchaus interessant sein kann, ist er in diesem Fall eher hinderlich für Spannung und Tempo, denn es wird vieles doppelt erzählt. Zunächst erleben wir mit dem Täter die Tat und haben durch den Einblick in sein Seelenleben ein Ahnung, weshalb er tötet (Minderwertigkeitskomplex, Angst vor dominanten Frauen), anschließend wird die Leiche gefunden und die Kommissare ermitteln, was der Leser bereits weiß, und sie spekulieren darüber, wie das Seelenleben und die Lebensumstände des Täters aussehen mögen.
    Es geht also nie darum, mit dem Kommissar vorwärts gerichtet zu ermitteln, sondern ihn bei seiner Tätigkeit zu beobachten, ohne wirklich mitgerissen zu werden oder teilzunehmen. Wenn die Geschichte doch ihre Spannung und ihren Reiz besitzt, so resultieren diese aus der Ungeheuerlichkeit und Grausamkeit der erzählten Verbrechen. Aus der Faszination des Grauens. Beinahe hundert Morde hat der Serienmörder begangen, und bei den letzten etwa zehn Abscheulickeiten begleitet der Leser den Mörder. Das Besondere an dem Killer ist, dass er wahllos mordet und keinerlei System besitzt. Er lässt sich vom Zufall leiten, und stets ist es dieser unvorhersehbare Zufall, der den Mörder mit dem Opfer zusammenführt und der zugleich dafür sorgt, dass ihn nie jemand sieht oder bemerkt. Kommissar Henning leitet daraus eine Art "Prinzip des Zufalls" ab: Der Mörder wird vom Schicksal geleitet, er ist das Schicksal, er folgt einem übergeordneten Prinzip, das er selbst nicht versteht. Die Zufälle sind in ihrer Häufung nicht zufällig, sondern vorherbestimmt. Mich hat dieser esoterische Unsinn etwas genervt, das Zufallsprinzip wird allzu penetrant und bedeutungsschwanger immer wieder aufgewärmt, ohne dass es zu irgendetwas (Handlung oder Erkenntnis) führt.
    Viel bedenklicher für die Erzählung aber ist, dass aus dieser (schicksalhaften) Zufälligkeit eine Beliebigkeit entsteht, die der Story nicht gut tut. Anders als etwa Agent Starling in "Schweigen der Lämmer" hat der Ermittler kein System zu knacken, keine Serie zu entschlüsseln, kein Puzzle zu lösen. Und so wird in dem ganzen Buch nichts wirklich ermittelt bzw. an Morden verhindert. Die Kommissare warten immer auf die nächste Tat, rätseln darüber, befragen das Umfeld der Toten (das wegen der Beliebigkeit des Opfers völlig irrelevant ist) und werden am Ende mit einem Mörder konfrontiert, der sich ihnen stellt, weil er sich umbringen und einen effektvollen Abgang haben will.
    Was mich an dem Roman auch erstaunt hat, ist der steife und altbackene Stil, die schablonenhafte Erzählweise und klischierte Charakterisierung der Figuren. Wenn man dem Verlag glauben darf, handelt es sich bei Andreas Franz um den bestverkauften deutschen Krimi-Autoren. Umso unverständlicher ist es, dass der Mann so fürchterlich
    hölzern und unrund schreibt, vor allem in den Dialogen, in denen es vor Worthülsen wimmelt. Vielleicht hat der Autor nach dem Erfolg seiner bisherigen 14 Romane keinen Lektor mehr, der ihm den Text gründlich beabeitet. Nötig hätte er ihn. Der Roman wartet mit allerlei Klischees und Gemeinplätzen auf, die im besten Fall überholt, manchmal aber auch ärgerlich sind.
    In seinen besten Momenten schafft es der Roman, ein Unbehagen zu erzeugen, das von der Figur des Täters ausgeht (Butcher ist trotz der Klischeehaftigkeit seiner Charakterisierung wegen der Unfasslichkeit seiner Verbrechen eine erstaunliche Figur, und gerade das Ende des Romans bestätigt das), aber in seinen schlechteren Momenten entsteht dieses Unbehagen durch den schwachen Protagonisten Henning bzw. durch den steifen und hölzernen Schreibstil des Autors.

