Beiträge von Ati

    Königsfurt-Urania Verlag
    ISBN-13: 9783868261196
    ISBN-10: 3868261192
    Sachbuch
    5. Auflage 2012
    Hardcover, 208 Seiten


    Verlagsseite http://www.koenigsfurt.com


    Der Dalai Lama schätzt Rajinder Singhs Beitrag zum angestrebten Ziel des Friedens, wie man auf der Rückseite des Buches lesen kann. Eine Bekannte fragte nach einer kleinen Stöberaktion in meinem SuB, was denn Meditation mit Frieden zu tun haben könnte. Schließlich sei Meditation zur inneren Zentrierung auch Trainingsbestandteil diverser asiatischer Kampfsportarten und diene dem Sammeln von Kräften, die wiederum nicht immer und allzeit friedlich gegen andere eingesetzt werden könnten.


    Das stimmt natürlich. Doch dem setze ich persönlich entgegen, dass viele Dinge und Praktiken auf völlig gegensätzliche Weise genutzt werden können. Abgesehen davon, dass mir zum Zeitpunkt des Gespräches nicht bekannt war, ob der Dalai Lama die eben zitierte Aussage im Bezug auf Singhs Organisation der Wissenschaft, seinem Vorsitz bei der Konferenz zur Einheit der Menschen oder als Präsident der Weltreligionskonferenz (um nur einige seiner Tätigkeitsfelder zu nennen) machte oder sich dabei eher auf diverse Auszeichnungen oder auf Singhs Vortragsreisen oder die in über 50 Sprachen übersetzte Bücher und Artikel zu spirituellen Themen bezog, dachte und denke ich, dass Meditation sehr viel mit Frieden zu tun haben kann. Und zwar nicht nur mit dem inneren Frieden, den man erfreulicherweise mit etwas Zeitaufwand und Übung schnell erreichen kann. Durch Meditation erreichen wir unter anderem Klarheit, Glück und Freude. Wer jedoch all dies (fortgesetzt) erlebt, wird nach außen hin gar kein Verlangen haben zu intrigieren und negative Gefühle verbreiten. Wer mit sich selbst im Reinen ist, braucht sich nicht permanent zu beweisen. Wer sich nicht permanent zu beweisen versucht, gerät seltener in Konflikt mit anderen. Und die Vermeidung von Konflikten wiederum dient dem allgemeinen Frieden.


    Doch abgesehen davon geht es ja im Buch, wie der Titel verrät, um die heilende Kraft der Meditation. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Anerkennung durch materiellen Erfolg definiert wird. Dies wiederum wird fälschlicherweise allzu oft mit Glück gleichgesetzt. Weil wir wirkliches Glück so jedoch nicht finden, streben wir nach immer mehr und mehr und vergessen allzu leicht, was wirklich wichtig ist. Negativer Stress, entstanden aus der Angst zu versagen und dadurch resultierendem permanentem Leistungsdruck, bestimmt unseren Alltag, raubt vielen den Schlaf und die Gesundheit. Ein Teufelskreis, denn genau das verursacht wiederum neuen Druck, weil man dann vielleicht tatsächlich nicht mehr mithalten kann. Das Streben nach mehr und das eigene vermeintliche Versagen wiederum führt zu Neid und teilweise Missgunst und worauf dies bisweilen hinauslaufen kann, offenbart uns ein einfacher Blick in die Welt.


    Innehalten tut not. Etwa mit Meditation. Obwohl Meditationen allein natürlich noch keine Probleme lösen können, helfen sie beim Finden von Problemlösungen. Beispielsweise durch das Erkennen neuer Perspektiven. Religionsübergreifend und auf unterschiedliche Art in aktiver oder passiver Form ausgeübt, dienen sie der spirituellen Entwicklung, geistig der aktiven Aufmerksamkeitssteuerung und dem passiven Loslassen.


    Die Suche nach der richtigen Meditationsform dauert vielleicht etwas. Aber sie lohnt sich. Denn während Meditation noch vor wenigen Jahren von vielen als esoterische Spinnerei abgetan wurde, weiß man heute um die neurologische Messbarkeit ihrer Wirkung und die positiven Effekte auf Herzschlag, Atmung und Entspannung. Und das ist längst noch nicht alles. Längst hat sie im Zusammenspiel mit schulmedizinischen Therapien Einzug in das Leben vieler gehalten. Dabei muss man keineswegs erst mal krank geworden sein, um Meditation für sich zu entdecken, denn tatsächlich wirkt sie auch präventiv. Von den positiven Auswirkungen auf unsere Konzentrationsfähigkeit, unser logisches Denken und die innere Ruhe ganz abgesehen.


    Das Praxisbuch Heilende Meditation bietet allen Suchenden eine gute Hilfestellung, geht er doch auf explizit-anschauliche Weise auf Bedeutung und Umsetzung einer ebenso altbewährten wie einfachen Meditationsform ein. Doch mit den darin enthaltenen wissenswerten Informationen und philosophischen Denkanstößen ist es auch für all diejenigen empfehlenswert, die ihre Meditationsform schon gefunden haben oder einfach neugierig sind. Der Autor schreibt die heilende Wirkung der Meditation dem Umstand zu, dass jedem von uns Heilkraft innewohnt, dass wir alle mit einem energetischen Licht- und Klangstrom in Verbindung stehen. Durch Meditation gelangen wir bewusst in Kontakt mit dieser Energie und können von ihr profitieren. Daran mag man glauben oder nicht, doch was schadet sozusagen ein Selbstversuch?


    Und schon komme ich wieder auf den Frieden. Das liegt auch daran, dass das Buch zwischen dem Vorwort des Dalai Lamas und dem Schlusskapitel über den Autor in drei Teile, mit neun bzw. sechs und vier Unterkapiteln, gegliedert ist: innerer Friede, persönliche Transformation, äußerer Friede. Frieden in der Welt beginnt nicht mit einer Entmilitarisierung, er beginnt bei uns. In uns. Mit der inneren Heilung, der Selbst-Heilung, mit unserem inneren Frieden. Es nützt ja auf Dauer auch nichts, nur Schüssel und Töpfe unter ein leckes Dach zu stellen, wenn niemand die Löcher darin abdichtet. Die ab Seite 31 von Singh beschriebenen Übungen sind leicht nachvollziehbar formuliert und lassen sich auf einfache Art und Weise in den Alltag integrieren. Schnell wird klar, der Autor weiß, wovon er spricht. Der 1946 in Indien geborene Computer- und Kommunikationswissenschaftler begeistert seit Jahren weltweit die Besucher seiner Seminare und Leser seiner Bücher und hat an der Errichtung zahlreicher Meditationszentren mitgewirkt. Sein gesammeltes Wissen präsentiert er nicht auf eine mystisch-verklärte Weise, sondern auf moderne, ansprechende Art.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend


    Heilende Meditation in die Hand nehmen, lesen, nachdenken, ausprobieren. Selbst dann, wenn man nur die Entspannung aus der Meditation für sich verbuchen kann, lohnt sich der gerade erwähnte Selbstversuch. Ich möchte dem Buch die volle Punktzahl geben und werde es sicherlich noch öfter zur Hand nehmen.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    KIRSCHROTER SOMMER & TÜRKISGRÜNER WINTER
    rororo
    ISBN-13: 9783499227912 & ISBN-13:9783499227912
    ISBN-10: 3499227916 & ISBN-10:3499227843
    Belletristik, Jugendbuch
    1. Auflagen 01/2013
    Taschenbuch
    512 Seiten & 464 Seiten
    je € 9,99


    Verlagsseite http://www.rowohlt.de/verlag/rororo
    Autorenseite http://carinabartsch.de


    Dass ich beide Bände in eine Buchbesprechung hereinnehme, liegt darin begründet, dass sie meiner Ansicht nach zusammen besprochen werden müssen (warum folgt weiter hinten). Eventuell verrate ich dadurch allerdings zu viel. Deshalb sollten diejenigen, die vollkommen unbelastet an die gesamte Geschichte herangehen wollen, NICHT WEITERLESEN.


    Worte … Worte können vieles. Sie können uns beispielsweise verwirren oder zum Lachen bringen, zum Nachdenken anregen, etwas infrage stellen. Sie können auch Aufmerksamkeit erregen, uns verletzen oder verändern.


    Mit ihren Worten erregte Carina Bartsch eindeutig Aufmerksamkeit. Nach zahlreichen Absagen brachte sie 2011 ihr Romandebüt Kirschroter Sommer als Kindle im Schandtaten-Verlag selbst heraus. Dass es sich gelohnt hat, zeigen die Verkaufszahlen. Kirschroter Sommer erreichte Platz 1 der Kindle-Bestsellerliste für Liebesromane, stand zeitweise in den Top20 der Kindle-Jahresbestseller 2012 und platzierte sich auch vor den Kindle-Bänden 2 und 3 der stark beworbenen Fifty-Shades-of-Grey-Reihe. Dieser Erfolg rief die Agentur Erzählperspektive auf den Plan, die Bartschs Debüt auf der Buchmesse 2012 präsentierte. Daraufhin meldeten sich mehrere Verlage und Rowohlt brachte nicht lange danach zum ersten Mal in seiner Verlagsgeschichte das Werk eines e-book-self-publishers in gedruckter Form auf den Markt. Auch der Folgeband Türkisgrüner Winter wird dort verlegt. Beide Bände in einer ersten Auflage von 30.000 Stück. Der Traum eines Autors.


    Weniger traumhaft ist das, was Emely widerfährt. Worte haben sie verletzt und verändert. Das alles liegt zu Beginn von Kirschroter Sommer bereits sieben Jahre zurück. Auswirkungen auf das Leben der 22jährigen Studentin haben die Worte des nur wenig älteren Elyas, ihrer ersten und bisher einzigen Liebe, jedoch nach wie vor. Selbstbewusstsein ist das, was andere haben. Beziehungen auch. Dennoch hat sie ihn nie vergessen. Als sie sich nach dem Umzug ihrer besten Freundin/Elyas Schwester wiedersehen, flammen alle negativen Gefühle wieder in ihr auf. Elyas scheint nicht zu bemerken, dass er ihr auf die Nerven fällt, und drängt geradezu penetrant in ihr Leben. Obwohl er anscheinend jede Frau haben kann, erweckt er bei Emely den Eindruck sie unbedingt als weitere Kerbe in seinem Bettpfosten verewigen zu wollen. Während sie versucht, sich Elyas vom Leib zu halten, lernt sie zeitgleich den sanften und scheinbar schüchternen Lucca im Internet kennen. Bald darauf hat sie ein Problem. Lucca scheint ein Traummann zu sein, dem sie alles anvertrauen kann. Fatalerweise zeigt jedoch auch Elyas steter-Tropfen-höhlt-den-Stein-Methode und seine Hilfsbereitschaft (etwa nach einem schweren Unfall ihrer Eltern) bei ihr Wirkung und sie verliebt sich erneut in ihn.


    Türkisgrüner Winter setzt die begonnene Geschichte unmittelbar fort. Das Wechselbad der Gefühle vertieft sich für Emely, weil sich Lucca und Elyas fast zeitgleich zurückzuziehen beginnen. Da sie Lucca noch nie persönlich getroffen hat, beschließt Emely sich während einer Hallowen-Party wenigstens an Elyas‘ Fersen zu heften und ihn zur Rede zu stellen. Die beiden verbringen sogar die Nacht miteinander. Allerdings nur, weil Emely sturzbetrunken ist und Elyas sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen möchte. In der Folgezeit kommen sie und Elyas sich trotzdem wieder näher. Doch gerade, als sie auf Wolke sieben schwebt, erfährt sie etwas, was sie abrupt auf den Boden der Tatsachen zurückbefördert. Ihre Befürchtung erneut von Elyas verletzt zu werden, scheint sich zu bewahrheiten. Das Gefühl abermals von ihm verraten worden zu sein, lässt sie zu ihren zwischenzeitlich wieder genesenen Eltern flüchten und damit vor der Gefahr weglaufen, Elyas versehentlich zu begegnen. Ihren Gefühlen kann sie jedoch nicht ausweichen. Als sie Elyas anlässlich der Weihnachtsfeiertage überraschend wiedersieht, kommt es erneut zum Streit und alles scheint verloren.


    Gleich vorab, damit keine Missverständnisse aufkommen: Bereits das erste Buch hat mich nicht vom Hocker gerissen, aber auch nicht völlig gelangweilt. Dass ich beide Bücher gelesen habe, liegt zum einen in meiner Neugier (was kann Bartsch, was andere nicht können/womit hat sie es geschafft) begründet. Zum anderen aber auch daran, dass die Autorin (trotz diverser Schwachstellen und obwohl ich alterstechnisch eindeutig über dem Zielpublikum liege) die Frage nach dem Ausgang der Geschichte in mir wachgehalten hat. Wie und womit, weiß ich offen gestanden bis heute nicht. Doch es lag weder darin begründet, dass ich unvollendete Geschichten einfach nicht mag, noch darin eine Leseempfehlung (oder Argumente dagegen) für meine Nichten und die Töchter von Bekannten und Freunden finden zu wollen. Tatsächlich kann man mit Kirschroter Sommer und Türkisgrüner Winter einfach abschalten (es macht nichts aus, wenn man versehentlich ein Kapitel überspringt). Die Beschreibung der Figuren polarisiert, was durchaus nicht jedem Autor gelingt. Ich habe zwar nicht mitgefiebert, das eine oder andere Mal jedoch gedanklich jemanden durchgeschüttelt. Der Schreibstil sorgt diverse Male für hochgezogene Mundwinkel. Und auch wenn mich das eine oder andere daran gestört hat (siehe unten), lassen sich beide Bücher sehr leicht und in einem Rutsch durchlesen. Faktisch kann man die Bücher 13-14jährigen Mädchen beruhigt in die Hand geben.


    Die Geschichte spielt größtenteils in Berlin und wird von Emely selbst erzählt. Obwohl sie, wie die anderen Figuren, über 20 ist, wirkt Emely nicht sonderlich erwachsen - weshalb ich das Buch eindeutig als Jugendbuch einstufen möchte. Die Covergestaltung beider Bücher trägt ebenso wie die einfach gehaltene Sprache zu dieser Einschätzung bei, wobei mir Emelys Wortwahl an mehreren Stellen nicht sonderlich gut gefallen hat (auch hierauf gehe ich nachher noch einmal ein). Ich war gedanklich schon kurz davor eine Strichliste für das Kribbeln, die Gänsehaut, den einseitig verzogenen Mundwinkel oder ähnliches anzulegen, so häufig wurden bestimmte Worte/Redewendungen benutzt. Positiv anmerken möchte ich allerdings, dass es zwar um eine Beziehungsgeschichte geht, Sexszenen jedoch komplett außen vor bleiben (was gut zum Jugendbuchcharakter passt). Lediglich ein paar Küsse und tiefe Blicke gibt es - Gänsehaut und Kribbeln sind diesbezüglich aber allenfalls von Bartsch benutzte Worte und kein Lesefeeling. Auch die Handlung selbst ist relativ eng begrenzt, dreht sie sich doch größtenteils um Emelys Empfinden. Überraschende Wendungen gibt es nicht. Nicht nur durch die Erzählperspektive begründete Vorhersehbarkeiten, auch stetige Wiederholungen sorgen für gewisse Längen. Und man stolpert von einem Klischee ins nächste. Eine wirkliche Entwicklung macht weder die Geschichte noch einer der Charaktere auf den immerhin fast 1.000 Seiten durch. Genau das habe ich jedoch fatalerweise erwartet, nachdem ich vor den beiden Büchern etwas über die Autorin gelesen habe, die mit Kirschroter Sommer und Türkisgrüner Winter ihren LeserInnen nahebringen will, warum Emely und Elyas füreinander bestimmt sind.


    Während mir der Großteil der Figuren um Emely mehr oder weniger einnehmend vorkam, tat ich mich mit der in Ich-Form erzählenden Hauptfigur von Anfang des ersten bis fast Ende des zweiten Bandes extrem schwer. Dabei wirkt Emely zwar unreif, aber wie alle anderen durchaus echt. Sie stellt sich stellenweise verkrampft, größtenteils zornig und unbeherrscht vor. Sympathisch war sie mir überaus selten. Diese Momente beschränkten sich vorwiegend auf ihren E-Mail-Verkehr mit Lucca. Bartsch verwendet, wie etliche andere Autoren derzeit auch, sowohl Kurznachrichten als auch E-Mail als festen Bestandteil des Geschehens.


    Dass Emely nach der Sache vor sieben Jahren vermutlich nicht einmal weiß, wie man Selbstbewusstsein schreibt, ist die eine Sache. Das hätte mich nicht gestört und wirkt auch in der dargestellten Form gar nicht so unglaubwürdig. Tatsächlich habe ich oft genug erlebt, welch fatale Folgen wenige Worte haben können. Was mich jedoch regelrecht abgestoßen hat, war neben ihrem Verhalten ihre Ausdrucksweise. Diese wirkt keineswegs gekünstelt oder falsch, doch sie beißt sich die allermeiste Zeit schlicht und ergreifend mit meinem Verständnis der Ausdrucksweise einer Studentin der Literaturwissenschaft, für die (Seite 33) Literatur mit einem magischen Zauber belegt ist, der sie mit all seiner Kraft gefangen hält. Irgendwie gehe ich davon aus, dass jemand, der gerne und viel liest, eine andere Wortwahl hat. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass Worte wie Miststück, Idiot, Blödmann genauso wenig zu meinem gängigen Tagesvokabular gehören, wie ich sie in dieser Fülle aus dem Mund anderer hören oder lesen möchte. Klingt weltfremd, ich weiß. Aber ich finde, dass wir eine herrliche Sprache haben, mit der wir Missfallen und negative Gefühle auch ohne derbe Wortwahl und verbale Entgleisungen zum Ausdruck bringen können. Emely benutzt die Worte außerhalb ihrer Mails jedenfalls gerne und überaus häufig, nicht nur gedanklich und nicht nur im Bezug auf Elyas. Und dafür, dass sie mit Sex nichts am Hut hat, dreht sich ihr Denken sehr viel darum. Egal ob es um die Bedürfnisse ihrer in ihren Augen zu unersättliche Mitbewohnerin Eva oder um die Baggerversuche von Elyas geht (wobei der Bagger da in meinen Augen manchmal eher einem Teelöffelchen gleicht).


    Während ich neben dem verständnisvollen Lucca auch den von Emely als überheblich-arroganten, stets baggernden, ekelhaft beschriebenen Elyas fast durchgehend nett fand (allein für die Bad-Szene nach der Halloween-Party hat er etliche Sympathiepunkte bekommen), kam mir Emely selbst wie ein beleidigt-zickiger, hormongeschüttelter Teenager der schlimmsten Sorte vor. ICH scheint bei ihr von vorne bis hinten groß geschrieben zu sein. Ihre mit Füßen getretene, ach so unsterblich-unvergessene Liebe zu Elyas besteht (logischerweise größtenteils bereits durch die Erzählperspektive begründet) neben der unerschöpflichen Auflistung all seiner Fehler, seiner berechnenden Manipulationen und der stetigen Erwähnung ihrer durch ihn verursachten emotionalen Verletzungen vorwiegend daraus, ihn mies zu behandeln, damit sie sich besser fühlt. Da sie anderen nicht zuhören will, gehört Verzeihen eindeutig nicht dazu. Vergessen schon gar nicht. Kompromisse und Liebe scheinen bei ihr unvereinbar zu sein und überhaupt wirkt Emely in ihrem Egoismus eher oberflächlich verliebt (was wiederum zu dem Jugendbuchcharakter passt). Sie tut sich selbst am meisten leid. Dabei verschließt sie sich vor der Tatsache, dass ihre boshaften Erwiderungen auf eigentlich ganz harmlose Bemerkungen seinerseits ebenfalls verletzen können. Emily geht aus nichtigen Gründen in die Luft, schlägt verbal blind um sich und lediglich Elyas Ausdauer und Geduld ist es zu verdanken, dass sich die beiden näher kommen. Seinem abschätzig von ihr beurteilten großen Ego verdankt sie es im Grunde genommen, dass er ihre Sticheleien und Provokationen aushält. Er läuft ihr nach wie manch hungriger Esel seiner Möhre und ihre bissig-biestige Art und Weise (die nicht biestig-eloquent, sondern einfach eingeschnappt wirkt) sorgt dabei lediglich für schief verzogene Mundwinkel bei ihm, Grinsen und Amüsiertheit.


