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Beiträge von €nigma
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Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Nachdem bei der Reichsmordkommission ein Kollege als Mörder entlarvt wurde, soll die Sondereinheit unter Leitung von Sebastians Tochter Vanja Lithner aufgelöst werden. Da erhält sie einen Anruf: Eine Frau wurde außerhalb von Västerås ermordet aufgefunden, in einem Schweinemastbetrieb. An die Stallwand hat jemand in blutroten Buchstaben geschrieben: «Löse den Fall, Sebastian Bergman!».
Vanja trommelt die verbliebenen Mitglieder des Teams zusammen. Um jeden Preis will sie den Fall aufklären und den Ruf der Reichsmordkommission retten. Doch dazu braucht sie auch Sebastians Hilfe.
Autoren (Quelle: Verlagsseite)
Michael Hjorth ist ein erfolgreicher schwedischer Produzent, Regisseur und Drehbuchautor. Er schrieb u.a. Drehbücher für die Verfilmungen der Romane von Henning Mankell.
Hans Rosenfeldt, Jahrgang 1964, ist einer der angesehensten Drehbuchautoren Schwedens und Schöpfer der bislang erfolgreichsten skandinavischen Serie «Die Brücke», die in über 170 Ländern ausgestrahlt wurde und zahlreiche Preise erhielt. […]
Allgemeines
Achter Band der Reihe um Sebastian Bergman
Titel der Originalausgabe:“ Skulden man bär“, ins Deutsche übersetzt von Ursel Allenstein
Erschienen am 28.11. 2023 bei Wunderlich als HC mit 480 Seiten
Gliederung: Roman in Kapiteln ohne Nummerierung
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: Stockholm, Gegenwart
Inhalt
Nachdem ein sehr geschätzter Mitarbeiter der Reichsmordkommission Stockholm als Serienmörder enttarnt wurde, hat deren Ruf so sehr gelitten, dass eine Auflösung in Betracht gezogen wird. Doch dann werden Morde verübt, deren gemeinsamer Nenner darin besteht, dass alle Opfer mit Sebastian Bergman bekannt sind oder waren, an den Tatorten befinden sich Nachrichten, in denen Sebastian direkt aufgefordert wird, die Fälle aufzuklären. Deshalb muss er, obwohl er eigentlich nicht mehr mit der Reichsmordkommission zusammenarbeiten darf, erneut in die Ermittlungen eingebunden werden.
Die Identität des Mörders scheint bald festzustehen, weitaus schwieriger ist es, seiner habhaft zu werden, denn er ist den Ermittlern immer um einen Schritt voraus.
Beurteilung
Im achten Band der Reihe um den Kriminalpsychologen Sebastian Bergman, der sich aus mehreren Handlungssträngen zusammensetzt, werden verschiedene Elemente aus den vergangenen Bänden wieder aufgenommen, sodass es dringend anzuraten ist, nicht mit diesem Roman in die Serie einzusteigen, sondern die Bände in der korrekten Reihenfolge zu lesen.
Auch im vorliegenden Kriminalroman sind die Charaktere der Protagonisten gründlich und konsistent ausgearbeitet. Sebastian Bergman ist zwar immer noch egozentrisch, aber nicht mehr so egoistisch wie in den ersten Bänden. Dies liegt auch an den wohltuenden Gesprächen mit einem Patienten, der Sebastians Trauma, den Verlust seiner Familie im Tsunami von 2004, teilt. Der plötzliche Herztod dieses Patienten hat für Sebastian weitreichende Folgen.
Neben dem aktuellen Fall spielt auch eine weitere Begebenheit aus Sebastians Vorleben eine unheilvolle Rolle, seine Stalkerin Ellinor ist nach einigen Jahren auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen worden. Ihr geistiger Zustand ist jedoch nach wie vor erratisch und sie denkt nicht daran, das Kontaktverbot einzuhalten, sondern lebt in ihrer eigenen, völlig realitätsentfremdeten Welt.
Die unterschiedlichen Handlungsstränge sind zu einem abwechslungsreichen und spannenden Ganzen verwoben; es fällt schwer, die Lektüre zu unterbrechen.
Die Handlung ist größtenteils glaubhaft und nachvollziehbar, lediglich bei zwei überraschenden „Knalleffekten“ zum Ende hin haben die beiden Autoren etwas zu dick aufgetragen. Man darf gespannt sein, ob und gegebenenfalls wie die Reihe fortgesetzt wird…
Fazit
Kurzweilige und spannende Lektüre, die man sich erst im Anschluss an die vorherigen Bände vornehmen sollte!
9 Punkte
ASIN/ISBN: 3805200943 -
Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Berlin, 1930. Voller Zuversicht gehen die Töchter der berühmten Ärztin Ricarda Thomasius in das neue Jahrzehnt: Henny wird noch einmal Mutter und will gemeinsam mit ihrem Mann Victor und den beiden Kindern in Kalifornien leben. Die zehn Jahre jüngere Toni kehrt voller Tatendrang aus Afrika zurück, um die Praxis ihrer Schwester zu übernehmen und neues Glück in der Liebe zu finden. Ein Attentat auf Henny verändert mit einem Schlag alles. Die selbst zutiefst geschockte Toni muss ihrer Nichte Vicky beistehen.
Autoren (Quelle: Verlagsseite)
Helene Sommerfeld ist das Pseudonym eines in Berlin lebenden Autoren-Ehepaars. Ihre Trilogie um die Ärztin Ricarda Thomasius hat ihre Leser mitten ins Herz getroffen und erreichte Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste.
Allgemeines
Zweiter Band der Reihe um die Thomasius-Schwestern
Erschienen im dtv-Verlag am 16.11. 2023 als TB mit 496 Seiten
Gliederung: Stadtplan von Los Angeles 1930 – Personenverzeichnis – Kapitel ohne Nummerierung, mit Überschriften und Zeitangaben
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: Berlin, München, Los Angeles in den Jahren 1929/1930
Inhalt
Antonia Thomasius kehrt aus Afrika zurück, sie möchte eigentlich ihre Dissertation zum Thema „Bilharziose“ schreiben, aber es besteht kein Interesse an einer Arbeit zu diesem „exotischen“ Thema.
Ihre Schwester Henny, die ein zweites Kind bekommen hat, heiratet ihren früheren Ehemann Victor erneut und geht mit ihm und ihren Kindern nach Kalifornien, wo Victor im Filmgeschäft tätig ist. Da bietet es sich für Toni an, an Hennys Stelle gemeinsam mit der befreundeten Ärztin Celia Fahrland in der Praxis zu arbeiten, auch Tonis früherer Kommilitone Guntram steigt als Kinderarzt in die Gemeinschaftspraxis ein.
In Deutschland verändert sich unterdessen das öffentliche Leben, die Inflation hat viele Haushalte ärmer gemacht und auf den Straßen werden Kämpfe zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten ausgetragen. Als Toni einen dunkelhäutigen Amerikaner, der sich bei den Kommunisten engagiert, kennenlernt, wird ihr bewusst, wozu die Nationalsozialisten fähig sind. Dass sich ihr Cousin Franz von Freystetten deren Partei angeschlossen hat, führt auch innerhalb der Familie zu Zerwürfnissen…
Beurteilung
Das dem Roman vorangestellte ausführliche Personenverzeichnis erleichtert die Orientierung, trotzdem ist es empfehlenswert, zuerst den ersten Band der Reihe um die Thomasius-Schwestern „Zeit der Sehnsucht“ zu lesen. Auf dessen Handlung wird wiederholt Bezug genommen und auch die Vorgeschichte um die Familien von Freystetten und Thomasius aus der Reihe um Hennys und Tonis Mutter Ricarda kommt zur Sprache.
„Zeit der Hoffnung“ thematisiert die Situation in Deutschland um das Jahr 1930, die von wirtschaftlichen Problemen und politischer Unsicherheit geprägt ist. Straßenschlachten zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten sind in Berlin an der Tagesordnung, die Schlägertrupps der SA haben keine Hemmungen, „missliebige“ Menschen auf offener Straße zusammenzuschlagen. Die Polizei schaut bei solchen Taten nicht selten weg und ist bei der Strafverfolgung wenig engagiert.
Weniger bedrückend ist der Handlungsstrang, der in Amerika spielt und einen interessanten Einblick in das damalige Filmgeschäft bietet. Hier trifft der Leser auf reale historische Persönlichkeiten, wie die Autorin Vicky Baum, deren Roman „Menschen im Hotel“ verfilmt werden soll, und die Schauspielerin Marlene Dietrich.
Der Erzählstil ist abwechslungsreich und sehr anschaulich, er erzeugt bei der Lektüre ein farbenprächtiges „Kopfkino“. Die Romanfiguren sind gründlich individuell ausgearbeitet, jedoch – wie im vorherigen Band – gelegentlich etwas überzeichnet. Toni ist noch immer im Umgang mit Männern etwas inkonsequent und weiß nicht so recht, was sie will, sie erscheint wankelmütig. Ihre wilde Cousine Frieda von Freystetten macht eine Veränderung durch, die in dieser Form nicht realistisch anmutet.
Fazit
Ein farbenprächtiger Roman, der fesselnde Unterhaltung bietet!
