Beiträge von Heide-Solveig

    Schön war's! Der Katharinensaal ist ein toller Ort, und die Bibliotheksleiterinnen hatten die Lesung optimal vorbereitet, mit Zeitungsartikeln, Radiointerviews und und und.


    Die Kombination Musik und Text ist einfach spitze, weil die Lesung dadurch aufgelockert wird. Helen und Massimo (er ist zugleich der Komponist) verstehen es einfach großartig, musikalisch die Atmosphäre einer heißen Insel herbeizuzaubern. Die Stücke heißen unter anderem 'La Jana' - die Fee. Das ist mein persönliches Lieblingsstück und ist insgeheim natürlich Lillia gewidmet. Oder: 'Su Nuraghe', 'Zug der Wolken', 'Der spanische Turm'.


    Vielleicht ist an der Stelle ein wenig Werbung gestattet:


    http://www.orsoartists.com/377.0.html
    http://www.guiseme.de


    Hier im Eulen-Forum und auf meiner Homepage gibt es immer die neusten Daten im Bezug auf Lesungen und Auftritte.
    Am 13. Oktober steht der BuchmesseCon in der Nähe von Frankfurt auf dem Programm. Ich würde mich sehr freuen, den einen oder die andere von euch einmal persönlich zu treffen!


    Ein schönes Wochenende!


    Heide

    Tja, wahrscheinlich ist alles eine Frage des Stils und des persönlichen Geschmacks - und darüber lässt sich bekanntlich wunderbar streiten. :-)


    bartimaeus Mit den Beschreibungen ist es wohl so ähnlich; ich mag es lieber, wenn das Äußere der Figuren nur angedeutet ist oder indirekt erzählt wird, z.B. durch Körpersprache oder Bemerkungen anderer Figuren. So bleibt dem Leser mehr Spielraum für die eigene Phantasie, denn letztlich schafft ihr euch euer eigenes Bild von den Helden in den Büchern. Deshalb wirken manche Verfilmungen auch wie ein Kulturschock, denn plötzlich wird mir die Figur, die ich im Kopf hatte, sozusagen entrissen.


    Ein kleiner Teaser zu Band 2: Zu den bekannten Erzählern Amra, Gorun und Jemren, deren Perspektiven sich jetzt deutlich rascher abwechseln, kommt eine weitere Stimme hinzu, die vielleicht einiges mehr über die Nraurn verrät. Mehr sage ich hier natürlich nicht! :-]


    Ich selbst bin ein bekennender Fan von geheimnisvollen und rätselhaften Geschichten, die sich langsam aufbauen bis zu einem überraschenden Ende. Ein Buchtipp für alle, denen es ähnlich geht: Saids Geschichte von Sigrid Heuck, ein märchenhafter Jugendroman, der im arabischen Kontext spielt und so ganz nebenbei eine Menge über das Schreiben und Erzählen von Geschichten verrät.


    :wave


    Heide


    Edit: Uff - jetzt habe ich hoffentlich alle Tippfehler!

    Hallo Kim Meridian, schön dass du jetzt auch dabei bist! :wave


    Was deine Frage nach dem Taú angeht - ich glaube, die haben bartimaeus und SiCollier schon sehr gut beantwortet. In den anderen Threads zur Leserunde haben wir außerdem noch eine Menge dazu geschrieben; deshalb halte ich mich hier also mal zurück. :-)


    Was mich noch beschäftigt, sind die Einstiegsschwierigkeiten, die einige von euch erwähnt haben. :gruebel
    Auch dazu wurde schon manches gesagt: Die Trilogie fängt eher ruhig und beschaulich an; zunächst sieht man Amra in ihrer gewohnten Umgebung, aus der sie durch das Beben dann gewaltsam herausgerissen wird.


    Außerdem lernt ihr die Figuren zunächst durch ihre Irrtümer und Missverständnisse kennen. Das wirft natürlich erstmal mehr Fragen auf, als es beantwortet: Wieso lässt Amra sich in ihrer Stadt so an den Rand drängen und lebt wie ein Aschenputtel? Sie ist weder schüchtern noch schwach - was ist also los mit ihr? Wieso schmeißt Gorun (beinahe) erst den Speer auf den Fremden und stellt dann erst die relevanten Fragen? Was setzt ihn so unter Druck (außer dem Mord an seinem Bruder natürlich)? Und schließlich: Wieso macht Jemren nicht einfach den Mund auf und bittet um Hilfe für das kleine Mädchen? Die Nraurin Quinda-Na ist schließlich auch im Süden eine Feindin! Die Antworten auf diese Fragen finden sich im Verhältnis der Länder auf der Insel zueinander - und diese Konstellation erschließt sich erst schrittweise im Verlauf des Abenteuers. Ich kann euch jedenfalls versprechen: Am Ende sind sie alle beantwortet!


    Mir ist aber noch ein anderer Gedanke gekommen: Vielleicht ist es weniger Amra, die euch irritiert, als vielmehr die Welt, in der sie lebt? Sardinien vor ca. 3800 Jahren, also zur Bronzezeit - dieses setting entspricht weniger den klassischen Fantasy-Welten, die sich oft am Mittelalter orientieren. Das heißt: Nicht nur die Figuren, auch ihre Umgebung ist anders als gewohnt.


    Amra ist geprägt durch das Klan-Denken: Die 'Häuser', wie die Familien auch genannt werden, haben einen sehr großen Einfluss auf die Helden; die Klan-Strukturen (und im größeren Sinne die Stadt) prägen das Leben auf der Insel. Darin spiegelt sich eine Zeit wieder, zu der die Erde weniger dicht besiedelt war als heute. Verlässliche Verwandtschaftsbeziehungen waren damals überlebenswichtig. Einzelgänger und Individiualisten, wie sie uns in allen Großstädten begegnen, hätten damals keine Chance gehabt.
    Die großen Klanhäuser von Caláxi bilden daher eine ganz andere Kulisse als die mittelalterliche Ständegesellschaft, in der man sich sicher leichter zurechtfindet, weil sie uns viel eher vertraut ist.


