Beiträge von Mrs Bean

    Gebundenes Buch mit Schutzumschlag und Fadenheftung
    Knesebeck Verlag
    288 Seiten, 29,8 x 25,6 cm
    ca. 300 Fotografien
    Erscheinungstermin: 13. Mai 2013
    Originaltitel: Johnny Depp - A Retrospective




    Gelungene Retrospektive


    Als 20jähriger nahm Johnny Depp seine allererste Rolle in dem Kult-Horrorstreifen "Nightmare on Elm Street" an. Kaum zu glauben, dass der Beginn dieser außergewöhnlichen Schauspielerkarriere nun schon dreißig Jahre zurückliegt und Johnny Depp am 9. Juni 2013 seinen 50. Geburtstag feiert. Genau pünktlich zu diesem Ereignis ist vor ein paar Wochen das Buch von Steven Daly auf Deutsch erschienen. Der Autor hat schon als Kulturkorrespondent für BBC Radio gearbeitet und war Musikjournalist beim berüchtigten Rockmagazin "Rolling Stone". Seit 1999 ist er Mitherausgeber der amerikanischen Ausgabe von "Vanity Fair".


    Vom deutschen Untertitel ausgehend hatte ich eigentlich damit gerechnet, neben einer Besprechung seiner Filme viele Informationen aus Johnny Depps privatem Leben präsentiert zu bekommen. Doch Steven Daly gibt weder Details aus der Kindheit und Jugend des Hollywood-Stars preis, noch versucht er sich an einer psychologischen Deutung des manchmal sehr exzessiven Verhaltens von Johnny Depp in Bezug auf den Missbrauch von Alkohol und ähnlichem. Angesichts der Tatsache, dass Johnny Depp anscheinend ein gravierendes Problem mit der Scheidung seiner Eltern hatte, wären ein paar einleitende Sätze für ein umfassendes Bild seiner Person sicherlich von Vorteil gewesen. Allerdings wird im Text glücklicherweise ab und an dann doch mal das eine oder andere Interessensgebiet des Schauspielers erwähnt, wie z.B. sein Vorleben als Mitglied einer Punkrockband. Den Beziehungen mit Winona Ryder, Kate Moss und Vanessa Paradis gesteht der Autor ein wenig mehr Aufmerksamkeit zu. Hierbei hält er sich aber mit Spekulationen zurück, die eine neue Partnerschaft nach der Trennung von Depps langjähriger Lebensgefährtin Vanessa Paradis betreffen.


    Das vorliegende Buch heißt übrigens im Original "Johnny Depp – A Retrospective", woran man unschwer erkennen kann, dass Steven Daly gar nicht beabsichtigte, seiner Leserschaft etwas anderes als eine Rückschau auf Depps bisheriges Filmschaffen zu liefern. Und das ist nicht gerade ein geringes Unterfangen angesichts der über 50 Filme, in denen Johnny Depp bislang mitgewirkt hat. Nach einer kurzen Einleitung beleuchtet der Autor auf den insgesamt 288 Seiten des Buches die verschiedensten Aspekte jedes der Filme. Da geht es um die Entstehungsgeschichte, die ausführenden Filmstudios, die Auswahl der Regisseure, Produktionskosten und Einspielsummen, den Erfolg bei Kritikern und Publikum und natürlich um die eigentliche Handlung. Auch die Freundschaften von Johnny Depp mit dem Journalisten Hunter S. Thompson, Marlon Brando und Iggy Pop werden ansatzweise angesprochen. So geschehen z.B. im Textteil, der den Film "Fear and Loathing in Las Vegas" zum Thema hat. Am faszinierendsten fand ich aber die unnachahmliche Art und Weise, wie Johnny Depp seine Figuren entwickelt. Höchst beeindruckend.


    Für das Buch hat Steven Daly eine Unmenge an Interviews herangezogen, die er und andere Medienvertreter im Laufe der Jahre mit Johnny Depp geführt haben. So kommt der Leser in den Genuss vieler interessanter Zitate des Stars im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Schauspieler. Obgleich Johnny Depp privat wohl oft sehr ungezügelt ist, nimmt er seine Arbeit sehr ernst und erweist sich dabei als enorm geradlinig, professionell und stets gut vorbereitet. Bei seiner Rollenwahl lässt er sich von seinem Gefühl und seinen Vorlieben leiten, unter anderem muss er sich dabei auf künstlerischer Ebene angesprochen fühlen. Kommerzielle Interessen waren nie der entscheidende Faktor für Johnny Depp, der dem ganzen Hollywoodrummel in der Vergangenheit nicht viel abgewinnen konnte. Das zeigt sich auch am recht breiten und ungewöhnlichen Spektrum seiner Rollen. Vom braven Biedermann ("Gegen die Zeit") bis zum verzweifelten, mordlüsternen Barbier ("Sweeney Todd") ist beinahe alles dabei. Aber eben nur beinahe. Denn ein "Everybody's Darling" wollte Johnny Depp niemals sein. Die Darstellung langweiliger Zeitgenossen reizte ihn zu keinem Zeitpunkt. Seine durchweg überzeugend gespielten Figuren sind immer leicht neben der Spur und deshalb so interessant. Die Filme dagegen schwanken in ihrer Qualität, was Johnny Depps Karriere jedoch keineswegs nachteilig beeinflusst hat, wie der unglaubliche Erfolg der "Fluch der Karibik" - Reihe beweist.


    Neben den gut geschriebenen und ansprechenden Ausführungen zu den Filmen ist besonders das tolle Bildmaterial positiv hervorzuheben. Unzählige oft großformatige Schwarz-Weiß-und Farbfotografien zeigen Johnny Depp in seinen Filmrollen und (seltener) auf Veranstaltungen oder mit seinen früheren Partnerinnen. Die hochwertigen Aufnahmen machen richtig Lust auf die dazugehörigen filmischen Werke. Als Retrospektive finde ich das Buch sehr gelungen und habe viel Neues über Johnny Depp erfahren. Zum Abschluss gibt es noch einen interessanten Ausblick auf den sich gerade im Entstehungsprozess befindlichen Film "The Lone Ranger" sowie mehrere Projekte, die für die nahe Zukunft im Gespräch sind. In meinen Augen eine würdige Hommage an einen großartigen Schauspieler und unabhängigen Geist, der uns hoffentlich noch lange mit seinem Können überraschen wird.