    Ihre passiv-abweisende Angriffshaltung gibt Emely eigentlich erst auf, als Elyas seinerseits die Segel streicht. Nicht einmal als er am Ende des zweiten Bandes gleich über zwei Kapitel hinweg seine Motive und sein geplantes Handeln erläutert, kommt dieser jahrelang gehegte Abwehrmechanismus wieder hervor, dabei entspricht Elyas Geständnis genau dem, was sie ihm permanent unterstellt und er genauso vehement abgestritten hat. Ein weiteres Mal wird auf dem alles entscheidenden Missverständnis herumgeritten. Die eigentliche Motivation für die Hartnäckigkeit von Elyas wirkt dabei jedoch relativ unglaubwürdig. Neue Erkenntnisse gewinnen Bartschs LeserInnen zudem nicht. Denn im Grunde kann man das alles schon viele, viele Seiten vorher und nicht nur zwischen den Zeilen aus der Geschichte herauslesen. Immerhin kommt es bereits recht schnell zu einer, durch einen Joint (so langsam aber sicher frage ich mich, wie ich ohne so was überhaupt 45 werden konnte) initiierten, entspannten Phase und damit verbunden zu einer Aussprache bezüglich der alles verursachenden Worte. Die Versöhnung scheint bereits da so nahe, die perfekte Beziehung auch. Immerhin haben beide so viele Gemeinsamkeiten, dass es fast schon unheimlich ist.


    Aber wie gesagt, sie scheint nur nahe, denn da gibt es ja Emelys ach so große Verletztheit und ihre Angst erneut dem bitterbösen, berechnend-manipulativen und selbstsüchtigen Elyas zum Opfer zu fallen. Für einen Schritt nach vorne macht Emely also munter meist gleich drei zurück, weshalb ich auch beide Bücher in einer Besprechung vorstellen möchte. Dieser Eiertanz ist nämlich die gesamte Handlung beider Bücher. Darin gehen der Selbstmordversuch einer gemeinsamen Freundin bzw. Bekannten, das Liebesglück von Alex und Sebastian, die anstehende Hochzeit von Andy und Sophie, der schwere Verkehrsunfall von Emelys Eltern und noch etliche andere Dinge (nicht in der Reihenfolge) ebenso gnadenlos unter wie die Intention der Autorin. Elyas kann tun und machen, was er will. Vermutlich könnte er die Sterne vom Himmel holen, es hätte keinen Sinn. Es wird nicht klar, warum die beiden füreinander bestimmt sind - mir jedenfalls nicht.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend


    Vermutlich wäre es besser gewesen, beide Bücher auf eines zusammenzukürzen und dieses auch noch auf etwa 300 Seiten zu beschränken. Denn mehr gibt die Handlung im Grunde nicht her. Wer Wert auf eine sich entwickelnde Handlung und Gefühle (außerhalb von Verletztheit und Wut) legt, sollte auf alle Fälle die Finger von beiden Büchern lassen. Wer jedoch einfach etwas zum Abschalten sucht, ist damit durchaus gut bedient. Unabhängig davon: Die 14jährige Tochter einer Bekannten war von beiden Büchern hellauf begeistert. Mich selbst hat die Geschichte von Emely und Elyas jedoch nicht entflammt, stellt sie sich doch zu einseitig und oberflächlich dar. Tödlich gelangweilt hat sie mich aber auch nicht. Dennoch überwiegen die Schwachstellen, weshalb ich beiden Büchern nur sechs von zehn Punkten geben möchte.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    SWB-Verlag
    ISBN-13: 9783942661959
    ISBN-10: 3942661950
    Thriller
    1. Auflage 09/2012
    Taschenbuch, 383 Seiten


    Verlagsseite http://www.swb-verlag.de
    Autorenseite http://www.edwin-klein.de


    Kürzlich warf ein Bekannter einen Blick auf meinen SuB. Als er Der Krebskandidat entdeckte, flammte sein Interesse auf, glaubte er doch, dass es darin um den von William B. Davis in Akte X gespielten, anscheinend stets rauchumwölkten Krebskandidaten ginge. Ich habe den darauf folgenden begeisterten Ausführungen zur Filmfigur nur mit halbem Ohr gelauscht und mich stattdessen nochmals entsetzt über die Inhaltsangabe des Buches hergemacht. Obwohl ich so ziemlich alles lese, kann ich nicht behaupten, Akte-X-Fan zu sein. Einen Roman über eine Figur daraus wollte ich auch nicht unbedingt lesen. Während mein Bekannter mein mangelndes Interesse absolut nicht nachvollziehen konnte, durfte ich jedoch erleichtert aufatmen. In Edwin Kleins 2012 beim SWB-Verlag herausgegebenen Roman geht es glücklicherweise um etwas ganz anderes.


    1967 wurde Klein Deutscher Juniorenmeister im Hammerwurf. In den folgenden Jahren durfte der ehemalige Leichtathlet noch mehrmals das Siegertreppchen besteigen und nahm auch an den Olympischen Spielen 1972 und 1976 teil. Nach Beendigung seiner Sportlerkarriere war er als Gymnasiallehrer tätig. Seit 1990 arbeitet er als freier Autor. Aus der Feder des 1948 bei Trier geborenen Edwin Klein, der auch unter dem Pseudonym Ed Elkin schreibt, stammen über 20 Bücher, z. T. in mehreren Auflagen und Sprachen, sowie etwa ein Dutzend Drehbuch-Exposés. Kleins Spektrum reicht von Sach- über Kinderbücher hin zu Biografien. Auch actionorientierte Polit-Thriller, angesiedelt im nationalen wie internationalen Milieu, sind dabei.


    Der Krebskandidat Philipp kann sich offenbar ohne medizinische Behandlungen selbst heilen. Die Pharmaindustrie interessiert sich für ihn, birgt doch Philipps genetische Veranlagung die Chance, ein Mittel gegen die todbringende Krankheit entwickeln zu können. Dadurch steht sein Leben von heute auf morgen Kopf und ihm werden verlockende Angebote gemacht. Doch bei Weitem nicht jeder sieht in der Ergründung seines Geheimnisses einen absoluten Segen. Faktisch drohen der Pharmaindustrie herbe Verluste, weil sich mit gesunden Menschen kein Geld verdienen lässt. Philipp wird zu einem Problem …


    Diese spannende Grundidee offenbart sich nach einem schnellen Blick auf die Rückseite des Buches. Wer vermutet, dass sich Klein ausschließlich auf Philipp und seine wundersame Veranlagung bzw. auf die sich für ihn ergebenden Folgen konzentriert, wird schnell eines Besseren belehrt. Tatsächlich spielt er eine genauso große oder kleine Rolle wie alle anderen Charaktere, die man im Buch findet. Egal ob es sich um seine Freundin Gilla handelt, die ihn irgendwann managt, da ihm die Sache recht schnell über den Kopf wächst. Seinen Freund und Hausarzt Holger oder Gillas Ex-Freund und Computercrack Kurt. Peter Farmer, den Chef eines großen Pharmaunternehmens, dessen als Wissenschaftlerin tätige Geliebte, seinen zwielichtigen Sohn Walter, seinen profitgierigen Schwiegervater oder dessen gleichgesinnte Freunde, die im Hintergrund ähnlich Marionettenspielern die Fäden ziehen. Da gibt einen Fremdenlegionär und dessen Helfer, die sich für andere die Hände schmutzig machen. Und noch etliche weitere Charaktere, mal mehr mal weniger beleuchtet, zwischen denen der Autor munter hin und her springt.


    Auch bei den Handlungsorten spart Klein nicht. Er schickt seine Figuren an verschiedene Orte in Europa, in den Vereinigten Staaten von Amerika und auf dem afrikanischen Kontinent und lässt sie eine Fülle an Dingen erleben, Aktionen planen und ausführen, verlieren und gewinnen. Die 382 Seiten sind wirklich prall gefüllt mit Erzählsträngen, die sich einander unterschiedlich temporeich nähern und wieder auseinanderdriften, ohne dass einer dieser Stränge verloren geht oder offen endet. Sie handeln auf den ersten Blick zwar durchaus von Philipp, mehr jedoch von den überaus korrupten, absolut profitgierigen, machthungrigen und erschreckend menschenverachtenden Motiven derjenigen, die an der Spitze großer Pharmaunternehmen stehen. Wer Freund oder Feind ist, erschließt sich dabei nicht gleich auf den ersten Blick.


    Ein Ideenszenario ganz nach meinem Geschmack. Eigentlich. Denn tatsächlich handelt es sich bei Der Krebskandidat um ein Buch, das mir nach einem interessanten Auftakt einiges an Durchhaltevermögen abverlangte. Mehrere Male war ich kurz davor, es endgültig vor der Lektüre des letzten Kapitels beiseite zu legen. Immer wieder stolperte ich über die gleichen Schwachstellen und brauchte, was bei mir extrem lange ist, sechs Wochen, bis ich besagtes Kapitel beenden konnte. An der Grundidee lag es nicht, denn die finde ich nach wie vor spannend. An den vielen Informationen, die man im Bezug auf Krebserkrankungen und Untersuchungsmethoden ganz nebenbei erfährt, ebenso wenig. Firmenpolitische Erwägungen, Intrigen und Verwirrspiele, Anschläge und Rückschläge - all das hätte mich grundsätzlich fesseln können, wäre es denn anders beschrieben worden.


    Alle Charaktere blieben mir fremd. Das erklärt sich nicht nur damit, dass der Autor sich diverser Klischees bedient und seine der Figuren alle hypergescheit und umfassend informiert gestaltet. Es liegt sicherlich auch daran, dass lebendige Dialoge fehlen. Zu vieles spielt sich in den Köpfen der Figuren ab. Ihre Gedankengänge wirken abgeklärt-distanziert, muten fast wie abstrakte Selbstgespräche an. Teils sind es auch Selbstgespräche, die dazu noch allzu häufig im Konjunktiv I formuliert wurden. Selten habe die Worte werde, solle, müsse oder könne in einer derartigen Fülle gelesen. Unterschiede zwischen den Figuren kann man hier kaum erkennen. Dadurch scheint die Geschichte insgesamt eher präsentiert zu werden, als sich zu entwickeln. Kommt es tatsächlich zu einem Dialog, artet dieser allzu schnell in etwas aus, dass sich am besten als Fachsimpelei beschreiben lässt. Die ist zwar durchaus interessant, wirkt jedoch trocken. Emotionen gehen auf diese Weise zudem vollkommen unter. So habe ich beispielsweise angesichts der Gefahr, in der Philipp sich im Laufe der Geschichte befindet, keine Angst bei ihm erkennen können, da er sich durchweg rational verhält. Auch Gillas Verhalten scheint eher gewinnorientiert als andeutungsweise besorgt. Wut wird erwähnt, doch erstickt keine der Figuren daran, machen sie sich doch sofort und überaus vernunftbegabt an die Umsetzung von eventuellen Rachegelüsten.


    Auch die bildhafte Beschreibung der Handlungsorte fehlt oder geht, sofern sie denn vorhanden ist, in allzu anschaulichen Ausführungen mit Sachbuchcharakter unter. Klein erwähnt viele Vorkommnisse aus dem realen Leben, verknüpft sie mit seiner Romanhandlung. Beides finde ich grundsätzlich spannend und interessant. Allerdings zog sich das Geschehen in diesem Fall stellenweise unerträglich in die Länge, gerade aufgebaute Spannung flachte schlagartig wieder ab. Letzteres auch deshalb, weil sich durch die Perspektivwechsel eine gewisse Vorhersehbarkeit einschlich.


    Hinzu kommt, dass die Figuren - Philipp und Gilla sozusagen als Normalbürger, Farmer als Chef eines riesigen Konzerns, Walter als sein Handlanger oder der Fremdenlegionär der für Geld alles tut - über Ressourcen und Möglichkeiten verfügen, die sie fast auf gleicher Augenhöhe operieren lassen. Und, obwohl der eine schlauer und gewiefter ist als der andere, Fehler machen und Dinge außer Acht lassen, die ebendies in Frage stellen. Kriminelle Machenschaften werden durch Verträge ausgebremst und die wiederum durch kriminelle Machenschaften ausgehebelt. Sinn und Zweck mancher Aktion bleiben so mitunter fast auf der Strecke.


    Grundsätzlich - Roman hin oder her - wirken Kleins Gedankengänge zu den profitorientierten Interessen der Pharmaindustrie im Medikamentenbereich nicht völlig unglaubwürdig. Dazu gab es in der Vergangenheit bereits zu viele entsprechende Skandale. Krankheit ist ein wesentlich lukrativeres Geschäft als Gesundheit. Allerdings wirkt der von ihm präsentierte Erzählstrang bezüglich der vordergründig angestrebten Herstellung DES MEDIKAMENTS gegen Krebs grundsätzlich ebenso wie der mehrfach im Buch angesprochene, eng gesteckte zeitliche Rahmen etwas weit hergeholt.
    Das Ende hat mich dennoch in gewisser Weise völlig überrascht, wobei ich mich hier nicht auf das letzte Kapitel im Buch beziehe. Doch insgesamt betrachtet ist die Idee des Drahtziehers hinter allem zu konstruiert-bemüht. Die Motivation ist zwar klar herausgearbeitet und angesichts des enormen Gewinns für diese Figur auch nicht gänzlich unglaubwürdig. Doch die Entwicklung beruht einerseits auf zu vielen geschickten Planungen und andererseits auf allzu passenden Zufällen. Hätte der Hausarzt nicht reagiert, wäre ein weiterer Arzt nicht in Aktion getreten. Wäre dieser nicht in Aktion getreten, hätte Philipp niemals den ersten Schritt in die Öffentlichkeit gemacht. Ohne diesen Schritt wäre aber die Folgereaktion nicht zu erwarten gewesen und so weiter. Die drahtziehende Figur im Hintergrund scheint einzig und allein einfach alles bedacht zu haben, selbst die Reaktionen von Konkurrenten. Praktischerweise denken jedoch sowieso nur amerikanische und deutsche Pharmaunternehmen ernsthaft daran, die ebenso verblüffende wie hoffnungsmachende Anomalie Philipps gewinnbringend für sich zu nutzen.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend


    Der Autor spannt einen detailverliebten weiten Bogen ausgehend von einer Krebsdiagnose und den daraus resultierenden Entwicklungen, über erschreckende Testreihen und gewinnbringende Falschmeldungen sowie Versuchen an Menschen bis hin zur Gier nach Macht und Reichtum, die alles überstrahlt. Das grundsätzlich interessante Ideenszenario verliert jedoch an Reiz angesichts der Gedankenfülle, die der Autor zum Ausdruck bringt. Einiges wirkt zu komprimiert. Anderes eindeutig zu ausführlich. Insgesamt nicht immer spannend, aber auch nicht durchgehend langweilig. Richtig gut gefiel mir das Buch nicht, da es mir zu viel Durchhaltevermögen abverlangt hat. Wirklich schlecht fand ich Kleins Roman jedoch keinesfalls, weshalb ich sechs von zehn Punkten dafür vergeben möchte.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Originaltitel: I heart Paris
    Aus dem Englischen übersetzt von Elfriede Peschel
    blanvalet Taschenbuch Verlag
    ISBN-13: 9783442380176
    ISBN-10: 3442380170
    Chick-Lit
    1. Auflage 01/2013
    Taschenbuch, 384 Seiten
    [D] 8,99 €


    Verlagsseite http://www.blanvalet.de
    Autorenseite (englisch) http://lindseykelk.com


    Gleich eingangs des Buches, noch bevor die eigentliche Romanhandlung beginnt, erfährt man: Angela Clark ist zurück. Dabei ahnte ich noch nicht einmal, dass sie überhaupt weg war. Aber keine Sorge, der aktuelle Roman lässt sich auch lesen, wenn man die I-heart-Reihe nicht kennt. Zum einen wird eingangs Bezug auf früheres Geschehen genommen. Zum anderen sind die einzelnen Bücher so in sich abgeschlossen, dass man sie nicht nacheinander lesen muss.


    Die 1980 in England geborene Autorin und Bloggerin scheint als Kind entweder sehr wenige Bücher besessen zu haben oder aber ein Ausnahmetalent gewesen zu sein. Wie man im Buch über sie nachlesen kann, begann sie bereits mit sechs Jahren zu schreiben, und zwar nachdem sie alle Bücher in ihrem Kinderzimmer durchgelesen hatte. Dieses Erstlingswerk wurde nie veröffentlicht, weshalb sie etwas mehr als zwei Jahrzehnte später Lektorin für Kinderbücher wurde. Nach einem New York-Urlaub erschien 2009 ihr erstes Buch I heart New York bei Harpers London (Verliebt, verlobt, Versace, blanvalet 2009). Im gleichen Jahr zog Kelk auch in ihre Wahlheimat New York. Bis 2012 wurden weitere sechs Romane von ihr veröffentlicht, darunter vier um ihre Hauptfigur Angela Clark. Von diesen sind bereits zwei in deutscher Übersetzung (Chic, Charme und Chanel, blanvalet 2010, und der vor mir liegende Roman Gucci, Glamour und Champagner, blanvalet 2012) erhältlich.


    Wie schon erwähnt: Angela Clark ist zurück. Noch ziert sie sich etwas, zu ihrem Freund Alex zu ziehen, aber das ändert sich im Laufe des Romans. Auch beruflich fasst sie immer mehr Fuß. Nach ihrem Los-Angeles-Trip und den damit verbundenen Turbulenzen (I heart Hollywood/Chic, Charme und Chanel) hat Angelas Junge-Engländerin-lebt-in-New-York-und-schwafelt-über-ihr-Alltagsleben-Blog Aufmerksamkeit an der richtigen Stelle erregt. Sie soll für eine renommierte Modezeitschrift über Paris zu schreiben. Praktischerweise soll Alex zeitgleich an einem Rock-Festival in Paris teilnehmen. Angela sieht sich bereits das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Denn abgesehen von ihrem Ruf als Stadt der Mode und Designershops ist Paris ja auch als Stadt der Liebe bekannt. Doch Angela wäre nicht Angela, wenn dabei alles glattgehen würde. Und so beginnt bereits einiges schief zu laufen, bevor sie überhaupt französischen Boden betritt. Abgesehen davon, dass jemand ihr berufliches Fortkommen zu sabotieren scheint, erwischt Angela fast zeitgleich mit ihrem Sinneswandel in puncto Zusammenziehen Alex mit seiner Ex bei einem scheinbar trauten tête-à-tête. Wie bereits im ersten Band der I-heart-Reihe drohen ihre Zukunftsträume sich aufzulösen.


    Die Autorin lässt ihren nach wie vor leicht naiven, sympathischen, temperamentvollen Hauptcharakter selbst die Geschichte erzählen. Die anderen Figuren präsentieren sich von bodenständig normal, freundlich-fröhlich-hilfsbereit über launisch-überspannt, ignorant und/oder intrigant. Man findet schnell in die Geschichte hinein, die im Grunde genommen überall spielen könnte. Der amüsante, erfrischend-leichte Schreibstil sorgt dafür, dass Kelks LeserInnen Angela von New York nach Paris begleiten und an ihrer Seite einen kurzen, verzweifelten Abstecher nach England machen, bevor sie gedanklich nach einem zweiten, kleinen Parisaufenthalt an Angelas Seite in deren Wahlheimat New York zurückfliegen.


