Beiträge von Pippi_L

    Ich habe das Buch zu Weihnachten geschenkt bekommen ohne zu wissen, dass "Die Detektivin" die Vorgeschichte dazu ist. Nach 800 (zugegebenermaßen sehr schnell und deshalb vielleicht etwas unaufmerksam gelesenen) Seiten bin ich jetzt ziemlich enttäuscht, dass ich auch am Ende nicht verstanden habe, was denn nun genau mit Eduard Könitz vor 22 Jahren passiert ist. Wie ist er denn nun umgekommen und was waren "die tragischen Umstände der Familie"? Die Andeutungen über die Vergangenheit bleiben das ganze Buch über ziemlich kryptisch - vielleicht, weil diese Geschichte sowieso schon in "Die Detektivin" erzählt wurde? "Die Farbe von Kristall" als eigenständiges Buch zu lesen ist jedenfalls eine ziemlich frustrierende Erfahrung. Obwohl die Ausführungen zur Kriminalistik und der Stadtgeschichte Frankfurts tatsächlich sehr nett sind, finde ich die Verbindung von tatsächlichen Kriminalfällen mit fiktiven Kriminalfällen alles andere als überzeugend. Ich finde, es gelingt Nikola Hahn überhaupt nicht, die vielen Fäden, die sie aufnimmt, sinnvoll zusammenzubringen. Am Ende stehen vier eigentlich vollkommen unverbundene Fälle, die durch sehr künstliche und auch nicht näher erklärte Verbindungen mühsam zueinander in Beziehung gesetzt werden. Das ist wirklich keine befriedigende Auflösung nach 800-seitiger Lektüre!

    Also, ich habe 19 Minuten gerade in anderthalb Tagen gelesen - meine Buchhändlerin hatte Recht: Es ist mitreißend. Aber ehrlich gesagt weiß ich eigentlich gar nicht, warum. Die Entwicklung der - in meinen Augen insgesamt ziemlich flachen - Charaktere ist wahrlich nicht so spannend und selbst ich als absolute Niete im Ende-Erraten wusste ungefähr nach der Hälfte des Buches, was die "überraschende Entdeckung" am Ende sein würde. Naja, weglegen konnte ich es trotzdem nicht. Vielleicht würde es sich (in Auszügen) auch ganz gut als Englisch-Lektüre zum Thema Mobbing in der Schule eignen? Ich hätte auf jeden Fall Lust, dieses Buch mal mit Schüler_innen zu diskutieren.

    Ich habe das Buch vorgestern gelesen und es hat mir ganz großartig gefallen - eines der ganz wenigen Bücher, die mich dazu gebracht haben, wirklich lauthals loszulachen beim Lesen. Kompliment! Und ich mag das Thema des Buches: die Lust am eigenen Körper und an Körpern überhaupt. Frauenkörper sind schließlich vor allem eines: Körper mit allem, was dazugehört. Und anstatt weibliche Körperlichkeit in den Pfui-Bäh-Giftschrank zu sperren, kann mensch sie auch in vollem Umfang genießen und dabei jede Menge überflüssige Ekelgrenzen einreißen, die doch nichts anderes tun, als uns unsere eigenen Körper fremd und suspekt zu machen. Charlotte Roche hat schon Recht - es soll jede mal schön ihre eigenen Ekelgrenzen behalten, aber mein persönlicher Verdacht ist, dass mensch sich umso unwohler in der eigenen Haut fühlt, umso enger diese Grenzen gesteckt sind. Was mir übrigens auch gut gefallen hat an dem Buch ist, dass ich es meiner eigenen Ekelgrenze entsprechend immer dann als coole Befreiungsrhetorik für Frauenkörper gelesen habe, wenn diese Grenze noch nicht erreicht war, und als lustige Satire, wenn sie überschritten war. Und da Ekelgrenzen nun mal verschieden sind, kann das Buch diesen Kippbild-Effekt sicherlich auf ganz viele verschiedene Arten erzeugen. Hut ab und danke für's Schreiben, Charlotte!