    9 Eulenpunkte!
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    Ich lese äußerst selten historische Romane. Doch über dieses Buch habe ich so viel Gutes gehört und gelesen, dass ich es mir einfach zulegen MUSSTE! :-]


    Kurzbeschreibung laut Amazon:


    1689. Im Streit um die englische Thronfolge ist das Hochland zutiefst gespalten. Die MacDonalds halten den Stuarts die Treue, die Campbells unterstützen den neuen König. Gegen den Willen ihrer Familien holt Sandy Og MacDonald die junge Sarah Campbell als seine Braut nach Glencoe. Zwischen ihnen ist es Liebe auf den ersten Blick. Als Sarah nach mehreren Totgeburten einen verkrüppelten Sohn zur Welt bringt, wird sie von den Frauen des Clans noch mehr verachtet. Sandy Og erntet ob seiner Sanftheit nichts als Hohn und Spott. Gleichzeitig spitzt sich der Zwist zwischen den MacDonalds und den Campbells zu. In einer eiskalten Winternacht kommt es zu einem Blutbad, wie es das Hochland noch nicht gesehen hat. Können ausgerechnet Sarah und Sandy Og, die Außenseiter, ihren Clan vor dem Untergang retten?


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    Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
    256 Seiten, 23,6 cm x 17,4 cm
    Aufbau Verlag
    Erscheinungstermin: 15. Mai 2013




    Ein ambivalentes Stück Zeitgeschichte


    "Ich bin ein Berliner!" Wer sich eingehender mit John F. Kennedy beschäftigt, wird früher oder später auf diesen legendären Satz seiner Rede vom 26. Juni 1963 in Berlin stoßen. In einer Hochphase des Kalten Krieges stand Kennedys Berlin-Aufenthalt in engem Zusammenhang mit der von ihm angestrebten Entspannungspolitik gegenüber der Sowjetunion. Durch diese unmissverständliche Solidaritätsbekundung mit den West-Berlinern wurde der 35.Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika damals zum Hoffnungsträger aller Westdeutschen. Weniger bis gar nicht bekannt ist jedoch, dass John F. Kennedy schon zuvor drei mehrtägige Reisen nach Deutschland unternommen hatte.


    Der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Oliver Lubrich ("Reisen ins Reich: 1933 bis 1945 - Ausländische Autoren berichten aus Deutschland") hat sich infolge einer breit angelegten Forschungsarbeit, die die Berichte ausländischer Autoren über Nazi-Deutschland dokumentiert, auch mit diesem Aspekt beschäftigt und schließlich das vorliegende Buch editiert. Es beinhaltet neben den erstmalig veröffentlichten Briefen und Tagebucheinträgen Kennedys aus den 30er Jahren ein Vorwort von Egon Bahr, der bis 1966 als Leiter des Presse- und Informationsamtes des Landes Berlin fungierte und Kennedy noch persönlich kannte, sowie eine ausführliche Einleitung des Herausgebers, eine Zeittafel zu Kennedys Biografie und ein Personenregister.


    Zum ersten Mal kam John F. Kennedy im Jahr 1937 nach Deutschland. Damals reiste der 20jährige Student zusammen mit seinem Schulfreund Lem Billings auf einer Art "Grand Tour" zwei Monate lang durch Europa und machte dabei auch in einigen deutschen Städten halt. 1939 nahm Kennedy sich ein Urlaubssemester und erkundete als Sekretär seines Vaters, der zu diesem Zeitpunkt US-Botschafter in London war, wiederum Europa. Außerdem bereitete er sich dort auf seine Abschlussarbeit in Politikwissenschaften vor. Direkt nach Kriegsende im Sommer 1945 war der zukünftige Präsident von Amerika dann als Berichterstatter im Gefolge des Marineministers James Forrestal unterwegs und konnte sich unter anderem das vollkommen zerstörte Berlin und das ebenfalls stark kriegsbeschädigte Bremen ansehen.


    Den drei Textteilen vorangestellt sind kurze Einführungen, die hilfreiche Informationen zum Kontext beinhalten und so zum besseren Verständnis beitragen. Zahlreiche Schwarz-Weiß-Fotografien aus der damaligen Zeit zeigen den jungen John F. Kennedy bei verschiedensten Tätigkeiten und die von ihm bereisten europäischen Länder und Orte. Das Buch ist etwas breiter als sonst üblich bei Sachbüchern dieses Typus. Diese Besonderheit in der Gestaltung kommt nicht nur den Fotos zugute, die größer abgedruckt werden konnten, sondern auch dem Lesen der Texte, die dadurch einen Album-Charakter erhalten, was ihrer ursprünglichen Form entspricht.


    Verschiedene Dinge sind mir bei der Lektüre aufgefallen. Mir war natürlich von vornherein klar, dass der junge Kennedy noch weit entfernt vom charismatischen Staatsmann der späteren Jahre war. Dennoch hat mich überrascht, wie unbedarft und naiv John F. Kennedy teilweise über die verschiedenen Nationen und vor allem über die Politik Hitlers und Mussolinis urteilte. Mehrere Gespräche mit hochgestellten Persönlichkeiten der Nazis und Freunden seines Vaters (darunter der spätere Papst Pius XII.) reichten aus, um ihn halbwegs von der Notwendigkeit und Effizienz des Faschismus in Deutschland und Italien zu überzeugen. Manchmal schwingt sogar so etwas wie Respekt in seinen Ausführungen zur deutschen Mentalität mit. Auf der anderen Seite beunruhigte Kennedy das stumpfsinnige Befehlsempfängertum der Nationalsozialisten. Hier wie an anderen Stellen ist eine gewisse Ambivalenz in seinen Ansichten erkennbar.