8 Punkte
ASIN/ISBN: 3423218762 -
Kurzbeschreibung (Quelle: Amazon)
Eine Frau, die im falschen Leben gefangen ist – und eine Liebe, die nie sein durfte … Während Deutschland in den 50ern langsam aufblüht, fühlt sich Helene in ihrem tristen Alltag als Hamburger Vorzeige-Hausfrau wie betäubt. Erst, als sie ihrer Jugendliebe Julius wiederbegegnet, hat sie das Gefühl, endlich wieder atmen zu können. Mit ihm kehren all die Erinnerungen zurück: An eine junge Helene, die gemeinsam mit ihren Berliner Freundinnen verstaubte Konventionen aufbrach, die sich als eine der ersten Juristinnen des Landes behauptete – und die es trotz der heraufziehenden Dunkelheit wagte, den Sohn eines jüdischen Richters zu lieben. Plötzlich spürt Helene: Was damals zerbrach, kann immer noch gerettet werden. Sie muss nur mutig sein …
Autorin (Quelle: Amazon)
Verena Rabe studierte Geschichte und arbeitete als Journalistin, bevor sie Schriftstellerin wurde. Sie lebt mit ihrem Mann in Hamburg und schreibt und recherchiert auch in ihrer zweiten Heimat Berlin.
Allgemeines
Erschienen am 1. Oktober 2023 im dotbooks Verlag als E-Book mit einem Umfang entsprechend 294 Seiten
Gliederung: Roman in 12 Kapiteln – Nachwort
Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive der Protagonistin Helene
Handlungsorte und -zeit: Berlin und Hamburg, 1957 bis 1958, 1928 bis 1934
Inhalt und Beurteilung
Dr. Helene Andersen, geborene Frohme, lebt als Ehefrau des gutsituierten Bankbeamten Helmut und Mutter zweier erwachsener Kinder in Hamburg, doch sie fühlt sich nach dem Auszug ihrer Kinder als Hausfrau nicht ausgelastet und intellektuell unterfordert. Der Doktortitel ist nicht der ihres Mannes, sondern ihr eigener, denn sie hat in den späten Zwanziger- und frühen Dreißigerjahren Jura studiert und promoviert. Bevor sie ein Referendariat antreten konnte, kamen die Nationalsozialisten an die Macht, die deutsche Frauen als Hausfrauen und Mütter sehen wollten und ihnen die Berufstätigkeit – besonders in anspruchsvollen Berufen – erschwerten. Aufgrund der politischen Entwicklung im Land musste seinerzeit ihr jüdischer Studienfreund in die Schweiz emigrieren. Infolge dieser unglücklichen Vorgeschichte findet sich Helene 24 Jahre später als frustrierte und gelangweilte Hausfrau an der Seite eines konservativen Ehemannes, dessen Lebensentwurf sie nicht länger teilen kann. Eine Begegnung mit ihrem Jugendfreund motiviert sie, ihrem Leben mit Anfang Fünfzig eine neue Richtung zu geben…
Wie die Autorin in ihrem sehr informativen Nachwort erläutert, hat sie die Lebensgeschichten ihre beiden Großmütter in diesem Roman verarbeitet, eine von ihnen war promovierte Mathematikerin, die letztlich ihre Lebenspläne aufgrund äußerer Umstände nicht umsetzen konnte.
Die Protagonistin Helene, die der Leser in zwei alternierenden Handlungssträngen als junge, ambitionierte Studentin und als gutsituierte Hausfrau von 52 Jahren kennenlernt, ist in ihrem Charakter differenziert ausgestaltet und man kann sich in ihre Lebenssituation gut hineinversetzen. Sie steht zwischen den Generationen ihrer eigenen Mutter, die selbstverständlich immer Hausfrau und Mutter gewesen ist und der ihrer Tochter, die in den Fünfzigerjahren studiert und quasi selbstverständlich Anspruch auf ein unabhängiges Leben erhebt. Sie bewegt sich außerdem zwischen zwei sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen: der „progressiven“ Jugend der Zwanziger- und Dreißigerjahre in Berlin in Studenten- und Künstlerkreisen und der steifen, wohlhabenden Kaufmannsschicht im Hamburg der Nachkriegszeit.
Beide Umfelder sind gut recherchiert und werden anschaulich dargestellt. Die Autorin verzichtet auf Schwarzweißmalerei und stellt auch die Position von Helenes Ehemann Helmut, der ebenfalls ein Produkt seiner Sozialisierung in einem konservativ-bürgerlichen Umfeld ist, nachvollziehbar dar.
Es werden interessante Entwicklungen in der Rechtsprechung mit Verbesserungen für Ehefrauen und auch überholte Ideale der Kindererziehung thematisiert.
Die Handlung des Romans wirkt größtenteils realitätsnah, lediglich die Geschwindigkeit, mit der Helene ihr Leben neu ausrichtet und der Umstand, dass dies nach 24 Jahren als Hausfrau so problemlos gelingt, scheinen nicht recht glaubwürdig zu sein.
Fazit
Ein unterhaltsamer Roman, der den Wandel des Frauenbildes in der deutschen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts ansprechend thematisiert.
8 Punkte
ASIN/ISBN: B0C53WD6MV -
Kurzbeschreibung (Quelle: Amazon)
Ein Kämpfer für Gerechtigkeit – wie Max Heller wurde, wer er ist
1917 kehrt der 21-jährige Max Heller verletzt und traumatisiert aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Im von Hunger, Gewalt und politischen Unruhen geprägten Dresden sucht er nach einem Weg zurück ins Leben, nach Ablenkung, nach Liebe und nach einer Aufgabe. Die Konfrontation mit brutaler Bandenkriminalität, sein großer Gerechtigkeitssinn und der Rat seines Großvaters Gustav Heller, einem Kriminalrat a.D., führen ihn in den Polizeidienst. Als frischgebackener Schupo verliebt sich Heller bei einem Elbdampferausflug in die junge Karin. Doch der Standesunterschied scheint eine Beziehung unmöglich zu machen ...
Die bewegende Vorgeschichte von Max Heller und ein eindringlicher Blick auf ein erschüttertes Deutschland und seine Menschen.
Autor (Quelle: Amazon)
Frank Goldammer, Jahrgang 1975, ist gelernter Handwerksmeister und begann schon früh mit dem Schreiben. Die Bände seiner historischen Kriminalromanreihe über den Dresdner Kommissar Max Heller landen regelmäßig auf den Bestsellerlisten. Goldammer lebt mittlerweile als freier Autor in seiner Heimatstadt Dresden.
Allgemeines
Vorgeschichte zur Krimireihe um Max Heller
Erschienen am 13. Juli 2023 bei dtv als TB mit 448 Seiten
Gliederung: Prolog – 7 Hauptteile, jeweils mit einer Jahreszahl überschrieben
Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive von Max Heller
Handlungsort und -zeit: Dresden, 1917 bis 1924
Inhalt und Beurteilung
Dieser Roman schildert das Leben des jungen Max Heller, das ihn zu dem machte, als der er in der Krimireihe von Frank Goldammer einem großen Lesepublikum ans Herz wuchs.
Max kehrt 1917 vorzeitig aus dem Ersten Weltkrieg zu seinen Eltern zurück, da er infolge einer schmerzhaften Fußverletzung wehruntauglich geworden ist. Außerdem weist er auch seelische Verletzungen auf: Seitdem er im Krieg verschüttet wurde und beinahe erstickt wäre, kann er nur unter großen Schwierigkeiten unterirdische Räume (Keller) betreten. Dennoch bemüht er sich, sowohl seine körperlichen als auch seine seelischen Verletzungen zu überwinden und seine Eltern, die von einem kleinen Laden eher schlecht als recht leben, zu unterstützen. Er möchte am liebsten einen „richtigen“ Beruf erlernen, weiß aber nicht so recht, was für ihn mit seinen Einschränkungen infrage käme.
Als er sieht, wie die Kriminalität in Dresden sich entwickelt und er selbst und sein Freund Armin in Bandenkriminalität verwickelt werden, beginnt er auf eigene Faust zu ermitteln, um der Polizei zu helfen. So kommt es, dass er schließlich eine Ausbildung zum Schutzpolizisten absolviert. Er verliebt sich in Karin, eine junge Frau aus der wohlhabenden Oberschicht und er weiß, dass er sich weiter hocharbeiten will, um seine Familie in diesen schwierigen Zeiten ernähren zu können.
„In Zeiten des Verbrechens“ schildert die Zeit vom letzten Kriegsjahr bis zur Mitte der Zwanzigerjahre, eine Zeit, die von Armut, Inflation, Lebensmittelknappheit, mangelnder sozialer Absicherung und brutaler Bandenkriminalität geprägt ist. Der Autor schildert sehr eindrücklich das spartanische Leben, das besonders die schon vorher arme Bevölkerung trifft, aber auch die Mittelschicht zwingt, den Gürtel enger zu schnallen.
Nach einem eher ruhigen Beginn nimmt die Handlung Fahrt auf und die Spannungskurve steigt, sobald der Protagonist sich durch sein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und ein natürliches investigatives Talent in Lebensgefahr begibt. Auch sein von Stolpersteinen gepflasterter Weg ins Eheglück ist mit einiger Spannung verbunden.
Der Charakter von Max Heller ist – wie in den chronologisch später angesiedelten, aber zuvor verfassten Bänden der Reihe – sehr gründlich und lebensecht ausgearbeitet und auch als junger Mann stimmig im Vergleich zur Persönlichkeit des reifen Kriminalkommissars. Max Heller ist und bleibt ein großer Sympathieträger der gegenwärtigen Kriminalliteratur!
Fazit
Wer die Reihe um Max Heller gern gelesen hat, sollte sich auch diese Vorgeschichte auf keinen Fall entgehen lassen!
9 Punkte
ASIN/ISBN: 3423263644 -
Anbei der Link zur bereits 2021 erschienenen schwedischen Ausgabe:
ASIN/ISBN: 9137151088 -
Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Im beliebten Skiort Åre ist Hochsaison, als in den nahen Wäldern eine entstellte Männerleiche gefunden wird. Das Opfer wurde schwer misshandelt. Doch der Mord gibt Rätsel auf: Weltklasseskifahrer Johan Andersson hatte offenbar keine Feinde. Gleichzeitig verschwindet in einem Nachbardorf Rebecka, die junge Ehefrau von Pastor Ekvall. Hanna Ahlander und Daniel Lindskog geraten unter Druck. Rebecka ist schwanger. Und sie braucht Medikamente ...