    Ich schließe mich definitiv der Mehrheit der hier Postenden an: Der Drachenläufer ist ein mitreißendes, wunderbar geschriebenes Buch. Es geht im Wesentlichen um Schuld und Wiedergutmachung, mensch könnte sagen, die (teilweise fast ein bisschen mythisch anmutende) Geschichte spielt nur zufällig zwischen Afghanistan und den USA, Referenzen zur US amerikanischen Politik in Afghanistan fehlen völlig. Abgesehen davon, dass es uns "Westlern" einen Blickwinkel auf Afghanistan vor, während und nach den Kriegen bietet, was hat dieses Buch also mit Politik zu tun?


    Wie schon ganz zu Anfang gesagt wurde, ist der Drachenläufer in Nordamerika unglaublich bekannt - was sicherlich nicht wenig damit zu tun hat, dass Hosseini eben eine Geschichte aus Afghanistan erzählt. Aber Hosseini erzählt nicht nur irgendeine - sehr schöne - Geschichte aus Afghanistan. Obwohl sein Buch vor dem 11. September spielt und kein Wort über die Rolle der USA in Afghanistan verliert, rechtfertigt es indirekt die Besetzung Afghanistans durch die USA. Der Drachenläufer zeigt uns ein buntes, liebenswertes Afghanistan vor den Kriegen, das durch die Kriege und zum Schluss unter der Herrschaft der Taliban vollständig zerstört wird (Moment, wer hat nochmal die Taliban finanziert ...?). Im Film, als Amir einen Jungen im Waisenhaus sucht, weist ihn der Leiter des Waisenhauses zurecht: "Einen Jungen wollen sie retten, und was wird aus den anderen 200?" Was liegt näher als: Die Taliban müssen weg, damit auch die restlichen 200 Kinder wieder eine Chance auf ein gutes Leben haben. Wer bekämpft gerade die Taliban? Richtig, die Guten, die USA (und Deutschland und der restliche "Westen"). In all dem kaum ein kritisches Wort über die USA, nur Einwanderer aus Afghanistan, die es bereits in der zweiten Generation zu gefeierten Schriftstellern bringen und Rassismus in den USA offensichtlich nicht mal vom Hörensagen kennen. Warum ist dieses Buch gerade in den USA so beliebt? Vielleicht weil es - ohne auch nur ein direktes Wort darüber zu verlieren - der Einstellung vieler weißer US Amerikaner_innen sehr nahe kommt und ihr Gewissen extrem beruhigt?


    Ich will damit auf keinen Fall sagen, dass das Buch schlecht ist oder dass Hosseini sich absichtlich zum Handlanger des "weißen Amerika" machen würde - aber ich finde es schon sehr interessant, gerade in diesem Fall die politischen Auswirkungen eines eher apolitischen Buches etwas genauer zu betrachten.

    Also ich bin ja total begeistert von Figersmith. Ich habe auch Tipping the Velvet und Affinity von Sarah Waters gelesen, aber Fingersmith ist eindeutig mein absoluter Favorit. Ich glaube, ich habe noch nie ein Buch mit so vielen rasanten Wendungen gelesen - zwischendurch habe ich immer wieder gedacht, "Nee, halt, das kann jetzt irgendwie nicht sein. Das passt doch wirklich überhaupt nicht mehr zusammen ..." - und am Ende ist doch alles wunderbar aufgegangen, nix ist unlogisch, mensch nimmt allen Beteiligten ihre Motivationen ab. Krass! Und der Perspektivwechsel ist wirklich unglaublich gut gemacht - so gut, dass ich ernsthaft angefangen habe, die Szenen, die zweimal beschrieben werden, parallel zueinander zu lesen (das Rumgeblättere ist, ähem, ganz schön umständlich ....). Durch die unterschiedlichen Sichtweisen kam es mir fast so vor, als würde ich in 3-D lesen. Definitiv volle Punktzahl und nix zu meckern!