    In durchaus bekannter, aber deswegen nicht weniger amüsanter Manier erlebt Angela dabei auch im dritten Buch wieder Hochs und Tiefs, ausgelöst durch teils sehr kreative Widersacher oder ihre eigene Fantasie. Die Autorin geht ein weiteres Mal auf etliche Markenlabel ein; vielleicht ist dies in ihrem eigenen Schuhfaible begründet, wer weiß. Wie gut, dass Angelas Freundin Jenny (die auch im ersten und zweiten Band dabei war) quasi für lau an all die teuren Sachen kommt und sie ihr auch noch großzügig überlässt. Eigentlich sollte man denken, dass Angela perfekt gekleidet ebenso munter wie unbedarft in diverse Fettnäpfchen tritt und alle teilweise heiter-überspitzt dargestellten Situationen erlebt. Doch bekanntlich kommt es ja erstens anders, als man zweitens denkt.


    Natürlich lässt sich bereits früh erahnen, worauf alles hinauslaufen wird; dass es vor dem Happy End Entwicklungen geben muss, die Angela Kopfzerbrechen bereiten. Auch eine gewisse Oberflächlichkeit lässt sich schon angesichts des Titels vermuten und das eine oder andere Klischee kommt ebenfalls zum Tragen. Das tut der Geschichte jedoch wenig Abbruch, denn Hand aufs Herz, genau das erwarten Kelks LeserInnen ja irgendwie auch, nicht wahr? Schließlich muss nicht alles immer bitterernst sein.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend


    Unterhaltsam-leicht, amüsant-seicht. Der perfekte Quickie für zwischendurch garantiert ein paar entspannte Lesestunden und belustigt verzogene Mundwinkel. Ich möchte acht von zehn Punkten dafür vergeben.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Als ich kürzlich in einer Lesegruppe den Namen Sophie Kinsella erwähnte (das im November 2012 bei Goldmann erschienene Taschenbuch Kein Kuss unter dieser Nummer war gerade an diesem Tag in mein Eigentum übergegangen), wurde gleich mehrfach gefragt, ob das ein neues Buch aus der Schnäppchenjäger-Reihe um Rebecca Bloomwood wäre. Meine Augenbrauen gingen nach oben, ich musste passen. Besagte Buchreihe sagte mir gar nichts, auch die Kinoverfilmung (Shopaholic - Die Schnäppchenjägerin) habe ich nicht gesehen. Überhaupt war mir auch kein anderes Buch der Autorin ein Begriff - dabei gibt es einige. Sei es unter dem Pseudonym Madeleine Wickham (sieben Bücher bei Goldmann von 1997 - 2003) oder Sophie Kinsella (fünf Schnäppchenjäger-Bücher und weitere sechs bzw. sieben (bei einem als Co-Autorin) Einzelromane, ebenfalls bei Goldmann von 2003 - 2012).


    Hinter einer Finanzjournalistin hätte ich irgendwie grundsätzlich Autorin von Büchern wie dem mir vor mir liegenden Kein Kuss unter dieser Nummer vermutet. Man sollte sich eben nie von Voruteilen (Finanzjournalismus = trockene Materie) beherrschen lassen. Denn die 1969 in London geborene und heute noch mit ihrer Familie dort lebende Autorin Sophie Kinsella schreibt auf leichte, unterhaltsame Weise und laut Wikipedia allgemein über Heldinnen, die in abstruse und lustige Situationen geraten, aus der sie nur ihre Kreativität befreit.


    Und so präsentiert sich tatsächlich auch Poppy in Kein Kuss unter dieser Nummer. Die junge Frau ist mit ihrem Traummann zusammen und hat das Familienerbstück von Verlobungsring an ihrem Finger. Besagter Traummann sieht nicht nur gut aus, sondern stammt auch noch aus einer ebenso supergescheiten wie reichen Familie. Gut, Letzteres ist ein Problem, denn Poppy selbst besitzt zwar durchaus emotionale Intelligenz, ihr erlernter Wissensschatz scheint jedoch kleiner als ihr Minderwertigkeitskomplex. Überhaupt denkt sie, dass ihre Schwiegereltern in spe sich für ihren Sohn eine andere Frau als ausgerechnet sie wünschen. Dazu kommt, dass Poppy auf Unglück und Pannen offenbar genauso anziehend wirkt wie ein Magnet auf Eisenspäne. Kein Fettnäpfchen ist vor ihr sicher.


    Gleich eingangs kommt es prompt, wie es kommen muss. Der Verlust des Verlobungsringes ist erst der Anfang des Chaos. Ihr lebensnotwendiges Handy wird gestohlen. Einer glücklichen Fügung verdankt sie den Fund eines weggeworfenen Handys. Doch der Fund birgt einige Tücken und Fallstricke in sich, weil es ein Firmenhandy ist. Der dazugehörige Geschäftsmann Sam Roxton lässt sich darauf ein, Poppy das Handy vorübergehend zu überlassen, weil sie die dazugehörige Nummer schon allen gegeben hat, die ihren Verlobungsring vielleicht finden könnten. Poppy mischt sich in ihrer unbekümmerten Art in alles ein, was sie so auf dem Handy findet. Das hat Folgen für die beiden.


    Die Autorin lässt ihre Hauptfigur selbst die Geschichte erzählen. Poppy präsentiert sich dabei liebenswert chaotisch, absolut harmoniebedürftig, teils unverfroren, teils tollpatschig, trägt ihr Herz auf der Zunge und gerät in einige schräg-überspitzt dargestellte Situationen. Sam kommt anfangs nicht so gut weg, wirkt zwar durchaus hilfsbereit, noch eher jedoch kalt und distanziert. Sein Frauenbild ist überaus klischeebehaftet. Seine guten Seiten offenbaren sich jedoch im Verlauf der Geschichte und Poppy muss ihre anfängliche Meinung über ihn revidieren. Die über ihren Traummann auch, denn sie stellt zu ihrem Entsetzen kurz vor der lang ersehnten Trauung fest, dass Traummänner auch in Albträumen mitspielen können. Außerdem trachtet tatsächlich jemand danach, besagte Heirat zu unterlaufen. Und auch dass die Geschäftswelt ein Haifischbecken sein kann, kommt ans Licht.


    Gerade scheint es sehr in Mode zu sein, Mails und Kurznachrichten als festen Bestandteil in Romanen zu verwenden. Auch in Kinsellas Roman sind sie fleißig in die Handlung eingewoben, kommunizieren Poppy und Sam anfangs doch hauptsächlich auf diesem Weg miteinander und Poppy scheint sowieso grundsätzlich geradezu mit ihrem Handy verwachsen. Außerdem bestätigt Poppys pathologisch anmutendes Harmoniebedürfnis genau auf diesem Weg mehr als einmal den Kurt Tucholsky zugeschrieben Ausspruch Das Gegenteil von Gut ist nicht Böse, sondern gut gemeint.


    Trotz des temporeichen, humorvoll-frischen Schreibstils der Autorin findet sich die eine oder andere kleine Länge. Insgesamt gesehen tut dies der unterhaltsam-leichten Geschichte jedoch keinen großen Abbruch. Dass mehr als eins der schrägen Erlebnisse Poppys etwas weit hergeholt wirkt, übrigens auch nicht.


    Die Charaktere wirken samt ihrer Motivation trotz der einen oder anderen überzogen Darstellung überraschend echt und (mal mehr, mal weniger) liebenswert. Nicht nur die Fußnoten (in denen Poppys Gedanken einmal mehr zum Ausdruck gebracht werden und die sich überraschend oft mit dem deckten, was mir beim Lesen durch den Kopf ging), sondern auch Szenen wie gleich eingangs, als sie (um das Handy behalten zu dürfen) als singendes Telegramm herumhüpft, haben mich zum Lachen gebracht. Dass man nicht von vorne bis hinten durchlacht oder -schmunzelt, liegt an den ernsteren Handlungsfäden, denn nicht nur für Poppy läuft keineswegs alles glatt und gut.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend
    Eine heitere, kurzweilig-romantische Unterhaltung zum Entspannen für zwischendurch. Mir hat der Roman Lust auf weitere Romane der Autorin gemacht.



    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Renate Götz Verlag
    ISBN-13: 9783902625205
    ISBN-10: 3902625201
    Belletristik
    Ausgabe 12/2010
    Broschiert, 196 Seiten
    [D] 17,41 €


    Verlagsseite http://www.rgverlag.com
    Autorenseite http://www.christinespindler.de


    Der Preis mit 17,41 € ist etwas ungewöhnlich. Aber das ist das im Zuge eines Adventsgewinnspiels zu mir gekommene Buch zum Nachdenken und Staunen für Jugendliche und Erwachsene von Christine Spindler auch. Und zwar im durchweg positiven Sinn.


    Die 1960 in Backnang geborene und in Auenwald lebende Autorin hat bereits mehr als 40 Bücher geschrieben. Aus ihrer Feder stammen vorwiegend Kinderbücher und Krimis. Teils veröffentlichte sie diese unter ihrem richtigen Namen. Dazu zählen etwa die deutsch-englischen Lernschmöker von Langenscheidt Love Takes Centre Stage - Bühne frei für die Liebe oder Love Takes a Detour - Liebe auf Umwegen. Andere Veröffentlichungen erfolgten teils unter dem Kurznamen Chris Spindler, ihrem Pseudonym Tina Zang oder (als Co-Autorin) dem Sammelpseudonym Kris Benedikt. Bereits 2007 kam im Sieben-Verlag ihr Buch Winterleuchten auf den Buchmarkt. Mond aus Glas ist eine inhaltlich teilweise überarbeitete Auflage davon.


    Das Cover zeigt ein junges, gleichermaßen traurig wie verloren wirkendes Mädchen an einem Gewässer, über dem der Vollmond steht. Die Inhaltsangabe erklärt gleich eingangs ihren Gesichtsausdruck, ist doch die Zwillingsschwester der mittlerweile 16jährigen Luna zwei Jahre zuvor nach einer Tumoroperation gestorben. Der Verlust und die Trauer drohen die Familie zu zerbrechen. Abgesehen davon entdeckt Luna Veränderungen an sich, die sie sich nicht erklären kann. Doch im Buch geht es nicht nur um sie. Auch Finn steckt gerade in einer schwierigen Phase. Seine Eltern haben sich kürzlich getrennt und er muss mit seiner kleinen Schwester und seiner Mutter in einer fremden Stadt einen Neuanfang wagen. Das gestaltet sich vor allem deshalb etwas schwierig, weil der gerade 18jährige Finn als Bluter von seiner Mutter ein Leben lang in Watte gepackt, verhätschelt und isoliert worden ist. Dabei hat auch er Fähigkeiten, die ihn von anderen unterscheiden. Luna und Finn lernen sich kennen, erkennen, wie einzigartig sie sind, und verlieben sich ineinander.


    Wer jetzt denkt, eine einfache Liebesgeschichte in Händen zu halten, irrt allerdings. Denn Spindlers Geschichte ist weitaus mehr und wird von weiteren Charakteren beseelt. Zwar verweist die Inhaltsaufgabe auf Luna und Finn, doch erweisen sich Spindlers übrige Figuren als ebenso wichtig. Egal ob es sich um Finns altkluge, kleine Schwester Motte handelt, die viel lieber bei ihrem Vater leben würde aber nicht darf. Oder um seine überbesorgte Mutter Marianne, die neben einem Alkoholproblem auch mehr als ein Geheimnis hat, oder Finns Vater Rainer, der es mit der Treue nicht so ernst genommen hat - zwischen beiden sind die Fronten verhärtet. Auch Lunas Mutter Vera, die Luna vernachlässigt, und nur durch die Erkenntnis, dass Stella einem karrieresüchtigen, gewissenlosen Arzt zum Opfer gefallen sein könnte, aus ihrer Depression gerissen wird, spielt keine unbedeutende Nebenrolle. Ebenso wenig ihr Mann, Lunas Vater Urban, der sich in seiner Trauer von Vera alleine gelassen fühlt. Die Ehe der beiden ist erstarrt, droht wie gesagt zu zerbrechen. Da ist aber auch Lunas Tante Evi mit einer leichten geistigen Behinderung, die sich nicht verstellen kann und die ebenso auf die Familie angewiesen ist, wie diese auf sie. Sogar Lunas Schulrektor, zwei Lehrer oder die Freundin von Vera sind nicht einfach nur nebenbei erwähnte, nebensächliche Füllfiguren.


    Alle sind wundervoll beschrieben, wirken authentisch (trotz der Erwähnung und damit Komprimierung aller in einem Roman) und mehr oder weniger liebenswert. Keiner davon wirkt wirklich alt oder jung, überaus erwachsen oder absolut kindlich. Exzentrisch verschroben sind sie alle. Jeder hat Fehler und Schwächen. Niemand ist perfekt, auch die verstorbene Stella nicht. Genau dadurch wirken sie herrlich lebendig und man kann sich in alle hervorragend hineinversetzen. Von Beginn an leidet man mit ihnen, lacht mit ihnen, fiebert mit ihnen, wundert sich mit ihnen, hofft mit ihnen. Und wünscht ihnen, dass die Geschichte trotz der tragischen Momente gut ausgeht.
    In jedem Kapitel gibt es gleich mehrere Erzählstränge. Die Verknüpfung mehrerer gleichberechtigter Handlungsfäden und Charaktere beinhaltet für viele Autoren ungeahnte Stolperfallen und allzu häufig bleibt neben dem Lesefluss auch der Lesespaß auf der Strecke. In Mond aus Glas wird beides jedoch Stück für Stück unaufgeregt emphatisch in einer wundervollen gleichsam feinsinnigen wie bildhaften Sprache von der Autorin miteinander verwoben.


    Aufkommende Fragen finden sukzessive ihre Antworten. Diese wühlen auf, geht es doch, abgesehen von dem von Spindler verarbeiteten fantastisch-märchenhaften Element um grundsätzliche Dinge, die jeden von uns betreffen. Tod und Trauer stehen der ersten Liebe ebenso gegenüber wie der, die schon seit Jahren existiert. Ein Wust von Emotionen findet in Mond aus Glas Raum. Anklagen und Schuldgefühle, Wut, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Aber auch Freude, Verzeihen und Zuversicht. Es geht um Loslassen und Festhalten. Um das Am-Boden-Sein und darum, wieder aufzustehen. Um neue Blickwinkel und damit verbundene Einsichten. Jedes der 31 Kapitel ist eingangs übrigens mit einem Gedicht versehen, welches die Emotionen im Buch zusätzlich widerspiegelt.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend


    Ein absolut empfehlenswertes, berührendes und nachdenklich machendes Buch für Jung und Alt. Eine genauso märchenhafte wie echt wirkende Geschichte, die zu Tränen rührt, aufwühlt und zum Lachen animiert. Eine Geschichte, der ich fünf von fünf Punkten geben möchte und die ich garantiert mehr als einmal lesen und verschenken werde.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Piper
    ISBN-13: 9783492272865
    ISBN-10: 349227286X
    Belletristik
    Ausgabe 12/2012
    Taschenbuch, 480 Seiten
    [D] 9,99 €


    Verlagsseite http://www.piper-verlag.de


    Wie man bei einem Blick auf die Verlagsseite erfährt, hat die unter dem Pseudonym Noemi Jordan arbeitende deutsche Autorin vor zwei Jahrzehnten in einen hawaiianischen Clan eingeheiratet und Zwillinge bekommen. Sie ist fasziniert von den Heilkünsten der Kahunas, für die Raum und Zeit etwas anderes bedeutet als für uns, können sie doch jenseits davon wandeln. Heute lebt die Autorin im Süden Deutschlands.


    Von ihr stammt eine kleine Buchreihe. Sie besteht aus dem Auftaktroman Tal der tausend Nebel (Piper 2012), Insel der schwarzen Perlen (Piper 2012) und dem 2013 geplanten Titel Bucht des wilden Ingwers. Das ist mir allerdings erst aufgefallen, als ich den zweiten Band zu etwa zwei Dritteln gelesen hatte. Bereits dadurch wird deutlich, dass man die Bände getrennt voneinander lesen kann. Es fehlen zwar einige Details, doch durch Informationssequenzen, die auf Geschehnisse im ersten Band verweisen, kommt man gut zurecht.


    Dass ich es erst so spät bemerkt habe, liegt auch daran, dass ich mich gleich nach wenigen Seiten an ein Ende der 1990er-Jahre bei Bastei erschienenes, nicht fiktives Buch von Hank Wesselman erinnert und besagtes Buch prompt parallel zu Insel der schwarzen Perlen gelesen habe. In Die zwölf Wahrheiten des Nainoa geht es, nebenbei bemerkt, um Wesselman selbst. Kurz, nachdem der Anthropologe und Wissenschaftler an den Hängen des Mauna-Loa-Vulkas auf Hawaii lebt, überkommen in regelmäßigen Abständen Visionen, in denen er Raum und Zeit überwindet und Nainoa kennenlernt.


    Doch zurück zur Insel der schwarzen Perlen beziehungsweise kurz zum Vorgängerband. In Insel der tausend Nebel geht es um Elisa. Die junge Deutsche reist nach Hawaii, um dort zur Rettung der Familienplantage einen vermögenden Kolonialherren zu heiraten. Bei ihrer Ankunft wird sie von einem Hai attackiert und von dem Eingeborenen Kelii gerettet. Der Angriff sorgt nicht nur dafür, dass sie von Narben gezeichnet ist, sondern auch dafür, dass ihre Hochzeit abgesagt wird. Als sie sich verzweifelt Kelii zuwendet, der sie in die faszinierende Welt seiner Heimat einführt, rächt sich ihr Verlobter auf grausame Weise.


    Das zweite Buch enthält einen Erzählstrang, der sich weiterhin mit Elisa befasst. Diese ist zwischenzeitlich mit Kelii verheiratet und lebt als Kahuna unter den Einheimischen, wird allerdings nicht von allen anerkannt. Zu ihrer früheren Familie hat sie keinen Kontakt, bis sie von Kelii getrennt wird und zur Plantage zurückkehren muss. Der zweite Erzählstrang beinhaltet die Geschichte von Maja etwa 100 Jahre später. Die junge Deutsche hat sich bei einem Seminar in Europa in den Hawaiianer Keanu verliebt. Für ihn verlässt sie ihren Verlobten, zieht nach Hawaii. Obwohl sie hawaiianische Wurzeln hat und ihre Familie dort Land besitzt, fühlt sie sich in ihrer neuen Wahlheimat nicht wirklich angekommen. Die beiden erwarten ein Kind.


    Das Schicksal der beiden Frauen ist, trotz der unterschiedlichen Zeiten, durch Träume miteinander verbunden. Maja recherchiert und beginnt langsam die Verbindung zu begreifen. Zwischen diesen beiden Erzählsträngen springt die Autorin hin und her.


    Wer nach einem Blick auf das wunderschön gestaltete Cover (Dämmerungshimmel, eine Insel im Hintergrund, ein ruhiges Meer, ein am Strand liegendes Boot, eine rote Hibiskusblüte) vermutet, eine verklärte Liebesgeschichte mit einem Hauch Mystery in farbenfroh-verträumter Südseekulisse lesen zu dürfen, wird enttäuscht sein. Denn tatsächlich malt die Autorin zum einen kein sehr schmeichelhaftes Bild der Kolonialzeit und zum anderen verklärt sie auch die Gegenwart nicht, die nach wie vor mit Identitätsproblemen und Ressentiments behaftet ist, die auf die damalige Zeit zurückzuführen sind. Weder Elisas noch Majas Beziehungen gestalten sich problemlos, zudem wird bei Maja eine Krankheit diagnostiziert. Und während Maja sich vom sogenannten Haifischmann bedroht fühlt, haben Elisa und ihre damaligen Zeitgenossen mit der um sich greifenden Lepra zu tun.


    Insgesamt bekommt man eine mystische Geschichte über zwei starke Frauen, ihr Leben voller Höhen und Tiefen und das vor einer landschaftlich wunderschönen Kulisse. Sie ist gewürzt mit etlichen hawaiianischen Wörtern, die teils gleich übersetzt werden (was mich persönlich immer ein wenig stört) und sich auch in einem Glossar hawaiianisch-deutsch hinten im Buch wiederfinden. Nebenbei erfahren Jordans LeserInnen viele historische Informationen des Inselstaates, die überaus geschickt in die Romanhandlung gewoben sind.