    Außerdem ist für die Laîren auch das magische Denken selbstverständlich (Darüber wurde hier in dieser Leserunde später noch ganz viel geschrieben!). Amra hat ein ganz bestimmtes Bild ihrer Welt im Kopf, das ihre Verhaltenweise und ihren Lebensstil bestimmt. Sie kennt die Götter und deren Bedeutung, die geheimen Rituale und Feste, die die magische Welt auf der Insel abbilden. Von dieser Beschaffenheit der Insel erfährt der Leser nur schrittweise mehr - weil das wichtigste Geheimnis der Trilogie damit verknüpft ist.


    Ihr müsst euch zu Anfang der Buchreihe also auf sehr viele Neuigkeiten einstellen und werdet vielleicht in manchen Erwartungen enttäuscht. Mir bleibt also nur, euch auf eine Entdeckungsreise einzuladen, die euch bis an die geheimsten und magischsten Ort der 'Insel der Stürme' führt!


    Viele Grüße!


    Heide

    Hallo bartimaeus,


    ich schreibe weitestgehend chronologisch, d.h. dem Gang der Ereignisse folgend, weil sich aus dem Schreiben oft Details ergeben, die man später wieder verwenden will. Ein bestimmter Gegenstand oder eine gewisse Handlungsweise einer Figur muss sich im Textverlauf "ankündigen", sonst wirkt die betreffende Stelle schnell unglaubwürdig.


    In der "Priesterin" ist das z.B. das Motiv von Amras Schlange: Woher kommt das Tier, was hat es zu bedeuten, weshalb hat Amra erst Angst vor dem Umgang mit ihr und was verändert sich dann und warum verändert es sich, und was passiert ganz zuletzt mit der Schlange? Diese Fragen darf ich nicht aus den Augen verlieren, denn das Motiv zieht sich fast durch das ganze Buch, ähnlich wie Jemrens Schützenringe oder Goruns Götterfigürchen. Deshalb ist es für mich sehr hilfreich, den Text in seinem ganzen Ablauf vor mir zu haben.


    Diese Arbeitsweise bedeutet auch, dass ich während des Schreibens immer wieder zu vorherigen Szenen zurückspringe, um zu sehen, was es da alles zu beachten gibt, welche Ansätze schon gemacht sind usw. Ganz zum Schluss, wenn der ganze Text fertig ist, wird geprüft, ob alles zusammenpasst. Da kann es schon einmal vorkommen, dass ein Kapitel mit dem anderen Platz tauscht oder manche Passagen gestrichen werden, um die Spannung und das Tempo zu erhöhen.


    Wie lange ich tatsächlich an der Trilogie geplant habe, kann ich nicht sagen, weil die Planung während der Schreibarbeit weiterging. Nach den ersten 100 Seiten war mir klar, dass diese Welt mit ihren Konflikten und Bewohnern komplex genug ist, um eine Trilogie daraus zu machen, und ich habe das bestehende Konzept noch einmal geändert. Bis aber alle Fäden zum Schluss wirklich durch das Nadelöhr des großen Finales passen, musste noch sehr viel an der Planung gefeilt werden.


    Also: :write :write :write !


    Viele Grüße,


    Heide

    Zu der Erdbeben-Szene gibt es eine seltsame Geschichte zu erzählen, die ich euch natürlich nicht vorenthalten will. So ungefähr um den Zeitpunkt, als ich diese Textstelle bearbeitet habe, hat bei uns im Schwarzwald tatsächlich die Erde gebebt, und zwar mit der Stärke 5,4 auf der Richterskala. Das Epizentrum lag ca. 35 km von meinem Wohnort entfernt.


    Mitten in der Nacht wurde ich wach, weil buchstäblich alle meine Knochen durcheinandergeschüttelt wurden, alle Gläser klirrten und das Grollen und Rumpeln in der Tiefe war tatsächlich minutenlang zu hören - extrem unheimlich! Wir waren derart desorientiert, dass wir schon beinahe an den Ausbruch des 3. Weltkriegs glaubten. Anderntags hatte ich dann natürlich wunderbares Anschauungsmaterial für mein Buch. :chen


    Was mir besonders im Gedächtnis geblieben ist: Wie schnell das geht. Ein kurzes Schütteln und schon ist alles vorbei - und wenn es dann 7 oder 8 Punkte auf der Richterskala sind, stürzt das Haus über einem zusammen. Genauso blitzartig sucht das Schicksal auch die Stadt Caláxi heim...


    Aber nur keine Sorge: Ich probiere normalerweise nicht alles aus, was ich meinen Figuren zumute!


    :wave an alle!


    Heide

    Im 'wahren Leben' bin ich Sprachlehrerin für Englisch und Deutsch. Meine Schüler sind junge Erwachsene aus aller Welt, die z.B. hier studieren wollen und sich auf die Aufnahmeprüfung an der Uni vorbereiten. Ein spannender Job, weil ich auf diese Weise auch Einblick in verschiedene Kulturen und Sichtweisen bekommen. Ich schwöre euch: Manchmal geht es zu, wie auf der "Insel der Stürme" - jeder redet am anderen vorbei! :rolleyes


    Ich reise überhaupt gerne, um neue Länder, Städte, Leute und neue Gerichte (!) kennen zu lernen. Leider hatte ich in den vergangenen Jahren wenig Zeit (und einen alten Hund, der Temperaturen über 30° C nicht so toll fand). Ich habe eine Leidenschaft fürs Kochen und eine Schwäche für gutes Essen - Küchenmagie eben! :-] Ansonsten lese ich natürlich sehr viel; das gehört zum Beruf.