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Viveca Anne Bergsted Sten, geb. 1959 in Stockholm, ist Juristin und eine der bekanntesten schwedischen Krimiautorinnen der Gegenwart. Mit ihrer Familie lebt sie nördlich von Stockholm. Seit ihrer Kindheit verbringt sie jeden Sommer auf Sandhamn in den Schären. Im Winter aber reist sie zum Skifahren nach Åre - dem Schauplatz ihrer neuen Reihe.
Viveca Stens Sandhamn-Serie gehört zu den erfolgreichsten Krimiserien aus Skandinavien und lieferte den Stoff für den TV-Serienhit Mord im Mittsommer. Ihre Bücher sind in 24 Sprachen übersetzt.
Allgemeines
Zweiter Band der Reihe um Hanna Ahlander
Titel der Originalausgabe:“ Dalskuggan“, ins Deutsche übersetzt von Dagmar Lendt
Erschienen bei dtv am 2. Oktober 2023 als HC mit 512 Seiten
Gliederung: Roman in 96 nummerierten Kapiteln, teilweise mit Datumsangabe – Danksagung
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: Handlungsort und -zeit: Åre (Schweden), Februar 2020, zweiter Handlungsstrang 2012 bis 2020
Inhalt
Ende Februar 2020, in der traditionellen Sportwoche, wird in Åre der ehemals prominente Skifahrer Johan Andersson brutal ermordet an einer Landstraße aufgefunden. Hanna Ahlander und ihr Kollege Daniel Lindskog sind schockiert, dass es innerhalb kurzer Zeit in dem beschaulichen Skiort erneut zu einem Mord gekommen ist. Der Verstorbene führte gemeinsam mit seiner Frau Marion und seinem Kollegen Linus einen Klempnereibetrieb, seitdem er nach einem Unfall seine sportliche Karriere hatte beenden müssen. Johan war gesellig und allseits beliebt, ein Motiv für den kaltblütigen Mord ist kaum vorstellbar.
Als die Ermittler ihre Aufmerksamkeit auf Linus fokussieren, dessen geschäftliche Beziehung zu seinem Kompagnon sich in der letzten Zeit verschlechtert haben soll, werden sie von einem zweiten Fall in Beschlag genommen. Die Erzieherin Rebecka Ekvall, Ehefrau von Ole, der als Pastor bei einer freikirchlichen Gemeinde namens „Licht des Lebens“ tätig ist, wird seit einigen Tagen vermisst. Die Aussagen von Rebeckas Kollegin Maria lassen bei Hanna Ahlander alle Alarmglocken schrillen, denn sie befürchtet, dass Rebecka in der erzkonservativen Gemeinde häuslicher Gewalt ausgesetzt sein könnte – ein Bereich, den sie aus ihrer früheren Tätigkeit in Stockholm nur allzu gut kennt…
Beurteilung
Der zweite Fall um Hanna Ahlander ist unabhängig vom ersten Band „Kalt und still“ und kann deshalb auch zuerst gelesen werden. Auf Hannas Vergangenheit wird kurz eingegangen, sodass es kein Problem gibt, der Handlung zu folgen.
Diese spielt sich in zwei Handlungssträngen und auf zwei Zeitebenen ab. Die fortlaufende Handlung beschreibt die Ermittlungen im Fall des ermordeten Skisportlers Johan Andersson im Februar 2020, der zweite Handlungsstrang setzt im Jahr 2012 ein und schildert in eingestreuten Kapiteln das Leben der jungen Rebecka in einer strengen freikirchlichen Gemeinde, in der Frauen nichts zu sagen haben und von ihren Vätern, bzw. Ehemännern streng reglementiert und kontrolliert werden. Es gelingt der Autorin ausgezeichnet, die Gruppendynamik in der streng hierarchisch gegliederten Gemeinde und die fatale Entwicklung der Ehe zwischen einer zum Gehorsam erzogenen Frau und einem kontrollsüchtigen Mann darzustellen. Diese von einer fortschreitenden Eskalation geprägten Kapitel sind von geradezu nervenzerfetzender Spannung. Dagegen sind die fortlaufenden Ermittlungen im Mordfall nicht übermäßig spannend, bestechen aber durch die realitätsnahe Schilderung der Untersuchungen, die gelegentlich durch Stillstand und Rückschläge zu Frustrationen im Ermittlungsteam führen.
Die Charaktere der Romanfiguren sind differenziert ausgearbeitet, dabei wird auch auf deren Privatleben eingegangen – jedoch nicht im Übermaß. Daniel erlebt noch immer Konflikte in seiner Partnerschaft, da seine Lebensgefährtin sich mit dem gemeinsamen Baby oft überfordert fühlt und nicht damit zurechtkommt, dass Daniel spät nach Hause kommt und auch oft am Wochenende arbeitet.
Sein Kollege Anton möchte dagegen bestimmte Aspekte seines persönlichen Lebens geheim halten und gerät im Laufe der Ermittlungen dadurch in ein Dilemma.
In bester skandinavischer Krimitradition werden auch in diesem Roman gesellschaftlich aktuelle Probleme wie häusliche Gewalt und Vereinbarkeit von Beruf und Familie thematisiert.
Fazit
Ein überaus spannender Kriminalroman, der die eisige Winteratmosphäre in dem nordschwedischen Skiort perfekt transportiert – sehr lesenswert!
10 Punkte
ASIN/ISBN: 3423283653 -
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Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Die Macht des mittelalterlichen Frauenbildes – und wie wir uns endlich von ihm befreien
Wie sieht die ideale Frau aus? Wie sollte sie lieben, fühlen, sein? Über diese Fragen zerbrachen sich im Mittelalter vor allem Männer den Kopf. Attraktiv wie die mythische Helena von Troja wünschten sich die etablierten Denker die Frauen. Zugleich verspotteten sie »Evas Töchter« als übersexualisierte Sünderinnen – unersättlich und von Natur aus schwach.
Die Historikerin Eleanor Janega stellt diesen männlichen Theorien reale Frauen gegenüber – berühmte wie Eleonore von Aquitanien und Hildegard von Bingen, aber auch solche, deren Leben in den Quellen verborgen blieben. Wir erfahren, wie die Frauen dieser Zeit wirklich lebten: Sie waren nicht nur Mütter, sondern auch fleißige Bäuerinnen, Bierbrauerinnen, Textilarbeiterinnen, Künstlerinnen, Kunsthandwerkerinnen. Als solche ebneten sie den Weg für neue Ideen über die Natur, den Intellekt und die Fähigkeiten von Frauen.
Die ideale Frau zeigt, wie mittelalterliche Vorstellungen von Weiblichkeit entstanden und fragt, wie es sein kann, dass sie ihre Wirksamkeit bis heute nicht verloren haben. Wollen wir uns nicht endlich von den einengenden Geschlechterklischees befreien?
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Dr. Eleanor Janega lehrt mittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte an der London School of Economics. Ihre Forschung konzentriert sich auf Sozialgeschichte mit den Schwerpunkten Sexualität, Propaganda und apokalyptisches Denken im Spätmittelalter. Sie betreibt den erfolgreichen Blog Going Medival und lebt in London.
Allgemeines
Titel der Originalausgabe: „The Once and Future Sex”, ins Deutsche übersetzt von Karin Schuler
Erschienen am 28.09.2023 bei Ullstein eBooks, entsprechend einer Seitenzahl von 352 Seiten (Print)
Gliederung: Einführung – Fünf Teile, jeweils in mehrere Kapitel gegliedert – Danksagung – Anmerkungen/Quellenangaben
Inhalt und Beurteilung
Trotz aller Bemühung um Gleichberechtigung sind Frauen im 21. Jahrhundert immer noch den Männern gegenüber benachteiligt und sehen sich bestimmten gesellschaftlichen Erwartungen gegenüber. Ob sie für die gleiche Arbeit einen geringeren Lohn bekommen, ob sie trotz ihrer Berufstätigkeit den Bärenanteil der Haus- und Erziehungsarbeit leisten, ob sie attraktiv genug, aber nicht zu attraktiv (und damit möglicherweise promiskuös) sind, ob sie bei ärztlichen Behandlungen fälschlicherweise am männlichen Körper gemessen werden – auch heute herrschen spezielle Vorstellungen über die „ideale Frau“.
Eleanor Janega untersucht die historischen Gegebenheiten, die zu dieser Entwicklung geführt haben, dabei stellt sie fest, dass die mittelalterlichen Anschauungen über die „Minderwertigkeit“ von Frauen nicht erst mit dem Christentum aufkamen, sondern in der Antike wurzeln. Bereits antike Philosophen und Ärzte stellten die These auf, dass Frauen im Gegensatz zu den trockenen und heißen Männern feucht und kalt seien, weswegen ihre Gebärmutter quasi beschäftigt sein müsse, um schlechte „Säfte“ abzubauen – dazu seien sexuelle Betätigung und Schwangerschaften erforderlich, ansonsten wandere die Gebärmutter im Körper umher und sorge für Störungen (Hysterie). In antiken Werken wird auch auf die wünschenswerte natürliche Schönheit der Frauen Bezug genommen, ohne diese jedoch näher zu definieren. Erst im Mittelalter entwickelten die Männer dazu genauere Vorstellungen. Große Sorgen bereiteten vor allem den Geistlichen die verderblichen sexuellen Gelüste der angeblich unersättlichen Frauen, die Männer zur Sünde verführen könnten. Die Kirche legte großen Wert darauf, den Eheleuten ein restriktives Sexualleben vorzuschreiben, das ausschließlich und ohne ungezügelte Lust der Zeugung von Kindern diente.