    Insel der schwarzen Perlen beginnt in meinen Augen sehr spannend, flacht allerdings im Verlauf etwas ab. Elisa und Maja sind sehr gut beschrieben, die anderen Charaktere blieben mir jedoch größtenteils fremd. Störend fand ich, dass mehrfach auf das Ende von Kelii und Elisa verwiesen wird, ohne dass die Autorin weiter darauf eingeht. Was es genau damit auf sich hat, wird wohl erst im dritten Band zu lesen sein. Ebenfalls eher störend fand ich die Hinweise auf den sogenannten Haifischmann, da diesbezügliche Andeutungen zu oberflächlich bleiben. Grundsätzlich fand ich den Erzählstrang um Elisa interessanter als das, was ich über Maja gelesen habe. Durch den steten Wechsel zwischen den beiden Erzählsträngen war ich deshalb mehrfach versucht, einfach weiterzublättern. Letztlich hat es sich jedoch gelohnt, den Roman durchgehend zu lesen.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend

    Trotz kleinerer Schwächen hat mir Insel der schwarzen Perlen sowohl Lust auf den Vorgänger- wie auch auf den Folgeband gemacht und ich möchte ihm vier von fünf Punkten geben.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    TRIAS
    ISBN-13:9783830439899
    ISBN-10: 383043989X
    Sachbuch, Gesundheit
    1. Auflage 12/2012
    Softcover / broschiert, 160 Seiten
    [D] 24,99 €


    Verlagsseite http://www.trias-verlag.de


    Der menschliche Körper ist - Hand aufs Herz - ein Wunderwerk der Natur. Das Zusammenspiel aller Komponenten fasziniert genauso wie die Betrachtung einzelner Organe, etwa des Herzens.


    Ein Leben ohne Herz ist nicht möglich. Es pumpt unermüdlich das Blut durch unseren Körper, normalerweise mehr als 8.000 Liter innerhalb eines einzigen Tages. Wenn wir uns aufregen, verlieben oder körperlich anstrengen, können es schnell mehr werden. Innerhalb eines Tages zieht sich das Herz mehr als 100.000 Mal zusammen. In einem Jahr sind das schon 36.500.000 und in, sagen wir mal, 60 Jahren 2.190.000.000 Kontraktionen - wohlgemerkt in Ruhe.


    Doch ein Herz kann im Zuge anderer Erkrankungen, erblicher Vorbelastung oder einer ungesunden Lebensweise krank werden. Glücklicherweise leben wir in einem Teil der Welt, in der koronare Erkrankungen behandelt, Herzen operiert (heute auch schon im Mutterleib), ja sogar in Teilen oder ganz ersetzt werden können. Dafür müssen wir allerdings zunächst die Warnsignale wahrnehmen, die unser Herz sendet. Manche bemerken sie frühzeitig und gehen zum Arzt. Andere können sie nicht wahrnehmen, ignorieren oder interpretieren sie falsch und landen irgendwann notfallmäßig im Krankenhaus. Vielen kann geholfen werden, doch der größte Teil der Patienten dürfte (wie bei vielen anderen Krankheiten auch) gleichermaßen geschockt vor dem Arzt sitzen oder liegen, der die Diagnose und das Behandlungsvorgehen mitteilt.


    Hat der betreffende Patient Glück, wird ihm beides ausführlich und plausibel erklärt. Doch das ist nicht immer so. Und so sorgt nicht nur die ungewisse Zukunft eventuell für Schlaflosigkeit. Auch das mangelnde Wissen macht Angst, dabei ist eine Herzkrankheit an sich für die Betroffenen schon beängstigend genug.


    Gut für das kranke Herz? Eher nicht. Das Gegenmittel: Information. Die kann man sich im Vorfeld oder im Nachhinein besorgen, auch anderweitig. Es gibt Selbsthilfegruppen, Literatur in Form von Zeitschriften, Broschüren und Büchern oder Filmdokumentationen. Praktischerweise gibt es heute das Internet, sodass die Suche nach geeignetem Informationsmaterial, Adressen und Ansprechpartnern erleichtert wird.


    Bereits 2011 erschien beispielsweise ein Buch mit dem gleichen Haupttitel (Das Herz-Buch von Dr. Marianne Koch und Jörg Mair). Im Dezember letzten Jahres kam das gerade vor mir liegende Das Herz-Buch mit dem Untertitel Bypass, Ballondilatation, Stents im TRIAS-Verlag heraus. Dafür haben sich gleich drei Ärzte zusammengeschlossen, die sich beruflich mit Herzerkrankungen beschäftigen: Professor Dr. med. Lapp, Dr. med. Becker und Dr. med. Härtel. Weitere sechs Ärzte kommen in Gastbeiträgen zu Wort. Auch diverse Patienten schildern ihre Erfahrungen.


    Gleich nach Erhalt im letzten Jahr habe ich mich in das Buch vertieft und war von der ersten bis zur letzten Seite begeistert (was nicht so häufig vorkommt). Das lag nicht nur an der anschaulichen Ausführlichkeit. Viele Köche können einen Brei ja bekanntlich verderben, wenn man einem alten Sprichwort glauben darf. Und viele Autoren können unter Umständen dafür sorgen, dass sich die Übergänge ihrer Beiträge zu abrupt gestalten, sodass kein Lesefluss aufkommt. Außerdem können sich Fachleute bisweilen überaus trocken über ihre Fachgebiete auslassen. Weder das eine noch das andere ist hier jedoch der Fall. Fließend gleitet man von einem Kapitel ins andere und trotz der ernsten Thematik lässt sich das Buch überraschend leicht lesen.


    Die Autoren beschreiben darin nicht nur Aufbau und Funktion des Herzens. Sie gehen auf Warnzeichen ebenso ein wie auf die daraus resultierenden Untersuchungen bis hin zu Behandlung und/oder Operation. Auch die Nachsorge mit Gymnastik, Medikation und Reha wird erschöpfend behandelt, bevor die Autoren sich in einem ausführlichen Selbsthilfeteil der Zeit der Erholung widmen, der Rückkehr in den Alltag und vor allem den damit verbundenen notwendigen Veränderungen, die verhindern sollen, dass Betroffene in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Dass man mit einer koronaren Erkrankung nicht alleine dasteht, erfährt man durch die genannten bundesweiten Adressen, die auf Selbsthilfe- oder Herzsportgruppen und weitere Informationsstellen verweisen.


    In den letzten Tagen habe ich Das Herz-Buch - Bypass, Ballondilatation, Stents nochmals mit einer Bekannten durchgearbeitet. Diese wurde vor vier Wochen mit drei Stents versehen aus der Klinik und gerade vor einer Woche aus der Reha entlassen. Wirklich fit fühlt sie sich noch nicht. Man merkt, dass ihr der Eingriff noch zu schaffen macht, obwohl die körperlichen Befunde nicht besser sein könnten. Ihr Resümee: Hätte ich das alles doch nur vorher gewusst. Ich hätte wesentlich weniger Angst vor den Eingriffen empfunden, wenn ich im Vorfeld so gut aufgeklärt worden wäre. So habe ich mich nur lange Zeit allein gelassen, absolut hilflos und nicht ernst genommen gefühlt.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend


    Absolut empfehlenswert für Betroffene, Angehörige oder grundsätzlich interessierte Laien. Das Herz-Buch - Bypass, Ballondilatation, Stents ist ein umfassend informatives, sehr gut aufgebautes, durch Fotos und zahlreiche Tipps interessant gestaltetes, verständliches Buch. Viele Fragen angesprochen und beantwortet, keine bleibt offen. Man kann in vielfältiger Form selbst tätig werden, um den Heilungsprozess etwa bei einer Herzerkrankung zu unterstützen. Sich erschöpfend zu informieren ist eine Vorgehensweise, nimmt doch Wissen vielen zumindest teilweise das Gefühl der Hilflosigkeit und Angst. Das Herz-Buch - Bypass, Ballondilatation, Stents vermittelt verständlich notwendiges Wissen. Ich möchte fünf von fünf Punkten dafür vergeben, wobei das Buch eigentlich mehr verdient hat.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Königsfurt-Urania Verlag
    ISBN-13: 9783868265385
    1 Buch, broschiert, 160 Seiten (Tarot für magische Zeiten )
    1 Jahrbuch (immerwährender Kalender-Mondkalender bis 2024), broschiert,192 Seiten
    1 Tarot Deck: 78 Waite-Karten / Format: 43 x 68 mm
    [D] 24,99 €


    Verlagsseite http://www.koenigsfurt.com


    Im Programm des Königsfurt-Urania Verlags findet man neben Kochbüchern, Praxisbüchern über Ayurveda, Träume und Farben, Buch- und Kartensets über Kräuter oder Schüßler-Salze auch zahlreiche Märchenbücher. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Verlagsprogrammes umfasst Angebote zu esoterischen Büchern, Kartendecks und Zubehör.

    Es ist bald 30 Jahre her, da kam das erste Tarot-Buch des Autoren- und Verlegerpaares Fiebig/Bürger auf den Markt. Damals gab es trotz stetig wachsendem Interesse daran nur wenige Bücher zu diesem Thema auf dem deutschen Buchmarkt. Seither hat sich eine Menge getan, woran der Königsfurt-Urania Verlag bzw. das Verlegerpaar maßgeblich beteiligt sein dürfte, zählen sie doch weltweit zu den erfolgreichsten Tarot-Autoren.


    Bereits im Oktober 2011 erschien das im aktuell vor mir liegenden Buch-Karten-Set enthaltene Tarot für Magische Zeiten von Rachel Pollack und Johannes Fiebig. Es enthält einen Gastbeitrag des sich ebenfalls mit Tarot beschäftigenden Astrologen Ernst Ott. Entgegen des um diese Zeit gerne angekündigten drohenden Weltuntergangs oder des ebenso eifrig versprochen Aufstiegs in höhere Sphären befassten sich die Autoren darin unter anderem mit der genauso spirituellen wie irdischen Perspektive bis ins Jahr 2024 und präsentieren eine ausführliche, anschaulich beschriebene und leicht nachvollziehbare Einführung in die Welt des Tarots bzw. in den praktischen Umgang damit.


    Das informative und liebevoll gestaltete Buch ist mehr als ein Tarot-Lehrbuch und lässt sich leicht lesen. Es ist kurzweilig geschrieben, da sowohl die beiden Hauptautoren als auch der Gastautor in seinem Beitrag verschiedene Ansätze verfolgen, um in den Zeiten des Wandels kreativ-individuelle Lösungen für etwaige Probleme zu finden. Überlieferte und neue Sichtweisen des Tarots werden verglichen, die unterschiedlichen Ansätze widersprechen sich nicht. Zudem werden aktuelle Geschehnisse der vergangenen Jahre schlüssig eingeflochten.


    Im ersten Buchteil Wegbegleiter des Wandels gehen die Autoren auf Geschichte, Aufbau und Bedeutung des Tarots ein. Sie lassen aber auch die anstehenden Umbrüche und ihre Sicht auf bereits geschehene Ereignisse (wie etwa den 11. September 2001) nicht außen vor. Dann kommt der Astrologe Ernst Ott im Kapitel Pluto im Steinbock, 2008-2024, zu Wort, bevor Legevarianten und Praxistipps diesen Buchteil beenden. Die Legesysteme und Praxistipps stammen von Pollack, Fiebig erklärt darüber hinaus beispielbezogen, wie wichtig es ist, auf kleine Details zu achten, da diese neue Entdeckungen und Herausforderungen in sich bergen.


    Anschließend, im Teil Tarot für Magische Zeiten werden dann (wie vom Königsfurt-Urania Verlag bereits aus anderen Titeln positiv bekannt) ab Seite 59 die einzelnen Karten erklärt. Man kann auf je einer halben Seite ihre Beschreibung nachlesen, aber auch ihre Deutungs- und Umkehrdeutungsmöglichkeit sowie den Rat, was zu tun ist.


    Im dritten Buchteil, ab Seite 99, geht es dann um die Qualität der Zeit. Hier wird auf die zwölf Monate (beginnend im März) eingegangen. Jedem der 12 Monate bzw. der insgesamt 36 astrologischen Dekaden sind verschieden Zeitqualitäten und Tarotkarten zugeordnet - eine Hofkarte und zwei Karten aus dem Großen Arkana jeweils dem Monat bzw. Sternzeichen an sich, jeder der drei Dekaden eines Monats wiederum eine Karte aus dem Kleinen Arkana. Die Zeitqualitäten von der Zeit des Anfangens über die Zeit des Bewusstwerdens und Erwachens, der Zeit des Wandels und des Erntens bis hin zur Zeit der Leidenschaften werden so klar veranschaulicht erklärt und interpretiert und enthalten einen Magischen Rat.


    Heutzutage gibt es unzählige Tarot-Kartendecks und jeder kann sich grundsätzlich das Deck heraussuchen, das ihn am meisten anspricht. Das dem Wegbegleiter für Magische Zeiten-Set beigelegte Waite-Kartendeck ist formatbedingt, etwas ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig. Doch Größe und Motiv sind Geschmackssache und wer möchte, kann die Karten ja eventuell austauschen. Wer sich ein wenig mit Tarotkarten auskennt, weiß, dass das von Arthur Edward Waite und der amerikanischen Künstlerin Pamela Colman Smith entworfenen und 1909 erstmals publizierte Kartendeck mit wenigen Farben auskommt. Es ist durchaus fein gezeichnet, wirkt aber etwas comicartig. Dieses Deck unterscheidet sich von früheren Decks, weil die Zahlenkarten (vermutlich durch Smith initiiert) erstmals szenisch bebildert, leichter gedeutet werden konnten. Waites Kartendeck hat nicht nur die meisten Nachahmer, es gibt zudem zu keinem anderen Deck so viele Bücher.


    Das dem Set ebenfalls beigefügte 192 Seiten starke Jahrbuch Magischer Begleiter ist mehr als ein Kalender. Abgesehen davon, dass der gleich auf der ersten Seite angegebene Zeitraum 2012 - 2024 darauf hindeutet, dass es ein Dauerkalender ist, der dennoch als Tages- oder Wochenkalender genutzt werden kann, kann man auch in zahlreichen Informationsblöcken schmökern. Neben astrologischen Angaben zu den hier geläufigen Tierkreiszeichen findet man auch Wissenswertes zum Chinesischen Horoskop. Aber auch zu heidnischen, christlichen oder jüdischen Bräuchen und Feiertagen. Kurz wird umrissen, wie man mittels Tarot Magie praktisch erleben kann. Wie bereits im zum Set gehörenden Buch Tarot für Magische Zeiten beginnt auch hier das Jahr im März und es wird auf die Zeitqualitäten der astrologischen Dekaden eingegangen. Die Mondphasen bleiben ebenfalls nicht unerwähnt. Ein Adressteil rundet, wie in vielen Taschenkalendern, das Jahrbuch Magischer Begleiter passend ab.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend


    Der Wegbegleiter für Magische Zeiten ist eine gelungene Zusammenstellung für Neulinge und für diejenigen, die sich schon länger mit Karten beschäftigen. Liebevoll und informativ aufgemacht verdient es die volle Punktzahl.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Knaur Taschenbuch
    ISBN-13: 9783426509517
    ISBN-10: 3426509512
    Historischer Roman
    Originalausgabe 10/2012
    Taschenbuch, 460 Seiten


    Verlagsseite http://www.knaur.de
    Autorenseite http://www.johanna-marie-jakob.de


    Die in Thüringen aufgewachsene und nach wie vor dort lebende Autorin studierte Mathematik und Physik und unterrichtet an einem Gymnasium. Nachdem ihre Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, konnte sie sich zudem der Verwirklichung eines lang gehegten Traums widmen und ging dem Schicksal ehemaliger Bewohner von Burg Lohra nach. Unter dem Pseudonym Simone Knodel veröffentlichte sie anschließend 2004 ihren ersten historischen Roman Adelheid von Lare, dem 2008 Radegunde von Thüringen folgte. 2011 erschien dann der ursprünglich von Weltbild herausgegebene und jetzt als Taschenbuch bei KNAUR neu aufgelegte Roman Das Geheimnis der Äbtissin, dem die historisch belegte Äbtissin des Klosters Eschwege Judith von Lohra zugrunde liegt.


    Der Name ist geblieben, denn laut Inhaltsangabe geht es in Das Geheimnis der Äbtissin um Judith, die auf Lare aufgewachsen ist, und sich für Heil- und Kräuterkunde interessiert. Im Zuge dessen kümmert sie sich nicht nur um die Gemahlin des Kaisers, sondern lernt auch Silas kennen und lieben. Der maurische Leibarzt des Kaisers erwidert ihre Gefühle, doch die gesellschaftlichen Zwänge verhindern ein Zusammenkommen.


    Die Geschichte beginnt im Sommer 1156 (Judith ist zu diesem Zeitpunkt noch keine 13 Jahre alt) und endet (lange nach ihrem Verschwinden 1191) im Jahr 1220 in Eschwege. Sie umspannt also somit nahezu das gesamte Leben der Hauptfigur. Bieten all diese Jahre jede Menge Stoff für gemütliche Lesestunden? Zumal ja auch der Titel auf einen spannenden zweiten Erzählstrang hindeutet. Wer liebt schließlich keine Geheimnisse?


    Inhaltsangabe und zumeist positive Leserstimmen weckten meine Neugier und bald darauf durfte ich Das Geheimnis der Äbtissin in Händen halten. Recht vielversprechend beginnt der Roman dann auch gleich mit dem eigentlichen Ende im Jahr 1220 und einer drohenden Verhaftung und im Zuge dessen auch vermuteter Folter. Danach geht es in die Vergangenheit und es folgt die Geschichte, die zu eben dieser Verhaftung führt.


    Gleich anfangs offenbart sich Judith als gleichermaßen sympathisch-wissbegierige wie mutige Hauptfigur. Sie steht nach dem Tod ihrer Mutter nicht nur dem Haushalt ihres Vaters auf Lare vor und erzieht ihre beiden Brüder mit. Darüber hinaus bietet sie auch der Tochter und der intriganten Gemahlin des Kaisers Obdach und Freundschaft. Ihr bereits bestehendes Interesse für die Heilkunde wird mit einem Unfall eines ihrer Brüder und der Ankunft des maurischen Leibarztes des Kaisers, des Sklaven Silas, verstärkt. Im Laufe der Jahre wird Judith erwachsen, überquert als Begleiterin der Gemahlin der jungen Kaiserin die Alpen und landet in Italien mitten im Krieg. Dort werden ihre heilerischen Fähigkeiten auf die Probe gestellt, denn sie arbeitet Hand in Hand mit Silas und auch die Kaiserin benötigt ihre Hilfe. Während dieser Reise bekommt sie zufällig mit, was die junge Kaiserin auf Drängen ihres Bischofs gegen ihre Kinderlosigkeit unternimmt und hat fortan einen Geistlichen zum Feind, der offenbar auch vor Mord nicht zurückschreckt. Judith kehrt nach Hause zurück und wird nach etwas mehr als der Hälfte des Buches dann Nonne und später Äbtissin des Cyriakusstifts zu Eschwege. In diesem Zusammenhang wird sie in ein weiteres Geheimnis eingeweiht. Judith gerät also mehr als einmal in Gefahr.


    Die Beschreibung der damaligen Zeit ist anschaulich und nachvollziehbar gestaltet. Egal ob es sich um die Lebens- und Wohnverhältnisse, die Macht der Kirche und ihrer Vertreter, die Willkür der Herrschenden, die Verklärung des Rittertums oder das damalige Frauenbild handelt: Man hat keine Schwierigkeiten, sich die Gegebenheiten und Unwägbarkeiten vorzustellen. Der Schreibstil der Autorin ist an die damalige Zeit angepasst und lässt sich grundsätzlich leicht lesen.