    Viele Grüße!


    Heide

    Liebe Iris,


    ein hübsches Zitat! Und sehr passend. Angeblich stützen deshalb so viele Autoren auf Fotos den Kopf in die Hand - so sehen wir aus, wenn wir hart arbeiten! :-)


    Und keine Sorge, deine Bemerkung über meine Mutter habe ich durchaus richtig verstanden. Du bist auch keineswegs die erste, der da eine gewisse Namensähnlichkeit auffällt. Berührungspunkte soll und darf es geben, und gleichzeitig freut es mich, wenn die eigene Denk-Leistung sichtbar wird.


    Viele Grüße!


    Heide

    Liebe Eulen,


    am Donnerstag, 16. August lese ich in St. Gallen in der Freihand-Bibliothek.
    Das Besondere: Die Lesung wird musikalisch begleitet. Massimo Serra (Gitarre) und Helen Göttner (Saxophon) präsentieren: Un viaggio in Sardegna.


    Freihandbibliothek - Katharinensaal
    Katharinengasse 11
    9000 St. Gallen


    Beginn: 20 Uhr



    Viele Grüße!


    Heide

    @ bartimaeus


    Lillias Geheimnis - ihm sind die Helden in der ganzen Trilogie auf der Spur. Wie sich im ersten Band sehr schnell herausstellt, ist sie keinesfalls ein 'normales' Kind. Am Umgang mit ihr lernen Amra, Gorun und Jemren, was es bedeutet, mit magischer Macht umzugehen - unter Umständen verbrennt man sich sogar die Finger daran.


    In Band 1 prallen der abweisende Norden und der tiefgläubige, ideologische Süden in Gestalt der drei Helden unmittelbar aufeinander. Die Menschen reagieren ihre Missverständnisse und ihr Misstrauen aneinander ab, während sie die Trockenen Hügel durchqueren. Diese Wüste entspricht durchaus dem Zustand zwischen ihren Ländern: Nach den Langen Kriegen ist auf der Insel eine kulturelle Wüste entstanden. Trotzdem entwickeln sich zwischen den unfreiwilligen Gefährten Verständnis füreinander und erste zaghafte Beziehungen.
    Beim Schreiben war ich bemüht, mit jedem Buch auf einer neuen Ebene anzukommen, sowohl was die Einsichten der Hauptfiguren als auch die wachsenden Probleme angehen. Ihr habt es bereit geschrieben: Am Ende kündigt sich etwas neues an; plötzlich sind Amra und Gorun im Norden gelandet, wo sie überhaupt nicht hingehören. Genau wie für sie jetzt ein neuer Schritt erfolgt, enthüllen sich auch die Geheimnisse um das rätselhafte Kind ein Stückchen mehr...


    Habe ich euch den Mund wässrig genug gemacht? :-) "Der Herr der Dunkelheit" ist bereits in ähnlich schöner Aufmachung als Hardcover zu haben und erscheint im Frühjahr 2008 als Taschenbuch. Band 3, "Die Königin der Quelle" folgt, wie bereits angekündigt, im Herbst 08.


    Grüße an alle!


    Heide

    @ Joschi
    Die Leidenschaft für das Herumklettern in archäologischen Stätten habe ich wirklich von meiner Mutter mitbekommen - das haben wir nämlich schon als Kinder mit ihr gemacht und uns immer vorgestellt, wie die Plätze wohl früher ausgesehen haben, als alles voller Leben war. Außerdem bekam ich durch sie sehr früh einen Einblick in Mythen und Sagen aus der ganzen Welt, denn mit diesem Thema hat sie sich lange befasst. Das schließt auch die Frage ein, wie Weltbilder entstehen - und wieder verschwinden, überlagert werden oder sich sonstwie verändern. Das ist ein Hintergrund, von dem sicherlich das eine oder andere Thema in meine Arbeit einfließt.


    Was Romane schreiben, speziell das Schreiben von Fantasy-Romanen, angeht, überschneiden sich unsere Wege aber nicht. Was ich lese oder in den Nachrichten aufschnappe, beeinflusst meine Arbeit z.B. viel stärker. Wenn ich ein Buchprokjekt plane, gehe ich gezielt auf die Suche nach Motiven, einem setting, einem Hintergrund für meine Welt etc. - das ganze Recherche-Progamm eben. Auch die Figuren mit ihrer persönlichen Entwicklungsgeschichte und ihrer Funktion im Roman wollen genau durchdacht sein.


    Das alles gehört zum Entstehungsprozess von Büchern, über den hier ja schon gesprochen wurde. Wie Iris schreibt: In einem Roman steckt viel mehr Arbeit, als die reine Zeit am Schreibtisch. Ein amerikanischer Kollege teilt seinen Arbeitstag z.B. in "weiche Zeit" und "harte Zeit" ein, wobei mit "harter Zeit" die reine Schreibzeit gemeint ist. "Weiche Zeit" ist eigentlich immer - denn das sind die Phasen, in denen man über den Text nachdenkt, die Figuren weiterentwickelt, an der Handlung und den wichtigsten Motiven feilt etc. Denn man denkt sich immer eine komplette Welt aus, egal ob es nun Fantasy ist oder nicht.


    :wave


    Heide

    :schwimmen Keine Sorge, ganz so schlimm ist es mit dem Wetter bei uns nicht, aber ich bin schon froh, dass der Dauerregen endlich aufgehört hat... dann doch lieber eine trockene Insel.