Auch wenn Ehe und Mutterschaft als die wichtigsten Aufgaben im Leben einer Frau angesehen wurden, so arbeiteten die mittelalterlichen Frauen in vielen Berufen, oft unbezahlt und mit wenig Anerkennung. Ein Großteil war in der Landwirtschaft tätig, aber es gab auch städtische Arbeiterinnen (Handwerkerinnen), Künstlerinnen, Frauen in medizinischen Berufen (Pflege, Geburtshilfe) und Sexarbeiterinnen. Außerdem stellt die Autorin die besonderen „Arbeitsprofile“ religiöser Frauen und weltlicher Herrscherinnen vor.
Diese in einem sehr flüssigen und teilweise auch humorvollen Sprachstil gehaltenen Schilderungen vermitteln dem Leser einen guten Eindruck davon, weshalb selbst im 21. Jahrhundert und auch in der westlichen Welt noch eine Benachteiligung von Frauen zu konstatieren ist. Die Einsichten in die historischen Ursachen dieser Ungleichheit sollten ein Anlass sein, alte Muster aufzubrechen.
Fazit
Ein gut strukturiertes und mit schönen Illustrationen versehenes Sachbuch, das auch für Leser ohne vertiefte Geschichtskenntnisse problemlos verständlich ist! Lediglich das Gendern mit Doppelpunkten (in der deutschen Ausgabe), das die Übersetzerin offenbar bei feministischer Literatur für angebracht hielt, stört ein wenig.
9 Punkte
ASIN/ISBN: B0C1JLWVPX -
Bei der Kinderlosigkeit ging es eher um Heinrichs Frauen, Katharina von Aragon hatte (außer Mary) nur Fehlgeburten, bzw. starben ihre voll ausgetragenen Kinder nach wenigen Wochen. Auch Anne Boleyn brachte außer Elizabeth kein lebendes Kind zur Welt. Die Fehlgeburten waren Söhne.
Die beiden Söhne Heinrichs (Edward und der uneheliche Sohn mit Bessie Blount) starben jeweils als Teenager. Deswegen vermutet die Autorin, dass mit Heinrich "etwas nicht gestimmt" hat.
Mary I hat mit Ende Dreißig relativ spät geheiratet, müsste aber deswegen nicht gleich unfruchtbar gewesen sein - sie hatte vermutlich einen Tumor. Elizabeth hat nicht geheiratet, ob sie deswegen eine Jungfrau war, darf allerdings bezweifelt werden...es lässt sich nicht mehr feststellen.
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Kurzbeschreibung (Quelle: Autorenhomepage)
1362. Winchester. Seven months ago, accused of bringing plague and death from Winchester, Bea Ward was hounded out of Meonbridge by her former friends and neighbours. Finding food and shelter where she could, she struggled to make her way back to Winchester again.
Yet, once she arrived, she wondered why she’d come.
For her former lover – the love of her life – Riccardo Marchaunt, had married a year ago. And she no longer had the strength to go back to her old life on the streets. Frail, destitute and homeless, she was reduced to begging. Then, in January, during a tumultuous and destructive storm, she found herself on Riccardo’s doorstep. She had no plan, beyond hoping he might help her, or at least provide a final resting place for her poor body. […]
Autorin (Quelle: Amazon)
Carolyn Hughes was born in London, but has lived most of her life in Hampshire. After a first degree in Classics and English, she started her working life as a computer programmer, in those days a very new profession. It was fun for a few years, but she left to become a school careers officer in Dorset.
But it was when she discovered technical authoring that she knew she had found her vocation. She spent the next few decades writing and editing all sorts of material, some fascinating, some dull, for a wide variety of clients, including an international hotel group, medical instrument manufacturers and the Government.
She has written creatively for most of her adult life, but it was not until her children grew up and flew the nest, several years ago, that creative writing and, especially, writing historical fiction, took centre stage in her life.
She has a Masters in Creative Writing from Portsmouth University, and a PhD from the University of Southampton.
Allgemeines
Erweiterung zum vierten Band der Meonbridge Chronicles “Children´s Fate“
Erschienen am 19.09. 2023 bei Riverdown Books als E-Book entsprechend 232 Seiten
Gliederung: Verzeichnis der Romanfiguren - 19 Kapitel – Hinweis der Autorin zur Romanreihe - Danksagung
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: Winchester und Umland, 1362/1363
Inhalt und Beurteilung
Der vorliegende Roman ist keine Fortsetzung der Reihe, sondern eine „Erweiterung“ (Meonbridge Chronicles Companion Novel) zum vierten regulären Band der Reihe, Children´s Fate“. Er setzt die Geschichte der Bea Ward an der Stelle fort, als diese einige Monate zuvor geschwächt und halbverhungert auf der Türschwelle ihres ehemaligen Liebhabers Riccardo Marchaunt zusammenbrach. Dementsprechend ist es empfehlenswert, zumindest den vierten Band zuvor gelesen zu haben.
Bea wird von Riccardo, dessen Frau inzwischen verstorben ist, aufgenommen und von seiner Haushälterin aufgepäppelt. Riccardo ist immer noch in sie verliebt und möchte sie heiraten, allerdings wäre dies angesichts ihres Vorlebens ein Skandal und Riccardo müsste befürchten, von seinem Vater enterbt zu werden. Deshalb lebt Bea zunächst versteckt in seinem Haus, was zu wiederkehrenden Konflikten zwischen dem Paar führt.
Nach dem Tod seines Vaters sieht die Lage erfreulicher aus, doch es scheint notwendig, Bea eine neue Biographie zu verschaffen, damit sie in die gute Gesellschaft von Winchester aufgenommen werden kann. Riccardos Mutter Emilia, selbst von einfacher Herkunft, unterstützt das Paar, doch sie haben die Rechnung ohne Riccardos verbitterte Schwägerin Sarah gemacht, die seinerzeit lieber Riccardo als dessen jüngeren Bruder Giacomo geheiratet hätte…
„The Merchant´s Dilemma“ schildert die Schwierigkeiten eines erfolgreichen Kaufmanns, seine Geliebte, die früher – zwangsweise – als Prostituierte tätig war, zu seiner Frau zu machen, ein Wunsch, der in der „guten“ Gesellschaft kaum akzeptiert werden würde. Die Umsetzung dieses Wunsches ist von Versteckspiel, Intrigen und Verrat geprägt und ist mit fortlaufender Handlung mit zunehmender Spannung verbunden. Die Charakterisierung der Hauptfiguren ist gut gelungen: Riccardo ist ein sympathischer, aber manchmal auch charakterschwacher Mann, der erst nach dem Tod seines Vaters die Kraft findet, um sein Glück zu kämpfen. Bea ist immer noch ein junges, oft naives Mädchen, gewinnt aber zunehmend an Selbstbewusstsein. Die übrigen Romanfiguren umfassen einige Damen und auch Herren(!) der Gesellschaft, die man als Klatschbasen bezeichnen muss und die sehr negativ dargestellte Schwägerin Sarah, die ihren Ehemann größtenteils unter dem Pantoffel hat.
Der Fokus des Romans liegt auf der – nicht schmalzigen – Liebesgeschichte und den Strategien, ihr zur Erfüllung zu verhelfen. Im Gegensatz zu den anderen Bänden der Reihe werden hier die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe der Epoche eher vernachlässigt.
Fazit
Eine literarisch etwas leichtere, aber sehr unterhaltsame Ergänzung zur Meonbridge-Reihe, die man erst im Anschluss an den vierten Band „Children´s Fate“ lesen sollte.
8 Punkte
ASIN/ISBN: B0CJDBLTNH -
Kurzbeschreibung (Quelle: Amazon)
The Tudor dynasty died out because there was no heir of Elizabeth I’s body to succeed her. Henry VIII, despite his six marriages, had produced no legitimate son who would live into old age. Three of the reigning Tudors (Edward VI, Mary I and Elizabeth I) died without heirs apparent, the most tragic case being that of Mary Tudor, who went through two recorded cases of phantom pregnancy. If it were not for physical frailty and the lack of reproductive health among the Tudors, the course of history might have been different. […]
Autorin (Quelle: Autorenhomepage)
Sylvia Barbara Soberton is a writer and researcher specialising in the history of the Tudors. She is best known for The Forgotten Tudor Women book series, which concentrates on shifting the perspective from famous figures like Henry VIII’s six wives to the lesser-known, but no less influential, women of the Tudor court. […]
Allgemeines
Herausgeber: Independently Published, 14.Oktober 2020 als TB mit 393 Seiten
Gliederung: Prolog – 22 Kapitel – Anhang „The Other Tudors, Dawn of the Stuarts & the Change of Childbirth Rituals” – Danksagung – ausführliche Bibliographie – Fußnoten
Inhalt und Beurteilung
Wer sich für die Tudors interessiert, wird in diesem Buch nicht allzu viel Neues finden. Beginnend mit Elizabeth of York und endend mit ihrer Namensvetterin und Enkelin Elizabeth I berichtet die Autorin über die medizinische Historie dieser nur relativ kurz regierenden Dynastie.
Neben allgemein auftretenden Problemen der Zeit, wie z.B. dem Tod vieler Frauen im Kindbett (Elizabeth of York) kommen besonders die reproduktiven Probleme Heinrichs VIII mit seinen diversen Ehefrauen sowie die gynäkologische Geschichte seiner Töchter Mary und Elizabeth I zur Sprache.