    Dennoch: Trotz der hintergrundmäßig dichten Atmosphäre und der an sich spannenden Grundidee konnte mich der Roman nicht wirklich fesseln. Dazu hat die Geschichte in meinen Augen bedauerlicherweise zu viele Schwachstellen.


    Zum einen blieben mir die Charaktere abgesehen von Judith samt und sonders fremd. Sie sind zu distanziert und eher oberflächlich skizziert. Nicht einmal Silas wird näher beleuchtet. Die nach Lektüre der Inhaltsangabe vermutete Liebesgeschichte kommt, auch weil die beiden tatsächlich gesellschaftsbedingt überaus wenig Zeit miteinander verbringen, nicht zum Tragen. Und obwohl (nicht nur) Judith für damalige Verhältnisse alt wird, entwickelt sie sich in meinen Augen nicht wirklich weiter. Man könnte sagen, dass sie trotz einiger mädchenhafter Züge von Anfang alt ist oder sich im Alter auch etwas Mädchenhaftes bewahrt, allen Erlebnissen zum Trotz. Das mit dem früh alt wirken kann durchaus mit der damaligen Zeit zusammenhängen, in der Kindern nicht unbedingt viel Zeit für ihre Kindheit zugebilligt wurde. Doch genau dieses Stehenbleiben ihres Charakters führte dazu, dass Judith mir im Laufe der Geschichte zunehmend fremder wurde.


    Unabhängig davon wirken die Geheimnisse etwas zu bemüht. Ihre angedeutete Brisanz wird durch die tatsächliche Handlungsweise der Geheimnisträger ad absurdum geführt. Zwar erscheinen Judiths Reaktionen durchaus nachvollziehbar, die ihrer Widersacher jedoch in gewisser Weise recht ausgebremst.


    Wie bereits erwähnt, kann eine lange Handlungsdauer für viele gemütliche Lesestunden sorgen. Zu viele Jahre können eine Geschichte faktisch aber auch zerstückeln und in Das Geheimnis der Äbtissin finde ich die Proportionierung der Jahre tatsächlich nicht sehr gelungen. Bereits zwischen den Jahren 1156 bis 1166 treten kleinere Zeitsprünge auf, die jedoch zunächst nicht weiter ins Gewicht fallen. Insgesamt widmet die Autorin diesen Jahren, in denen sich Judiths und Silas‘ Wege mehrfach kreuzen und wieder trennen, bereits zwei Drittel des Buches. 1166 ist Judith schon Nonne geworden, jedoch noch keine Äbtissin.


    Auf Seite 342 findet man sich dann plötzlich im Jahr 1184 wieder. Dort wird erwähnt, dass Judith Äbtissin des Cyriakusstifts geworden ist und vom Kaiser nach Mainz geladen wird. Abgesehen davon, dass sie bei dieser Reise Silas erneut begegnet, spielt die Beziehung der beiden nach wie vor eine eher untergeordnete Rolle. Zu ausführlich geht die Autorin stattdessen auf ein Ereignis im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten ein und ganz nebenbei auch auf eines der Geheimnisse, knüpft angedachte Intrigen und weitere Widersacher in die Geschichte ein. Dann folgt ein weiterer Sprung ins Frühjahr 1191 und damit zum bereits angesprochenen Verschwinden Judiths. Ihre Beweggründe für eine Flucht sind zwar durchaus nachvollziehbar erklärt. Die ihres Widersachers jedoch nicht. Speziell dieses Kapitel lässt den Eindruck entstehen, dass hier die Geschichte schnell und irgendwie fertig erzählt werden musste. Auch Silas wird darin wiederum eher präsentiert als geschickt mit der Handlung verwoben.


    Und gerade die letzten beiden Zeitsprünge drohen die roten Handlungsfäden um Silas und Judith beziehungsweise um Judiths Geheimnisse fast zu zerreißen. Insgesamt nehmen sie der Geschichte eindeutig an Spannung. Zu vieles wird einfach erwähnt, ohne wirklich erklärt zu werden. Zu oft wird vom Tod einer Figur berichtet, die entweder zuvor bereits nahezu sang- und klanglos aus dem Fokus der Autorin verschwunden zu sein scheint oder aber gerade erst an Kontur gewinnt. Trotz mehrerer geschickt angedachter Wendungen kommt die verlorene Spannung für mich auch nicht wieder auf.


    Beide Erzählstränge haben letztlich ein offenes und im Bezug auf Silas und Judith tatsächlich überraschendes Ende. Dieses lässt nicht nur LeserInnen Platz für eigene Gedankengänge. Es bietet der Autorin auch Raum für eine Fortsetzung.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend


    Eins der Bücher, die mich gespalten zurücklassen. Einerseits der anschaulich beschriebene Hintergrund, der dazu passende Schreibstil, die leicht lesbare Sprache und die anfangs überaus sympathische Hauptfigur. Andererseits sorgt der zunehmende Spannungsverlust für Längen, die das Lesen erschweren. Erschwerend hinzu kommen die überwiegend zu blassen Charaktere und dann noch die Diskrepanz zwischen der Inhaltsangabe und der daraus bei mir entstehenden Erwartungshaltung. Wirklich schlecht fand ich das Buch nicht, dazu fand ich den historischen Bezug zu gut gelungen. Doch richtig packen konnte mich Judiths Geschichte auch nicht, weshalb ich für Das Geheimnis der Äbtissin nur drei von fünf Punkten vergeben möchte.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Trias
    ISBN-13: 9783830432708
    ISBN-10: 3830432704
    Sachbuch, Gesundheit
    3. vollständig überarbeitete Auflage 2005
    Broschiert, 224 Seiten
    [D] 14,95 €


    Verlagsseite


    Schon seit Längerem ist das Buch Osteopathie - Sanftes Heilen mit den Händen von Christoph Newiger auf dem Markt. 2005 erschien bereits die dritte vollständig bearbeitete Auflage. Ein Exemplar dieser Auflage bereichert mein Bücherregal. Es versorgt mich bei jedem Blick hinein mit nützlichem Basiswissen und Informationen rund um die alternative Behandlungsform Osteopathie, wenn ich wieder einmal jemanden für diese sanfte Alternative begeistern möchte. Dank Christoph Newiger geht das erfreulich leicht, hat er doch in seinem Buch die Entwicklungsgeschichte und den Hintergrund dieser Behandlungsform für interessierte Laien in plausibler, fundierter und interessanter Form zusammengefasst. Der Autor ist selbst kein Osteopath, beschäftigt sich allerdings schon mehrere Jahre mit dem Thema. Er arbeitet als freier Journalist und Sachbuchautor, war acht Jahre lang Redakteur der DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie und ist seit 2011 Mitherausgeber der Zeitschrift Osteopathische Medizin.


    Für die, die sie noch nicht kennen: Osteopathie ist eine seit 1874 bekannte, von Andrew Taylor Still entwickelte ganzheitliche Behandlungsmethode, die auf wissenschaftlichen, schulmedizinischen Grundlagen fußt. Sie wird, wie der Untertitel bereits verrät, ohne Medikamente und Instrumente nur mit den Händen durchgeführt. Osteopathen behandeln keine Krankheiten oder Krankheitssymptome, gehen jedoch gegen deren Ursache(n) vor, indem sie die Selbstheilungskräfte aktivieren. Osteopathie erfreut sich schmerz- und nebenwirkungsfrei nicht nur zunehmend an Beliebtheit, sondern wird (zwischenzeitlich glücklicherweise auch von immer mehr Krankenkassen von der AOK bis hin zur Techniker Krankenkasse bezuschusst. Wer sich einen (Kassen-) Überblick verschaffen möchte, findet beispielsweise auf der Seite osteokompass.de eine entsprechende Auflistung.


    Newiger hat sein Buch in vier Teile gegliedert. Nach dem Inhaltsverzeichnis und je einem Vorwort zur ersten und zweiten Auflage beschäftigt sich der Autor im ersten Teil mit den Grundlagen. Auf 62 Seiten geht er nicht nur darauf ein, was Osteopathie ist, sondern auch auf die Selbstheilungskräfte und Bestandteile unseres Körpers (Bewegungsapparat, Organe, etc.) und deren Zusammenspiel. Im 26 Seiten umfassenden zweiten Teil widmet er sich der Methode der Ursachensuche und Behandlungstechnik. Anhand von Praxistipps, in denen einfachste Handgriffe zum Nachmachen erklärt werden, können auch Skeptiker die grundsätzliche Wirkweise der Osteopathie versuchen nachzufühlen. Welche Vielfalt an Anwendungsmöglichkeiten diese Behandlungsform beinhaltet, erfährt man dann auf den folgenden 82 Seiten. Im dritten Teil wird nicht nur anschaulich-ausführlich auf die Ursachen gesundheitlicher Beeinträchtigungen und Schmerzen eingegangen, sondern auch darauf hingewiesen, wo die Grenzen der Osteopathie liegen. Im vierten Teil schließlich findet man auf 33 Seiten nützliche Hinweise und Definitionen von A - Z. Alle vier Teile sind mittels farbiger Trennseiten klar voneinander abgegrenzt; die linken Buchseiten oben zudem jeweils deutlich mit den Überschriften der einzelnen Teile gekennzeichnet (1 Grundlagen, 2 Methoden, 3 Anwendungen, 4 Nützliche Hinweise). Ein umfassendes Stichwortverzeichnis rundet das Buch Osteopathie - Sanftes Heilen mit den Händen ab.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend


    Ein absolut empfehlenswertes Buch für eine überaus empfehlenswerte Behandlungsform. Ich selbst durfte bereits erfreulicherweise 2004 damit Bekanntschaft machen und mich von ihrer Wirksamkeit überzeugen (wofür ich heute noch dankbar bin).


    Es ist kein Lehrbuch, das dabei helfen könnte, sich selbst oder andere entsprechend zu behandeln. Doch wer bereits in Behandlung ist oder eine solche in Erwägung zieht und Näheres dazu erfahren will, findet in Newigers sehr gut aufgebautem Basis-Buch ausführliche und anschaulich beschriebene Informationen. Man merkt, dass der Autor weiß, wovon er schreibt. Sein Buch ist wieder einmal ein Beweis dafür, dass man fundiertes Wissen nicht nur trocken, sondern auch leicht verständlich präsentieren kann. Insgesamt möchte ich dem Buch fünf von fünf Punkten geben.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Dumont Buchverlag
    ISBN-13: 9783832196578
    ISBN-10: 3832196579
    Erfahrungen
    1. Auflage 08/2012
    Hardcover mit Schutzumschlag, 220 Seiten
    [D] 19,99 €


    Verlagsseite http://www.dumont-buchverlag.de


    Constanze Kleis ist - wie man dem Buchumschlag oder diversen Verlagsseiten entnehmen kann - Journalistin und Buchautorin. Zusammen mit Susanne Fröhlich verfasste sie mehrere Bestseller, war 2002 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Darüber hinaus arbeitet sie freiberuflich für Zeitschriften wie Cosmopolitan und Elle aber auch für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.
    Normalerweise schreibt Kleis in ihren Büchern auf spritzige Art und Weise über erheiternde Themen. Ihr Name, das Cover und der provokative Titel Sterben Sie bloß nicht im Sommer - Und andere Wahrheiten, die Sie über Ihr Ende wissen sollten vermitteln bei einem flüchtigen Blick den Eindruck, dass es in dem im August 2012 bei Dumont erschienen Buch ebenfalls so sein könnte. Allerdings ist das Gegenteil der Fall. Trotz des erkennbaren, frisch-humorigen Schreibstils der Autorin ist das Buch bitterernst. Constanze Kleis verfasste es nach der unheilbaren, tödlich verlaufenden Erkrankung ihrer Mutter und den in diesem Zusammenhang gemachten Erfahrungen im Krankenhaus-, Reha- und Pflege-Alltag.


    Ohnmächtige Wut kann dafür sorgen, dass man ungerecht wird. Blind um sich beißt oder schlägt, um sich zu wehren. Dass man anklagend auf jemanden zeigt, weil man sich verraten fühlt. Und angesichts der von der Autorin geschilderten Erlebnisse kann man ihre Wut in gewisser Weise fühlen. So lässt sie sich etwa auf Seite 210, kurz nach dem Tod ihrer Mutter, über den Hausarzt aus.

    Zitat

    Er wäre so gerne ein wirklich guter Mensch. Außer mittwochs. Da ist die Praxis geschlossen und auch das Mitgefühl hat Ruhetag.


    Ist das Buch nur ein posthumer Aufschrei nach dem Tod ihrer Mutter? Stellvertretend gegen all das, wogegen man anschreien kann, weil besagter Tod einfach keine Ohren hat? Oder steckt mehr dahinter?


    In ihrem Buch erzählt die Autorin nicht nur die Krankengeschichte ihrer Mutter, die sie zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Vater bis zuletzt eng begleitete. Sie startet tatsächlich auch einen Rundumschlag gegen die Entmenschlichung in unserem zunehmend privatisierten und gewinnmaximierten Gesundheitssystem und der damit verbundenen profitablen Sterbeindustrie. Erwähnt dabei Ärzte, die nicht mit der Familie reden wollen. Pampig reagierendes Klinikpersonal, das zudem stellenweise schlampig bis fahrlässig arbeitet. Schreibt von denjenigen, die gerade dann im Urlaub sind, wenn man sie braucht und fatalerweise keine Vertretung haben. Von Behandlungsdokumentationen, die nicht nur lückenhaft sind, sondern von der Wirklichkeit abweichen. Berichtet von Klinikverwaltungen, die nach berechtigten Reklamationen Einschüchterungsversuche starten. Lässt auch Versicherungen, Kranken- und Pflegekassen und den Medizinischen Dienst nicht außen vor, die auf Paragrafen und/oder Richtlinien beharrend auf Zeit spielen, wo es gar keine Zeit mehr zu verlieren gibt. Und wettert eben gegen jenen Hausarzt, der entgegen der Beteuerung, jederzeit erreichbar zu sein, nicht erreichbar war.


    Die von ihr geschilderten Übel sind, so persönlich Constanze Kleis sie auch erlebt hat, seit Langem allgemein bekannt. Dennoch haben sie sich in den vergangenen Jahren fatalerweise eher intensiviert als verbessert.


    Tatsächlich hat Kleis zu gut recherchiert und die Ergebnisse stringent in ihr Buch eingeflochten, als dass man ihr den Vorwurf eines traumabedingten, verzweifelt-pauschalen Rundumschlags machen kann. Die Autorin verweist zur Untermauerung ihrer Aussagen auf Studien und diverse Berichte, nennt Quellen und gibt Interviews wieder. Sie geht auf Fördermittel ein und Privatisierung, auf Lohndumping, bürokratischen Unsinn und unlogische Dezentralisierungen. Spricht explizit zu viele Dinge (etwa die ungleiche Bezahlung häuslicher Pflege im Gegensatz zu einer solchen mittels Pflegediensten oder in Pflegeheimen) an, die in unserem Gesundheitswesen allgemein eindeutig besser laufen bzw. völlig geändert werden müssen.


    Stellenweise beißend sarkastisch, dann wieder leicht ironisch, mal bitter, mal voller Trauer aber nicht weinerlich und mal distanziert schildert die Autorin Missstände, die (wie ich aus eigener Erfahrung weiß) bedauerlicherweise und leider nicht nur hierzulande ganz und gar nicht unrealistisch sind. Egal ob es sich darum handelt, dass man als Angehöriger für diverse Ärzte praktisch unsichtbar oder für hysterisch oder grenzwertig minderbemittelt gehalten wird. Oder darauf, dass man seltsamerweise irgendwann sogar Verständnis für Dinge entwickelt, für die man im Grunde kein Verständnis haben kann, einfach weil man keine Alternative weiß. Dass unabhängig vom Umgang mit den Angehörigen Kranke zum Teil (glücklicherweise nicht immer) sukzessive ihrer Würde beraubt werden. Das Mitgefühl ein Auslaufmodell in unserer Gesellschaft zu sein scheint. Und dass man während der schweren Zeiten, die lebensbedrohliche und akute Erkrankungen mit sich bringen, in einem Meer aus Hilflosigkeit zu ertrinken droht. Dass man geradezu erstarrt und sich allein gelassen fühlt. Dass man sich nicht traut, auf den Tisch zu schlagen, weil man fürchtet, dass der Falsche und Schwächste die Konsequenzen tragen muss. Dass es eine riesengroße Diskrepanz zwischen beworbener oder gepriesener Wahrheit und tatsächlichen Gegebenheiten gibt.


    Insgesamt lässt Kleis ihre LeserInnen nicht nur an ihren individuell gemachten schlechten Erfahrungen und schockierenden Rechercheergebnissen im Bezug auf Studien, Statistiken und Berichten teilhaben. Auch andere Betroffene und (menschlich gebliebene) Behandler tragen ihren Teil zum Buch in Form von Interviews bei. Etwa ein ganzheitlich denkender und handelnder Chirurg aus Frankfurt. Oder eine Krankenschwester, die ihren Beruf einst aus der Überzeugung ergriff, anderen damit wirklich helfen zu können; heute jedoch desillusioniert resümiert, dass sich das Berufsbild völlig verändert hat. Kleis ist nicht blind gegenüber der Tatsache, dass die eigene Moral angesichts häuslicher Pflege auf den Prüfstand gehört. Sie lässt auch die Tatsache nicht unberücksichtigt, dass manchen Angehörigen im Zuge einer privaten Pflege nichts anderes übrig bleibt, als konspirativ und nicht immer ganz legal zu agieren, wollen sie ihren Kranken eine adäquate Versorgung bieten. Fatalerweise werden - wie auf Seite 206 zu lesen ist - zu Hause betreuten Pflegebedürftigen doppelt so häufig Leistungen verwehrt, wie denen in Pflegeheimen.


    All dies, ist trotz der enthaltenen Tragik und Wut dank des ganzen Sarkasmus auf durchaus unterhaltsame Weise und mit dezentem Wortwitz niedergeschrieben. Leichter wird die Lektüre dadurch nicht, dazu ist die Thematik einfach zu ernsthaft und aufwühlend.


    Verständlicherweise hat die Autorin mit ihrem Buch einigen Widerspruch bei denen ausgelöst, die sich negativ davon angesprochen fühlen. Bei einigen davon kann man mit Sicherheit den Spruch getroffene Hunde bellen anwenden. Genauso sicher darf man aber vermutlich davon ausgehen, dass Kleis im Zuge des Erlebten dem einen oder anderen Beteiligten auf die Füße getreten ist, obwohl der oder die betreffende Person am wenigsten dafürkonnte. Einfach, weil man auch als Kranker oder Angehöriger einen (durchaus nachvollziehbaren) Egoismus entwickelt, den man anderen jedoch nur bedingt zubilligt.