    A propos Schwimmen: Das Nraurn-Lager, in dem der finale Kampf stattfindet, liegt genau auf der Landzunge, auf der sich Nárdas und Corredános teilen (siehe S. 366/367); die Flüchtenden landen also im Nárdas. Vielleicht hätte ich deutlicher machen müssen, dass dieser Fluss viel weniger gifitg ist. :gruebel Edit: Für den Zustand des Corrédanos gibt es einen wichtigen Grund. Mehr dazu in Band 3.


    Was Quinda-Nas Verhalten betrifft: Sie hat mit dem Schwarzen Gott einen Pakt geschlossen und das bedeutet: mit dem Tod selbst. Um ihre Ziele zu erreichen, geht sie also wortwörtlich über Leichen.
    Aber auch in diesen Fall gilt ein magisches Gesetz: Wer sich mit solchen Mächten einlässt, muss damit rechnen, dass sie sich blitzschnell gegen einen selbst richten. Als Antiles das Mädchen nicht haben kann, nimmt er eben die Nraurin - der Tod ist nicht sonderlich wählrisch.


    SiCollier : Zu dem Konzept der Götter in der "Insel"-Trilogie möchte ich an dieser Stelle lieber nichts sagen und euch den Spaß lassen, die Zusammenhänge zusammen mit Amra, Gorun und Jemren herauszufinden. In späteren Leserunden nehme ich natürlich gerne dazu Stellung.



    Zu Magie und Mythologie:


    Der Begriff Chi stammt aus dem Taoismus und hat, wie schon erwähnt, sehr viele verschiedene Bedeutungen. Einmal sind damit der Atem und die Emotionen, aber auch die individuelle Lebenskraft eines Menschen gemeint, die in den Kampfsportarten kontrolliert wird (daher Tai-Chi); auch für die traditionelle chinesische Medizin ist der Begriff von Bedeutung. Gleichzeitig wird Chi aber auch mit Luft bzw. Athmosphäre gleichgesetzt - oder noch weitgehender mit einer Energie, die die gesamte Welt durchdringt.
    Das ist aus meiner Sicht die älteste Auffassung von Magie überhaupt, die weltweit in unterschiedlichen Formen zu finden ist.
    In der altgriechischen Philosophie z.B. bezeichnet der Begriff Quintessenz das fünfte Element, aus dem die andern vier überhaupt erst entstanden sind; es ist die Lebensenergie in Reinform. In Nordamerika findet sich die Vorstellung des Gestaltenwandlers, der nur deshalb wahlweise in Tier- oder Menschenform erscheinen kann, weil sowieso alles Leben eine einzige Daseinsform darstellt. Auch "zaubern" oder "Magie bewirken" ist dadurch möglich, dass man sich dieser universellen Kraft bedient und den Zauber durch sie bewirkt.


    Nach diesen Vorstellungen ist die Welt belebt, und durch die Lebenskraft ist alles miteinander verbunden. Das bezeichne ich als magisches Weltbild; das zusätzliche (fünte) "Element" ist die Magie.
    Mythologien sind meiner Auffassung nach die unterschiedlichen Darstellungsweisen dieses Weltbilds: die Schöpfungsmythen, Götterkosmen, die Vorstellung vom Totenreich - die religiösen Geschichten einer jeweiligen Kultur eben.


    Joseph Campbells Ansatz finde ich spannend, weil er eine Antwort auf die Frage liefert, warum wir eigentlich immer die gleichen Geschichten erzählen: Liebe, Tod und Wahnsinn, um es mal ganz knapp auf den Punkt zu bringen. Er beschreibt in der Reise des Helden einen Entwicklungsprozess, dem wir alle ständig unterliegen. Jede Begegnung mit etwas Neuem ist ein Wagnis, in dem wir untergehen können oder an dem wir wachsen. Die Todeserfahrung des Helden markiert den Augenblick, in dem man das Neue wirklich als eigene Erfahrung aufnimmt und dadurch verwandelt zurückkehren kann. Die Reise des Helden beschreibt also eine allgemein gültige menschliche Erfahrung, und von genau solchen Erfahrungen erzählen Romane (und Filme) eben auch.


    Zu Frage, wie es mit den aktuellen Bezügen aussieht:
    "Die Insel der Stürme" ist in erster Linie Fantasy; das habe ich an anderer Stelle schon erwähnt. Es gibt also kein konkretes Vorbild, das möglichst genau abgebildet wird, sondern viele; auch die Geschichte von Sardinien ist nicht in den Romanen dargestellt, obwohl die Insel als "Trittstein" im Mittelmeerraum allerhand erlebt hat.
    Bei der Suche nach dem zentralen Konflikt, der die Handlung anheizt, habe ich mich allerdings in den realen politischen Zusammenhängen umgesehen. Es sollte kein klares Gut-Böse-Schema geben - das geht schon aufgrund des oben erwähnten magischen Konzepts der Insel nicht. Wenn es eine Grundessenz der Welt gibt, betrifft sie einfach alle Wesen - auch die "Bösen".
    Deshalb war schnell klar, dass der Riss mitten durch das Land (und die Kulturen und Figuren) gehen muss - und das es ein ideologischer Konflikt ist, in dem keine Seite zu hundert Prozent Recht hat. Denn der Streit auf der Insel geht im Grunde "nur" von einer Mythologie aus, "nur" von der Frage, was Magie und Götter denn eigentlich sind und wer den richtigen Zugang dazu hat. Wie es dazu kommt, dass man aufgrund einer Idee, einer bloßen Vorstellung Krieg führt - das hat mich beschäftigt.


    So, ich hoffe, ich konnte eure aktuellen Fragen ausreichend beantworten. Ich freue mich sehr, dass so eine schöne Diskussion daraus geworden ist und danke euch allen ganz herzlich für die vielen Beiträge!


    Viele Grüße!