    Die Tagebucheinträge Kennedys sind kurz gehalten und bestehen hauptsächlich aus Belanglosigkeiten, die neben privaten Angelegenheiten touristische Attraktionen und kulturelle Aktivitäten betreffen. In zwischendurch eingestreuten Überlegungen bezüglich der Vor- und Nachteile der so unterschiedlichen Staatsformen Faschismus, Kommunismus und Demokratie tritt aber auch das erwachende politische Interesse Kennedys zutage. Sein Blick auf die Europäer ist der eines privilegierten, jungen Mannes, der sich gern amüsiert und nicht in der Lage ist, Land und Leute anders als durch die amerikanische Brille zu beurteilen. Persönliche Kontakte ergaben sich kaum, dafür bewegte sich Kennedy auch zu sehr in seinem angestammten Umfeld, immer protegiert durch seinen noch übermächtigen Vater Joseph, der auch Kontakte zu nationalsozialistischen und antisemitischen Gesellschaftsgrößen pflegte.


    Im Reisebericht von 1945 zeichnet sich eindeutig ein Fortschritt in der politischen Einschätzungsfähigkeit John F. Kennedys ab, trotzdem liegt er mit seinen Prognosen und Beobachtungen öfter mal daneben. So geschehen meiner Meinung nach bei einem Vergleich der erlittenen Kriegsgräuel anhand der Bevölkerung von Berlin und Bremen. Bekanntermaßen erging es den Berlinern, insbesondere den Frauen, beim Einmarsch der Russen ausgesprochen schlecht. Das weiß Kennedy nur zu genau. Die begangenen Untaten der Briten und Amerikaner in Bremen kehrt er im Folgenden nicht gänzlich unter den Tisch, ist aber der Ansicht, wer keine Bekanntschaft mit den Russen gemacht habe, dem ginge es doch eigentlich ziemlich gut. Und das bei einer zu 59 Prozent zerstörten Stadt mit fast 4000 Toten durch die vorangegangenen Bombenangriffe und weiterer Not durch die sich anschließenden Plünderungen seitens der Briten. Dieser nachgerade zynische und recht nüchterne Unterton zeigt sich nicht nur hier. Der durchaus humorvolle junge Mann von 1935 ist angesichts der veränderten Situation durchgängig ernsthaft.


    Ich bin mir nicht sicher, inwieweit Kennedy bekannt bzw. bewusst war, welche grausamen, menschenverachtenden Verbrechen die Hitler-Diktatur sowohl an den Juden, als auch an anderen verfolgten Gruppen und Regimegegnern begangen hatte. Von John F. Kennedys Seite aus erfolgt dazu - abgesehen von ein oder zwei oberflächliche Bemerkungen am Rande - keinerlei Stellungnahme. Kennedy schien sich im Großen und Ganzen mehr für technische Errungenschaften zu interessieren als für menschliche Schicksale. Seine detaillierten Angaben unter anderem zur Größe und Leistungsfähigkeit von Kriegsschiffen sprechen jedenfalls dafür.


    Trotz oder gerade wegen der unerwarteten Einblicke in die Gedankenwelt des jungen John F. Kennedy halte ich das Buch für ein erhellendes und auf seine Weise sehr informatives Stück Zeitgeschichte. Nicht immer formulierte Kennedy seine Gedanken eindeutig, so dass ein Spielraum für eigene Interpretationen bleibt. Man sollte sich bei der Lektüre immer darüber im Klaren sein, dass Kennedy sich auf allen drei Reisen nur kurz in Deutschland aufhielt. Eine umfassende Analyse der vorherrschenden Lebensverhältnisse war ihm also kaum möglich und er stützte sich in seinem Urteil auf die sehr subjektiven Informationen seiner Gesprächspartner. Im Nachhinein sah Kennedy sicherlich vieles differenzierter. Das hoffe ich zumindest. Jedenfalls machte er als politisches Oberhaupt der amerikanischen Nation einen gänzlich anderen Eindruck auf mich. Es stellt sich jedoch die Frage, wie viel hierbei Schein und wie viel Sein war. Wir werden es wohl nie erfahren.


    8 Eulenpunkte!


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    Philip Steele: City of Light - Die letzten Tage von Jim Morrison


    Vielleicht ist dieser Roman etwas für deine Freundin, ich habe ihn jedenfalls gern gelesen. :wave



    Kurzbeschreibung laut Amazon:


    Die letzten Tage des Jim Morrison – jetzt als Roman


    Sein Leben als großer Rockpoet und charismatischer Sänger der Doors ist unvergessen, doch nur wenig ist bekannt über Jim Morrisons letzte Tage in Paris im Jahre 1971. Philip Steele, selbst erfolgreicher Musiker und Komponist, lernte Jim Morrison kurz vor dessen Tod in der "city of light" kennen. In seinem bewegenden Roman schildert er den tragischen Niedergang des einst so gefeierten Helden bis zu dessen mythenumwobenem Tod.


    Eine auf dem Roman basierende Hollywood-Verfilmung ist in Planung.


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    "Manhattan" von Don Winslow


    Erscheinungstermin (voraussichtlich): 17. Juni 2013



    Kurzbeschreibung laut Amazon:
    Weihnachten 1958 in New York: Die künftige First Lady und ihr Mann halten Hof in der Stadt, beglücken die Presse und beleben die Partylandschaft. Für ihre Sicherheit ist Walter Withers verantwortlich. Der Ex-CIA-Mann blickt tiefer hinter die Kulissen des Traumpaars, als ihm lieb ist – und findet sich bald im Zentrum einer Verschwörung wieder … Walter Withers kündigt seinen einträglichen Job bei der CIA und kehrt als Personenschützer aus Schweden zurück in seine Herzensstadt New York. Es ist Weihnachten 1958, ein gutes Jahr vor der nächsten Präsidentschaftswahl gilt der junge Senator Joe Keneally als heißester Anwärter der Demokraten auf den Posten. Ihn und seine Frau Madeleine soll Withers während ihres Aufenthalts in New York beschützen. Er kommt ihnen so nahe wie kaum ein anderer, flaniert mit ihnen über den Broadway, trifft auf Beat-Poeten und die High Society der Stadt, ist von Stars und Sternchen umgeben. Bis Marta Marlund tot in Withers’ Hotelzimmer gefunden wird – und er alle Hände voll zu tun hat, seine Unschuld zu beweisen … -- Don Winslows New-York-Thriller "Manhattan" wurde ursprünglich angekündigt unter dem Titel "Glamour".