    Bei dem Kriminalroman "Mann ohne Makel" handelt es sich um einen Krimi mit einem sehr interessanten Thema und einem echt und vielschichtig wirkenden Protagonisten. Eigentlich ist es vor allem die Hauptfigur und das damit verbundene Universitätsmilieu, das den Roman lesenswert macht, weder die polizeiliche Ebene und die Täterschiene (die ebenfalls eine eigene Perspektive besitzen) sind ähnlich gelungen.
    Die stärksten Momente hat der Roman, wenn der Historiker Stachelmann sich in die Historie vertieft und ein Geflecht von Nazis und Finanzbeamten ausmacht, die den Juden ihren Grundbesitz genommen haben und anschließend (in der BRD) angesehene Bürger waren. Besonders bitter für Stachelmann ist, dass die Ermittlungen auch seinen eigenen Vater betreffen.
    Weniger gelungen fand ich die Versuche des Autors, witzig zu sein und die Geschlechter aufeinander loszulassen. Der Wortwitz wirkt abgestanden, das Rumgeturtel nervt, weil es künstlich und aufgesetzt wirkt. Gleiches gilt für die vermeintlich witzigen Dialoge zwischen Stachelmann und seiner Kollegin Anne. Sie wirken pubertär und albern.
    Insgesamt jedoch ist der Krimi gut und geschickt gebastelt. Auch wenn die verschiedenen Perspektiven nicht gleichermaßen gelungen sind, so führt die parallele Erzählweise doch zu Spannungssteigerung. Auch arbeitet der Autor sehr geschickt mit Cliffhangern und Perspektivwechseln. Nachdem anfangs alles sehr schleppend vonstatten geht, wird nach Aufbau des Spannungsbogens dieser auch gehalten.
    Das Hauptargument für den Roman jedoch bleibt sein Protagonist. Stachelmann ist ein sympathischer Loser, der allerdings nicht zum allseits bekannten Klischee verkommt. Seine Frauenprobleme sind glaubhaft, die Krankheit und sein körperliches Leiden lassen uns zusätzlich für ihn empfinden, und über seinen Vater ist er auch persönlich betroffen. Ihm wird übel mitgespielt, und das garantiert Mitgefühl und Identifikation. Zwar ist der Historiker zu Beginn etwas wacklig in den Kriminalfall eingebaut, doch sobald er die Recherchen übernimmt, wird's rasant und spannend. Fast hätte ich mir gewünscht, der Autor hätte sich die Figur des Kommissars gespart.

    Zum Inhalt:
    Francines Vater Gerard ist besessen von dem Traum, eine Jacht zu kaufen und gemeinsam mit seiner Tochter um die Welt zu segeln. Für Francine jedoch wird Gerards Traum im Laufe der Jahre zum Albtraum, denn trotz aller Bemühungen bekommen sie nicht genug Geld zusammen, um das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ohne Wissen ihres Vaters lässt sich Francine schließlich auf illegale Jobs ein. Sie überführt für ihren Freund Jimmy gestohlene Autos nach Osteuropa, bis er einen noch lukrativeren Coup vorschlägt - ganz leicht und völlig risikolos. Statt der nötigen Barschaft für die ersehnte Weltumsegelung beschert die Aktion Vater und Tochter allerdings ein ernsthaftes Problem: Jimmy hat einen Jungen entführt und Gerard wird bei der Leiche des Kindes gefunden ...