In diesem Zusammenhang werden viele zeitgenössische Quellen zitiert, was interessante Einsichten in die (mangelnden) medizinischen Kenntnisse des 16. Jahrhunderts bietet. Selbst die besten Ärzte konnten sich nachvollziehbarerweise die Ursache vieler Leiden nicht erklären. Ergänzt werden diese Schilderungen durch Theorien heutiger Ärzte, die mehr oder weniger schlüssig sind, aber nicht mehr be- oder widerlegt werden können. Besonders im Fall von Heinrich VIII, dessen Ehefrauen von zahllosen Fehlgeburten heimgesucht wurden, werden Theorien aufgestellt, die dem Laien besser hätten erklärt werden können (Kell-Faktor).
Das Buch endet ziemlich abrupt; nach dem Kapitel über Elizabeth I werden die „other Tudors“ und die ersten Stuarts eher oberflächlich abgehandelt. Immerhin ist im Anhang eine sehr umfangreiche Bibliographie vorhanden, die weitere Lektüre-Optionen aufzeigt.
Fazit
Ein angenehm lesbares Buch, das sich eher auf Vermutungen als Fakten stützt - interessant, aber ohne großen Neuigkeitswert!
6 Punkte
ASIN/ISBN: B08L2ML7C3
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Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Der Bundesermittler Aaron Falk ist auf dem Weg ins südaustralische Weinland, um bei einer Taufe dabei zu sein. Genau vor einem Jahr ist dort eine Frau verschwunden: Kim Gillespie hat offenbar ihr schlafendes Kind auf einer Kirmes zurückgelassen. Danach hat sie niemand mehr gesehen. Das Rätsel ihres Verschwindens ist immer noch nicht gelöst, und eine neue Suche beginnt. Falk versucht, die letzten Schritte von Kim zu rekonstruieren. Er begreift, dass die Ermittler vermutlich einen Fehler begangen haben: Sie haben das gesehen, was sie sehen wollten – und sind auf eine große Täuschung hereingefallen.
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Jane Harper wurde 1980 in Manchester geboren, lebt aber schon lange in Melbourne, Australien. Sie war Journalistin, bevor sie mit dem Schreiben von Thrillern begann. Gleich mit ihrem Debütroman »Hitze« gewann sie neben zahlreichen anderen Preisen auch den wichtigsten britischen Krimipreis, den »Gold Dagger«.
Allgemeines
Titel der Originalausgabe: „Exiles“, ins Deutsche übersetzt von Matthias Frings
Erschienen bei Rütten & Loening am 19.09.2023 als HC mit 382 Seiten
Gliederung: Prolog - 40 Kapitel – Danksagung
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: Südaustralien, in der Gegenwart
Inhalt
Finanzermittler Aaron Falk reist von Melbourne ins südaustralische Weinland, um Taufpate des kleinen Sohnes seiner Freunde Greg und Rita Raco zu werden. In diese Zeit fällt auch das alljährliche Marralee Valley Festival, das in diesem Jahr von einem Vermisstenfall überschattet wird. Im Jahr zuvor verschwand bei diesem Festival Kim Gillespie, die Expartnerin von Greg Racos Bruder Charlie und Mutter seiner Tochter Zara. Kim war mit ihrem Ehemann Rohan und der erst sechs Wochen alten Zoe angereist, auf dem Festplatz wurde das Baby in seinem Kinderwagen aufgefunden – von der Mutter keine Spur! Gemeinsam mit der Familie Raco und dem Polizisten Dwyer versucht er, den Fall erneut aufzurollen.
Ein weiterer ungeklärter Vorgang beschäftigt die Menschen vor Ort bereits seit sechs Jahren. Damals wurde ein in der Gemeinde beliebter Mann bei einem Unfall getötet, der Fahrer beging Fahrerflucht. Aaron Falk kommt während seines Aufenthalts der Witwe Gemma näher und möchte ihr und ihrem Stiefsohn zuliebe Licht ins Dunkel bringen.
Beurteilung
„Die Suche“ wird auf dem Cover als „Thriller“ ausgewiesen, diese Bezeichnung ist jedoch unzutreffend und könnte falsche Erwartungen wecken. Trotz zweier ungeklärter Fälle handelt es sich in weiten Teilen um eine Erzählung, die ohne nennenswerte Spannungskurve und im langsamen Erzähltempo die Ereignisse der vergangenen Jahre rekapituliert. Erst im letzten Abschnitt des Romans kommt das Krimi-Element zum Tragen.
Die Autorin stellt zunächst alle Romanfiguren – ein wahrlich großes Personalaufgebot – vor, anhand deren Gespräche und sonstigen Interaktionen versucht der Leser eigene Theorien zu den ungeklärten Fällen zu erstellen. Der Roman setzt sich aus verschiedenen Handlungssträngen (Gegenwart, Vergangenheit vor einem Jahr und vor sechs Jahren) zusammen, der Wechsel von einer Zeitebene zur anderen ist nicht durch Absätze gekennzeichnet. Mitten in der fortlaufenden Handlung wird Aaron Falk von seinen Erinnerungen übermannt. Diese sprunghafte Erzählweise verlangt dem Leser einiges an Konzentration ab, es handelt sich also nicht um leichte Unterhaltung.
Der Roman besticht durch seine zahlreichen, sehr individuell ausgearbeiteten und realitätsnah wirkenden Charaktere und den interessanten Einblick in das Leben und die Gesellschaft des südaustralischen Weinlandes. Hier werden zeitlose Problematiken zu Partnerschaft, Elternschaft und deren Vereinbarkeit mit einer beruflichen Karriere angesprochen.
Auch die allmählichen Ermittlungsfortschritte sind für den (geduldigen) Leser eindrucksvoll.
Fazit
Ein eindrucksvoller, in ruhiger Erzählweise gehaltener Roman mit gelungenen Gesellschafts- und Landschaftsschilderungen, einen Thriller sollte man allerdings nicht erwarten!
8 Punkte
ASIN/ISBN: B0C2ZL8YT2 -
Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Sie ließ ihr Herz über ihren Verstand siegen – Das schicksalhafte Leben von Kaiserin Sisis jüngster und rebellischster Schwester
Possenhofen, 1865: Herzogin Ludovika in Bayern schmiedet fleißig Hochzeitspläne für ihre Tochter Sophie Charlotte, die jüngste Schwester von Kaiserin Sisi. Doch der rebellische Freigeist möchte nicht heiraten, auch die Verlobung mit König Ludwig II. kann sie nicht umstimmen. Sie ist verliebt, und zwar in einen Bürgerlichen! Heimlich lebt sie die Beziehung aus, bis Ludwig die Verlobung löst. Daraufhin setzt man ihr einen standesgemäßen Gemahl vor: Herzog Ferdinand von Alençon. Sophie kann der Heirat nichts entgegensetzen. Wird er ihren Freigeist zähmen?
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Starke Frauen haben die Journalistin Eva-Maria Bast schon immer fasziniert – und so war es eine große Freude für die Leiterin der Bast Medien GmbH, die Zeitschrift „Women’s History – Frauen in der Geschichte“ ins Leben zu rufen, um interessanten historischen Frauenfiguren eine Bühne zu bieten und die Rolle der Frau im Verlauf der Geschichte zu beleuchten. Für ihre Arbeiten erhielt Eva-Maria Bast unter anderem den Deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Kategorie Geschichte. Unter dem Pseudonym Charlotte Jacobi (zusammen mit Jørn Precht) stand Eva-Maria Bast mehrfach auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Die Autorin lebt in am Bodensee.
Allgemeines
Erschienen am 31.08.2023 im Piper Verlag als TB mit 416 Seiten
Gliederung: Prolog – Roman in drei Teilen mit insgesamt 50 Kapiteln – Epilog – Nachwort – Spuren der Realität – Danksagung – Quellen- und Literaturangaben
Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive der Protagonistin Sophie Charlotte in Bayern
Handlungsorte und -zeit: Verschiedene Orte in Europa, 1860 bis 1897
Inhalt und Beurteilung
Jeder kennt die österreichische Kaiserin Elisabeth, genannt Sisi, aber auch die Schicksale ihrer zahlreichen Geschwister sind interessant. Der vorliegende biographische Roman befasst sich mit dem Leben ihrer jüngsten Schwester Sophie Charlotte (1847 – 1897), eine auf ihre Art ebenso unangepasste Persönlichkeit wie Sisi.
Die wichtigste Pflicht für eine Prinzessin ist es, gut und vor allem standesgemäß zu heiraten. Sophie ist nicht davon begeistert, dass ihre Mutter Ludovika ihr ständig neue Heiratskandidaten ans Herz legen will. Der einzige Mann, dem sie sich verbunden fühlt, ist ihr Cousin Ludwig, der mit 18 Jahren den bayerischen Königsthron übernehmen muss. Die beiden Verwandten verloben sich, doch die Hochzeit kommt wegen Ludwigs Neigung zum eigenen Geschlecht nicht zustande. Sein Verhalten seiner Verlobten gegenüber ist erratisch und völlig unberechenbar, so ist es nicht allzu erstaunlich, dass Sophie sich in einen anderen Mann verliebt.
Edgar, der Sohn des Hoffotografen Hanfstaengl, ist als Bürgerlicher allerdings unstandesgemäß und Sophie muss ihrer Liebe entsagen. Mit Herzog Ferdinand von Alençon kommt sie durch Vermittlung von Ludovika doch noch zu einem standesgemäßen Gatten, der ihr ein liebevoller und loyaler Ehepartner ist, doch Sophie ist nicht zum Glücklichsein geschaffen…
Der gut recherchierte biographische Roman bietet einen interessanten Einblick in die Welt des bayerischen Hochadels in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Ehen ohne Rücksicht auf Verluste des persönlichen Glücks geschlossen werden. Leider werden diesen Ehen aufgrund des Standesbewusstseins im zu engen verwandtschaftlichen Umfeld geschlossen, was dazu führt, dass nicht wenige Angehörige des Hochadels sehr exzentrische und psychisch labile Menschen sind. Dies wird nicht nur beim bayerischen König Ludwig II, sondern auch bei seiner Cousine Sophie deutlich.