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    Gerade gesehen :-):


    Der BR zeigt am Dienstag (21. Mai) um 22.45 Uhr den Dokumentarfilm "Wagner & Me". Darin beschäftigt Stephen Fry sich mit seiner etwas zwiegespaltenen Leidenschaft für die Musik von Richard Wagner. Unter anderem wurde in Bayreuth gedreht.

    Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
    541 Seiten, 22 Schwarz-Weiß- und Farbfotografien
    Erscheinungstermin: August 2011
    Originaltitel: The Fry Chronicles



    Einfach umwerfend


    Meine erste prägende Begegnung mit Stephen Fry hatte ich Ende der 90er Jahre vor dem heimischen Bildschirm. Damals spielte der allein von seiner äußeren Erscheinung her sehr beeindruckende Fry die Rolle des Oscar Wilde in dem gleichnamigen Film. Doch nicht nur die Physis des Engländers, sondern auch seine typisch britische und ausnehmend elegante Schauspielkunst ließen mich staunen. Zwar war mir Stephen Fry zuvor schon in der bekannten Serie "Blackadder" von Rowan Atkinson ("Mr Bean") aufgefallen, doch hatte ich mich dort mehr auf die Handlung und andere Dinge und Personen konzentriert. Später sah ich Fry noch in den Filmen "Peter's Friends" und "Gosford Park", bis ich vor einiger Zeit auf die in den 20er und 30er Jahren spielende Comedy-Serie "Herr und Meister", die auf der literarischen Vorlage von P.G. Wodehouse basiert, aufmerksam wurde. Darin verkörpert Stephen Fry den loyalen, ungemein distinguierten und klugen Butler Jeeves, der seinem leicht naiven, tollpatschigen, aber enorm von sich selbst überzeugten Arbeitgeber Bertram Wooster alias Hugh Laurie ("Dr. House", "Sinn und Sinnlichkeit", "Der Mann in der eisernen Maske") aus so mancher gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Katastrophe heraushelfen muss. Seitdem habe ich ein großes und bislang unerschütterliches Faible für diesen durch und durch sympathischen Mimen.


    Abgesehen von den bereits genannten Filmen war Stephen Fry im Laufe der vergangenen 30 Jahre noch in vielen weiteren Filmen, Theaterstücken und Serien zu sehen. Daneben schrieb der 1957 in Hampstead bei London geborene Fry zahlreiche Drehbücher, Stücke und Gedichte, führte Regie, verfasste einige erfolgreiche Romane, war als Hörbuchsprecher (z.B. "Harry Potter") tätig und drehte verschiedene Dokumentarfilme. Seit fast drei Jahren ist er außerdem Verwaltungsratsmitglied des Norwich City Football Club ("The Canaries"). Weiterhin moderierte er schon mehrfach die British Academy Film Awards.


    Zum Glück für Leser wie mich hat Stephen Fry es neben all diesen Beschäftigungen auch noch fertiggebracht, seine Memoiren zu schreiben. Diese liegen mittlerweile in zwei Teilen vor. In "Columbus war ein Engländer" berichtet der Schauspieler von seiner Kindheit und Jugend. Vom Aufwachsen in den 60er und 70er Jahren in der englischen Provinz, seinen guten und schlechten Erfahrungen mit dem Internatsleben, Mitschülern und Freunden und vor allem von seinen Schwierigkeiten, sich selbst in einem positiven Licht zu sehen. Daraus erwächst ein fataler Hang zum Lügen, Stehlen und Betrügen, der Stephen Fry als jungen Mann sogar kurzzeitig ins Gefängnis bringt.


    Im Nachfolger "Ich bin so fry" hat Fry seine jugendliche Sturm- und Drangzeit gerade hinter sich und ist durch ein Stipendium an das Queens' College der Universität von Cambridge gelangt. Dort studiert Stephen Fry Englisch und schließt sich nebenbei verschiedenen Theatergruppen an, mit denen er regelmäßig auftritt und auch eigene kleine Stücke zur Aufführung bringt. Im Zuge dieser sehr zeitintensiven Betätigung bahnen sich neue Freundschaften mit anderen jungen Studenten an, darunter Emma Thompson ("Sinn und Sinnlichkeit", "Wiedersehen in Howards End", "Was vom Tage übrigblieb", "Tatsächlich … Liebe", etc.) und besagter Hugh Laurie. In Cambridge werden die Weichen für das spätere berufliche Schaffen von Stephen Fry gestellt. Nach Abschluss des Studiums zieht Fry nach London und macht erste Schritte Richtung Fernsehen und kommerzielle Comedy. Man merkt an dieser Stelle ganz klar, dass im richtigen Berufsleben dann schon ein härterer Wind weht, als es im elitären Mikrokosmos Cambridge der Fall war. Einige Schwarz-Weiß- und Farbfotografien geben einen kleinen Einblick in Stephen Frys damaliges privates Umfeld. Das Buch endet mehrere Jahre und viele turbulente Ereignisse später mit einer gänzlich unerwarteten Pointe und der Aussicht auf einen dritten Teil der Autobiographie.