    Joh, ich bin zwar schon vor zwei Tagen fertig geworden, komme aber erst jetzt wieder zum posten. Und irgendwie hat der (kleine) Abstand von der Geschichte schon ausgereicht, um sie mir wieder ziemlich wegrutschen zu lassen. Vielleicht liegt das an dem echt lahmen Showdown und der relativen Abgeschlossenheit der Geschichte, die mich jetzt nicht unbedingt heiß auf Fortsetzung gemacht hat. Zwischendurch hat mir das Buch aber echt gut gefallen. Insbesondere die liebevolle Darstellung von Personen wie Elinor, Staubfinger und Farid, die zumindest stellenweise ambivalent bis unsymapthisch sind, hat es mir angetan. Und nicht nur die Personen sind liebevoll beschrieben, auch die Beziehungen unter ihnen sind irgendwie zart und sehr respektvoll. Das gefällt mir. Auch dass mit Fenoglio noch die Beziehung einer Geschichte zu ihrem Autor thematisiert wird ist eine schöne Idee. Und ich finde es ziemlich wohltuend, dass diese Geschichte so gar nichts von der einsamen Superheldin hat, die die Welt rettet. Stattdessen gibt es viele "Gute" - sowohl Kinder als auch Erwachsene - die nur zusammen überhaupt etwas ausrichten können. Tja, aber insgesamt würde ich auch sagen, dass das Buch in meinen Augen dem Hype nicht ganz gerecht geworden ist. Bestimmt hätte es mir besser gefallen, wenn ich vorher nicht so hohe Erwartungen gehabt hätte.

    @ Mermaid: Ja, mir geht das auch so, was Elinor und ihre Bücher betrifft. Nicht nur finde ich ihr Haus kalt, abweisend und einsam. Ich finde auch ihre Bücherleidenschaft ein bisschen verquer. Sie mag Bücher schließlich nicht in erster Linie wegen der Geschichten, die sie erzählen, sondern weil sie wertvoll sind. Da finde ich Mo und Meggie wirklich um vieles sympathischer, die zwar auch Unmengen von Büchern haben, aber mit ihren Büchern und in den Geschichten leben. Ein Ding zu besitzen heißt für mich, für dieses Ding Verantwortung zu übernehmen, eine Beziehung zu ihm aufzubauen und ihm in meinem Leben Raum zu geben. Das gilt umso mehr, wenn "das Ding" ein Buch ist ... Und während Elinor zwar durchaus Verantwortung für ihre Bücher übernimmt, hapert es bei den Beziehungen und dem Raum geben ein klein wenig.

    Hmm, joh, mich hat's auch noch nicht so richtig gepackt. Irgendwie sind die "Wendungen" immer so lahm und vorhersehbar. Und warum um alles in der Welt hat Meggie das Buch nicht einfach gelesen als sie die Chance dazu hatte? Das ist so ein künstlicher Spannungsaufbau, der mich nicht wirklich mitreißt. Außerdem habe ich bisher das Gefühl, als ob Cornelia Funke sich bei den Beschreibungen immer sorgfältig zurückhalten würde, damit es auch ja nicht zu furchteinflößend für jüngere Leser_innen ist. Das mag für Zehnjährige bestimmt ne gute Strategie sein, aber für mich wird's dadurch langweilig und blutleer. Naja, bisher keine große Begeisterung, aber vielleicht kommt die ja noch!


    Viel Spaß beim sonntäglichen Weiterlesen wünscht: Pippi

    Hallo, ich bin ganz neu hier und mach bestimmt jetzt beim Posten irgendwas falsch :schuechtern Naja, aber ich habe Tintenherz zu Weihnachten geschenkt bekommen und dachte mir, das macht bestimmt Spaß, das mit anderen zusammen zu lesen. Gestern nacht habe ich mal die ersten 100 Seiten gelesen. Bisher gefällt mir die Sprache eigentlich sehr gut, bis auf ein paar Ausnahmen. Zum Beispiel bin ich ein bisschen genervt von den ständigen Vergleichen (S. 39f: "Die Hügel auf der anderen Seite ragten aus dem Wasser wie Berge, die darin ertrunken waren. ... In den Häusern am Ufer flammten die ersten Lichter auf, wie Glühwürmchen oder herabgefallene Sterne."). Die sind zwar vom Bild her schön, aber sprachlich ein bisschen ungeschickt, finde ich.
    Die Idee, dass Bücher Erinnerungen sammeln wie Fliegenpapier (schon wieder ein Vergleich ...) finde ich ziemlich interessant, aber leider klappt das bei mir nicht, weil ich beim Lesen immer meine Umgebung vergesse und mich folglich auch später nicht mehr an sie erinnern kann, wenn ich das Buch wieder aufschlage ... Schade eigentlich!