So, da bin ich wieder und möchte gleich versuchen, die Fragen zu beantworten, die sich am Wochenende angesammelt haben.
Die Einfachste zuerst!
Die vielen `und ´ auf den Ortsnamen. Als Fantasy-Autorin steht man vor dem Problem, dass die Figuren ja eigentlich keine wiedererkennbare Sprache sprechen. So weit wie Tolkien wollte ich auch nicht gehen und gleich eine ganz neue Sprache erfinden. Deshalb habe ich meine Recherche-Ergebnisse verfremdet - und aus Oristano, Sardinien wurde Geristáni, Insel der Stürme. Die Akzente sind deshalb nicht als Aussprache-Hilfe zu verstehen, sondern einfach als Schreibweise, wie sie auf der Insel üblich ist. Ein kleiner Hinweis auf Band 2: Es wird sich noch herausstellen, dass der Norden anders schreibt und manche Worte anders ausspricht! Um das zu verdeutlichen, dienen mir sämtliche Sonderzeichen auf meinen PC.
Eine Beschreibung von Amra gibt es (noch) nicht, weil Amra im ersten Teil des Buchs die Erzählerin ist. Alles, was geschieht, erlebt ihr durch ihre Sichtweise, gefärbt von ihrem Charakter und ihren Erfahrungen. Das ändert sich noch! Aber mehr verrate ich hier nicht. 
Für diese strenge Beschränkung auf jeweils eine Perspektive habe ich einen bestimmten Grund, den ich gerne später noch genauer erläutere.
Zum Thema Magie:
Die Auffassung von Magie, die meiner Trilogie zugrunde liegt, ist eigentlich eine sehr alte Vorstellung, wie man sie oft bei Naturvölkern findet. Sie stammt aus der Zeit, bevor die Naturwissenschaften für viele unerklärliche Phänomene Lösungen geliefert haben. Der Wechsel der Jahreszeiten, bestimmte Wetterphänomene, der Himmel und seine Erscheinungen, Prozesse wie Geburt und Tod - was wir heute mit Astronomie, Meteorologie usw. beschreiben, wurde früher in mythischen Bildern ausgedrückt: z.B. ein zorniger Donnergott; ein Sonnenwagen, in dem die Sonne über den Himmel fährt; Schlangen, die Flüsse symbolisieren, usw.
So hat man sich die Welt erklärt, und für die damaligen Kulturen war dieses magische Weltbild durchaus real! Das meine ich damit, wenn ich sage, die "Insel der Stürme" sei ein durchweg magischer Ort.
Andererseits sind diese Vorstellungen zugleich kultureller Art - d.h. sie sind von den Menschen bzw. der Gesellschaft geprägt, die sie erschaffen haben. Und sie sind natürlich auch nur ein möglicher Erklärungsversuch für die Welt, unter tausend anderen Optionen. Es gibt einfach kein Bild von Tod und Sterben, das für alle Zeiten an jedem Ort der Welt gültig ist. In Indien verehrt und fürchtet man die Göttin Kali, die sowohl Zerstörung als auch Erneuerung repräsentiert; die alten Kelten glaubten, man reist am Ende des Lebens auf die sagenhafte Insel Avalon, und wir kennen das Bild vom Sensenmann, der seine Opfer ohne Ansehen der Person niedermäht. Mythische Bilder variieren ständig - und man kann sich wunderbar über die richtige Interpretation streiten.
Genau das ist der zentrale Konflikt auf der Insel der Stürme. Die beiden Kulturen Norden und Süden haben sich über die Frage entzweit, wie die Insel denn nun eigentlich beschaffen ist - im magischen Sinne natürlich. Als Folge haben sich beide Teile in sehr unterschiedliche Richtungen entwickelt - und es ist keineswegs eindeutig festzustellen, wer Recht hat. Amra, die vor ihrem Totengott im Staub herumkriecht und das Leben verneint? Gorun, der den Süden über allen Zweifeln erhaben wähnt? Oder Jemren, der einfach alle Fragen nach Göttern und Magie vom Tisch bürstet und meint, damit sei der Fall erledigt, obwohl er gleichzeitig mit einem Mädchen mit eindeutig magischem Charakter unterwegs ist?
Für die Trilogie von der "Insel der Stürme" habe ich mir diese Fragen als zentralen Konflikt ausgesucht. Mein Thema sind Missverständnisse, die auf dem magischen Weltbild und seinen Auslegungen beruhen.
Die Romane sind trotzdem Fantasy und weisen auch ganz eindeutige Züge des Genres auf. In unserem Kulturkreis ist das der passende Ort für magische Phänomene in der Literatur, und deshalb gehören die Romane meiner Meinung nach auch in diese Gattung.
Das sieht in anderen Ländern natürlich ganz anders aus, da fließen durchaus magische Vorstellungen in andere Literaturgattungen ein.
Ceremony von Leslie Marmon Silko (USA) ist z.B. ein Roman, der in sich eine magische Zeremonie darstellt; ich kenne eigentlich kaum etwas vergleichbares. Mit magischen Elementen spielen aber auch Silkos Autorenkollegen Louise Erdrich, James Welch oder die afroamerikanische Autorin Toni Morrison. Ihr Roman Menschenkind ist eines der härtesten und der bewegendsten Bücher, das ich kenne. Der nigerianische Autor Wole Soyinka dagegen hat magische Rituale der Yoruba in seinen Dramen abgebildet, von den Vertretern des magischen Realismus ganz zu schweigen.
Deshalb sind die Einflüsse auf meine Trilogie auch so vielfältig, und ich könnte nie sagen: Das spielt jetzt im asiatisch-chinesischen Kontext oder vor dem Hintergrund des antiken Griechenland. Meine Insel hat ihre eigene Mythologie, und was davon stichhaltig ist - genau das müssen die Protagonisten herausfinden!

Heide