    Angesichts einer mittlerweile unüberschaubaren Masse an Autobiographien von Möchtegern-Stars, C-Prominenten und den peinlichen Nabelschaubetrachtungen von Hinz und Kunz empfand ich es fast als Erlösung, das Buch von einem so geistreichen und feinsinnigen Menschen wie Stephen Fry lesen zu dürfen. Er beschreibt sein Leben und seine Erfahrungen in einem überaus humorvollen und lockeren Plauderton, geht zeitgleich aber absolut schonungslos mit sich und seinen vermeintlichen sowie real existierenden Schwächen und Fehlern ins Gericht und prangert nebenbei viele Missstände im englischen Bildungs- und Sozialwesen und der Politik an. Die angesprochenen Themen sind vielfältig und reichen von der Analyse der Londoner Schwulenszene in den 80er Jahren über die wechselhaften Entwicklungen auf dem Comedy-Sektor, die schwere Rezession während der Thatcher-Ära und genaue Details über das College-Leben bis hin zur ersten längeren Beziehung und besonderen Vorlieben in den Bereichen Musik und Kleidungswahl. Liebhaber eines genüsslichen, anspruchsvollen und wortreichen Umgangs mit Sprache dürften beim Lesen ganz auf ihre Kosten kommen.


    Stephen Fry ist bekennender Homosexueller und spricht ganz offen über seine diesbezüglichen Gefühle. Pikante Einzelheiten werden dabei ausgespart. Daneben erzählt Fry regelrecht anrührend von seiner bereits jahrzehntelang andauernden rein platonischen Freundschaft zu Hugh Laurie. Im Buch tauchen so viele berühmte und weniger berühmte Persönlichkeiten des englischen Kulturbetriebs auf, dass man sie als deutscher Leser gar nicht alle kennen kann. Namen wie Harold Pinter, William Somerset Maugham, Oscar Wilde, Monty Python mit John Cleese und Eric Idle, James Mason, Lord Byron und Robbie Coltrane dürften dem England-Interessierten jedoch geläufig sein. Zu einigen Personen gibt es am Schluss eine kurze Erläuterung. Für das bessere Verständnis des Textes ist ein umfangreiches Vorwissen vielleicht ganz nützlich, aber nicht ausschlaggebend. Manchmal schweift Stephen Fry ein wenig ab und beschreibt mit Wonne Nebensächliches, hält den Leser durch seine unterhaltsame Art auch in solchen Momenten bei der Stange. Und wer wollte schließlich nicht schon immer mal wissen, wie eine Pfeife richtig gestopft wird? ;-)


    Wenn man die Memoiren eines Menschen liest, von dem man sich ein gewisses Bild gemacht hat, besteht grundsätzlich die Gefahr, die eigene subjektive Einschätzung beim Lesen vollständig und radikal revidieren zu müssen. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass ich den Autor nach dem Lesen des Buches weiterhin beziehungsweise noch mehr als einen absolut loyalen, hochintelligenten, sehr warmherzigen und ehrlichen Menschen sehen kann, der wie wir alle Schwächen hat, die er bestmöglich zu verbergen sucht. "Ich bin so fry" kann problemlos ohne Kenntnis des ersten Teils gelesen werden und bietet erstaunliche Einblicke in die Psyche eines grandiosen und ziemlich liebenswert wirkenden Engländers, der einer der letzten seines Schlags zu sein scheint. Nach dem angekündigten Folgeband werde ich frühzeitig Ausschau halten!

    Volle Eulenpunktzahl (am liebsten mehr)!




    Edit: Noch drei blöde Flüchtigkeitsfehler beseitigt!
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    Vielen Dank für diese schöne Rezension, magali! Ich hatte erst vor einigen Wochen mal wieder das Vergnügen, die wunderbare, aber ebenfalls leicht sperrige Verfilmung von Bertrand Tavernier aus dem Jahr 1984 zu sehen. Von dem Erscheinen der literarischen Vorlage auf Deutsch hätte ich ohne dich aber wahrscheinlich nichts mitbekommen. Das ist völlig an mir vorüber gegangen, obwohl ich mir schon öfter vorgenommen habe, mich mal über Pierre Bost zu informieren. Ich freue mich jedenfalls darüber, nun auch in den Lesegenuss zu kommen. Danke nochmal! :wave

    Gerade begonnen:


    Edward Kelsey Moore - Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl's Diner



    Kurzbeschreibung laut Amazon:


    All-You-Can-Read – ein köstliches Debüt, das auf der Zunge zergeht!


    Seit fast vierzig Jahren gehen die drei Freundinnen Odette, Clarice und Barbara Jean miteinander durch dick und dünn. Und ungefähr genauso lang ist das Dreiergespann nur als die »Supremes« bekannt. Jeden Sonntag treffen sie sich gemeinsam mit ihren Ehemännern in Earl’s Diner, wo sie einst ihren Spitznamen erhielten. Unter den wachsamen Augen von Big Earl, dem Besitzer des Diners, wuchsen sie zu dem heran, was sie heute sind: drei kluge, witzige und starke Frauen. Und auch nach seinem Tod hat Big Earl weiterhin ein Auge auf seine »Supremes« – so wie auch andere gute Geister, denn dem Charme dieser außergewöhnlichen Ladys kann einfach niemand widerstehen ...


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    Stephen Fry: Ich bin so fry - Meine goldenen Jahre


    Kurzbeschreibung laut Amazon:


    "Eine der besten Autobiographien, die ich je gelesen habe." J. K. Rowling Er hat mehr Anhänger als der Dalai Lama (bei Twitter). Prince Charles nennt ihn einen "mopsfidelen Mimen". Er lebt das Leben von zehn Universalgenies. Er ist das Flaggschiff des britischen Humors. Auch hierzulande warten seine zahlreichen Fans sehnsüchtig auf dieses Buch, das in England das Ereignis des Jahres war. Darin erzählt Stephen Fry von seinen prägenden Jahren zwischen College und Comedy: offen, witzig, brillant. – "Der schmerzhaft ehrliche Versuch, die Maske fortzureißen." Observer "Er mag es, seinen Enthusiasmus auf andere zu übertragen – das liebe ich an ihm." Kenneth Branagh "Der wird niemals glücklich werden, wenn der immer so höflich ist." John Cleese


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    Na dann viel Spaß beim Lesen und Anschauen! :wave Falls du darüber berichten magst, bin ich schon auf dein abschließendes Urteil gespannt. "Invictus" habe ich auch noch nicht gesehen, muss ich mal nachholen. Mich würde interessieren, ob Matt Damon in dem Film überzeugen kann. Ich überlege gerade, ob ich mir "J. Edgar" zulegen soll oder doch lieber auf die Fernsehausstrahlung warte. :gruebel"Flags of Our Fathers" und "Gran Torino" habe ich mir gerade erst wieder angesehen. Ich finde Clint Eastwood in seiner Rolle als Walt Kowalski in "Gran Torino" einfach umwerfend. Der Film gefällt mir insgesamt unheimlich gut. :-]

    Lieber Bodo, Deinem Geldbeutel wünsche ich natürlich nur das Beste, nämlich eine erfolgreiche Frühjahrskur! :grin Denn wie schon Erasmus von Rotterdam so treffend sagte: "Wenn ich ein wenig Geld bekomme, kaufe ich mir davon Bücher. Wenn dann noch etwas übrig ist, kaufe ich Essen und Kleidung."