    Der Roman "Finstere Wasser", der den Belgischen Krimipreis 2007 erhielt, erzählt eine eher ungewöhnliche Kriminalgeschichte, der weder als Wer-war's-Krimi gedacht ist (die Geschichte ist aus der Sicht der Heldin erzählt und präsentiert keinerlei Geheimnisse) noch auf äußeren Thrill oder Action setzt. Stattdessen geht es um eine sehr ambivalente Vater-Tochter-Beziehung, die durch ebensoviel Liebe wie Schuldgefühle bestimmt ist. Die Kriminalhandlung ist eher ein äußerer Rahmen als der eigentliche und vorrangige Inhalt.
    Der Vater hat sich für die Tochter aufgeopfert, glaubt jedenfalls die Tochter, und lebt nur von dem Traum, einmal mit Francine auf einem Segelboot die Welt zu umschiffen. Gleichzeitig hat er Schuldgefühle, weil die Mutter nach einem Streit um das Kind auf die Straße gelaufen ist und von einem Lkw überfahren wurde, als Francine noch ein Baby war.
    Auch Francine liebt ihren Vater, bei dem sie noch wohnt, und leidet zugleich unter Schuldgefühlen. Sie träumt nach außen hin den Traum des Vaters mit, von dem sie jedoch weiß, dass er nie in Erfüllung gehen wird. Sie hat sich längst von ihm verabschiedet und entfernt, mimt aber die treue und loyale Tochter. Dieses Spannungsfeld trägt einen Großteil der Handlung, es begründet und motiviert sie und schafft emotionale Konflikte, die über den reinen Krimiplot hinausgehen.
    Dieser Krimiplot wird mitunter so zweitrangig behandelt, dass der Spannungsbogen unnötigerweise zum Erliegen kommt. Nach einem starken und heftigen Auftakt, nimmt sich der Autor sehr viel Zeit und Raum für allerlei Rückblenden und Exkursionen. Das Problem bei dieser Erzählweise ist, dass man die Ergebnisse und Resultate längst kennt und sich keine Spannung aufbauen kann. Erst ab Seite 100 nimmt die Geschichte wieder Fahrt auf, doch auch im Folgenden fällt auf, dass der Autor nicht in erster Linie auf Spannung aus ist, sondern sich mit den inneren Befindlichkeiten und Konflikten seiner Heldin auseinandersetzt.
    Diese Heldin hat mir als Figur sehr gut gefallen, sie ist eine starke, weil zerrissene und ambivalente Person. Sie kämpft nicht nur mit sich und ihrem Vater, sondern hat sich auch mit den Kommissaren und ihrem Freund Jimmy auseinanderzusetzen. Auch der Vater Gerard ist als Figur glaubwürdig, er hat etwas Tragisches. Sein Leben ist an ihm vorbeigezogen, er hat alles für die Tochter gegeben und bemerkt nicht, dass er ihr damit im Weg stand und nicht nur sein Leben, sondern auch ihres verpfuscht hat. Und beide sind sich dessen bewusst.
    Trotz einiger Schwächen, die vom Autor vermutlich nicht als Schwächen gesehen werden, sondern Teil seines "Nicht-wirklich-Krimi-Konzepts" sind, fand ich den Roman über weite Strecken reizvoll. Immer wieder gibt es spannende oder bewegende Passagen, die sehr geschickt aufgebaut sind. Felix Thijssen ist ein Autor mit Gespür für Stimmungen und emotionale Momente, doch leider hat die Story, die er erzählt, zu wenig Überraschendes und Mitreißendes. Es wird keinerlei kriminalistisches Puzzle oder Geheimnis geliefert, es gibt nichts zu enträtseln. Das Finale findet zwischen Vater und Tochter statt. Der vordergründige Krimiplot ist zu diesem Zeitpunkt fast schon vergessen.