    Nicht jeder hat das Glück im Fall einer schwerwiegenden oder gar tödlichen Krankheit über Angehörige zu verfügen, die sich finanziell und/oder zeitlich in Pflege und Versorgung einbringen können. Nicht jeder hat die Kraft, im Fall der Fälle den Kampf gegen Windmühlenflügel aufzunehmen. Doch genau so ein Kampf kommt viel zu häufig auf Kranke und ihre Angehörigen zu. Constanze Kleis hat ihn, gemeinsam mit ihrer Familie, erlebt und in einem berührenden, aufwühlenden Buch verarbeitet.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend


    Sterben Sie bloß nicht im Sommer - Und andere Wahrheiten, die Sie über Ihr Ende wissen sollten ist kein Buch für nebenher. Die darin von der Autorin aufgeworfenen Fragen können Angst machen, ebenso wie die eine oder andere von ihr gefundene Antwort. Nicht, weil es keine Lösungsansätze an sich zu geben scheint. Eher, weil die wenigsten von uns vor schwerwiegender Krankheit und den daraus resultierenden Folgen gefeit sind. Es ist kein leichtes Buch, aber ein lesenswertes. Eins das berührt, polarisiert, fassungslos und nachdenklich macht und unter die Haut geht. Die in dem Buch zum Ausdruck kommenden Gefühle (Trauer, Verbitterung, Wut) sind logischerweise nicht objektiv, da sie aus eigenen schmerzhaften Erfahrungen entstanden sind. Sie lassen sich nicht werten. Die Recherchen und der Schreibstil schon. Ob man es im Fall der Fälle schafft, den latent enthaltenen oder explizit ausgesprochenen Empfehlungen der Autorin Folge zu leisten, steht zugegebenermaßen auf einem anderen Blatt. Doch es ist wichtig, dass diese Themen immer wieder und immer lauter angesprochen werden. Dass man nicht alles hinnimmt. Dass man sich wehrt. Nur so schaffen wir es vielleicht irgendwann wieder, unsere Kranken in Würde zu behandeln, zu pflegen und zu verabschieden, statt uns kräfteraubend um Unsinnigkeiten streiten und gegen gewinnorientierte Sparmaßnahmen kämpfen zu müssen.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Wilhelm Heyne Verlag
    ISBN13: 9783453645356
    ISBN10: 3453645359
    Sachbuch
    Originalausgabe 01/2013
    Taschenbuch, 272 Seiten


    Verlagsseite http://www.heyne.de
    Autorenseite http://www.andreavolk.de/


    Der Titel Wenn Sie jetzt anrufen, bekommen Sie den Moderator gratis dazu, zusammen mit dem Untertitel Unglaubliches aus der Welt des Teleshoppings, lässt vermuten, was im Großen und Ganzen auf Volks Leserschaft zukommt. Zumal die 1964 in Mannheim geborene und in Homburg aufgewachsene Autorin auch als Kabarettistin und Comedian in Köln gemeinsam mit Nina Knecht (Volk & Knecht) ihre scharfe Zunge mehrfach unter Beweis stellte, ihr Publikum zum Lachen brachte und dafür mit diversen Comedy-Preisen bedacht wurde. Neben ihrer Zusammenarbeit mit Knecht ist sie auch mit ihrem Soloprogramm VolksBelustigung erfolgreich.


    Andrea Volk erzählt gerne Geschichten, wie man einem Interview mit der Rheinischen Post entnehmen kann, und musste einfach ein Buch schreiben, nachdem sie mit ihren Erlebnissen aus sechs Jahren QVC bei den Leuten, denen sie davon erzählte, Lachanfälle auslöste. In dem bereits erwähnten Interview führt die Autorin (vielleicht nicht ganz ernst gemeint) an, dass ihre LeserInnen krachend komische und irre investigative Unterhaltung erwartet. Dass sie eine fast Loriot’sche Sicht auf das Miteinander und einen humorvollen Blick hinter die Kulissen des Teleshopping-Alltags bietet. Dass Wenn Sie jetzt anrufen, bekommen Sie den Moderator gratis dazu kein Buch zum Einschlafen ist.


    Mit letzterem hat sie recht. Eingeschlafen bin ich nicht. Doch beim Rest kann ich nicht vollkommen zustimmen. Das Buch lässt sich leicht lesen. Allerdings sorgen diverse Wiederholungen für kleinere Längen, wenn man das Buch am Stück liest. Da hilft dann auch der flüssig-lockere Schreibstil der Autorin nur bedingt hinweg.


    Hinzu kommt: Der methodisch wirkende, alltägliche Wahnsinn von Wahrheiten, die vor der Kamera über Gebühr gedehnt werden ohne wirklich zur Lüge zu mutieren, von explodierenden Entsaftern, von Weihnachtspräsentationen im Juli, von Moderatoren die sich mit Experten unnötige und dem Prinzip Verkauf-ist-alles absolut widersprechende Zwistigkeiten liefern oder von Experten, die um des Verkaufs willen schon mal WC-Reiniger mit Aktivsauerstoff zu sich nehmen und mit Kollegen auch nicht immer allzu gut oder fair umspringen, verliert vor dem (vorsichtig ausgedrückt menschenverachtenden Prozedere) trotz seiner Skurrilität eindeutig an Humor. Krachend komisch ist das Buch also nicht immer. Irre investigativ irgendwie schon, wenn man die Betonung auf das erste Wort legt.


    Humor ist ja bekanntlich, wenn man trotzdem lacht. Doch irgendwie verging mir im Laufe des Buches das Lachen mehr und mehr und sorgte letztlich gerade mal noch für hochgezogene Mundwinkel. Daran war zumindest stellenweise auch der Umstand schuld, dass Volk Teleshopping-Kunden als scheinbar grenzdebil bezeichnet, mehrfach ähnliche Kommentare über sie losgelassen hat und ihnen offenbar per se Geschmacklosigkeit unterstellt. Falls das Comedy ist, weiß ich warum ich die meisten Comedians nicht mag. Es ist eine Sache ein System, Missstände und Absurditäten anzuprangern. Egal ob das humoristisch geschieht oder nicht. Volks Sicht auf Kunden, die immerhin daran beteiligt waren, dass sie sechs Jahre lang an diesem System mitverdienen konnte, empfand ich jedoch weniger lustig. Vielleicht weil man mir anlässlich meiner eigenen Tätigkeit im (normalen) Einzelhandel eingebläut hat, dass Kunden zwar manchmal eigen, manchmal sehr besonders und manchmal überaus speziell sind, aber doch dafür sorgen, dass ich mir meine Brötchen zum Frühstück leisten kann.


    Doch zurück zum Buch. Obwohl ich kein Fernsehgerät besitze und eher selten einmal einen Blick in fremde Geräte werfe, sind mir Teleshopping, QVC und der Designer Glöckler mehr oder weniger geläufige Begriffe. Dass ich dennoch einen gewissen Wiedererkennungseffekt beim Lesen verspürte, alles förmlich direkt vor mir sah, macht vielleicht deutlich, wie klar die Wortwahl der Autorin ist - auch wenn der Designer im Buch blond ist, der Sender darin anders heißt und beide eventuell gar nicht so explizit gemeint sind.


    Die meisten von uns müssen auf irgendeine Art Geld verdienen. Manche, wie Andrea Volk, absolvieren dafür Vorstellungsgespräche, bei denen sich herausstellt, dass sie als Live-Experten geeignet sind. Solche Experten können schon mal an Tagesumsätzen von drei Millionen beteiligt sein. Doch das gelingt den wenigsten. Und manche - so die Autorin - werden nicht mehr gebucht, obwohl sie dennoch fast eine halbe Million schaffen. Bereits das allein macht den Druck deutlich, der auf diesen Experten lastet. Sie arbeiten an der Seite von fest angestellten Moderatoren. Sie präsentieren Produkte, hinter denen sie nicht immer 100%ig stehen. Sie werden am ehesten für einen Verkaufsflop verantwortlich gemacht. Und das alles vor dem Hintergrund, dass besagte Experten quasi selbstständig tätig sind und deshalb von heute auf morgen ausgetauscht werden können. Das Arbeitszeiten überaus flexibel gestaltet dazu führen können, dass manche von ihnen geradezu im Sender leben. Dass in der ach so heilen, kunterbunten Fernseh-Verkaufswelt die Devise friss oder stirb scheinbar perfektioniert wird.


    Das eine oder andere Kapitel in Volks Buch wirkt überzogen - und tatsächlich gibt Volk zu, manches überspitzt ausgeschmückt dargestellt zu haben. Manches Mal wirkt auch die Ironie darin weniger fein als verbittert und - stellenweise etwas zu bemüht. Doch allzu weit hergeholt scheinen Volks geschilderte Episoden insgesamt keineswegs zu sein. Sie haben mich sofort an einen Artikel im Oktober 2012 erinnert, demzufolge die amerikanische QVC-Expertin Cassie Lane vor laufender Kamera zusammenbrach und - Verkauf ist schließlich alles - ihr Moderator Dan Wheeler mit ruhiger Stimme und einem Standbild das entsprechende Produkt weiter anpries. Zwar soll es besagter Expertin hinterher wieder gut gegangen sein, allerdings war ihr Zusammenbruch offenbar keinen Abbruch der Verkaufsshow wert.


    Sechs Jahre als Expertin für Plüschanzüge, Synthetikkleidung und Reinigungsmittel. Jahre voller Intrigen, Eitelkeit und Dummheit, Willkür und Illusionen. Voller Pleiten, Pech und Pannen. Trotzdem - allerdings nur auf Seite 271 - merkt die Autorin an, dass sie die Zeit rückblickend als „aufregend, wunderbar, lustig, furchtbar, unerträglich, fantastisch und psychologisch wertvoll“ betrachtet. Außerdem: „Ich habe viel gelernt, viel gelacht, tolle und blöde Menschen kennengelernt und den Kapitalismus von innen.“ Womit mal wieder bewiesen sein dürfte, dass man sich auf Zeit und unter bestimmten Umständen mit so ziemlich allem arrangieren kann.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend


    Vielleicht liegt es daran, dass ich mit den falschen Vorstellungen an das Buch herangegangen bin. Irgendwo habe ich gelesen, dass es ein witziges Buch mit ernsten Anklängen ist. Krachend komisch (wie im Interview von der Autorin angegeben) fand ich es allerdings nicht. Trotz diverser tatsächlicher Lacher sieht Humor anders für mich aus. Die bereits erwähnten Wiederholungen sorgen ebenfalls für einen Punktabzug. Unterhaltsam informativ fand ich es dennoch und ich bin zwischen einer gewissen Fassungslosigkeit und etwas Schadenfreude hin und her geschwankt. Betrachte ich es jedoch als ernstes Buch mit einigen witzigen Anklängen, kann und möchte ich drei von fünf Punkten für Wenn Sie jetzt anrufen, bekommen Sie den Moderator gratis dazu vergeben. Und es jedem empfehlen, der einen (einseitigen) Blick hinter die Kulissen einer scheinbar gnadenlosen, niemals ruhenden Maschinerie werfen möchte, die verblüffende Umsätze verzeichnen kann und kontinuierlich wächst.


    Copyright © 2012 by Antje Jürgens (AJ)

    Atem-Entspannung - Soforthilfe bei inneren und äußeren Spannungen - Über 70 einfache Übungen zum Lockerwerden
    TRIAS
    ISBN-13: 9783830461401
    ISBN-10: 3830461402
    Ratgeber Gesundheit
    1. Auflage 08/2012
    Softcover, 112 Seiten
    [D] 14,99


    Verlagsseite https://www.thieme.de
    Autorenseite http://www.heike-hoefler.de/


    Es gibt sowohl Studien als auch Berichte von Menschen in Notsituationen (etwa nach einem Erdbeben), die belegen, dass ein Mensch ohne Nahrung mehr oder weniger problemlos einige Wochen hungern kann, sofern er genügend Flüssigkeit zu sich nimmt. Ohne Flüssigkeit wiederum beträgt die Überlebensdauer eines Erwachsenen im Schnitt etwa eine Woche im Maximum, soweit ich gehört habe (jedenfalls so lange er nicht an Diabetes Insipidus leidet und dabei ebenfalls ohne Medikamente auskommen muss). Der Freitaucher Stéphane Mifsud schaffte im Juni 2009 den Weltrekord im Zeittauchen und blieb 11 Minuten und 35 Sekunden unter Wasser. Luft hat ihm dabei natürlich nicht wirklich gefehlt, weil er sie zuvor eingesogen hat und trainingsbedingt über ein doppelt so großes Lungenvolumen verfügt wie sonst üblich. Im Schnitt kommt ein Mensch jedoch, wenn er Glück hat, gerade mal zwischen zwei und vier Minuten ohne Luft aus, wenn sie von jetzt auf gleich ausbleibt. Möglicherweise liegt es an dem Umstand, dass wir mit einem Atemreflex zur Welt kommen, doch die Wenigsten machen sich Gedanken über die ebenso selbstverständliche wie lebensnotwendige Tatsache, dass wir atmen müssen. Wer atmet bewusst und dann auch noch richtig?


    In meinem eigenen Leben gab es gab einmal eine Zeit, in der mir die Luft förmlich ausging. Genau genommen war sie natürlich da, ich konnte nur nichts mit ihr anfangen, hustete, was das Zeug hielt, und brachte meinen Körper so in arge Bredouille. Irgendwann sagte mein Lungenfacharzt, dass ich damit einfach leben müsse. Für eine Nonkonformistin wie mich war das natürlich genau das gewesen, was meinen Widerspruchsgeist auf den Plan rief. Obwohl ich kurz darauf Blut zu husten begann, verließ ich mich fortan weniger auf die Ratschläge diverser Ärzte und suchte nach adäquaten Alternativen.


    Im Zuge meiner damaligen Erkrankung musste ich das Atmen jedenfalls völlig neu lernen und kam unter anderem zum ersten Mal mit Atemgymnastik in Berührung. Dank diverser Kurse und Bücher wurde mir die Bedeutung des Atmens erst so richtig bewusst. Heute kann ich meinen Atem gezielt lenken, Stress damit bereits im Vorfeld ausschalten, quasi punktgenau und vor allem schnell entspannen. Ich kann Schmerzen und Müdigkeit bekämpfen, aber auch konzentrierter arbeiten. Lauter singen, länger tauchen, weiter laufen, leichter meditieren und noch vieles mehr. Damit allein bin ich natürlich nicht auf der 100%ig sicheren Seite. Es kann logischerweise auch immer wieder mal etwas Akutes vorkommen (etwa eine Bronchitis), doch Notfallspray, Cortison und sonstige Dauermedikamentation, all das gehört schon seit Langem nicht mehr zu meiner lebensnotwendigen Standardausrüstung.


    Zum einen, weil man nie auslernt, zum anderen, weil ich immer noch mal ein Mittel oder einen neuen Weg suche, anderen Hilfestellungen für die Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, landete im November letzten Jahres das gerade aktuell vor mir liegende Buch Atem-Entspannung - Soforthilfe bei inneren und äußeren Spannungen - Über 70 einfache Übungen zum Lockerwerden in meinen Händen. Heike Höfler, die in Trossingen lebende Autorin, hat über TRIAS schon die Bücher Entspannungstraining für Kiefer, Nacken und Schulter sowie Fitness-Training fürs Gesicht herausgebracht und arbeitet als Sport- und Gymnastiklehrerin. In ihrem im August erschienenen Buch geht es um Atmung und wie sie dazu eingesetzt werden kann, mehr Lebensqualität und Kraft durch gezielte Atem-Entspannung zu erreichen. Wie der Titel verrät andeutet, muss man natürlich gar nicht erst krank sein, um sich die positive Kraft der richtigen Atmung zunutze zu machen.


    Einem bahnbrechend neuen Thema widmet sich die Autorin damit nicht. Auch hat sie keine einmalige Patentlösung für ewige Jugend und Gesundheit, von der Schönheit ganz zu schweigen, parat. Lohnt es sich trotzdem für Neulinge oder LeserInnen, die sich bereits länger mit der Materie beschäftigen, einen ausführlichen Blick ins Buch zu werfen?


    Eindeutig ja. Das Informationsspektrum ist breit gefächert, leicht verständlich und gut erklärt, ohne trocken-wissenschaftlich präsentiert zu werden. Längere Texte sind durch Praxistipps und Kurzinfos aufgelockert. Natürlich ist grundsätzlich noch thematisches Ausbaupotenzial vorhanden, die 112 Seiten des Buches sind jedoch bereits prall mit allerlei Wissenswertem gefüllt und der Universalkönner Atem wird von mehreren Seiten in seiner körperlich und geistigen Wirkung ebenso wie die Konzentration auf das Innere beleuchtet.


    Hinzu kommen die im Untertitel angesprochenen Übungen. Nach Inhaltsverzeichnis und Vorwort folgen drei größere Kapitel. In Energiequelle Atmen findet man grundsätzliche Informationen, in Entspannt Atmen ab Seite 35 Basisübungen und in Entspannungsprogramme ab Seite 81 ganze Übungsfolgen. Ein Sachwortverzeichnis rundet das Buch schließlich ab. Die Kapitel sind mit zahlreichen Fotos, die u. a. auch die Übungen erleichtern, gestaltet. Farbige Vorschaltseiten grenzen die Kapitel gut voneinander ab.


    Interessierte LeserInnen erfahren, sofern sie es noch nicht wissen, dass die avisierte Atem-Entspannung nicht nur über atemgymnastische Übungen zu erreichen ist. Akupressur, Gähnen, Lachen, Reinigungs- oder Farbatmung und heilende (Atem-) Töne werden ebenso angesprochen wie unterstützende Helfer (ätherische Öle). Es gibt Übungen im Sitzen, Gehen, Stehen oder Liegen. Mal wird geklopft, mal wird sich gedehnt. Mal atmet man laut, mal leise. Mal tief, mal weniger tief. Alles ist sehr gut und leicht nachvollziehbar erklärt. Was mir sehr gut gefallen hat: Bereits auf der vorderen Innenseite des Buchumschlags findet man ein Kurzprogramm zur Entspannung.


    Praktischerweise kann grundsätzlich jeder fast immer und überall eine oder mehrere diese Übungen ausführen, egal ob jung oder alt, krank oder gesund. Die beiden wichtigsten Bestandteile (unseren Körper und Atemluft) haben wir ja stets dabei. Wer Höflers Anregungen befolgt, wird sukzessive das tun, was das eigentliche Ziel des Buches ist: Die gewonnenen Erfahrungen vertiefen, in der täglichen (Atem-)Praxis umsetzen und Lebensqualität gewinnen.


    Wer sich noch nie intensiver mit seiner Atmung beschäftigt hat, sollte den Selbsttest auf den Seiten 32 und 33 durchführen, bevor er mit den Übungen beginnt, und sich einfach einmal überraschen lassen, wie viel man bei so etwas Selbstverständlichen wie Luft holen falsch machen kann.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend
    Man muss, wie vorher bereits erwähnt, nicht krank sein, um das Atmen neu zu lernen. Besser ist es, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen. Auf viele Dinge haben wir keinen Einfluss. Auf unseren Atem bzw. unsere Atemtechnik jedoch schon. Es lohnt sich auf alle Fälle es zu probieren, denn bereits der Entspannungseffekt ist herrlich. Atem-Entspannung - Soforthilfe bei inneren und äußeren Spannungen - Über 70 einfache Übungen zum Lockerwerden ist ein informatives, gut aufgebautes und ansprechend aufgemachtes Praxis-Handbuch für Neulinge und jene, die ihr Wissen auffrischen möchten. Ich möchte Heike Höflers Buch fünf von fünf Punkten geben.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    TRIAS
    ISBN-13: 9783830461586
    ISBN-10: 3830461585
    Kochbuch
    1. Auflage 08/2012
    broschiert, 134 Seiten
    [D] 17,99 €


    Verlagsseite https://www.thieme.de/de/trias-77.htm
    Autorenseite http://www.a-danz.de/


    Das leidige Thema Figur … Meiner Meinung gibt es das ja erst seit Erfindung von Food-Designern und Diäten, von Ernährungswissenschaftlern und den bösen Kalorien, die nachts kommen, um unerkannt die Kleidung enger zu nähen. Dabei wurden letztere ursprünglich Mitte des 19. Jahrhunderts eigentlich nur deshalb eingeführt, um herauszufinden, was der Mensch so täglich an Energie benötigt, um Leistung zu bringen. Einfach weil man in Zeiten knapper Vorräte errechnen wollte, wie viel Geld in eine Minimalversorgung investiert werden musste.


    Doch Spaß beiseite. Übergewicht macht krank und immer mehr Menschen in der sogenannten zivilisierten Welt neigen zu starkem bis extremem Übergewicht. Sei es aus Bewegungsarmut bis gänzlichem Mangel daran. Wegen falscher bis fatal gesundheitsgefährdender Ernährung. Oder auch im Zuge einer (womöglich ernährungsbedingten) Krankheit. Und dann gibt es noch die altersbedingte Gewichtszunahme.