Diese ist – wie ihre Schwester Sisi – sehr egozentrisch und leidenschaftlich. Sie neigt zu unüberlegten Handlungen und ihre Gefühlswelt bewegt sich zwischen Hochstimmungen und Depressionen. Ihre Gefühlsschwankungen bedeuten Stress und auf Stress reagiert sie mit häufigen Erkrankungen.
Sophie, deren komplizierter Charakter von der Autorin sehr gut wiedergegeben wird, weckt im Leser widersprüchliche Gefühle zwischen „Genervtheit“ und Mitleid, speziell weibliche Angehörige damaliger Adelsfamilien sind um ihr wenig selbstbestimmtes Leben nicht zu beneiden.
Ungeheuerlich muten auch die Schilderungen aus der Psychiatrie des 19. Jahrhunderts an, als Menschen, die psychisch krank sind oder dafür gehalten werden, mit brutalen Eisbädern traktiert werden.
Die letzten Lebensjahre Sophies vor ihrem Tod im Alter von 50 Jahren werden leider weitgehend ausgespart.
Der anschaulich geschriebene, informative Roman wird durch ein Autorennachwort, Erläuterungen zu Fakten, den geringen fiktionalen Abweichungen sowie eine umfängliche Bibliographie abgerundet.
Fazit
Ein lesenswerter, informativer biographischer Roman, der dem Leser Sisis jüngste Schwester Sophie Charlotte eindrücklich nahebringt!
9 Punkte
ASIN/ISBN: 3492063713 -
Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Ein schicksalhafter Schwur, eine verbotene Liebe und ein Meisterwerk der Baukunst
1260 erhält Maurermeister Henri in Reims einen Brief des englischen Königs: Er soll nach London kommen, um für Heinrich III. eine Kathedrale zu bauen. Nur gilt die Aufforderung eigentlich nicht dem Maurer Henri, sondern seinem Baumeister. Auf der Fahrt über den Kanal gerät die Fähre in einen heftigen Sturm. Henri sieht darin eine Strafe für seine Lüge und schwört, eine einzigartige Kirche zu schaffen, wenn er nur heil in England ankommt. Doch brüchige Fundamente, eine Rebellion des Adels und die stete Sorge, dass sein falsches Spiel auffliegt, drohen sein Vorhaben zum Scheitern zu bringen. Dann stellt ihn die Liebe zu einer jungen Baronin vor die schwerste Herausforderung: Kann er ihre Liebe beschützen, ohne seinen Eid zu brechen?
Autor (Quelle: Verlagsseite)
Claudius Crönert, geboren 1961 in Hamburg, studierte Kunstgeschichte und arbeitete als politischer Journalist, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Imposante Bauwerke und historische Stoffe haben es ihm schon immer angetan. Claudius Crönert lebt in Berlin.
Allgemeines
Erschienen am 31.08.2023 im Ullstein Verlag als TB mit 496 Seiten
Gliederung: Roman in 43 Kapiteln – Nachwort – Glossar
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: größtenteils London, 1260 bis 1265
Inhalt
König Heinrich III schickt den Mönch Archibald nach Frankreich, um den renommierten Baumeister Henri of Reims für den (Weiter)bau an der Kathedrale Westminster Abbey zu rekrutieren. Er trifft auf den jungen Henri, der nicht der gesuchte Baumeister, sondern ein gleichnamiger Maurer mit Ambitionen ist; dieser ergreift die Gelegenheit beim Schopf und folgt dem Ruf nach England. Da er die Baukunst schon ausgiebig an der Seite anderer Baumeister studiert hat, ist er in der Lage, die Bauarbeiten an Westminster zu leiten.
Auf dem Schiff nach England macht er die Bekanntschaft des Barons von Farnham, der mit seinen Kindern Oliver und Carol reist. Die eigenwillige Carol beeindruckt ihn tief und die jungen Leute, die sich in Westminster wiederbegegnen, verlieben sich ineinander. Eine Heirat zwischen ihnen ist aus Standesgründen ausgeschlossen, außerdem will Oliver seine Schwester unbedingt mit Guy, einem Sohn des Simon de Montfort, verheiraten. Die de Montforts sind eine einflussreiche Familie, Simon hat sich, obwohl er der Schwager Heinrichs III ist, von diesem abgewandt und zieht als Anführer aufständischer Barone, die den König der Steuerverschwendung beschuldigen und mehr Mitspracherechte fordern, in den Kampf.
Beurteilung
Der Roman setzt sich aus zwei miteinander verschmelzenden Handlungssträngen zusammen. Einerseits wird über den Abschnitt der jahrhundertelangen Bauphase an der Westminster Abbey in den Jahren 1260 bis 1265 berichtet. Da über den Baumeister Henri of Reims kaum mehr als sein Name überliefert ist, wird hier vieles vom Autor fiktiv ausgestaltet, die Figur des Henri ist – ebenso wie die seines treuen Freundes Archibald - gründlich als Sympathieträger ausgearbeitet.
Andererseits stellen die wesentlich besser dokumentierten Konflikte zwischen König Heinrich und den aufständischen Baronen unter der Führung des Simon de Montfort einen Schwerpunkt der Handlung dar. Da auch die Barone untereinander oft uneins sind, kommt Simon auf die Idee, ein „Volksparlament“ zu gründen, ein wichtiger Schritt in der Geschichte des Parlamentarismus und quasi die Keimzelle des House of Commons. Der fiktive Oliver of Farnham unterstützt die de Montforts, die Liebesgeschichte seiner Schwester Carol mit Henri bildet den Brückenschlag zwischen den beiden Handlungssträngen.
Der Erzählstil ist sehr anschaulich und bietet in den Schilderungen von Carols Kampf gegen ihren selbstgefälligen, bevormundenden Bruder viel Spannung. Die Charakterisierung der Farnhams wirkt ein wenig überzogen: Carol ist zu emanzipiert für ihre Zeit, ihre Teilnahme an politischen Gesprächen scheint nicht sehr realitätsnah. Oliver wird als egozentrischer und machtbesessener Erzschurke porträtiert und es befremdet auch, dass sein Vater, der „amtierende“ Baron, der seine Tochter liebt, seinem Sohn keinen Einhalt gebietet.
Ein informatives Autorennachwort und ein Glossar runden den unterhaltsamen Roman ab.
Fazit
Unterhaltsame und stellenweise sehr spannende Lektüre, die den Leser ins London der Sechzigerjahre des 13. Jahrhunderts führt – lesenswert!
8 Punkte
ASIN/ISBN: 3548068308 -
Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Evelyn Jancke ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, seit ihr Bruder Fabian zwei Jahre zuvor auf einem Wohnmobil-Trip spurlos verschwand. Es gibt kein Lebenszeichen von ihm, die Ermittlungen wurden eingestellt.
Allein ihre Arbeit als forensische Psychologin hält Evelyn aufrecht, vor allem, als die Oldenburger Polizei um ihre Mithilfe bei einer Mordserie bittet. Im norddeutschen Raum tötet ein Unbekannter scheinbar wahllos Menschen auf Campingplätzen. Er kommt immer nachts und verschwindet unerkannt wieder. Bis es einen Zeugen gibt. Und daraufhin ein Phantombild.
Evelyn traut ihren Augen nicht, als sie es sieht. Und fasst einen verzweifelten Entschluss, der sie alles kosten könnte …
Autor (Quelle: Verlagsseite)
Arno Strobel liebt Grenzerfahrungen und teilt sie gern mit seinen Leserinnen und Lesern. Deshalb sind seine Thriller wie spannende Entdeckungsreisen zu den dunklen Winkeln der menschlichen Seele und machen auch vor den größten Urängsten nicht Halt.
Seine Themen spürt er dabei meist im Alltag auf und erst, wenn ihn eine Idee nicht mehr loslässt und er den Hintergründen sofort mit Hilfe seines Netzwerks aus Experten auf den Grund gehen will, weiß er, dass der Grundstein für seinen nächsten Roman gelegt ist. Alle seine bisherigen Thriller waren Bestseller.
Arno Strobel lebt als freier Autor in der Nähe von Trier.
Allgemeines
Erschienen am 30. August 2023 im Fischer Verlag als broschiertes TB mit 352 Seiten
Gliederung: Prolog – 53 Kapitel – Epilog
Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive von Evelyn Jancke, alternativ Kapitel aus der Perspektive des „Campers“
Handlungsorte und -zeit: diverse Orte (Campingplätze) in Norddeutschland, Gegenwart
Inhalt
Die forensische Psychologin Evelyn Jancke hat es nicht verkraftet, dass ihr geliebter Bruder Fabian und dessen Frau vor zwei Jahren während einer Reise nach Frankreich mitsamt ihrem Wohnmobil spurlos verschwunden sind. Sie wird von Alpträumen gequält und versucht, sich mit zu viel Alkohol und flüchtigen Männerbekanntschaften abzulenken.
Als sie von ihrem früheren Partner und jetzigen Freund, dem Polizisten Gerhard Tillmann bei der Ermittlung in einer Mordserie um Unterstützung gebeten wird, gerät ihre Welt noch mehr aus den Fugen. Der Täter, von der Polizei „der Camper“ genannt, tötet auf Campingplätzen scheinbar wahllos Menschen; das Phantombild, das mithilfe eines überlebenden Angegriffenen erstellt wird, zeigt einen Mann, der eine auffällige Ähnlichkeit mit ihrem Bruder Fabian hat. Einerseits hofft Evelyn, dass ihr Bruder noch lebt, andererseits fürchtet sie, er könne sich durch eventuell erlittene Traumata so verändert haben, dass er fähig ist, Morde zu begehen. Sie sieht sich verpflichtet, auf eigene Faust nach ihm zu suchen…
Beurteilung
Evelyn Jancke ist keine besonders sympathische Protagonistin, sie scheint die Kontrolle über ihr Leben verloren zu haben und wirkt manchmal zickig, unberechenbar und hysterisch. Dennoch kann man sich bis zu einem gewissen Grad in ihre Persönlichkeit und Verhaltensweisen hineinversetzen, vor allem, als sie seltsame Textnachrichten erhält, die von ihrem Bruder zu stammen scheinen. Auch ihr Freund Gerhard Tillmann ist schwer zu beurteilen, er will Evelyn helfen, spielt aber nicht mit offenen Karten.
Der Autor baut geschickt einige unerwartete Wendungen in die Handlung ein, der Leser weiß nicht mehr, wem er trauen kann und muss mehrfach seine Theorien verwerfen. Durch die kursiv gedruckten Kapitel, die aus der Perspektive des „Campers“ erzählt werden, gewinnt der Leser einen Wissensvorsprung gegenüber den Ermittlern, indem das Motiv für die nächtlichen Überfälle auf den Campingplätzen verdeutlicht wird. Dabei ist es nicht schwierig, sich in den Täter hineinzuversetzen und die Taten zwar nicht gutzuheißen, aber dennoch nachzuvollziehen. Hier thematisiert der Autor ein durchaus aktuelles gesellschaftliches Problem, das in der Presse immer wieder zur Sprache kommt.
Die Handlung ist nicht in allen Details realitätsnah, so erscheint es merkwürdig, dass eine Psychologin in einer psychisch so labilen Verfassung wie Evelyn nicht von der Behandlung eines Frauenmörders, der sie mehrfach gezielt provoziert, abgezogen wird. Nichtsdestotrotz bietet „Der Trip“ aber wendungsreiche und spannende Unterhaltung.
Fazit
Leichte und (ent)spannende Unterhaltung für heiße Sommertage!
8 Punkte
ASIN/ISBN: 3596708028 -
Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Ausgerechnet in den Dienst des buckligen Stadtarztes von Basel soll Barbara gehen. Als Tochter eines als unehrenhaft geltenden Abdeckers bleibt ihr keine andere Wahl. Mit ihrer patenten und pragmatischen Art ist die junge Frau das Gegenteil ihres neuen Herrn Paracelsus. Sein Zuhause ist die Wissenschaft, die Medizin, die Lehre. Wegen seiner unkonventionellen Methoden und der aufbrausenden Art wird er jedoch immer wieder angefeindet. So sind sie beide Außenseiter. Bald lernt die Magd den Arzt zu schätzen und ist fasziniert von den Geheimnissen des menschlichen Körpers. Doch dann muss Barbara sich entscheiden, ob sie weiter zu ihm halten kann – und was ihr eigenes Ziel im Leben ist.
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Astrid Fritz studierte Germanistik und Romanistik in München, Avignon und Freiburg. Als Fachredakteurin arbeitete sie anschließend in Darmstadt und Freiburg und verbrachte mit ihrer Familie drei Jahre in Santiago de Chile. Zu ihren großen Erfolgen zählen «Die Hexe von Freiburg», «Die Tochter der Hexe», «Turm aus Licht», «Der dunkle Himmel». Astrid Fritz lebt in der Nähe von Stuttgart.
Allgemeines
Erschienen am 15. August 2023 im Rowohlt Verlag als TB mit 560 Seiten
Gliederung: Roman in 42 Kapiteln – Epilog - Autorennachwort – umfangreiches Glossar (Fachausdrücke, historische Persönlichkeiten)
Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive der Protagonistin Barbara Stegnerin
Handlungsorte und -zeit: Verschiedene Orte im Bereich Schweiz/ Österreich/ Süddeutschland, 1527 bis 1541
Inhalt
Barbara Stegnerin wünscht sich nichts sehnlicher, als eine Baderin zu werden. Doch dieser Weg ist ihr versperrt, denn als Tochter eines Abdeckers gehört sie zu den „unehrlichen“ Leuten, die auf dem Basler Kohlenberg leben und Außenseiter der Gesellschaft sind. Sie möchte auch nicht von ihrem Vater verheiratet werden, deshalb verdingt sie sich beim Basler Stadtarzt Theophrastus Bombastus von Hohenheim, bekannter als Paracelsus, als Magd. Zunächst tritt sie ihre Stellung nicht mit großer Freude an, denn Theophrast ist ein seltsamer, chaotischer und nicht selten jähzorniger Mann. Doch schon bald empfindet sie Respekt für den kompetenten Medicus, der sich wenig um Traditionen schert und neue Wege geht. Die einfachen Leute sind dankbar für seine bodenständigen Behandlungen, die weit vom ebenso hochgestochenen wie hohlen Geschwätz der anderen Ärzte entfernt sind, aber bei den Kollegen und in der Basler Gesellschaft eckt der streitbare Mann immer wieder an. So kommt es, dass Theophrast – und damit auch Barbara – gezwungen ist, von Ort zu Ort zu ziehen. Verbittert darüber, dass er keinen Drucker für seine unorthodoxen Werke findet, legt sich Theophrast überall mit Kollegen und Obrigkeiten an. Barbara, die gern irgendwo heimisch werden würde, muss sich entscheiden, ob sie eigene Wege gehen will.
Beurteilung
Es ist nicht bekannt, ob Paracelsus eine Magd hatte, Barbara ist also eine fiktive Figur, die allerdings in gewisser Weise repräsentativ für eine Frau ihrer Zeit und ihres gesellschaftlichen Hintergrundes ist.
Sie ist eine energische Persönlichkeit, die es in Bezug auf Willensstärke mit ihrem Arbeitgeber aufnehmen kann, ihm Kontra gibt und seine Zornausbrüche manchmal auch in ruhigere Bahnen zu lenken vermag. Über die Einzelheiten von Paracelsus´ Leben ist nicht allzu viel bekannt, die bekannten Fakten erlauben es der Autorin jedoch, ein differenziertes und realistisch wirkendes Porträt von ihm zu zeichnen. Seine streitbare Natur offenbart sich durch seine Schriften, die größtenteils erst nach seinem Tod gedruckt werden. Er scheut sich nicht, andere Ärzte mit unflätigen Ausdrücken zu belegen und sie als inkompetent bloßzustellen. Abgesehen von seinen eher rustikalen Manieren bringt er die Menschen auch durch unerhörte Vorgehensweisen, z.B. die Abhaltung von Vorlesungen in deutscher statt lateinischer Sprache, gegen sich auf. Außerdem verdirbt er es sich mit einflussreichen Persönlichkeiten, wie den Fuggern, die mit dem angeblich gegen die Syphilis wirksamen Guajakholz Handel treiben. Paracelsus behauptet öffentlich, das Holz sei völlig wirkungslos und gefährdet damit den Profit der großen Handelshäuser. Statt der Quacksalberei widmet er sich der Erforschung pflanzlicher und mineralischer Stoffe und kann damit gewissermaßen als ein „Urvater“ der Pharmazie und (Bio-)Chemie betrachtet werden. Seine ärztliche Ethik ist tadellos und sein Verhalten von Barmherzigkeit gegenüber den Kranken geprägt.
Dem Roman sind ein aufschlussreiches Autorennachwort und ein umfangreiches Verzeichnis historischer Ausdrücke und Persönlichkeiten angefügt.
Fazit
Ein unterhaltsamer medizinhistorischer Roman, der dem Leser den streitbaren und innovativen Arzt Theophrastus Bombastus von Hohenheim (Paracelsus) eindrücklich nahebringt – sehr lesenswert!
9 Punkte
ASIN/ISBN: 3499010623 -
Kurzbeschreibung (Quelle: Amazon)
EDINBURGH, 1853.
In a city of science, discovery can be deadly . . .
In a time of unprecedented scientific innovation, the public’s appetite for wonder has seen a resurgence of interest in mesmerism, spiritualism and other unexplained phenomena.
Dr Will Raven is wary of the shadowlands that lie between progress and quackery, but Sarah Fisher can’t afford to be so picky. Frustrated in her medical ambitions, she sees opportunity in a new therapeutic field not already closed off to women.
Raven has enough on his hands as it is. Body parts have been found at Surgeons Hall, and they’re not anatomy specimens. In a city still haunted by the crimes of Burke and Hare, he is tasked with heading off a scandal.
When further human remains are found, Raven is able to identify a prime suspect, and the hunt is on before he kills again. Unfortunately, the individual he seeks happens to be an accomplished actor, a man of a thousand faces and a renowned master of disguise.
With the lines between science and spectacle dangerously blurred, the stage is set for a grand and deadly illusion . . .
Autoren (Quelle: Amazon)
Ambrose Parry is a pseudonym for a collaboration between Chris Brookmyre and Marisa Haetzman. The couple are married and live in Scotland. Chris Brookmyre is the international bestselling and multi-award-winning author of over twenty novels. Dr Marisa Haetzman is a consultant anaesthetist of twenty years' experience, whose research for her Master's degree in the History of Medicine uncovered the material upon which this series, which begun with The Way of All Flesh, is based. The Way of all Flesh was longlisted for both the Theakston Old Peculier Crime Novel of the Year Award and the McIlvanney Prize for Scottish Crime Book of the Year.