    Heide

    Schlüsselszenen sind sehr wichtig, weil sie den Lesern die Möglichkeit bieten, den Gang der Ereignisse Schritt für Schritt nachzuvollziehen, bis zur Auflösung am Schluss.


    Als Autor kenne ich das Geheimnis ja bereits, um das die Geschichte kreist und das sich am Ende enthüllen wird. Die Figuren und die Leser rätseln aber über diese Fragen und benötigen deshalb ab und zu einen entscheidenden Hinweis, der sie in ihrem Abenteuer voranbringt und ihnen eine neue Erkenntnis verschafft. So baut sich die Handlung Schritt für Schritt auf und führt am Schluss zu einer befriedigenden, weil nachvollziehbaren Lösung.
    Schlüsselszenen sind wie Trittsteine auf diesem Weg, wie Vexierbilder, in denen sich in Miniaturform eine ganze Geschichte verbirgt. Auf der "Insel der Stürme" ist der Bogen über drei Bücher gespannt, aber so viel kann ich schon einmal verraten: Obwohl jedes Buch seinen eigenen Abschluss findet, wirkt jede Begegnung und Entdeckung der Helden bis zum Ende nach.


    Weil wir schon so viel über Magie diskutiert haben, noch eine Gedanke: In vielen Kulturen wird Magie als etwas angesehen, das im Verborgenen, im Alltäglichen wirkt. Anfangs sieht das magische Moment ganz harmlos und unscheinbar aus, aber dann entfaltet es allmählich seine Wirkung. Wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wird, zieht es immer größere Kreise.
    Das ist das Bauprinzip der Trilogie. Jemren denkt am Anfang, er ist auf ein kleines Mädchen gestoßen, das in Not geraten ist, und handelt entsprechend - aber er hat keine Ahnung, was er durch seinen Entschluss auslöst. Dasselbe gilt - auf andere Weise - auch für Amra und Gorun. Die Drei begeben sich eigentlich auf die Suche nach dem Verständnis für Lillia und ihre Magie, bzw. nach dem Verständnis, wie die Magie auf der Insel überhaupt beschaffen ist. Was diese Suche für sie selbst und für ihre Welt bedeutet, erfahren sie erst Schritt für Schritt.


    @ Elbereth
    Der alte Qyon stellt als Geheimnisträger der Nraurn natürlich eine ganz neue und unerwartete Seite des Ziegenvolks dar, wie du zurecht anmerkst, und er zeigt den drei jungen Helden auf, dass sie keineswegs alles wissen (auch wenn Gorun das erst mal so für sich in Anspruch nimmt). Offenbar wissen die Nraurn ein bisschen mehr über das magische Mädchen als die Menschen...


    Viele Grüße!
    Heide

    Neugierfrage ... :-] Das gefällt mir!


    @ Elbereth
    Schreiben ist meine Arbeit, deshalb schreibe ich jeden Tag, außer am Wochenende. Regelmäßigkeit ist wichtig, weil sich nur so Zusammenhänge im Text herstellen lassen. Ich hasse nichts mehr als lange Pausen, wenn ich mitten in einem Text stecke, weil man sich dann erst wieder an die ganzen Kleinigkeiten heranarbeiten muss, die in den schon geschriebenen Kapiteln stehen. Wenn es optimal läuft, fange ich um 9 Uhr morgens an und habe 3-4 ungestörte Stunden am Stück und manchmal auch noch den Nachmittag. Wenn ich mal nichts schreiben mag, überarbeite ich bereits bestehende Texte oder entwickle neue Projekte weiter.


    SiCollier
    Eine Leserunde zu Band 2 haben wir mal ganz lose ins Auge gefasst; Terminabsprachen gibt es aber noch keine. Wenn ihr Lust habt, auch über "Der Herr der Dunkelheit" zu diskutieren, bin ich natürlich gerne wieder mit von der Partie. :-)


    Ich lese eigentlich alles und in jedem Genre (außer Krimis, das ist nicht so mein Fall). Fantasy lese ich natürlich auch. Sara Douglass kenne ich, ich mag die Art, wie sie ihre Geschichten aufspannt. Eine Autorin, die mich besonders beeinflusst hat, weil sie sich ebenfalls bei anderen Kulturen bedient, ist C.J. Cherryh. Von ihr stammen übrigens auch absolut geniale SF-Romane.


    @ Iris
    Ein schöner Vergleich - Essen kochen und Schreiben. Das finde ich sehr passend. Es ist wirklich so, wie du schreibst: Ein Text braucht eine gewisse Zeit, um sich auch im Kopf des Autors zu entwickeln. Schön wär's, wenn wir alle das fertige Buch im Kopf hätten und es nur noch aufzuschreiben bräuchten. In meinem Fall ist es so, dass es anfangs zwar immer ein Konzept gibt. Während des Schreibens ereignet sich aber eigentlich das Wichtigste: Die Figuren werden lebendig und gehen ihren eigenen Weg. Da habe ich am Abend eines Schreib-Tags schon so manche Überraschung erlebt und die Handlung hat plötzlich einen ganz neuen Aspekt bekommen, den ich vorher gar nicht gesehen habe. Das ist das Großartige beim Schreiben, aber auch das Mühsame, weil am Ende alle Details zueinander passen müssen. Insofern bin ich sehr dankbar, dass mir mein Verlag ausreichend Zeit und Spielraum gelassen hat, um die Trilogie nach meinen Vorstellungen zu entwickeln.


    :wave


    Heide

    Zitat

    Original von Elbereth


    Gründet sich dieser niedrige Status und diese Verachtung einiger Stadtbewohner auf Angst vor dem Totenreich? :gruebel


    Die einzige Furcht, die im Süden größer ist als die Angst vor dem magischen Kind, ist die Angst vor dem Totengott. Deshalb möchte man auch mit Antiles' Priesterin lieber nichts zu tun haben, und umgekehrt darf sie nicht mit den Dingen in Berührung kommen, die mit dem Leben in der Stadt zu tun haben. Armut und Verachtung ist eine Folge dieser Ausgrenzung.


