Brian Stevenson - Ohne Gnade: Polizeigewalt und Justizwillkür in den USA


  • ASIN/ISBN: 9783492310031

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    Inhalt (Lt. Amazon):


    13-jährige Kinder, die Jahre in Isolationshaft verbringen müssen, willkürliche Verhaftungen und rassistische Vorurteile durch Polizei und Justiz sind Alltag in den USA. Der Anwalt Bryan Stevenson macht diese erschütternden Fälle aus Amerikas Gerichtssälen publik. Er vertritt Menschen, die keinen oder nur pro forma einen Rechtsbeistand erhalten. Wie ein Thriller lesen sich die Fälle, in denen er dafür kämpft, Unschuldige aus der Todeszelle herauszuholen. Ein notwendiges Buch, das den allgemeinen Rassismus und das Versagen des Strafsystems anprangert – und erschreckende Einblicke in die amerikanische Gesellschaft gibt.



    zum Autor (Lt. Amazon):


    Bryan Stevenson ist Professor an der juristischen Fakultät der New York University sowie Mitgründer und Geschäftsführer der „Equal Justice Initiative“, einer Organisation, die sich für Menschen einsetzt, die unter die Räder der amerikanischen Justiz kommen. Er hat Dutzende Verfahren gewonnen und u.a. Unschuldige vor der Vollstreckung der Todesstrafe gerettet.



    Mein Fazit:


    Anlässlich des demnächst erscheinenden Spielfilms „Just Mercy“ habe ich das gleichnamige Buch (deutsch: Ohne Gnade) von Brian Stevenson, einem schwarzen US-amerikanische Rechtsanwalt, gelesen. Auf die eine Weise kann man es sicherlich als Sachbuch bezeichnen, denn der Autor berichtet von vielen Rechtsfällen, benennt Zahlen und Fakten, umreißt das Rechtssystem der USA. Aber eigentlich ist es viel mehr. Nämlich auch ein handfester Thriller, der die tragisch-dramatischen Geschichte von Walter McMillian schildert, der unschuldig in die Fänge der US-amerikanischen Justiz gerät und zum Tode verurteilt wird. (Dieser Handlungsstrang liegt wohl auch der Verfilmung zugrunde.) Brian Stevenson versucht ihm zu helfen. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen.


    Stevenson beschließt schon im Studium, sich nach seinem Jura-Abschluss vor allem um die Rechtsfälle zum Tode Verurteilter zu kümmern. Bis zu 80 % - in einigen Staaten der USA noch mehr – der Todeskandidaten sind schwarz. Dies liegt zum einen daran, dass schwarze Angeklagte meist arm sind und sich keine guten Anwälte leisten können, aber erschreckender Weise ist ein noch schwerwiegender Grund, dass die US-amerikanische Gesellschaft und das dortige Rechtssystem die Rassendiskriminierung, die Rassentrennung, den Rassenhass bis heute so praktizieren, als hätte es die letzten 50 Jahre und einen schwarzen Präsidenten nie gegeben. Das Buch wurde in der Amtszeit Obamas geschrieben und verlegt. Eine der Erkenntnisse, die mich sehr beschäftigt haben.


    Ich bin fassungslos, dass im Namen eines sogenannten Rechtsstaates hier hunderte, ja tausende von Menschen grundlos verhaftet, geschlagen und gequält werden. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft fälschen Beweise oder lassen sie gleich unter den Tisch fallen, bedrohen Zeugen, erpressen falsche Geständnisse, verurteilen aufgrund offensichtlicher Falschaussagen und fehlender Indizien. Die Gesetze werden so gebeugt, verdreht oder ausgelegt, dass die Angeklagten kaum eine Chance haben. In den 80ger Jahren wurden die Gesetzte außerdem so radikal verschärft, dass schon Kinder unter 13 nach Erwachsenenrecht angeklagt und zum Tode verurteilt werden können. Vor allem jugendliche Schwarze sitzen zu Tausenden wegen minderschwerer Vergehen lebenslänglich im Gefängnis. Und dort heißt lebenslänglich auch tatsächlich ein Leben lang – nicht wie bei uns 15 Jahre. Und was sich in diesen Gefängnissen an Brutalität abspielt ist kein Zuckerschlecken.


    Wer zufällig die Natchez-Trilogie von Greg Iles kennt und beim Lesen derselben vielleicht noch dachte, dass Iles schon ziemlich übertreibt mit seinen Beschreibungen, wie der Hass und die Verachtung auf die schwarze Bevölkerung noch immer in den Köpfen der weißen Nordamerikaner schwelt, der wird unsanft in die harte Realität geholt. Brian Stevenson erzählt sehr eindringlich und mit einer Menschlichkeit, die schmerzt. Egal, ob man ein Befürworter oder Gegner der Todesstrafe sein mag, man wird entsetzt sein darüber, wie die Menschenrecht in den USA noch immer mit Füßen getreten werden.


    Ich bin froh – auch wenn das angesichts des Inhalts seltsam klingt – dass ich dieses Buch gelesen habe und kann es uneingeschränkt jedem empfehlen, der sich für das Thema interessiert. Es mitreißend, ergreifend, ehrlich und wachrüttelnd. Der Film startet am 27.2.2020 mit Michael B. Jordan, Brie Larson und Jamie Foxx.


    10 von 10 Punkten

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

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  • Leider finden wir das in allen Staaten, die sich als Rechtstaaten bezeichnen. Auch bei uns. Es sei in diesem Zusammenhang als Beispiel ans den Fall Vera Brühne erinnert.


    Wie sagt man doch:

    Vor dem Gesetz sind alle gleich - aber nicht vor denen die Recht sprechen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Voltaire da hast Du sicherlich recht. Aber ich war trotzdem platt, welche Dimensionen das in den USA sind. Vor allem, wie offen das Recht gebeugt wird und wie Kinder in die Strafanstalten gesteckt werden, wo sie missbraucht und gequält werden, bevor sie in der Todeszelle landen. Es wurden schon 8jährige zu lebenslänglich und 12jährige zum Tode verurteilt. Und der Autor spricht nicht nur vom 20.sten sondern vom 21.sten Jahrhundert. Da ist das bei uns doch wirklich harmlos.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich habe jetzt auch den Film "Just Mercy" angeschaut. Wirklich sehr sehr nach dran am Buch. Ich war auch hier berührt und aufgewühlt und kann ihn sehr empfehlen.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)