Oh mein Gott!
Ich schüttle immernoch ungläubig den Kopf und bin durch.
"Der Tribun". Er lächelte mich schon seit einer ganzen Weile aus diversen Bücherregalen an - "kauf mich, es lohnt sich!", flüsterte er mir zu. Der Klappentext - gut, überzeugte mich eigentlich nicht wirklich. Doch irgendwann überkam mich der unwiderstehliche Drang, ihn zu nehmen und nach Hause zu schaffen. Da stand er dann eine Woche und wimmerte um Aufmerksamkeit.
Dann schlug ich die erste Seite auf. "Gaius Cornelius Cinna, Sohn des Gnaeus, Urenkel des großen Pompeius, Nachkomme einer langen Reihe illustrer Vorfahren..."
Ein ungewöhnlich langer Prolog mit einem ungewöhnlichen Schreibstil, an den ich mich erst gewöhnen mußte - ebenso an die mir ungewohnten Namen. Ein Protagonist, Cinna, dem man anfangs am liebsten den Hals umgedreht hätte für seine Art und Weise, sein arrogantes Auftreten und seine Überheblichkeit.
Ich kann gar nicht sagen, wann es sich ins Gegenteil wendete, wann ich angefangen habe, ihn zu lieben für seine Art, für sein Talent, in Fettnäpfchen zu treten, für seinen Mut, wann ich nur noch so über die Zeilen flog, um in dieser wunderbar beschriebenen Welt zu bleiben.
Hraban - ein liebenswerter Charakter, ebenso wie Saldir und auch Sunja - die anfangs Unnahbare, die Eltern und auch Liuba, obwohl man ihn vom ersten Moment an, als er auf der Bühne erschien, hassen mußte.
Man stand mitten in der Burg, nahm die Gerüche und die Geräusche war, sog alles in sich auf und fühlte sich als außenstehende Beobachterin - aber mitten im Geschehen.
Als die Peitsche auf Cinnas Rücken niederging, zuckte ich zusammen und schluckte den Kloß in meinem Hals herunter, hoffte, ihm würde nichts weiter geschehen. Eine wunderbar fürchterliche Beschreibung, die einem das Herz zusammenkrampfen läßt.
Ich stand oft vor Rätseln, die sich aber im Laufe der Geschichte auflösten. Man liest Sätze wie: "Würfel, wie sie im gesamten römischen Imperium aus Fäusten auf den Boden perlten, hoffnungsvoll im Fall beobachtet, bejubelt oder verflucht" - herrlich.
Die Andeutungen aus Cinnas Vergangenheit, ließen bei mir immer wieder Schauer über den Rücken jagen. Die Freundschaften, die sich aufbauten, die Liebe zu Sunja und Saldir und die Entwicklung, die Cinna in dieser Geschichte durchlebt - das alles fügt sich zu einem wunderbaren Roman zusammen.
Ich glaube nicht, daß man alle geschichtlichen Hintergründe kennen muß, um dem Roman folgen zu können. Nachlesen werde ich aber trotzdem :-].
"Die Schwerter des Tiberius" stehen im Regal. Heute Abend geht es los. Ich freue mich und danke dir Iris, daß ich einen klasse Roman lesen durfte.
Und "Der Tribun" hat nicht gelogen - es hat sich wirklich gelohnt!
Momo