Todestanz auf hoher See
Autor
Stefán Máni: * 1970 in Reykjavík / Island, aufgewachsen in Ólafsvík.
Nach zahlreichen Tätigkeiten als Gärtner, Tischler, Buchbinder, Sozialarbeiter und in der Fischindustrie, wechselte er zur Schriftstellerei.
Bis dato veröffentlichte er sieben Romane. Für Das Schiff erhielt er den Isländischen Krimipreis 2007.
Buchinhalt
Das Frachtschiff MS Per se mit dem Erkennungscode E.L.W.Q.2 fährt einmal im Monat nach Surinam, Südamerika, um dort achttausend Tonnen Aluminiumoxid zu laden, das in der Aluminiumschmelze in Grundartangi mittels Elektrolyse zu reinem Aluminium verarbeitet wird.
Surinam grenzt an Brasilien, Guyana und Französisch-Guyana und hat die größten Bauxitminen der Welt.
Das Schiff wird mit Zwischenstopps auf Hin- und Rückfahrt je zwei Wochen unterwegs sein.
Die Besatzung besteht aus neun Männern und dem Schiffshund Skuggi, ein schwarzer mittelgroßer Mischlingsrüde.
Die Crew bilden, allen voran, der Kapitän Gu mundur Berndsen, der erste Steuermann Ísak Sigur sson, der zweite Steuermann Jónas Bjarni Jónasson, der Bootsmann Rúnar Hallgrímsson, der Maschinenmeister Jóhann Pétursson, der Maschinist Óli Johnsen, die Matrosen Ársæll Egilsson und Jón Karl Esrason und schließlich der Koch Así.
Vielleicht die letzte große Reise in dieser Konstellation, denn die Reederei droht, den Chartervertrag mitsamt der kompletten Besatzung zu kündigen.
Doch dies ist nicht die einzige Bedrohung, die auf Schiff und Mannschaft lastet.
Meuterei, Sabotage, Piraterie – alles ist möglich auf rauer See.
Werden die Männer des Frachtschiffs Per se am Ende ihr Ziel erreichen?
Meine Meinung
Stefán Máni hat mich mit seinem Roman Das Schiff absolut begeistert!
Dennoch fällt es mir schwer, diese Begeisterung in Worte zu fassen, da Worte meinem Eindruck und dem Buch kaum gerecht werden können.
Der Autor entwickelt eine präzise und unglaublich dichte Atmosphäre, die den Leser von Beginn bis Ende des Buches in ihren Bann zieht.
Tempo und Inhalt fesseln ohne Unterlass über insgesamt 40 Kapitel.
Bereits die Einführung zum Roman verhieß nichts Gutes und schürte meine Neugier zusätzlich.
Und Stefán Máni sei Dank, ich wurde nicht enttäuscht. Ich wage sogar zu behaupten, er hat meine Erwartungen schließlich und endlich sogar übertroffen.
Auch, wenn es der Handlung bereits an Land am Abend vor Ablegen der MS Per se nicht an Dramaturgie mangelt, so legt er sein Hauptaugenmerk klar auf die beklemmenden, bedrohlichen Entwicklungen an Board und beweist sein Gespür für menschliche Abgründe.
Die neunköpfige Crew der Per se besteht aus unterschiedlichsten Charakteren, die jeder für sich einem anderen Lebenshintergrund entspringen.
Der Weg auf das Frachtschiff zeichnet sich für jedes Mitglied der Besatzung, durch Schicksal oder Eigenverschulden bestimmt, schwierig.
Auch, wenn es aus politischer Motivation bereits an Land zu einer Grüppchenbildung kommt, ist jeder Mann zunächst mit seinem eigenen Leben beschäftigt.
Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis die einzelnen, in unterschiedlicher Intensität ausgeprägten Persönlichkeiten aneinander ecken und Eskalationen folgen.
Je komplizierter und unvorhersehbarer sich die Situation auf dem Schiff entwickelt, desto stärker wachsen Anspannung und Misstrauen untereinander.
Ein Entrinnen gibt es nicht. Sie sind gefangen auf engstem Raum, um sie herum das tosende Meer.
Máni streut viele Handlungsstränge, um sie an geeigneter Stelle zu verknüpfen.
Besonders gelungen empfand ich die zeitlichen Rückschritte, die der Autor in seine Geschichte eingeflochten hat.
So ist es dem Leser möglich, bestimmte Begebenheiten aus mehreren Blickwinkeln zu erleben.
Sich wiederholende Sequenzen verstärken die Wirkung der Nähe zum Verlauf der Handlung und zu den Figuren. Eine tolle Idee gekonnt umgesetzt!
Nicht nur die Beschreibung der Naturgewalten und der Geräusche machen den Roman glaubhaft und nachvollziehbar, sondern auch die intensive Darstellung der Emotionen und Verhaltensweisen der Besatzung.
Stefán Máni spielt mit Ängsten und Hoffnungen, vermittelt Gefahr und Verzweiflung und versteht es, den Leser schonungslos zu verwirren.
Der Roman lässt sich flüssig und schnell lesen, die Wortwahl ist passend zum Plot düster und bedrückend.
Die Gegenwartsform ermöglicht die direkte Teilhabe am Geschehen.
Neben den leicht befremdlich wirkenden Namen von Figuren und Handlungsschauplätzen, ist es auch ungewöhnlich, dass sich sämtliche Personen duzen und beim Vornamen nennen. Ich finde es aber klasse, dass die Übersetzung diesem isländischen Brauch treu geblieben ist.
Der edle Hochglanz-Schutzumschlag spiegelt die unberechenbaren, unbezähmbaren Naturgewalten wider, denen die MS Per se ausgeliefert ist.
Das Motiv passt nahezu perfekt zu Stefán Mánis Werk und der Atmosphäre, die er mit seinen Worten kreiert.
Fazit
Ein grandioser Roman mit überraschendem Ende, den ich sicherlich nicht nur einmal zur Hand genommen habe!
Ein spannendes und authentisches Abenteuer, das von der ersten bis zur letzten Seite fesselt.
Unbedingt empfehlenswert für alle, die nicht einfach nur unterhalten werden wollen.