    Über weite Strecken hat mir "Sorry" gut gefallen, das gilt zumindest für die ersten 300 Seiten. Der Autor schafft es, nicht nur die meisten Figuren sehr stark und konfliktreich zu zeichnen, sondern auch einen spannenden Thrillerplot zu basteln und eine sehr unheimliche und unangenehme Atmosphäre zu schaffen. Als Leser wird man in die Story hineingezogen und immer wieder abgestoßen. Die Geschichte wird an manchen Stellen arg widerlich und sehr brutal (nackte Gewalt und blutrünstiger Mord) und an anderen Stellen fast unerträglich intensiv (die inneren Konflikte und Traumata wirken echt und unmittelbar).
    Die Geschichte ist wider Willen packend, sie erzeugt Gänsehaut und lässt einen nicht los, auch wenn man manchmal das Gefühl hat, sich gegen sie schützen zu müssen. Der Autor schafft es aber immer wieder, den Leser zu überraschen. Plötzliche Wendungen und unerwartete Twists und Clous sorgen dafür, dass der Spannungsbogen nie zum Erliegen kommt.
    Beinahe alle Figuren haben interessante Backstorys, die immer wieder zum Vorschein kommen. Diese Backstorys sind wie Wunden, die erneut aufbrechen, schmerzen und bluten. "Sorry" ist nichts für schwache Nerven und sicherlich nichts für Leser, die eine entspannte Lektüre wünschen.
    Leider fallen meines Erachtens die letzten hundert Seiten (und damit der zentrale Punkt: das Finale) merklich gegenüber dem Rest ab. Dies liegt zum einen an der Tatsache, dass die Story aus dem Ruder läuft und der Autor plötzlich die Wendungen und Clous übertreibt. Die Story wird zusehends kompliziert und wirr. Und zum anderen liegt es daran, dass die Nachvollziehbarkeit der Handlung und der Figuren nicht mehr gegeben ist. Dies gilt vor allem für den Unbekannten alias "Der Mann, der nicht da war". Er wirkt absurd und gewollt, er bleibt als einziger unfassbar und ohne Kontur. Leider jedoch wird er mit einem Mal zur zentralen Figur, welche die Story in eine hanebüchene Richtung treibt. War der Anfang zwar merkwürdig, aber doch mitreißend, so wirkte der Schluss alles andere als zwingend. Zwar wird's am Ende noch mal richtig blutig und brutal, aber das Unheimliche und Düstere wird nun abgeschmackt und affektiert. Aus einer bitteren und knallharten Geschichte wird eine kranke Story. Ein Roman, der strapaziert, provoziert und vor den Kopf stößt.

    Die arbeitslosen jungen Männer Kork, Doberstein und Zabel gehen als falsche BVG-Kontrolleure durch die Berliner U-Bahn und kassieren von den Schwarzfahrern die Strafgebühr. Sie erleben allerlei Eigenartiges, begegnen merkwürdigen Leuten, verlieben sich, gehen sich gegenseitig auf den Wecker, verlieren sich wieder aus den Augen.


    Sehr unterhaltsamer und kurzweiliger Roman, der weniger von Plot oder Spannung lebt, sondern von schöner Situationskomik, gelungenen Dialogen und sehr lakonischem Erzählstil. Es fällt nicht leicht, die Handlung dieses Romans so wiederzugeben, dass es dem Inhalt des Romans gerecht würde. Denn das Buch lebt eigentlich nicht von einem ausgeklügelten oder mitreißenden Plot, nicht von einer wendungsreichen, sich zuspitzenden und schließlich im kulminierenden Finale auflösenden Handlung, sondern eher von der Komik der einzelnen, oft episodenhaften Szenen, von den skurrilen, aber letztlich vage gehaltenen und psychologisch nicht tiefgründig ausgeleuchteten Figuren, vom trockenen Dialogwitz und von der wunderbar lakonischen Erzählerstimme, die das Ganze hübsch beiläufig und mit viel Selbstironie präsentiert. Nie spektakulär oder dramatisch, aber immer augenzwinkernd und mit stoischem Witz.