    Aber mal im Ernst: Es freut mich sehr, wenn ich Interesse für dieses Buch wecken kann, denn meiner Meinung nach hat es das wirklich verdient. Vielen Dank also für Eure Rückmeldungen! :-)

    Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
    240 Seiten, ca. 350 Schwarz-Weiß- und Farbfotografien
    Knesebeck Verlag
    26 cm x 29,2 cm
    Erscheinungstermin Februar 2013



    Die Dynamik des Augenblicks


    Wenn ich mich recht erinnere, bin ich erst vor einigen Jahren auf Clint Eastwood als Regisseur aufmerksam geworden. Das muss im Jahr 2005 gewesen sein, als Eastwood für den Film "Million Dollar Baby" zwei Oscars (Film und Regie) und einen Golden Globe (Regie) verliehen bekam sowie in weiteren Kategorien nominiert war. Zuvor kannte ich ihn nur als guten Schauspieler, der mich wegen seiner Fähigkeit, durch den reduzierten Einsatz von Mimik und Gestik die größtmögliche Wirkung zu erzielen und durch seine gelassene, souveräne und sympathische Ausstrahlung faszinierte. Dass der Mann, der mit Rollen wie dem wortkargen Revolverhelden in "Zwei glorreiche Halunken" oder Polizeiinspektor Harry Callahan in "Dirty Harry" enorme Erfolge feierte, schon seit Anfang der 70er Jahre auch Regie führt, war mir irgendwie nicht tiefer ins Bewusstsein gelangt und machte mich sehr neugierig auf diesen Aspekt von Clint Eastwoods Persönlichkeit.


    Wie der Titel schon vermuten lässt, befasst sich das vorliegende Buch ausschließlich mit der Regiearbeit von Clint Eastwood. Seine schauspielerische Karriere und lebensgeschichtliche Daten werden dabei eher vernachlässigt und nur selten zur Verdeutlichung gewisser Zusammenhänge zwischen Eastwoods beruflicher Erfahrung und seinen Entscheidungen beim Drehen eines Films herangezogen. Von der äußeren Form und der Qualität der Fotografien her ist das Buch ein typisches Coffee-Table-Book, bei näherer Betrachtung bietet es aber sehr viel mehr. Bedingt durch eine recht kleine Schrift (die Bildunterschriften sind fast schon etwas für die Lupe) und eine wohlüberlegte Anordnung der Fotografien war es möglich, erstaunlich viel Text auf die knapp 240 Hochglanzseiten zu bekommen.


    Dem eigentlichen Textteil vorangestellt ist eine Einleitung von Morgan Freeman, der genau wie der Vorwortschreiber Steven Spielberg ein Freund von Clint Eastwood ist. Die nachfolgenden Kapitel sind in sich nach Themen unterteilt und mit ungefähr 350 Schwarz-Weiß- und Farbfotografien verschiedener Größe versehen. Auf diesen kann man die Filmleute und Clint Eastwood bei der Arbeit beobachten, und es sind auch viele Standfotos aus den insgesamt 32 Filmen (z.B. Flags of Our Fathers, Mystic River, Absolute Power und J. Edgar) mit Eastwood als Regisseur darunter. Die Entstehungsgeschichte der Filme wird ebenso besprochen wie technische Details und kleine Anekdoten vom Set. Zu einigen Punkten gibt es Extra-Seiten, auf denen z.B. auf die Filmautos, die Kostüme oder das Drehen mit einer einzigen Kamera näher eingegangen wird. Ausgewählte Sketch- und Storyboards von mehreren Filmen runden das Ganze ab.


    Der Autor hat zahlreiche Gespräche mit Schauspielern (darunter Gene Hackman, Meryl Streep, Forest Whitaker und Leonardo DiCaprio), Clint Eastwood selbst und Crewmitgliedern geführt und deren Aussagen immer wieder als Zitate in seinen Text einfließen lassen. Auch an verschiedenen Drehtagen durfte Goldman dabei sein und konnte sich so ein genaues Bild der Abläufe vor Ort machen. Dabei hat der Autor eine Unmenge an Informationen angesammelt, die nun dem Leser zu Gute kommen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich mal so viel über die Arbeit hinter den Kulissen eines Filmstudios erfahren würde. Da geht es um die Wahl der Drehorte, die Art der Kameraführung, die richtige Besetzung, geeignete Drehbücher, Budgets, Zeitpläne, die ideale Beleuchtung usw. usf. Alles natürlich zugeschnitten auf Clint Eastwood und die Mitarbeiter seiner Produktionsfirma Malpaso. Denn Michael R. Goldman verfolgte mit dem Schreiben des Buchs die Absicht, einem breiten Publikum die ungewöhnliche Methode des Regisseurs Clint Eastwood näherzubringen. Das ist ihm gelungen, denn nach der Lektüre sollte auch dem letzten Zweifler klar sein, dass Eastwood nicht ohne Grund als Elite-Regisseur gilt.