    Eine gute Freundin zitiert, bevor sie mit Essen beginnt, mit einem wehmütigen Blick auf den dann vor ihr stehenden Teller oft den Spruch „Seit ich die 30 hinter mir habe, habe ich das Zeug eine Sekunde auf der Zunge und ein Leben lang auf den Hüften". Normalerweise pflege ich darauf zu erwidern: „Kau doch einfach mal etwas ausgiebiger, dann hast du es länger auf der Zunge“. Allerdings muss ich zugeben, dass mit zunehmendem Alter Nahrungsmittel und Getränke ansetzen, die ich früher nicht mal andeutungsweise im Verdacht hatte, dass sie einem Übergewicht bescheren können. Die Pfunde mehren sich, egal wie diszipliniert man bzw. Frau sich beim Essen auch zurückhält.


    Grundsätzlich kann, wer abnehmen will, auf eine Vielzahl an Abnehmplänen, Fertig-Diäten, Abnehmdrinks, Abnehmpillen und/oder Ratgebern zurückgreifen, egal ob jung oder alt. Wenn es dann nicht so recht klappen will mit dem Abnehmen, wenn der Jojo-Effekt mühsam losgewordene Pfunde noch zu verdoppeln scheint, wird oft zu schnell mangelnde Disziplin unterstellt. Denn ganz so einfach ist es manchmal dann doch nicht. Schon allein, weil die individuellen Bedürfnisse sich im Laufe unseres Lebens ändern. Neben Gewichtszunahme gibt es für die eine oder andere Frau dann auch noch so nette Nebensächlichkeiten wie Hitzewallungen und Müdigkeit, Völlegefühle oder Verstopfung und Ähnliches gratis dazu, weil der Körper bestimmte Nahrungsmittel nicht mehr so gut aufspalten kann und schlicht überfordert ist.


    Tröstlicherweise habe ich gerade gestern erst gelesen, dass Menschen mit leichtem Übergewicht gesünder sind, also andere. Das erinnerte mich prompt an meine Internistin, die angesichts meiner Krankheitskarriere einmal anmerkte, dass ich längst nicht mehr am Leben wäre, wenn ich nicht so viel auf den Rippen gehabt hätte, als mein Körper anfing, verrückt zu spielen. Das ist aber ein sattes viertel Jahrhundert her und ich fürchte, die Grenze zu leichtem Übergewicht liegt längst und erschreckend weit hinter mir.


    Deshalb erregte vor einiger Zeit das Buch Alles wird schwerer ICH NICHT aus dem Hause TRIAS meine Aufmerksamkeit. Auch, weil der Untertitel Das Kochbuch für Frauen ab 40 zeigt, dass ich alterstechnisch dafür geeignet bin. Verfasst wurde es von Dr. Antonie Danz, die dabei nicht nur auf Rezepte, sondern auch kurz auf die Traditionelle Chinesische Medizin eingeht. Danz ist Ernährungswissenschaftlerin. Seit 20 Jahren beschäftigt sie sich sowohl praktisch wie auch wissenschaftlich mit den Themen Ernährung und Frauengesundheit. Sie arbeitet in diesem Zusammenhang in einer Frauenarztpraxis als Ernährungs-Coach - und ist zudem für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und als Lehrbeauftragte für Ernährung und Alter an der Universität Köln tätig. Seit 20 Jahren beschäftigt sie sich sowohl praktisch wie auch wissenschaftlich mit den Themen Ernährung und Frauengesundheit. Bereits 2010 erschien bei TRIAS ein Buch der Autorin mit dem Titel Alles wird schwerer: Ich nicht!: Die genussvolle Ernährung für Frauen ab 40. Das Cover weist neben dem Titel ebenfalls eine recht große Übereinstimmung mit dem Motiv auf. Inwieweit das auf den Inhalt zutrifft, kann ich jedoch nicht sagen, weshalb ich mich lieber wieder dem gerade aktuell vor mir liegenden Kochbuch zuwende.


    Auf 37 Seiten präsentiert die Autorin darin Wissenswertes zum Thema Ernährung. Wirklich erschöpfend sind die Informationen insgesamt betrachtet natürlich nicht. Sie sind jedoch gut geeignet für Einsteiger in eine gesündere Ernährung und Lebensweise. Auch diejenigen, die sich schon länger mit der Thematik befassen, finden vermutlich noch den einen oder anderen interessanten Aspekt. Dazu gibt es 110 Rezepte auf der Basis der östlichen 5-Elemente-Lehre. Varianten werden ebenso angesprochen wie passende Beilagen. Die Rezepte sind teils mit Fotos angereichert, gut verständlich aufgebaut und bestehen aus Zutaten, die man relativ leicht bekommt. Sie sind vorwiegend vegetarisch, aber auch Fleisch- und Fischesser finden etwas für sich darin. Und auch wer Nachspeisen und Gebäck liebt, kommt nicht zu kurz. Ab Seite 124 folgen dann diverse Listen mit Rezeptverweisen für Picknicks, herzhafte vegetarische Gerichte, Frühlingsmenüs, kleine Bürofeiern, Glutenfreies und für Brunch-Fans. Für besondere oder unerwartete Gäste. Ein Rezept- und Zutatenverzeichnis sowie ein Stichwortverzeichnis runden das Ganze ab, Saisonkalender für Obst und Gemüse setzen dann quasi noch ein i-Tüpfelchen drauf.


    Was gibt es für die Frau ab 40? Grundsätzlich ist alles darin für diesen Personenkreis geeignet. Und das beginnt schon beim Frühstück. Es gehört für den einen oder anderen sicher etwas Umdenken dazu. Aber: Es lohnt sich! Nachdem mir kurz nach Beginn der Adventszeit meine Hosen enger als sonst vorkamen, begann ich die leicht nachvollziehbaren Tipps und Rezepte in Alles wird schwerer ICH NICHT! - Das Kochbuch für Frauen ab 40! in Angriff zu nehmen. Ich gebe zu, der warme Getreidebrei zum Frühstück sorgte zunächst für hochgezogene Augenbrauen und Naserümpfen bei mir. Doch besagter Brei zusammen mit den Rezepten, die ich bis jetzt selbst aus dem Buch zusammengestellt und sukzessive ausprobiert habe, sorgte für einen überraschend schnellen und positiven Effekt, der sich hoffentlich nachhaltig und noch wesentlich weiter ausbauen lässt.


    Meine persönlichen Favoriten bisher sind unter anderem das milde Fenchelgemüse mit Amaranth, die knusprigen Quinoa-Hirse-Küchlein und die würzigen Kichererbsen mit Blattspinat. Gerichte, die nicht nur mir (Frau über 40), sondern auch allen anderen am Tisch gut geschmeckt und bewiesen haben, dass Essen ein sinnlicher Genuss ohne Kalorienzählen sein kann. Und bei den Dattelecken ist genau das eingetreten, worauf die Autorin hingewiesen hat. Der eingetretene Schwund war unkalkulierbar und die Ecken schneller gegessen als zubereitet …


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend


    Kochbücher gibt es viele. Ernährungsansätze auch. Mit ihren Rezepten auf Basis der 5-Elementen-Lehre steht die Autorin auch nicht alleine auf dem Buchmarkt; doch mit Alles wird schwerer ICH NICHT! - Das Kochbuch für Frauen ab 40 hält man ein, in meinen Augen, empfehlenswertes sachlich-ansprechendes Praxisbuch für den täglichen Gebrauch in Händen. Die Gewichtung liegt dabei eindeutig auf den Rezepten. Wer auf wirklich erschöpfende Informationen im Bezug auf gesunde Ernährung ab 40 bzw. basierend auf östlicher Ernährungsweisen hofft, wird enttäuscht sein; sollte aber bedenken, dass es sich um (Koch)-buch mit 134 Seiten handelt. Alles wird schwerer ICH NICHT! - Das Kochbuch für Frauen ab 40 ist jedenfalls eine gelungene Ergänzung in meiner Kochbuchsammlung und bekommt die volle Punktzahl von mir. Übrigens auch, weil ich bereits nach zwei Wochen einen deutlichen Erfolg für mich verbuchen konnte. Nicht nur was das verlorene Gewicht betrifft, ich fühle mich allgemein wohler und fitter.


    Copyright 2013, Antje Jürgens (AJ)

    Verlagsseite http://www.rowohlt.de/verlag/kindler
    Autorenseite http://www.davidsafier.de/


    Der zur Rowohltgruppe gehörende Kindler Verlag bietet seiner Leserschaft ein breites Spektrum. So findet man im Verlagsprogramm sowohl Literarisches wie auch Humoristisches, spannend oder charmant Erzähltes. Auch fantastische Zeitreisen bleiben nicht außen vor. Mit Muh! nimmt David Safier seine Leserschaft ebenfalls auf eine Reise mit. Allerdings handelt es sich dabei um keine Zeitreise.


    Der 1966 in Bremen geborene Journalist war zunächst beim Hörfunk und Fernsehen tätig, bevor er ab 1996 erste Arbeiten als Drehbuchautor und Schriftsteller ablieferte. So arbeitete er unter anderem als Hauptautor an Berlin, Berlin mit, wofür er den Adolf-Grimme-Preis erhielt. Sein Buch zur Serie Mein Leben & Ich bescherte ihm den Goldenen Spatz (MDR-Kinder-Film- und Fernsehpreis). In Anlehnung an seinen 2007 erschienen Debütroman Mieses Karma gründete er eine Stiftung. Wer eventuell sein eigenes Karma verbessern und Kindern etwas Gutes tun möchte, sollte sich vielleicht auf der Stiftungsseite http://www.gutes-karma-stiftung.de umsehen. Dass Safier mit seinem Debütroman kein Onehit-Wonder-Autor geblieben ist, bewies er mit den ebenfalls in Millionen-Auflage verkauften Folgeromanen Plötzlich Shakespeare, Happy Family und dem demnächst ins Kino kommenden Jesus liebt dich. Auch im Ausland finden seine Bücher Anklang.


    Doch zurück zu Muh!. Dem voll kuhlen Buch, das gerade vor mir liegt. Mein erster Safier-Roman, dessen Schutzumschlag mich bereits beim ersten Draufschauen trotz eigentlich gar nicht vorhandener Ähnlichkeit an eine bestimmte Sorte Karamellbonbons erinnerte und prompt Appetit auf die Dinger machte. Gut, dass ich keine im Haus hatte. Erstens wäre der Verzehr derselben meinen Hüften nicht gut bekommen und zweitens hätte ich mich womöglich während diverser Schmunzel- und Lachattacken, die mich beim Lesen überkamen, verschluckt.


    Für die, die noch nie von Muh! gehört haben: Im Buch geht es um die ostfriesische Kuh Lolle. Etwas zu rund ist sie eigentlich ganz zufrieden mit ihrem Dasein und vor allem tierisch in Champion verliebt, der auf dem gleichen Hof wie sie lebt. Doch dann stürzt Lolles heile, kleine Welt ein. Sie erfährt, dass Champion es mit der Treue nicht allzu ernst nimmt und fast zeitgleich, dass der stets angesäuselte bis betrunkene Bauer alle Kühe schlachten lassen will. Dass sie an diesem Tag den Kater Giacomo vor einem fiesen Höllenhund rettet, erweist sich zumindest als Glücksfall. Denn besagter Kater kennt ein paradiesisches Land, in dem Kühe heilig sind. Obwohl sie bisher davon ausgegangen ist, dass es hinter den Bäumen hinter der Weide nur noch die unendliche Milch der Verdammnis gibt, beschließt Lolle zu fliehen. Schließlich möchte sie nicht zwischen zwei Brötchenhälften enden. Da sie nicht alle ihre Artgenossen zum Mitkommen überreden kann, macht sie sich mit ihrer kleinen Flüchtlingsherde in die große weite Welt auf.


    Wer jetzt erfahren möchte, wie fatal das Zusammentreffen von Glühwürmchen und Methan produzierenden Kühen enden kann, was für medizinische Alternativen alte an jüngere Kühe weitergeben, was das Ziehen in Lolles Bauch mit Champion zu tun hat, wie Lolle über die Schöpfungsgeschichte der schöpferischen Gotteskuh Naia und ihre Folgen denkt, oder was Lolle samt ihrer kleinen Herde, dem nicht ganz so ohne Hintergrundgedanken agierenden Giacomo oder dem Höllenhund so alles erlebt, der sollte sich Safiers Buch zu Gemüte führen.


    Gleich vorab: Safier hat damit nicht nur ein positives Echo hervorgerufen. Zu bemüht, zu schräg, zu platt, zu unglaubwürdig, schlechter als die Vorgängerromane - all das war in diversen Beurteilungen zu lesen. Ich kann zustimmen, dass Safiers Humor gelinde gesagt schräg ist. Hochgeistige Lektüre sieht ebenfalls anders aus und mir kam auch nicht alles logisch vor. Da ich jedoch nach einem Blick in die Inhaltsangabe und auf das Cover so etwas auch gar nicht erwartet habe, kann ich mich getrost den positiven Stimmen anschließen (die es übrigens weitaus zahlreicher gibt).


    Mit skurrilem, tatsächlich irgendwie bekannt vorkommendem Witz stellt Safier seine Hauptcharaktere vor. Trottelig doof und trotzdem liebenswert sind die einen, schnippisch, bissig, zickig und dennoch nicht vollkommen unsympathisch die anderen. Gebildet oder eher naiv dumm, angeberisch, intrigant, untreu, verzweifelt, wagemutig, verliebt, verbittert, unternehmungslustig, ängstlich. Stark vermenschlicht kommen sie alle herüber, doch das stößt nicht ab. Die eine oder andere Szene wirkt allerdings nicht nur durch die Vermenschlichung extrem an den Haaren herbeigezogen und etwas zu kurios überspannt. Was auf der einen Seite niedlich und nett amüsant wirkt, lässt auf der anderen Seite (hoffentlich mehr als eine(n) LeserIn) ein wenig die eigenen Ernährungsgewohnheiten und die Ignoranz der damit allgemein verbundenen Bedingungen der Tierhaltung überdenken. Dieser Aspekt ist allerdings so spielerisch leicht mit der Geschichte verwoben, dass man hier nicht von einem erhobenen Zeigefinger sprechen kann oder muss. Unabhängig davon handelt Lolles Reise von der Suche nach dem Glück, das für jeden ein wenig anders gewandet daherkommt. Davon, dass manche Träume ein wenig zurechtgestutzt oder leicht abgewandelt werden müssen, wenn man wirklich glücklich sein möchte. Und vom Verstehen, dass jeder das ist, was Erlebtes aus ihm macht. Von Freundschaft und Verantwortung.


    Nicht zwingend tiefsinnig, aber auch nicht vollkommen oberflächlich lässt Safier seine Hauptkuh Lolle die Geschichte erzählen. Locker und leicht lesbar erfährt man von ihren teils klamaukartigen Erlebnissen und Gedanken. In der hypothetischen Reise seiner Kühe findet sich humoriger Lesespaß. Vielleicht gerade weil Safier Rinder, Kater und Hund so menschlich dargestellt, wirkt aber auch die Entwicklung ihrer Charaktere oder die latent enthaltene Botschaft in Muh! überraschend plausibel.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend


    Allen Menschen recht getan, ist ja bekanntlich eine Kunst, die keiner kann. Deshalb gehe ich davon aus, dass Safiers Muh! nicht alle anspricht. Mit seinem schrägem Wortwitz zeigt Safier darin durchaus ein Talent für spaßige Situationen. Allerdings fehlt manchmal ein wenig Tiefe. Anfangs helfen noch Dialoge und Sticheleien der Herde untereinander gut darüber hinweg. Im Lauf der Geschichte verliert sich der Witz jedoch etwas, auch durch Wiederholungen von Lolles Gedankengängen, was im Mittelteil für die eine oder andere Länge sorgt. Trotz kleinerer Schwächen hält man mit dem Buch jedoch eine amüsante und (größtenteils) kurzweilige Lektüre in Händen, für die ich vier von fünf Punkten vergeben möchte.


    Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

    Ullstein Taschenbuch
    ISBN13: 9783548374611
    ISBN10: 3548374611
    Sachbuch, Ratgeber
    1. Auflage 11/2012
    Taschenbuch, 336 Seiten



    Verlagsseite
    Autorenseite


    Es gibt Momente im Leben, die den Wunsch erwachen lassen, in einer Parkettritze oder einem Mauseloch verschwinden zu dürfen. Einen solchen erlebte ich bei (m)einem (ersten) Besuch eines Drei-Sterne-Restaurants (Guide Michelin). Bis zu diesem unsäglichen Moment glaubte ich doch tatsächlich über zumindest halbwegs akzeptable Benimmkenntnisse zu verfügen. Sobald ich jedoch am Tisch saß, hätte ich Manieren oder Umgangsformen nicht einmal mehr buchstabieren können. Das lag allerdings nicht nur an besagtem Restaurant oder dem Personal, sondern und vorwiegend an dem Personenkreis, mit dem ich dort war. Kurz: Es war der schlimmste Restaurantbesuch meines Lebens und ich kam mir vor wie der letzte Trampel.


    Gesellschaftliches Parkett kann bekanntermaßen spiegelglatt und voller Fettnäpfchen oder Stolperfallen sein. Doch bisweilen kann man ihm nicht ausweichen. Manchmal muss man sich einfach draufwagen. Man kann im Vorfeld natürlich entsprechende Kurse besuchen. Etwas sicherer fühlt man sich auch, wenn man nach einem praktischen Helfer, etwa dem Buch Neues Lexikon der Benimmirrtümer, greifen kann, hat es doch zudem den Vorteil, dass man es immer wieder zur Hand nehmen kann. Verfasst wurde es von Nandine Meyden, die seit 2005 als Etikette-Expertin bei Hier ab vier, einer MDR-Sendung, tätig ist. Daneben bietet sie seit mehreren Jahren Benimm-Seminare für namhafte Firmen, Verbände, Prominente und Politiker an. Aus der Feder der 1966 in München geborenen Autorin stammt auch der bei Ullstein erschienene Vorgängerband Lexikon der Benimmirrtümer.


    Nachdem man in Meydens Lexikon der Benimmirrtümer unter anderem erfahren konnte, ob sich Sprudel zum Zuprosten eignet oder nicht, ob Casual Friday tatsächlich automatisch Freizeitlook heißt, wie man sich mit eine sperrigen Gräte im Mund verhält oder was man unter Pünktlichkeit zu verstehen hat, bekommt man mit ihrem Buch Neues Lexikon der Benimmirrtümer über 90 weitere Benimm-Hilfen in die Hand. Damit fällt dann beispielsweise der von mir angesprochene Restaurantbesuch leichter. Nicht nur was das Essen an sich, auch was die Kleiderauswahl oder das Äußere allgemein betrifft. Es gibt auch Hilfestellungen für die Kommunikation. Das alles natürlich nicht nur während eines Essens privater oder geschäftlicher Natur, sondern etwa auch bei Beerdigungen, im Büro, bei Auslandsaufenthalten und so weiter.


    Das Buch ist nach der Einleitung in drei größere Kapitel - Kommunikatives, Kulinarisches und Äußeres - geteilt. Wie bereits das Lexikon der Benimmirrtümer, findet sich auch in diesem Sachbuch jeweils eingangs dieser größeren Kapitel ein tabellarischer Test, bevor in kleinen Einzelkapiteln die entsprechenden Benimmregeln erklärt werden. Nach einem Schlusswort gibt es dann noch einmal die Testtabellen mit den Auflösungen,bevor das Buch mit einem Register ausklingt, welches das Nachschlagen bestimmter Situationen und passender Verhaltensweisen erleichtert.