    Ob man das gutheißen kann oder ob das überhaupt sinnvoll ist, ist eine andere Frage! Durch diese Maßnahme sterben wohl kaum weniger Menschen, und außerdem nehmen die Krieger sich auch noch das Recht heraus, zu töten - auch wenn sie ihre Opfer hinterher lieber nicht anblicken, aus Furcht vor dem Schwarzen Gott.
    Der Süden hat also ein höchst zwiespältiges Verhältnis zu seinen Göttern!


    @ SiCollier Was den aktuellen Vergleich angeht: Zweigeteilte Länder gibt es leider reichlich, und sehr oft bildet eine starre Ideologie die Grenze. Besonders wenn es sich eigentlich um eine Kultur handelt, wirkt die Trennung reichlich absurd und traurig.


    :wave


    Heide

    Zitat

    Original von SiCollier



    Ja, mit der Szene hatte ich auch meine Probleme. Da habe ich Lillia überhaupt nicht verstanden, das paßte irgendwie nicht zu ihr.


    Gorun hat in diesem Augenblick etwas wichtiges kapiert: Es geht allein darum, Lillia zu beschützen, egal ob man ihre Macht und ihre Bedeutung für die Insel vollständig versteht oder nicht. Jetzt endlich ist er bereit, dem Mädchen zu helfen und sie notfalls auch gegen den abergläubischen Süden zu verteidigen.


    Warum das so lange dauert? Weil sich die drei Helden auf einem Weg befinden, der alles andere als gewöhnlich ist. Die Begegnung mit dem magischen Kind verführt sie zu einem magischen Abenteuer. Das hat ausgerechnet Jemren als Erster eingesehen, obwohl oder vielleicht gerade weil er mit Magie nichts am Hut hat. Er folgt allein seinem Instinkt bzw. dem gesunden Menschenverstand - d.h. er lässt sich auf Gedeih und Verderb auf Lillia ein. Sie führt ihn in jeder Hinsicht, nicht nur auf dem Weg, sondern auch in seinem Verhalten und in seinen Ansichten.


    Für Gorun, der in seiner Welt selbst eine Führungsposition einnimmt, ist es natürlich völlig undenkbar, sich von einem Kind herumschicken zu lassen. Deshalb nimmt er sich des Mädchens zwar an, glaubt aber noch immer, dass er die Situation steuern und die Regeln bestimmen kann. Die Folgen zeigen unmittelbar darauf, als er blindlings in die falsche Richtung läuft und Lillia verliert.


    Man kann Magie nicht mit Gewalt festhalten oder mit Willenskraft beeinflussen; sie hat ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten. Deshalb zeigt sich die Magie auf der Insel nicht in einem magischen Gegenstand (z.B. einem Ring, einem Schwert oder einem Stein), sondern in einem Kind.
    Magie ist etwas Zerbrechliches, etwas Schützenswertes, etwas Eigensinniges. Man kann sich nur bedingungslos auf ihr Wirken einlassen, und dann geschieht nichts mehr aus Zufall.
    Das ist die Lektion, die Gorun an dieser Stelle lernt.


    Das Lernen und das wechselseitige Verstehen ist ein weiteres Grundthema der Trilogie, denn was hilft besser gegen Missverständnisse und Vorurteile als ein Blick über den Scyé? Das bedeutet zunächst aber auch, dass man die Ratlosigkeit und die Irrungen und Wirrungen der Figuren darstellt - und das verlangt auch den Lesern einiges an Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen ab. Deshalb sind mir eure Reaktionen zum Einstieg durchaus verständlich. Wenn ich die Diskussionen im Verlauf der Leserunde verfolge, meine ich aber, es hat sich in jedem Fall gelohnt!


    Was die Nraurn-Schlucht anbelangt: Das ist selbstverständlich eine Schlüsselszene für die ganze Trilogie und außerdem eine persönliche Lieblingsstelle von mir.


    Viele Grüße!


    Heide

    Guten Morgen!


    Zum Thema Aussprache: Mit den "Nraurn" habe ich mir selbst ein Ei gelegt; das merke ich immer auf Lesungen. :grin Ich gestehe: Ich lasse das "r" auch manchmal weg... ABER: Ziegenleute sprechen eben wie Ziegen! (Oder so ähnlich...)


    Das "x" spreche ich echt deutsch aus, also "ks". Es kommt in der Trilogie so häufig vor, weil ich mich an sardische Ortsnamen gehalten habe: z.B. Su Nuraxi oder Arbatax. Im alten Sardisch hat man es allerdings vermutlich "sch" ausgespochen.
    Das "Su" und "Sa" in den Familiennamen meiner Protagonisten stammt übrigens auch aus einem nordsardischen Dialekt; dort ersetzt es die italienischen Artikel.


    @ SiCollier: Ich würde weder dem Christentum noch dem Islam ein magisches Weltbild zuschreiben; ich denke, die Vorstellung von einer belebten bzw. beseelten Welt hat mit den Großreligionen nichts zu tun.


    Aber es geht natürlich um das Festhalten an Ideologien, die auf dem Glauben beruhen. Ein Punkt, der euch sofort aufgefallen ist, ist die irrationale Furcht vor Lillia. Bereits an dieser Stelle zeigt sich, dass im Süden keineswegs alles im Lot ist, wie Gorun gerne glauben möchte. Sonst hätte es eine Stadt wie Caláxi wohl kaum nötig, derart ablehnend und abergläubisch auf ein kleines Mädchen zu reagieren. Die eigenen Widersprüche sind den Bewohnern des Südens aber nicht vollständig bewusst - deshalb ist Gorun auch eine ambivalente Haltung anzumerken.