    Anders als andere Regisseure sieht sich Clint Eastwood nicht als "Auteur" (frz. für "Autor") seiner Filme. Ganz im Gegenteil. Die Auteur-Theorie besagt, dass der Regisseur einen wesentlichen Anteil am Drehbuch hat und zudem auf alle Produktionsabläufe intensiv einwirkt, um in erster Linie seine eigenen Vorstellungen umsetzen zu können. Clint Eastwood dagegen ist für eine arbeitsteilige Produktionsweise, an der das ganze Filmteam mitwirkt. Weder übt er Druck auf die Schauspieler aus, noch schreibt er seinen Mitarbeitern vor, wie sie ihre Arbeit zu erledigen haben. Die Atmosphäre an Eastwoods Sets zeichnet sich durch ein entspanntes und von gegenseitigem Respekt getragenes Arbeitsklima aus. Das Vertrauen, das Clint Eastwood in andere Menschen und ihr Können setzt, scheint für einen Regisseur einzigartig zu sein. Viele andere Besonderheiten unterscheiden ihn ebenfalls von seinen Kollegen. So nimmt er immer den ersten Entwurf eines Drehbuchs, zieht Probeaufnahmen einem persönlichen Vorsprechen vor und lässt die Schauspieler ihre Rollen stets eigenständig entwickeln. Viele Top-Stars wollen unbedingt mit ihm arbeiten und verzichten dafür sogar auf finanzielle Vorteile.


    Die Filmmusik schreibt Eastwood übrigens oft selbst, manchmal komponiert auch sein Sohn Kyle einige Stücke. Der Jazzliebhaber spielt auf seinem Hotelzimmer sogar häufig Klavier. Während die Menschen, die mit Clint Eastwood arbeiten, seine professionelle, freundliche, überraschend intuitive und geradlinige Art schätzen, können sich die Studios bei ihm auf eine schnelle, kostensparende und trotzdem hochwertige und sorgfältige Produktion einstellen, die Geld in die Kassen bringt. Das Publikum wiederum liebt Eastwoods Filme wegen ihrer Tiefgründigkeit, der Authentizität und der unverwechselbaren Geschichten. Für den 1930 geborenen Schauspieler und Regisseur zählt nicht nur die Leistung des Einzelnen, sondern das Gesamtbild muss stimmen. Er ist immer gut vorbereitet, wenn er einen Film dreht und erwartet das Gleiche von allen anderen Beteiligten.


    Selten habe ich einen so informativen, interessanten und detailreichen Bildband (den Eastwood selbst autorisiert hat) in den Händen gehalten. Im Anschluss an das Lesen bleibt ein Gefühl großer Bewunderung für Clint Eastwood und sein außergewöhnlich feines Gespür für Zwischenmenschliches, das Wesen eines Films und die einzelnen Produktionsabläufe. Als Filmbegeisterter und Clint Eastwood-Fan kann man mit diesem Buch nichts falsch machen.


    Volle Punktzahl!


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    3) "Wo Milch und Honig fließen" von Grace McCleen



    Kurzbeschreibung laut Amazon:


    Ein Roman, so großherzig und unwiderstehlich, dass er nur ein Wunder sein kann!


    Menschen aus Pfeifenputzern, Häuser aus Keksschachteln, Wattewolken und ein Spiegelsee. Die zehnjährige Judith hat sich in ihrem Zimmer eine kleine Welt geschaffen, ganz für sich allein. In der Schule wird sie gehänselt, weil sie anders ist, sich von der sündigen Welt fernhalten muss. Ihr streng religiöser Vater hat kein Ohr für ihre Nöte, die Mutter hat sie nie kennengelernt. Vielleicht, denkt Judith, wenn ich es hier drinnen schneien lasse, mit Rasierschaum, Watte und Daunenfedern, fällt am Montag die Schule aus. Als sie am nächsten Tag die Vorhänge öffnet, ist tatsächlich alles weiß. Judith hat ihr erstes Wunder bewirkt. Und damit fangen ihre Probleme erst richtig an … Grace McCleen hat einen herzzerreißenden Roman über Gut und Böse, Glaube und Zweifel, über Liebe, Verlust und Erlösung geschrieben, mit einer bezaubernden jungen Heldin. Ein Schicksal, das tief bewegt.


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    2) "Der Kuss des Jägers" von Sarah Lukas



    Kurzbeschreibung laut Amazon:
    Sarah Lukas erzählt in »Der Kuss des Jägers«, wie die junge Sophie nach dem Tod ihres Verlobten Rafael mit ihrem Leben zurechtkommt. Und das ändert sich schlagartig, als sie erfährt, dass Rafael als gefallener Engel zu ihr zurückgekehrt ist. Sie riskiert alles für ihre große Liebe – und überlebt einen brutalen Kampf mit einem Dämonen nur knapp. Nun scheint einer gemeinsamen Zukunft nichts mehr im Weg zu stehen, doch die junge Frau muss bald feststellen, dass Engel auf eine andere Art lieben als Menschen. Ist Sophie zufrieden mit dem, was Rafael ihr bieten kann? Oder entscheidet sie sich für Jean, den jungen Mann, der ihr und Rafael geholfen und dabei seine Freiheit aufs Spiel gesetzt hat?



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    Gewonnen! :freude



    1) "Ausgeliehen" von Rebecca Makkai



    Kurzbeschreibung laut Amazon:
    Der zehnjährige Ian ist süchtig nach immer neuen Geschichten. Lucy Hull, Bibliothekarin in der Stadtbücherei von Hannibal, ist dabei seine Komplizin. Sie hilft ihm, die geliehenen Bücher an seiner strengen Mutter vorbeizuschmuggeln. Eines Morgens traut Lucy ihren Augen kaum. Ian, von zu Hause ausgerissen, kampiert zwischen den Regalen. Er hat einen anderen Plan: Geschickt lotst er sie Richtung Highway und mitten hinein in eine abenteuerliche Reise.

