Liebe im neuen Jahrtausend - Can Xue

  • Verlag: Matthes&Seitz, 2021

    420 Seiten


    Übersetzt von Karin Betz


    Kurzbeschreibung:

    Wei Bo irrlichtert durch eine Welt ständiger erotischer Verfügbarkeit, in der er zum Spielball in einer geheimnisvoll matriarchal kontrollierten Gesellschaft wird. Vier Frauen dominieren seine Welt, in der sich alle in permanenter Überwachung befinden, in der Informanten in Blumenbeeten lauern und es vor falschen Berichten wimmelt. Verschwörungen wuchern an allen Ecken und Enden dieser Gesellschaft, die Paranoia und Misstrauen schürt. Manche versuchen zu fliehen – sei es in ein mysteriöses Wellnesshotel oder in die Häuser der Ahnen, die nur unterirdisch durch schlammige Höhlen, Abwasserkanäle und Tunnel erreicht werden können. Andere suchen die Zuflucht in einer Stadt namens Chao, wo traditionelle chinesische Heilpflanzen es ermöglichen, zu einem neuen Selbst zu finden, und versprechen, die Welt etwas glücklicher werden zu lassen. Jedes Leben wird hier von tief vergrabenen Geheimnissen und surrealen Trugbildern heimgesucht. Can Xues meisterhaft erzählte Liebesgeschichte ist eine düster-groteske Farce aus dem heutigen China. Sie zeigt die vielen Gesichter der Liebe – satirisch, tragisch, vergänglich, absurd und erfüllend – vor einer Kulisse aus Kommerz und Industrie, Betrug und Ausbeutung.


    Über die Autorin:

    Can Xue, 1953 in Changsha geboren, entstammt einer Familie, die der Kulturrevolution zum Opfer fiel, und durfte nach der Grundausbildung nicht mehr zur Schule gehen. Angeregt durch ihren Vater beschäftigte sie sich mit westlicher und russischer Literatur. 2001 zog sie nach Peking und gilt heute als eine der wichtigsten Autorinnen der Gegenwart und als die einzige Frau, die sich in der chinesischen Avantgarde-Literaturszene weit über die Landesgrenzen hinaus etablieren konnte.


    Über die Übersetzerin:

    Karin Betz ist Sinologin und Übersetzerin. Bei einem Forschungsaufenthalt in Japan hat sie über die Musik von Astor Piazzolla den Tango entdeckt. 2001 folgte die erste Reise nach Buenos Aires. Seither ist sie als Tänzerin und DJ regelmäßig in der Welt der Milongas und der Literatur zu Gast. Sie lebt in Frankfurt am Main, wo sie die regelmäßige Milonga »Pan y Tango« betreibt und nebenbei Tangogedichte übersetzt.


    Mein Eindruck.

    Ein ungewöhnliches Buch. Mit der Zeit merkt man, das es mit surrealen Momenten die üblichen Lesegewohnheiten sprengt, sich aber dennoch gut lesen lässt. Kennzeichnend für die Text ist eine gewisse Lakonie.

    Es geht um den verheirateten Wei Bo, der mit mehreren Frauen eine Beziehung hat. Weiterhin ist es in meiner Leseauffassung ein Porträt dieser Frauen:

    Die 35jährige Witwe Cuilan, Ah Si, seine Ehefrau Xiao Yuan.

    Aber auch die männlichen Figuren werden genau betrachtet. Can Xue kann unglaublich gut Figuren als glaubhafte Menschen erschaffen. Aber sie behalten teilweise doch ihre Geheimnisse.


    Der erste Abschnitt aus Sicht von Cuilan ist meiner Meinung nach der stärkste.

    Es gibt mal einen bemerkenswertes Zwischenspiel "Die Welt aus der Sicht des Doktors". Dann gut geschriebene Passagen mit Wei Bo im Gefängnis, wo er 3 Monate absitzen muss und ein Kapitel über einen Polizisten, der sich in Wei Bos Freundin verliebt hat. Schließlich Xia Yuan in Chao.

    Der Schluß um Ah Si bleibt mir in der Bedeutung weitgehend verschlossen.


    Der Plot bleibt letztlich rätselhaft, aber auch darin kann ein Reiz liegen. Das Buch ist wie ein Enigma.

    Lesenswert ist das Nachwort von Eileen Myles mit dem Titel Inside Can Xue.

    Eine großartige Sache des Verlag Matthes&Seitz, der deutschen Leserschaft eine wichtige, chinesische Autorin vorzustellen und ich hoffe auf weitere Übersetzungen.




    ASIN/ISBN: 375180031X