Sarah Goodwin - Die Insel. Stranded

  • Verlag: Bastei-Lübbe

    Erscheinungsdatum: März 2023

    Umfang: 400 Seiten



    Meine Meinung:


    Uiii, dieser Klappentext las sich dermaßen spannend und außergewöhnlich, dass ich - von jeher anfällig für Reality TV-Shows - mich vorsichtig aus meiner komfortablen Cosy-Crime-Zone herauswagte und mich in deutlich düsterere literarische Gefilde stürzte.


    Bedrohlich wirkendes Insel-Setting: Check. Realistisch beschriebener Kampf ums Überleben bzw. Survival-Skills: Check. Konnte ich mit der (hin und wieder etwas naiv agierenden) Hauptfigur mitfiebern? Ja.

    Hinzu kam eine - von der Produktionsfirma bewusst einkalkulierte - toxische Zusammensetzung der Teilnehmergruppe des Experiments. Mehr Konfliktpotenzial = mehr Unterhaltungswert für die Zuschauer, so der im TV-Business übliche Gedanke. Und der Plan geht auf … bis die Ereignisse außer Kontrolle geraten und sich die dunkelsten menschlichen Abgründe auftun.


    Mit bösartigem Verhalten bzw. manipulativen Charakteren habe ich ja bekanntlich meine Probleme - und was war ich wütend angesichts all der Demütigungen und Grausamkeiten, die in dem scheinbar bunt zusammengewürfelten Kandidatengrüppchen vonstattengehen! Systematische Ausgrenzung, fiese Psychospielchen, brutale Anfeindungen, Mobbing vom Feinsten. So oft wollte ich das Buch einfach stinksauer und frustriert abbrechen, war dann letztlich allerdings doch zu neugierig auf die Auflösung … bei der in meinen Augen jedoch Potential verschenkt worden ist. Da hätte ich mir zum Abschluss lieber einen richtigen Knaller gewünscht. Zudem blieben die meisten Figuren relativ blass, aller Schimpfwort-beladenen Dialoge zum Trotz.


    Sei's drum, dank der kreativen Storyidee und des für einen Thriller eigentlich ganz angenehmen Schreibstils (abgesehen von einigen Wortwiederholungen) verbuche ich die aus Maddys Perspektive erzählte Geschichte trotzdem insgesamt als Leseerfolg.


    𝗙𝗮𝘇𝗶𝘁:

    Gelungener Psychothriller, der in Sachen Nebenfiguren bzw. allgemein Greifbarkeit der Charaktere und Auflösung noch Luft nach oben hat. Von mir gibt es eine Empfehlung für alle Fans dieses Genres.

    ASIN/ISBN: 3404188780

  • Ich habe letztes Jahr die englische Originalausgabe gelesen und fand die Story unfassbar spannend und klaustophobisch.


    Ich war gleich von Anfang an gefangen von der düsteren und unheilvollen Atmosphäre des Buches. Maddy ist ein wenig merkwürdig. Sie hatte eine dominierende und überfürsorgliche Mutter, die sie kaum einen Schritt ohne sie machen ließ als Kind. Maddy hat den sozialen Umgang mit anderen Leuten nie richtig erlernt. Im Grunde hasst sie ihr Leben und sich selbst ebenfalls. So fasst sie den ungewöhnlichen und mutigen Entschluss, ihre Komfortzone zu verlassen und bewirbt sich für eine TV Show über ein soziales Experiment. Acht Leute sollen auf einer unbewohnten Insel in Schottland leben. Sie sind dort absolut auf sich alleine gestellt. Maddy wird angenommen und sie trifft die anderen Teilnehmer erst am Tag an dem es losgeht. Zuerst hat Maddy das Gefühl, es läuft gut und sie schließt neue Freundschaften. Aber schon bald ist sie alleine und muss um ihr Überleben kämpfen.


    Ich fand die Story unglaublich spannend. Acht Fremde müssen sich zusammenraufen ohne jeden Kontakt zur Außenwelt. Sie müssen sich organisieren, eine Unterkunft bauen und sich ihre Nahrung selbst beschaffen. Jeder der Teilnehmer kann etwas anderes. Es gibt einen Zimmermann, einen Metzger, einen Fischer und Maddy selbst kennt sich sehr gut mit Pflanzen aus. Maddy hat ein gutes Gefühl aber schon bald laufen die Dinge aus dem Ruder. Plötzlich ist sie die Außenseiterin und muss sich alleine durchschlagen. Das Experiment soll 11 Monate dauern. Aber als die Zeit um ist, kommt niemand um sie abzuholen. Es kommt zur Eskalation.


    Die Story ist sehr intensiv und auch beängstigend. Manchmal sind die Beschreibungen wie Maddy Vorräte anlegt ein bisschen zu detailliert und ausufernd. Aber zugleich sieht man, wie viel Arbeit es macht seine eigenen Lebensmittel zu erzeugen. Als Kritikpunkt empfinde ich, dass nicht ausreichend erklärt wird, warum die Produktionsfirma der Show die Sache derart eskalieren lassen konnte. Aber da das Buch so spannend war, hat mich das nicht weiter gestört. Wir sind nah dran an Maddy und fühlen ihre Verzweiflung über das unfaire Verhalten ihrer Mitstreiter und auch ihre Selbstzweifel ob sie vielleicht ja selbst schuld ist, das sich alle gegen sie verschworen haben. Maddy ist seltsam und schwierig aber nichts rechtfertigt die Dynamik, mit der alle gegen sie sind. Es ist wirklich beängstigend zu sehen, wie Extremsituationen das schlimmste in Menschen hervorbringen können.


    Für mich war dieses Buch ein Lesehighlight im letzten Jahr.