    Amra als "fertige Persönlichkeit" zu sehen, finde ich sehr interessant. Ich habe erwachsene Helden gewählt (ich stelle mir die drei Hauptfiguren so etwa Anfang/Mitte 20 vor), um einen größeren Kontrast zu dem magischen Kind zu schaffen. Gorun, Amra und Jemren haben in ihrer Welt bereits etwas erreicht, sie nehmen eine bestimmte gesellschaftliche Position ein, weshalb sie ihr jeweiliges Land auch so gut verkörpern. (Mehr dazu in den Postings zum 2. Teil der Leserunde!). Zugleich sind sie aber auch noch jung genug, um sich zu entwickeln und gewisse Unsicherheiten erkennen zu lassen.


    Viele Grüße,


    Heide


    PS: Ich liebe den Gorun-Smilie! Wie für mich gemacht!


    :lanze

    Das Taú ist die magische Kraft auf der Insel - deshalb ist es für die Figuren sehr wichtig und für die Geschichte von zentraler Bedeutung. Jemand hat es einmal mit der "Aura" verglichen; das passt durchaus auch.


    Amra erhält durch diese Fähigkeit eine Verbindung zum Totenreich und zum Schwarzen Gott - dadurch ist sie überhaupt erst Laîren. Außerdem verleiht ihr das Taú gewissermaßen einen sechsten Sinn für ihre Umgebung und für andere Menschen.
    Es gibt, wie ich schon angedeutet habe, aber noch weitere Funktionen, aber ich will hier nicht zu viel vorwegnehmen! :-)


    SiCollier  
    Zu unserer spannenden Mythologie- und Magie-Diskussion lässt sich vielleicht noch anmerken: Magie ist das, was ein mythologisches Weltbild in Schwung hält oder es überhaupt erst ins Leben ruft, denke ich. Magie (oder auf der Insel das Taú) durchdringt alles und verbindet alles miteinander. Deshalb gefällt mir das Bild vom "Atem der Welt" so gut; das ist, als würde die ganze Welt aus derselben Quelle Energie schöpfen.


    Viele Grüße in die Runde!


    Heide

    Ich habe es im ersten Teil der Leserunde schon angekündigt: Die Perspektiven wechseln zwischen den drei Hauptfiguren. Besonders im ersten Band der Trilogie habe ich mich zu einer sehr strikten Trennung entschlossen, um die Sichtweisen der Figuren für den Leser erlebbar zu machen. Jeder Protagonist kann nur das berichten, was er oder sie aus dem jeweiligen Lebenszusammenhang weiß.
    Gorun beisielsweise kann nicht in den Fremden hineinblicken - deshalb bleiben ihm Jemren und dessen Handlungsweise rätselhaft. Dem Leser ergeht das vielleicht so ähnlich - bis er in Teil 3 einmal einen Blick auf das Innenleben des Schützen werfen darf. Die drei Perspektiven stellen also ebenfalls die Verhältnisse auf der Insel dar - den tiefen Graben aus Missverständnissen und Vorurteilen, der den Norden und den Süden trennt.


    Jede Figur verkörpert gleichzeitig bestimmte Eigenschaften ihres Herkunftslandes; in den drei Protagonisten prallen die wesentlichen Merkmale des Nordens, des Südens und der magischen Welt aufeinander.
    Amra kennt die Geheimnisse der Laîren, hat aber kaum über den Rand ihres Tals hinausgeblickt. Deshalb kritisiert sie Jemren mit einer gewissen Selbstgerechtigkeit.
    Gorun strotzt vor Stolz über den Süden und dessen Errungenschaften, die er als Erster Reiter verkörpert. Zugleich besitzt er zum Glück Charakter genug, um abzulehnen, was sich nicht mit seinem Gewissen vereinbaren lässt (z.B. den Mord an Lillia). Das bringt ihn in eine großartige Zwickmühle.
    Jemren zuletzt ist misstrauisch und verschlossen - wie es sich für einen Taú-Schützen gehört. Deshalb verpasst er so manche Chance, sich in der Fremde Freunde zu machen oder zumindest um Verständnis für seine Situation zu werben.


    Im Verlauf ihrer unfreiwilligen Reise entdecken die Protagonisten immer mehr voneinander - und euch Lesern ergeht es hoffentlich so ähnlich!


    @ JASS Schöne Definition für Lillia! :-)


    Liebe Grüße,


    Heide

    So, da bin ich wieder und möchte gleich versuchen, die Fragen zu beantworten, die sich am Wochenende angesammelt haben.


    Die Einfachste zuerst! :-] Die vielen `und ´ auf den Ortsnamen. Als Fantasy-Autorin steht man vor dem Problem, dass die Figuren ja eigentlich keine wiedererkennbare Sprache sprechen. So weit wie Tolkien wollte ich auch nicht gehen und gleich eine ganz neue Sprache erfinden. Deshalb habe ich meine Recherche-Ergebnisse verfremdet - und aus Oristano, Sardinien wurde Geristáni, Insel der Stürme. Die Akzente sind deshalb nicht als Aussprache-Hilfe zu verstehen, sondern einfach als Schreibweise, wie sie auf der Insel üblich ist. Ein kleiner Hinweis auf Band 2: Es wird sich noch herausstellen, dass der Norden anders schreibt und manche Worte anders ausspricht! Um das zu verdeutlichen, dienen mir sämtliche Sonderzeichen auf meinen PC.


    Eine Beschreibung von Amra gibt es (noch) nicht, weil Amra im ersten Teil des Buchs die Erzählerin ist. Alles, was geschieht, erlebt ihr durch ihre Sichtweise, gefärbt von ihrem Charakter und ihren Erfahrungen. Das ändert sich noch! Aber mehr verrate ich hier nicht. :-)
    Für diese strenge Beschränkung auf jeweils eine Perspektive habe ich einen bestimmten Grund, den ich gerne später noch genauer erläutere.