Allgemeines
Vierter Band der Reihe um Raven und Fisher
Erschienen am 15.06.2023 bei Canongate als E-Book, Umfang der Druckausgabe (ET 26.09.2023) 448 Seiten
Gliederung: Prolog – Hauptteil in 74 Kapiteln – Epilog – Historisches Nachwort – Danksagungen
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: Edinburgh, 1853
Inhalt
Ausgerechnet in der ehrwürdigen Surgeons Hall werden im Büro eines der Chirurgen Leichenteile gefunden. Da die Mediziner auf keinen Fall mit dem Mord in Verbindung gebracht werden wollen, bitten sie Dr. Will Raven, die Ermittlungen der Polizei mit medizinischem Fachwissen zu unterstützen. Doch eine Identifizierung des Opfers ist ohne dessen Kopf nicht einfach. Ein dringend Tatverdächtiger wird zwar ermittelt, ist aber wie vom Erdboden verschluckt und schließlich tauchen Teile einer zweiten Leiche auf.
Will Raven hat zusätzlich private Probleme, denn seine hochschwangere Frau und deren Vater setzen ihn unter Druck, endlich eine eigene Praxis zu eröffnen, statt weiter als Assistenzarzt beiDr. James Young Simpson zu arbeiten.
Ganz andere Probleme hat Sarah Fisher, die immer noch von dem Wunsch beseelt ist, Medizin zu studieren. Da dieser Weg ihr als Frau nach wie vor verschlossen ist, beschließt sie, sich im Mesmerismus, einer den Frauen nicht ausdrücklich verbotenen Praxis, unterweisen zu lassen. Sie besucht dazu Vorführungen „alternativer“ Mediziner, die mit Mesmerismus, Hypnose und Spiritualismus arbeiten – Betätigungsfelder, die Raven für Scharlatanerie hält, was erneut zu Konflikten zwischen den beiden Protagonisten führt.
Beurteilung
Auch der vierte Band der Reihe ist eher ein medizinhistorischer Roman mit Krimi-Elementen als ein Thriller. Im Mittelpunkt steht die Widersprüchlichkeit der Medizin in den Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts. Wenige Jahre nach der Einführung der Anästhesie können die Ärzte immer größere Eingriffe wagen, das Behandlungsspektrum erweitert sich und unter Wissenschaftlern herrscht Fortschrittsgläubigkeit. Auf der anderen Seite erleben aber auch „Wunderheiler“ eine Blütezeit; viele Patienten, die vor Operationen zurückschrecken, hoffen durch den Mesmerismus geheilt zu werden. Menschen mit psychischen Problemen suchen Hilfe bei Spiritualisten, die behaupten, als Medium Kontakt zu verstorbenen Angehörigen herstellen zu können.
Die Autoren stellen diesen Widerspruch zwischen Wissenschaft und Quacksalberei eindrucksvoll dar und betten eine geschickt und komplex konstruierte Krimihandlung in das Umfeld des (pseudo)medizinischen Milieus ein.
Für Will Raven stellt sich ein ethisches Problem, er braucht dringend Geld, um von seinem Schwiegervater unabhängig zu werden und könnte seine finanziellen Sorgen aus der Welt schaffen, wenn er verspräche, die Leiche eines an Akromegalie leidenden Mannes für eine anatomische Sammlung zur Verfügung zu stellen. Dieser todgeweihte Mann lehnt jedoch eine posthume Zurschaustellung ab und wünscht sich eine Seebestattung. Das ist für Will Raven, der kein perfekter positiver Held ist, sondern differenziert dargestellt wird, eine große moralische Herausforderung. Dieser Handlungsstrang ist am realen Fall des Charles Byrne orientiert.
„Voices of the Dead“ ist ein unterhaltsamer historischer Krimi, der interessante Einblicke in die schottische Medizin des 19. Jahrhunderts gibt. Da auf vorhergehende Ereignisse Bezug genommen wird und auch einige Romanfiguren aus den vorhergehenden Bänden eine wichtige Rolle spielen, sollte dieser vierte Band idealerweise erst im Anschluss an die anderen Bände gelesen werden.
Ein Verzeichnis fiktiver und historischer Romanfiguren wäre eine wünschenswerte Ergänzung gewesen.
Fazit
Ein lesenswerter medizinhistorischer Roman mit einer intelligent konstruierten Krimihandlung!
8 Punkte
ASIN/ISBN: B0BRQL4TY2 -
Kurzbeschreibung (Quelle: Amazon)
Vordenkerin, Medizinerin, Wegbereiterin
Berlin, 1898: Nach dem Abitur kann es Hermine Edenhuizen kaum erwarten zu studieren. Sie möchte Ärztin werden und in die Fußstapfen ihres jüngst verstorbenen Vaters treten. Frauen dürfen aber noch nicht studieren, weswegen Hermine für jede Vorlesung eine Sondergenehmigung braucht. Sie gibt nicht auf und tut alles für ihren Traum! Deshalb will sie auch niemals heiraten, ein Ehemann könnte ihr nämlich das Arbeiten verbieten.
Da lernt sie den Arzt Otto Heusler kennen. Er behandelt sie respektvoll, diskutiert medizinische Fälle mit ihr. Doch Otto ist bereits verheiratet! Hat ihre Liebe eine Chance?
Autorin (Quelle: Amazon)
Yvonne Winkler wurde 1967 geboren. Im Gegensatz zu Hermine Heusler-Edenhuizen musste sie nicht darum kämpfen, Medizin zu studieren und in der Radiologie zu arbeiten. Stattdessen musste sie viele Widerstände überwinden, um den weißen Kittel an den Nagel hängen zu können, ihrer inneren Stimme zu folgen und das Schreiben zum Beruf zu machen. Seit 1998 arbeitet sie als freie Autorin unter verschiedenen Pseudonymen und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Hamburg.
Allgemeines
Erschienen am 24.02.2022 im Piper Verlag als TB mit 448 Seiten
Gliederung: Roman in fünf Teilen, jeweils mit nummerierten Kapiteln – Epilog – Nachwort
Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive der Protagonistin
Handlungsorte und -zeit: verschiedene Orte in Deutschland, 1896 bis 1931
Inhalt und Beurteilung
Der biographische Roman schildert das Leben der ersten niedergelassenen deutschen Gynäkologin Hermine Edenhuizen (1872 – 1955) von ihrer Jugend bis zu ihrer Eheschließung im Jahr 1912, einschließlich eines Epilogs (1931).
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sind Mädchen den Jungen gegenüber im Hinblick auf Bildungsmöglichkeiten noch sehr benachteiligt, doch Hermine hat Glück: Sie bekommt einen Platz in einem der von Helene Lange ins Leben gerufenen Gymnasialkurse für Mädchen und kann 1898 ihr Abitur ablegen.
Schwieriger gestaltet sich die Umsetzung ihres Plans, Medizin zu studieren und Ärztin zu werden. Sie lehnt es zunächst ab, nach Zürich zu gehen, wo jungen Frauen bereits die Türen der Universität offenstehen. In Berlin müssen Frauen jedoch jeden einzelnen Professor um Erlaubnis fragen, bevor sie an einer Vorlesung teilnehmen dürfen und selbst in den Veranstaltungen der liberaleren Dozenten machen die männlichen Studenten den wenigen Kommilitoninnen das Leben zur Hölle. Deshalb verlässt Hermine Berlin, um in Zürich, Halle und Bonn zu studieren, 1903 wird sie als erste Frau an der medizinischen Fakultät in Bonn promoviert. Sie arbeitet erfolgreich als Ärztin und genießt bei Kollegen und Patientinnen hohes Ansehen, bis sie sich in einen verheirateten Arzt verliebt und ihr Leben in unruhiges Fahrwasser gerät.
Der gut recherchierte Roman macht den Leser nicht nur mit der willensstarken, beharrlichen Persönlichkeit von Deutschlands erster niedergelassener Frauenärztin bekannt, sondern veranschaulicht auch deutlich den Spießrutenlauf, dem sich um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert Frauen gegenübersehen, die vom Leben mehr erwarten, als Ehefrau und Mutter zu sein.
Dürfen Frauen wegen wirtschaftlicher Not in „niederen“ Tätigkeiten beschäftigt sein, gibt es großen Widerstand gegen das Frauenstudium – viele Menschen (beiderlei Geschlechts!) halten Frauen damit für intellektuell überfordert. Verheiratete Frauen brauchen für eine berufliche Tätigkeit die Erlaubnis des Ehemannes und auch ihr Lohn geht in dessen Besitz über! Nur über einen Ehevertrag lässt sich diese Ungerechtigkeit umgehen.
Neben der gesellschaftlich-rechtlichen Situation dieser Epoche werden auch medizinische Missstände angesprochen, Hermine Edenhuizen und ihre zunehmend zahlreicher werdenden Kolleginnen setzen sich für eine Verbesserung der Lage armer Patientinnen ein, die sie oft kostenlos behandeln. So fordern sie die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Es ist bedauerlich, dass der Roman quasi mit Hermines Eheschließung im Alter von 40 Jahren endet und nur im Epilog kurz auf ihre Tätigkeiten zwischen 1912 und 1931 eingegangen wird. Als Ehefrau lebt sie in einer für die Zeit außergewöhnlichen Partnerschaft auf Augenhöhe und ist weiterhin als engagierte Gynäkologin tätig – diese Phase ihres Wirkens kommt im vorliegenden Werk zu kurz.
Fazit
Eine lesenswerte Romanbiographie einer beeindruckenden Persönlichkeit, die gern hätte umfangreicher sein dürfen!
8 Punkte
ASIN/ISBN: 3492063098