    Wer allerdings denkt, nach der gewissenhaften Lektüre beider Ullstein-Titel gegen sämtliche Fettnäpfchen gefeit zu sein, liegt falsch. Auswendiglernen bringt - so die Autorin - zusammen mit dem strikten Befolgen der korrekten Verhaltensregeln nicht zwingend einen stilvollen Auftritt oder perfekte Umgangsformen mit sich. Das liegt zum einen darin begründet, dass ihrer Meinung nach beides nur in Verbindung mit der richtigen inneren Haltung authentisch wirkt. Zum anderen, meiner Ansicht nach, vielleicht teilweise auch darin, dass die Fettnäpfchen sich ja hin und wieder leicht ändern, neue geboren und alte wiederentdeckt werden und vermutlich grundsätzlich glücklicherweise niemand gänzlich vor ihnen gefeit ist. Manchmal liegt es auch daran (so wieder die Autorin) dass Regeln gebrochen werden müssen, weil äußere Bedingungen sich ändern oder die Nichtbeachtung einer Regel anderen Beteiligte unangenehme Situationen erspart.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend
    Einen Teil der Regeln habe ich gekannt, einen weiteren Teil nur bedingt. Einige Regeln waren mir neu, ebenso wie ihre Hintergründe. Ob Meydens Buch Neues Lexikon der Benimmirrtümer im Fall der Fälle wirklich weiterhilft, muss jeder für sich selbst bewerten. Grundsätzlich ist es leicht lesbar, teils mit amüsanten Hintergrundinformationen gespickt und insgesamt übersichtlich aufgebaut. Das Register rleichtert, wie bereits angedeutet, das Nachschlagen. Insgesamt möchte ich für dieses Sachbuch vier von fünf Punkten vergeben.


    Copyright © 2012 by Antje Jürgens (AJ)

    Schürmann, Marc & Jolyne: Urlaub mit deinen Eltern halte ich für keine gute Idee - 222 Dinge, die Liebespaare sich mal sagen sollten


    blanvalet
    ISBN-13: 9783442380213
    ISBN-10: 3442380219
    Ratgeber Beziehungen
    1. Auflage 11/2012
    Taschenbuch mit Klappenbroschur, 192 Seiten
    [D] 8,99 €
    Verlagsseite http:www.blanvalet.de


    Etwa 38 Stunden nach dem ersten Kuss, 11 Tage nach der ersten Begegnung, und damit 18 Tage nach der ersten Mail, wurde der Sohn von Marc und Jolyne Schürmanns gezeugt, wenn man den Ausführungen des Autors glauben darf, die er unter anderem auf NEON.de kundtut. Darüber hat der 1976 geborene Textchef der Zeitschrift NEON ein Buch mit dem Titel Von null auf Papa geschrieben. Auch seine 1982 geborene Frau Jolyne Schürmann ist Journalistin und freie Comedy-Autorin. Aus ihrer Feder stammt beispielsweise der Ratgeber 200 Tricks für ein besseres Leben.


    Das Kind der beiden entstand also quasi vor der richtigen Beziehung. Klingt natürlich im Grunde genommen unüberlegt, doch das macht die Beziehung ja nicht unbedingt schlechter, zumal genau dieses Kind heute quicklebendig ist. Die beiden sind zudem zwischenzeitlich nicht nur verheiratet, sondern haben auch ein zweites Kind und mittlerweile auch ein gemeinsames Buch herausgebracht.


    Dabei handelt es sich um den bei blanvalet erschienen Ratgeber Urlaub mit deinen Eltern halte ich für keine gute Idee - 222 Dinge, die Liebespaare sich mal sagen sollten. Auf 192 Seiten geht das Autorenduo darin auf Dinge ein, die sich Liebespärchen selten bis gar nicht sagen, obwohl besagte Dinge durchaus einmal ausgesprochen werden sollten. Denn unweigerlich kommt nach den ersten Schmetterlingen im Bauch und dem wackligen Gefühl in den Knien der Tag, an dem die rosarote Brille runterfällt und einem prompt Macken am bislang bedenkenlos angehimmelten Partner auffallen. Und je länger man die mit zusammengebissenen Zähnen hinnimmt, desto eher können sich manche Scheidungsanwälte hinterher freuen.


    Nach dem Vor- und vor dem Schlusswort widmen sich die Schürmanns in 15 Kapiteln den Themen
    • Freizeitstress
    • Andere Männer, andere Frauen
    • Im Büro
    • In Feierlaune
    • Der Wirtschaftsteil
    • Bin ich schön?
    • Die Quadratur des Freundeskreises
    • Vier Wände und alles dazwischen
    • Alte Liebe rostet nicht?
    • Sehr witzig!
    • Du kannst mich mal …
    • Schwiegermuttermilch
    • Das Kreuz mit der Politik
    • Kinderkram
    • Und nun zum Sex


    Jeweils eingangs des Kapitels kann man eine kleine thematisch passende Geschichte lesen, dann folgen Ich-liebe-dich-aber-Seiten, auf denen kleine Macken und Dinge - wie der Buchuntertitel verrät 222 Stück an der Zahl - genannt werden. Dabei greift das Autorenduo nicht nur auf die eigenen Erfahrungen zurück, sondern auch auf Interviews mit anderen Paaren.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend


    Beziehungen sollen ja harte Arbeit sein. Ratgeber können diese etwas erleichtert. Urlaub mit deinen Eltern halte ich für keine gute Idee - 222 Dinge, die Liebespaare sich mal sagen sollten liest sich leicht verständlich, präsentiert eine an sich ernsthafte Thematik spielerisch leicht und ist eher amüsant aufgemacht. Die Fragen stehen natürlich nur stellvertretend für das, was einem womöglich persönlich so auf der Seele brennt und können nur als Anregung verstanden werden. Allerdings eher für Pärchen, die sich noch nicht so lange kennen. Darauf verweist schon passend die Inhaltsangabe (Zitat: 222 Dinge, die man einander mal sagen sollte - und zwar solange alles noch rosarot aussieht). Leser, bei denen es in der Beziehung schon kriselt, werden vermutlich wenig bis keine Freude daran haben, weil der Ratgeber eher auf Prävention statt Schadensbegrenzung abzielt. Trotz Ratgeber-Charakter eher ein Lesequickie, der drei von fünf Punkten von mir bekommt.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    blanvalet
    ISBN-13: 9783442379378
    ISBN-10: 3442379377
    Nonfiction
    1. Auflage 06/2012
    Taschenbuch, 256 Seiten
    [D] 8,99 €


    Verlagsseite http://www.blanvalet.de


    Die 1972 in München geborene und heute dort lebende Barbara Streidl beschäftigt sich nicht nur als Gründerin und auf ihrem Blog http://www.fraulila.de mit dem Thema Feminismus. Bereits 2008 wurden sie und die Mitbetreiber des Webblogs maedchenmannschaft.net mit dem Preis Best German Blog ausgezeichnet. Streidl studierte Germanistik und Komparatistik, arbeitet als Musikerin, Journalistin und Autorin. Aus ihrer Feder stammen die bei blanvalet erschienenen Bücher Wir Alphamädchen – Warum Feminismus das Leben schöner macht und das gerade vor mir liegende KANN ICH GLEICH ZURÜCKRUFEN? Der alltägliche Wahnsinn einer berufstätigen Mutter.


    Beide Bücher würde ich, da mir kein anderes Genre dazu einfällt, in die Kategorie Nonfiction sortieren, obwohl Streidl ihre LeserInnen in KANN ICH GLEICH ZURÜCKRUFEN? Der alltägliche Wahnsinn einer berufstätigen Mutter. an acht Tagen aus dem Leben einer fiktiven Mutter, aktuell und von eben dieser Mutter selbst erzählt, teilnehmen lässt.


    Das Cover, soviel gleich vorab, vermittelte mir einen etwas falschen Eindruck. Das gelbe Piktogramm einer weiblichen Gestalt, der der Kopf zu summen scheint, mit klingelndem Handy in der einen und einem Kinderwagen an der anderen Hand, scheint zusammen mit dem Titel zunächst auf einen heiteren Roman für Frauen hinzudeuten. Auch die Inhaltsangabe erweckt, flüchtig gelesen, diesen Eindruck. Die gewählte Farbe (Dunkelmagenta) für den Bucheinband an sich verstärkte dann meine heiter-fröhliche Erwartungshaltung an das Buch zusätzlich. Lediglich ein Satz von Andrea Nahles, in dem Sie das Buch als leidenschaftliches Plädoyer für eine Arbeitswelt bezeichnet, in der man sich nicht für seine Kinder entschuldigen muss, weckte in mir den Verdacht, dass es sich dann doch um etwas anderes handeln könnte.


    Und tatsächlich las ich dann eine eher sachlich-ernste Schilderung von acht Tagen im Leben einer jungen Frau. Sie ist verheiratet mit einem verständnisvollen und so erfolgreichen Mann, dass sie gar nicht arbeiten muss. Sie haben ein gemeinsames Kind. Besagtes Kind geht in die Kita. Es gibt eine Oma, die ebenfalls darauf aufpasst. Es gibt eine Putzfrau, die im Haushalt hilft. Es gibt Elternzeit, Elterngeld sowie Kindergeld. Eigentlich alles also, um glücklich zu sein. Wenn da nicht das wäre, wovon jede Mutter ein Lied singen kann - und zwar nicht nur die Berufstätigen, wobei die natürlich eventuell in verschärfter Form. Ständiger Druck bestimmt den Alltag der jungen Frau, die gerne arbeitet und so schnell wie möglich in ihren Beruf zurückgekehrt ist, um den Anschluss nicht zu verlieren. Dieser Druck wird von der Angst zu versagen ausgelöst. Nicht nur weil das Muttersein beim ersten Kind eben noch neu ist, auch weil das Organisationstalent permanent auf die Probe gestellt wird, wenig zeitlicher Spielraum bleibt und die Schere zwischen Plan und Realität bisweilen zu sehr auseinanderklafft. Der Druck wird auch ausgelöst durch Wut und schlechtes Gewissen. Gegenüber dem Kind (weil es da ist?), dem Arbeitgeber, den Kollegen, dem Mann, der Oma, den Kita-Angestellten (weil sie sich von allen irgendwo, irgendwie, irgendwann im Stich gelassen oder angegriffen fühlt?) Das eine bedingt das andere und umgekehrt. Ganz kritisch wird es, als die Oma von heute auf morgen aus gesundheitsbedingten Gründen ausfällt und selbst zu einem Problem wird.


    Diese Probleme haben sich - mal Hand aufs Herz - nicht allzu sehr geändert in den letzten Jahren. Kindererziehung und Pflege von Angehörigen ist etwas, das nach wie vor eher Frauen als Männer stemmen. Wer aus einer wirtschaftlich sicheren Situation als Mutter arbeiten geht, wird auch heutzutage noch schnell als karrieregeil und eigensüchtig verschrien. Die Mütter, die aus wirtschaftlicher Not heraus berufstätig sind, müssen einfach funktionieren und froh um ihren Arbeitsplatz sein. Kita, Kindergeld, Elterngeld, Erziehungsurlaub, Arbeitsplatzgarantie - all das haben die Mütter vor einigen Jahrzehnten nicht oder kaum gekannt und in Anspruch nehmen können. Trotzdem ist mit Einführung all dieser wunderbaren Errungenschaften das Leben für sie nicht zwingend leichter geworden, weil die Ansprüche gestiegen sind. Die Bildungschancen und Karrieremöglichkeiten der Frauen haben sich verbessert, in der beruflichen Perspektive werden Kinder jedoch immer noch als eine Art Hemmschuh betrachtet. Gleichzeitig verschärfen sich unabhängig davon die Bedingungen wieder. Wenn man etwa die brandaktuelle Entwicklung im Rentenbereich betrachtet, scheint es für alle künftigen Rentenempfängerinnen eindeutig ratsam, schnell wieder ins Arbeitsleben einzusteigen.


    Streidl lässt ihr fiktives Elternpaar über diese Probleme diskutieren, bindet dabei die Ergebnisse diverser Studien ein. Die beiden kritisieren zusammen oder getrennt arbeitspolitische Fragen (von der eigenen Tätigkeit, im Bezug auf ihre eigene Putzfrau oder anlässlich der unterbezahlten Erzieherinnen in der Kita ihres Sohnes), führen mehr oder weniger konstruktive Gespräche. Spätestens hier wird unabhängig von den ständigen Beteuerungen (gar nicht arbeiten zu müssen) der erzählenden Hauptfigur klar, dass Streidls Hauptfigur keineswegs für alle berufstätigen Mütter steht, sondern eher gut gebildete, finanziell abgesicherte Mütter in stabilen sozialen Verhältnissen betrifft.


    Mehr als eine (reale) Mutter wird sich in Streidls fiktiver Gestalt und den auf acht Tagen komprimierten Erlebnissen und Emotionen wiedererkennen. Bedauerlicherweise wird keine von ihnen einen ungefähren Lösungsansatz für die breit gefächerten, gut recherchierten aber sehr trocken dargestellte Problemstellungen finden. Obwohl die innere Zerrissenheit der Hauptfigur sehr gut dargestellt fand und diese auch durchaus sich durchaus selbstkritisch betrachtet, empfand ich sie zeitgleich fast bis zum Schluss als jemand, der auf hohem Niveau zu jammern gelernt hat.


    Mit der beschriebenen Erkrankung der Oma und den daraus resultierenden Folgen deutet sich letztlich ein Wechsel an. Erst danach wird der jungen Mutter scheinbar bewusst, dass der meiste Druck von ihr selbst erzeugt wird und nur sie etwas ändern kann. Gleichzeitig deutet genau dieser Wechsel aber auch an, dass sie in gewisser Weise resigniert und sich den gesellschaftlichen Strukturen unterwirft, indem sie zurücksteckt. Das empfindet sie glücklicher- und sympathischerweise nicht als Verlust oder Versagen. Doch auch wenn mich das mit dem übrigen Buchinhalt an sich irgendwie versöhnt, frage ich mich doch unwillkürlich, was eine Autorin wie Streidl, die sich vorwiegend mit Feminismus beschäftigt, damit ausdrücken möchte.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend


    Mit KANN ICH GLEICH ZURÜCKRUFEN? Der alltägliche Wahnsinn einer berufstätigen Mutter. bietet Streidl einen Einblick in den täglichen Spagat zwischen Wollen und Können, zwischen Müssen und Dürfen. Kind und Karriere, beides ist auch heute noch schwer vereinbar. Eine romanähnliche gehaltene Darstellung dieser Thematik offenbar auch, denn die eher trocken-analytische Beschreibung Streidls hebelt eben diesen Versuch aus. Insgesamt frage ich mich nach Beendigung des Buches nach der eigentlichen Intention der Autorin, bietet sie doch nur eine Auflistung von gleichermaßen bekannten wie gesellschaftlich gerne ignorierten Problemen ohne Lösungsmodelle oder auch nur andeutungsweise Lösungsansätze. Trotz der guten und kritischen Recherche möchte ich deshalb nur drei von fünf Punkten dafür vergeben.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Originaltitel. Ravishing in Red
    ins Deutsche übersetzt von Stefanie Pannen
    Egmont-LYX
    ISBN13: 9783802587924
    ISBN10: 3802587928
    Historical romance
    deutsche Erstausgabe 07/2012
    Taschenbuch mit Klappenbroschur, 400 Seiten
    [D] 9,99 €


    Verlagsseite http://www.egmont-lyx.de
    Autorenseite http://www.madelinehunter.com/


    Die in Pennsylvania lebende Autorin hat Kunstgeschichte studiert und arbeitet als Lehrerin an einem College. Daneben verfasst sie Romane. Mit ihrem im Jahr 2000 erscheinenden Debüt erhielt sie den Preis Waldenbooks Bestselling Debut Author. Egmont-LYX veröffentlicht eine kleine Buchserie der Autorin. Ein skandalöses Rendezvous bot im Juli 2012 dabei den Auftakt. Der zweite Band Die widerspenstige Braut ist seit Januar erhältlich. Ein dritter Band mit dem Titel Eine Lady von zweifelhaftem Ruf ist für Juni 2013 geplant.


    Abgesehen vom Genre, dem historischen Hintergrund und der Tatsache, dass diese Bücher eben von Madeleine Hunter geschrieben wurden, bieten sie keine größeren Gemeinsamkeiten. Sie können deshalb unabhängig voneinander gelesen werden, da die Hauptfiguren von Buch zu Buch ebenso wie die Hintergrundgeschichten wechseln.


    Im Auftaktband, der gerade vor mir liegt, geht es um Audrianna, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Ruf ihres Vaters reinzuwaschen. Dieser soll für sein Land minderwertiges Schießpulver gekauft haben und so für Tod und Verletzungen diverser Soldaten verantwortlich sein. Aus Scham nahm er sich das Leben. Nach seinem Tod zieht Audrianna zu einer Cousine und versucht, so gut es geht, auf eigenen Füßen zu stehen. Doch Audrianna untersucht nicht alleine die Vorgänge um das minderwertige Material, auch Lord Sebastian Summerhays tut dies. Dadurch treffen die beiden aufeinander. Audrianna erhofft sich entlastende Informationen, Summerhays belastendes Material. Die beiden werden dabei jedoch unglücklicherweise in einer kompromittierenden Situation erwischt, Summerhays sogar verletzt, und der Skandal schwappt über Audriannas gerade noch einigermaßen stolz erhobenes Haupt hinweg. Einzig die Heirat mit Summerhays kann ihren Ruf jetzt noch retten.


    Die Autorin zeichnet ihre weibliche Hauptfigur, ebenso wie deren Cousine, bezogen auf die Zeit überraschend modern und unabhängig und gleichzeitig durchaus glaubwürdig. Ihr Selbstbewusstsein schwindet jedoch jedes Mal, sobald der attraktive Summerhays auf den Plan tritt. Der ist eigentlich nur der zweite Sohn, hat ein eher schwierig gestaltetes Verhältnis zu seiner mit Standesdünkeln behafteten Mutter und ein enges Verhältnis zu seinem kriegsversehrten älteren Bruder. Auch die etwas schrulligen Freunde jenes Bruders sind mit von der Partie. Alle Charaktere sind klar gezeichnet, haben alle ihre kleinen Macken, Fehler und Ängste.


    Wie so oft bei LYX ist auch dieses Mal das Cover/Buch ansprechend liebevoll und passend gestaltet. Es zeigt eine junge Frau in einem cremefarbenen Kleid, dessen Schnitt der damaligen Zeit entsprechen dürfte. Das Muster ihres Kleides - kleine goldene Ornamente - wiederholen sich in einer Art Rahmen um diese Gestalt ebenso wie an den Kapitelanfängen (wo sie dann natürlich grau gehalten sind). Bei der Frauengestalt sieht man keinen Kopf/kein Gesicht - was gut zu der Thematik passt, möchte Audrianna doch unerkannt nach der Wahrheit forschen. Die sittsam gefalteten Hände passen zu ihrem Charakter und der kleine Ausschnitt ihres Kleides deutet auf die im Buch dezent aufflammende erotische Grundspannung zwischen Audrianna und Summerhay hin.


    Die zwischen den beiden Hauptfiguren entstehende romantische Beziehung wächst behutsam und gerade deshalb gut nachvollziehbar. Es geht aber auch um Freundschaft und Gier, um Schuldgefühle und ein wenig Eifersucht, denn Audrianna und Sebastians Bruder verstehen sich blendend. Nicht nur hier zeigt sich, dass Sebastian zwar durchaus über Autorität verfügt, gleichzeitig jedoch selbst stetig zurücksteckt, seit er für seinen älteren Bruder nach dessen Unfall dessen Position übernommen hat. Dass ihm ein eigenes Leben fehlt, wird ihm erst durch Audrianna bewusst.


    Der zum Skandal und der Heirat führende Handlungsstrang um Audriannas Vater und das minderwertige Schießpulver wird im Hintergrund weitergesponnen und geschickt mit dem romantisch ausgebauten Hauptteil verwoben. Durch den flüssigen Schreibstil können Hunters LeserInnen leicht in die Geschichte eintauchen.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend
    Sympathische Charaktere in einer leichten, romantisch gestalteten Geschichte. Mit Ein skandalöses Rendezvous hat Madeleine Hunter einen Roman für ein paar entspannend-unterhaltsame Lesestunden geschaffen, weshalb ich dem Buch vier von fünf Punkten geben möchte.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)