    Hallo, auf der Homepage von Mani Beckmann, ähm ... Tom Finnek, bin ich auf folgende Lesungen gestoßen:


    27. August 2009: Tom Finnek liest aus "Unter der Asche", Ort: Drilandmuseum, Bahnhofstr. 8, 48599 Gronau/Westf., Beginn: 20:00 Uhr, Eintritt: Vorverkauf 3,- Euro unter 02562/98145, Abendkasse 5,- Euro (Veranstalter: Buchhandlung am Markt & VHS Gronau)


    30. September 2009: Tom Finnek liest aus "Unter der Asche", Ort: Grohnsche Buchhandlung, Kolonnenstr. 52, 10829 Berlin-Schöneberg, Beginn: 19:30 Uhr, Eintritt frei


    6. November 2009: Tom Finnek liest aus "Unter der Asche" im Rahmen der Langen Nacht der Bibliotheken - NRW, Ort: Stadtbücherei Ahaus/Westf., Bahnhofstr. 93, 48683 Ahaus/Westf. (Veranstalter: Buchhandlung Hoffmann, Ahaus)

    Der Roman "Bergfriedhof" erzählt eine Kriminalgeschichte, die atmosphärisch durchaus hübsch und vielversprechend beginnt und einen überraschenden, wenn auch etwas konstruierten und wackligen Clou am Ende parat hält, die jedoch über weite Strecken zu zäh, langatmig und gestreckt wirkt. Zwischen gutem Auftakt und verwirrendem Clou gibt es zuviel Leerlauf und Langeweile.
    Der Autor erzählt seine Story nicht chronologisch, sondern springt in der Zeit hin und her. Allerdings gehen diese Sprünge immer nur von einem Tag zum nächsten und wieder zurück. So erleben wir eine Szene am Abend, bei der Koller irgendwie in die Klemme gerät, dann springt der Autor zum nächsten Tag, wo der Detektiv jemanden trifft, dem er davon erzählt, woraufhin wieder zurück zum eigentlichen Vorfall geblendet wird und schließlich erneut die Zusammenfassung am nächsten Tag erfolgt. Diese Erzählweise ist zwar unkonventionell, aber zugleich etwas umständlich und ermüdend, weil vieles doppelt erzählt wird und manches schlichtweg überflüssig erscheint. Das Ganze wirkt wie eine Marotte, die keinerlei dramaturgische Funktion hat und das Erzählte in die Länge zieht und streckt.
    Dabei sind nicht nur ganze Szenen (und Personen) unnötig und überflüssig, sondern auch die notwendigen oder sinnvollen Szenen fransen immer wieder aus und ziehen sich in die Länge. So vergeht gleich nach dem schönen Auftakt unglaublich viel Zeit, bis der Detektiv die Identität des Auftraggebers herausbekommt (beinahe 100 Seiten!), doch auch anschließend kommt der Plot nicht in die Gänge, sondern verweilt erneut bei Nebensächlichem und Redundantem (die Ex-Frau, die Burschenschaft, das Herumhängen in der Stammkneipe). Die Geschichte tritt auf der Stelle, die Ermittlungen drehen sich im Kreis.
    Der Roman betreibt meines Erachtens Seitenschinderei und arbeitet mit Cliffhangern, die keine sind, weil die Antwort auf die gestellte Frage gleich darauf geliefert wird. Man könnte von künstlerischen Pausen reden, die dem Autor Zeit geben, seine diversen Figuren und vor allem den Detektiv Koller auf humorige Weise vorzustellen. Im Plauderton und unterbrochen von ständigen Witzchen und lustigen Episoden wird der Krimiplot vergessen, um sich auf launige Weise über Gott und die Welt auszulassen. Ein Großteil des Romans besteht aus lustigem, vermeintlich ironischem und launigem Geplauder und Geplänkel, das zumindest mir nach kurzer Zeit die Laune verdorben hat.