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    Vielen Dank für die schöne Rezension, Darcy! :waveIch liebe besonders die Romane von F. Scott Fitzgerald und freue mich, dass es eine neue Biografie über ihn und seine Frau gibt. Bis jetzt habe ich nur das relativ schmale Buch "Zelda und F. Scott Fitzgerald. Ein amerikanischer Traum" von Kyra Stromberg zu dem Thema gelesen. "Noch ein Martini und ich lieg unterm Gastgeber" von Michaela Karl gefiel mir gut, also hätte ich durchaus Lust, ihr neuestes Buch ebenfalls zu lesen. Aufgrund der von dir angesprochenen spürbaren Distanz der Autorin zum Stoff und der stilistischen Mängel werde ich aber wohl auf die TB-Ausgabe warten. Ich hoffe ja mal, dass es nicht beim Hardcover bleibt.

    Gebundenes Buch mit Banderole und drei Lesebändchen
    224 Seiten, 100 Schwarz-Weiß- und Farbfotografien
    Knesebeck Verlag
    24 cm x 16 cm
    Erscheinungstermin 14. März 2013



    Gut behütet...


    sollten meiner unmaßgeblichen Meinung nach viel mehr Menschen in Deutschland sein. Ich persönlich trage sehr gern zu den verschiedensten Gelegenheiten die passende Kopfbedeckung. Allerdings richte ich mich dabei wenig nach der aktuellen Mode und gebe keine Unsummen dafür aus. Da ich mich mit dem Modisten-Handwerk und der Berliner Kunstszene bislang noch nicht eingehender beschäftigt hatte, war mir Fiona Bennett auch kein Begriff. Der interessant klingende Klappentext und die ungewöhnliche Aufmachung des Buches haben mich dann glücklicherweise aber doch zum Lesen verführt.


    Irrigerweise nahm ich im Vorfeld an, es womöglich mit einer sehr mondänen, vom Leben verwöhnten und leicht affektierten Frau zu tun zu haben, die dennoch interessante Erlebnisse und Informationen in petto hat. Herausgekommen ist bei meinem Leseexperiment letztendlich aber etwas völlig anderes. Denn das, was Fiona Bennett auf 224 Seiten zu erzählen hat, ist tatsächlich durchgängig fesselnd und sehr erhellend. Fiona Bennett selber war jedoch eine große Überraschung für mich. Ich durfte eine sehr warmherzige, intelligente, vor Einfallsreichtum und Arbeitseifer sprühende, humorvolle und lebenslustige Frau kennenlernen, die offensichtlich permanent mehr zu geben hat, als sie nimmt. Bescheiden und bemerkenswert offen berichtet sie aus einem Leben, das es nicht immer gut mit ihr meinte, aus dem sie aber das Beste gemacht hat. So spricht Fiona Bennett auch nicht nur erfolgreiche Unternehmungen, sondern auch gescheiterte Projekte und die Gründe dafür an. Es gibt zuhauf skurrile, außergewöhnliche und witzige Geschichten im Buch, es findet aber keine peinliche Nabelschau statt und wenn mal eine Person nicht so gut wegkommt, dann wird darüber nur andeutungsweise und sehr dezent berichtet.


    Neben Fiona Bennett, ihren Freunden und ihrer Arbeit kommt Berlin eine besondere Rolle in dem Buch zu. Der Leser erhält Einblick in die dortige Kunst- und Kulturszene vor und nach der Wende, den stetigen Wandel derselben und das Leben der Menschen in dieser Stadt. Darunter viele interessante Persönlichkeiten wie Ben Becker, Käthe Be, die Rockband Rammstein und die Königin von Berlin. Auch einige österreichische Kunstschaffende und internationale Stars wie Brad Pitt, Katie Holmes (beide Kunden von Fiona Bennett) und Vivienne Westwood werden erwähnt, jedoch eher am Rande. Der Fokus liegt mehr auf dem beruflichen Werdegang der bekannten Modistin, ihren früheren Lebensverhältnissen (u.a. ein in die Jahre gekommener Moabiter Altbau mit Außentoilette als Wohnstätte), ihren Freundschaften und Beziehungen sowie ihrer Kindheit in einem Vorort der englischen Küstenstadt Brighton.


    Vieles in dem Buch ist zum Schmunzeln oder Staunen, anderes wiederum sehr anrührend und bewegend. Insgesamt war ich beeindruckt vom lockeren, dabei stets einfühlsamen und niveauvollen Erzählstil. Dafür möchte ich an dieser Stelle Eva Sichelschmidt, der engsten Freundin Fionas und Gründerin des Berliner Geschäfts "Whisky & Cigars", ein großes Lob aussprechen. Denn sie hat Fiona Bennetts mündliche Berichte formvollendet ins Schriftliche übertragen und dem Endprodukt damit ihren eigenen Stempel aufgedrückt.


    Die Gestaltung des Buches, das vom Format her zwischen Hardcover und Bildband liegt, finde ich wie Fiona Bennetts Hutkreationen höchst originell. Die schwarz-weißen Streifen, die die Rückseite und einen kleinen Teil des vorderen Bereichs zieren, sind den gleichfarbigen Streifen auf der Ladenuniform und den Hutschachteln der Modistin nachempfunden, während einem das schreiende Gelb der Vorderseite sofort ins Auge springt. Toll finde ich auch die drei verschiedenen Lesebändchen und die farblich passende Banderole. Innen geht es farbenfroh weiter mit zahlreichen Schwarz-Weiß- und Farbfotografien, die Fiona Bennetts Freunde, Familie (z.B. Sohn Linus), Mitarbeiter, andere Künstler, sie selbst und ihre Hüte zeigen. Die Fotos sind auf dem gleichen Papier wie die Texte gedruckt, künstlerisch anspruchsvoll und wirkten in ihrer stilsicheren Inszenierung überaus faszinierend auf mich. Für mich sind die wundervollen Hüte von Fiona Bennett eindeutig und unzweifelhaft Kunst.


    Ich hatte beim Lesen viel Spaß und etliche magische Momente. Fiona Bennetts Natürlichkeit und Herzlichkeit sind mir sehr sympathisch, und ich wünsche ihr weiterhin viel Glück auf privater Ebene und mit ihrem Hutsalon in der Potsdamer Straße. Vielleicht schaffe ich es eines Tages sogar, dort vorbeizuschauen. Wer weiß, manchmal werden Träume wahr!


    10 Eulenpunkte!
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