    Zum Thema Magie:


    Die Auffassung von Magie, die meiner Trilogie zugrunde liegt, ist eigentlich eine sehr alte Vorstellung, wie man sie oft bei Naturvölkern findet. Sie stammt aus der Zeit, bevor die Naturwissenschaften für viele unerklärliche Phänomene Lösungen geliefert haben. Der Wechsel der Jahreszeiten, bestimmte Wetterphänomene, der Himmel und seine Erscheinungen, Prozesse wie Geburt und Tod - was wir heute mit Astronomie, Meteorologie usw. beschreiben, wurde früher in mythischen Bildern ausgedrückt: z.B. ein zorniger Donnergott; ein Sonnenwagen, in dem die Sonne über den Himmel fährt; Schlangen, die Flüsse symbolisieren, usw.
    So hat man sich die Welt erklärt, und für die damaligen Kulturen war dieses magische Weltbild durchaus real! Das meine ich damit, wenn ich sage, die "Insel der Stürme" sei ein durchweg magischer Ort.


    Andererseits sind diese Vorstellungen zugleich kultureller Art - d.h. sie sind von den Menschen bzw. der Gesellschaft geprägt, die sie erschaffen haben. Und sie sind natürlich auch nur ein möglicher Erklärungsversuch für die Welt, unter tausend anderen Optionen. Es gibt einfach kein Bild von Tod und Sterben, das für alle Zeiten an jedem Ort der Welt gültig ist. In Indien verehrt und fürchtet man die Göttin Kali, die sowohl Zerstörung als auch Erneuerung repräsentiert; die alten Kelten glaubten, man reist am Ende des Lebens auf die sagenhafte Insel Avalon, und wir kennen das Bild vom Sensenmann, der seine Opfer ohne Ansehen der Person niedermäht. Mythische Bilder variieren ständig - und man kann sich wunderbar über die richtige Interpretation streiten.


    Genau das ist der zentrale Konflikt auf der Insel der Stürme. Die beiden Kulturen Norden und Süden haben sich über die Frage entzweit, wie die Insel denn nun eigentlich beschaffen ist - im magischen Sinne natürlich. Als Folge haben sich beide Teile in sehr unterschiedliche Richtungen entwickelt - und es ist keineswegs eindeutig festzustellen, wer Recht hat. Amra, die vor ihrem Totengott im Staub herumkriecht und das Leben verneint? Gorun, der den Süden über allen Zweifeln erhaben wähnt? Oder Jemren, der einfach alle Fragen nach Göttern und Magie vom Tisch bürstet und meint, damit sei der Fall erledigt, obwohl er gleichzeitig mit einem Mädchen mit eindeutig magischem Charakter unterwegs ist?


    Für die Trilogie von der "Insel der Stürme" habe ich mir diese Fragen als zentralen Konflikt ausgesucht. Mein Thema sind Missverständnisse, die auf dem magischen Weltbild und seinen Auslegungen beruhen.



    Die Romane sind trotzdem Fantasy und weisen auch ganz eindeutige Züge des Genres auf. In unserem Kulturkreis ist das der passende Ort für magische Phänomene in der Literatur, und deshalb gehören die Romane meiner Meinung nach auch in diese Gattung.
    Das sieht in anderen Ländern natürlich ganz anders aus, da fließen durchaus magische Vorstellungen in andere Literaturgattungen ein.
    Ceremony von Leslie Marmon Silko (USA) ist z.B. ein Roman, der in sich eine magische Zeremonie darstellt; ich kenne eigentlich kaum etwas vergleichbares. Mit magischen Elementen spielen aber auch Silkos Autorenkollegen Louise Erdrich, James Welch oder die afroamerikanische Autorin Toni Morrison. Ihr Roman Menschenkind ist eines der härtesten und der bewegendsten Bücher, das ich kenne. Der nigerianische Autor Wole Soyinka dagegen hat magische Rituale der Yoruba in seinen Dramen abgebildet, von den Vertretern des magischen Realismus ganz zu schweigen.


    Deshalb sind die Einflüsse auf meine Trilogie auch so vielfältig, und ich könnte nie sagen: Das spielt jetzt im asiatisch-chinesischen Kontext oder vor dem Hintergrund des antiken Griechenland. Meine Insel hat ihre eigene Mythologie, und was davon stichhaltig ist - genau das müssen die Protagonisten herausfinden!


    :wave


    Heide

    Weil ich von Anfang an die Idee verfolgt habe, die Insel als eine durch und durch magische Welt darzustellen, mit einer Mythologie, deren Auswirkungen von der Vergangenheit bis in die Ereignisse hineinwirken, die sich im Verlauf des Romans zutragen, war mir ziemlich schnell klar, dass das Stoff genug für 3 Bände hergibt. Deshalb habe ich das Konzept eigentlich recht bald auf eine Trilogie angelegt: Konfliktgeladener Einstieg, dramatischer Mittelteil und ein spannendes Finale, bei dem das zentrale Geheimnis erst im letzten Augenblick gelüftet wird. :-)


    Auf die Zeitabstände, in denen die Bücher erscheinen, habe ich keinen Einfluss; das entscheidet der Verlag. Da gibt es natürlich schon die Überlegung, dass eine neue Buchreihe von einer neuen Autorin (die "Insel der Stürme" ist meine erste große Veröffentlichung) eine gewisse Zeit braucht, bis sich herumgesprochen hat, dass es da etwas Neues gibt. Das ist sicher ein Grund, weshalb die Bände in diesem zeitlichen Abstand erscheinen.