… und was wird jetzt aus mir? - Angelika Godau

  • Angelika Godau: … und was wird jetzt aus mir??? – Ein psychologischer Roman. Zweibrücken 2023, Independently published, ISBN 979-8-39460224-5, Softcover, 187 Seiten, Format: 12,7 x 1,12 x 20,32 cm, Buch: EUR 9,99, Kindle: EUR 4,99.


    „Das vorliegende Buch ist nach einer wahren Geschichte geschrieben. Trotzdem ist es ein Roman, nicht alles hat sich zu 100 % so zugetragen.“ (Seite 5)


    Geraume Zeit bin ich um das Buch herumgeschlichen und habe es nicht zu lesen gewagt, weil ich ahnte, dass mich das Thema stark berühren würde. Es hat mich dann auch bis in meine Träume verfolgt.


    Verflixt starker Tobak


    Theoretisch weiß ich ungefähr, wie sich eine narzisstische Persönlichkeitsstörung äußert, aber wenn eine erfahrene Psychologin einen Roman über einen solchen Fall schreibt, in dem wehrlose Kinder die Leidtragenden sind, fühlt sich das an, als sei man selbst in dieser toxischen Familie gefangen.


    Lena Martin ist acht Jahre alt, als ihr geliebter Vater die Familie verlässt. Ihre Mutter gibt ihr die Schuld daran und behauptet, weil sie immer so an ihrem Vater gehangen hätte, sei er gegangen. Das sei ihm alles zu viel geworden. Lenas ältere Schwester Kathrin lässt sich von Mutters Bullsh*t nicht beeindrucken. Ihr ist klar: Der Vater hat das manipulative Verhalten, die fortwährende moralische Erpressung und die Wutanfälle seiner eifersüchtigen Frau nicht mehr ertragen. Nach einem lautstarken Streit hat er das Haus verlassen und nie wieder zurückgeblickt.


    Lebensfreude wird sofort bestraft


    Jetzt, nachdem ihr Partner nicht mehr zur Verfügung steht, quält die Mutter die Kinder. Sie selbst muss stets im Mittelpunkt stehen, alles andere geht gar nicht. Sobald ihre Töchter etwas für sich selbst tun wollen, etwas, das ihnen Spaß macht, oder – Gott bewahre! – sich sogar mit Freunden treffen möchten, inszeniert die Mutter auf hochdramatische Weise entweder einen Herzinfarkt oder einen Selbstmordversuch. Alles „fake“, selbstverständlich. Bei den Rettungssanitätern und Krankenhäusern in der Umgebung kennt man sie schon.


    Kathrin juckt das Theater wenig. Als sie 18 ist, zieht sie aus und bricht den Kontakt zur Mutter ab. Die darf nie erfahren, dass sie heimlich mit ihrer kleinen Schwester Lena in Verbindung bleibt.


    Dass es nicht allgemein üblich ist, dauernd einen Eiertanz um die Launen und Befindlichkeiten der eigenen Mutter aufführen zu müssen, wird Lena erst klar, als sie öfter mal bei einer Schulfreundin zu Gast ist. Dort ist das Familienleben kein permanenter Terror, dort herrscht ein liebevolles Miteinander und die Mutter kocht sogar für Mann und Kinder!


    Lena wagt nicht, die Mutter zu verlassen



    Nicht einmal als erwachsene Frau kommt Lena aus ihren familiären Verstrickungen heraus. Jeder ihrer Versuche, sich ein Stückchen eigenes Leben zu erobern, hat umgehend einen gespielten Suizidversuch der Mutter zur Folge. So abgebrüht wie ihre große Schwester oder ein befreundeter Kollege ist Lena leider nicht.


    Tochter todkrank, Mutter beleidigt


    Lena ist in ihren Zwanzigern, als sie unheilbar an Krebs erkrankt. Ihre Mutter empfindet das als persönliche Beleidigung. Wie kann ihre Tochter es wagen, ihr mit ihren „Wehwehchen“ die Schau als ewig leidende Märtyrerin zu stehlen?


    Immer wieder hat Lena eine Psychotherapie angefangen und wieder abgebrochen. Jetzt, als sie ahnt, dass sie wohl nicht mehr gesund werden wird, will sie nur noch eines wissen: Warum ihr Vater nie den Versuch gemacht hat, nach der Trennung Kontakt mit seinen Töchtern aufzunehmen.


    Vom Vater im Stich gelassen. Warum?


    Die Schwestern haben natürlich versucht, ihren Vater zu finden, aber bevor alle Welt Internet hatte, war das schwierig, und dann hat sich seine Spur irgendwann verloren. Wenn sie sich nur daran erinnern könnten, was genau an dem Tag vorgefallen ist, als er die Familie verlassen hat! Sie wissen nicht einmal mehr, worum es in dem großen Streit der Eltern ging.


    Die Hypnotherapeutin Petra German schlägt eine Hypnose vor. Was dabei ans Tageslicht kommt, ist der Hammer! Aber bei dieser Familie sollte man sich eigentlich über gar nichts mehr wundern.



    Warum hat niemand Lena geholfen?


    Und warum, in drei Teufels Namen, hat niemand die kleine Lena aus dieser Familienhölle herausgeholt? Viele haben gewusst, wie es bei ihr daheim zugeht, aber passiert ist nichts.


    Unfassbar erschütternd und bewegend


    Ich fand diese Geschichte unfassbar erschütternd und bewegend. Als Unterhaltungslektüre würde ich diesen Roman aber nicht bezeichnen. Für mich zumindest bedeutet das reale Leid hilfloser Menschen keine Zerstreuung. Ich habe das Buch als romanhaft aufbereitetes Fallbeispiel gelesen und sehe jetzt noch etwas klarer, woran man narzisstisches Verhalten erkennen kann.


    Die tragische Heldin der Geschichte hat auch noch eine konkrete Botschaft für uns Leser:innen. In ihrem Tagebuch schreibt sie:


    „Verharrt nicht in toxischen Beziehungen, sie machen euch krank. Dabei ist es völlig egal, ob diese Beziehung zu einem Mann, einer Frau oder zu den eigenen Eltern besteht. Es wird sich nichts ändern, solange ihr nichts ändert.“ (Seite 186)


    Die Autorin


    Angelika Godau, geboren in Oberbayern, hat in verschiedenen Regionen Deutschlands gelebt und fast 10 Jahre lang in der Türkei. Sie hat als Journalistin gearbeitet, Psychologie studiert und in Mannheim eine eigene Praxis betrieben. Heute lebt sie mit ihrem Mann, zwei Hunden und einer Katze in Zweibrücken, schreibt Bücher und engagiert sich im Tierschutz.


    ASIN/ISBN: B0C5252TWD

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner