Die Frau und der Fjord - Anette Strohmeyer

  • Klappentext (Amazon):


    Ein Holzhäuschen mit Blick auf den Fjord, ein kleines Boot und die atemberaubende Landschaft Norwegens. Mehr braucht Gro Kristjánsdóttir nicht für ihren Neuanfang auf den Lofoten, nachdem ihr Mann überraschend verstorben ist.

    Die Natur am Polarkreis ist rau und unbarmherzig, doch mit der Zeit lernt Gro, ihr neues Leben zu lieben, die Eiseskälte des Winters und die hellen Nächte des Sommers. Als sie eines stürmischen Abends über Funk einen Notruf erhält, ist es mit der Einsamkeit vorbei. Ein Fischer ist an den Felsen ihres Fjords havariert. Gro pflegt ihn gesund und ist selbst überrascht, dass dieser fremde Mann ihr wieder eine Ahnung von Nähe vermittelt …



    Meine Rezension:


    Heimsuchung


    Gro Kristjánsdóttir ist Mitte vierzig und erfolgreiche Geologin bei einer großen Erdölfirma. Mit Leidenschaft und Erfahrung arbeitet sie wochenlang auf Ölplattformen am Meer und bringt ihre Expertise ein, als unerwartet ihr Ehemann verstirbt und sich ihr bisheriges Leben auf den Kopf stellt. Gro kündigt ihre einträgliche Stelle und zieht sich zurück in einen einsamen Fjord am Polarkreis, allein im einzigen Häuschen in einer Gegend namens „Heimsuchung“, denn hier sollen sich böse Geister umtreiben. Im Kreis der Natur, umgeben von einer vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt, findet Gro langsam wieder zu sich selbst. Aber kaum hat sie sich eingelebt, kommen neue Schwierigkeiten auf sie zu.


    Begleitet von liebevollen Illustrationen zum jeweiligen Beginn gliedert sich das Buch in vier große Abschnitte, nämlich die vier Jahreszeiten am entlegenen Fjord. Ruhig und besonnen fühlt sich Anette Strohmeyers Schreibstil an, geht dabei in Details, ohne bloßzustellen. Im Einklang mit der Natur, der unendlichen Ruhe ohne Handy und Fernseher, kann Gro den Vögeln und Robben lauschen, den Duft von Tang und Blüten atmen, die schroffen Felsen erklimmen. Immer wieder gleiten Gros Gedanken zurück in ihr früheres Dasein und lassen uns als Leser teilhaben an ihrer persönlichen Geschichte, die überaus stimmig und verständlich dargestellt wird; den Grund dafür erfahren wir im Anhang, der noch einmal wesentliche Informationen preisgibt. Bis dahin unterhält die Geschichte großartig mit Momenten, die teils traurig sind, andererseits aber auch immer wieder einen Horizont von Hoffnung einblenden und dadurch Gro stärken in ihrem Denken und Handeln. Ihre Entwicklung kann man wunderbar beobachten und mitverfolgen, sodass das Jahr im Fjord sehr schnell vergeht und stets kurzweilig daherkommt.


    Ich habe Gro sehr gerne begleitet bei ihrer Reise durch Trauer und Erholung, viele sehr berührende Szenen erlebt mit einem perfekten Ausblick für die Zukunft, sodass ich dieses Buch uneingeschränkt weiterempfehle.



    Titel Die Frau und der Fjord

    Autor Anette Strohmeyer

    ASIN B0DK62PR1

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Geb. Buch (416 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 15. April 2025

    Verlag Rowohlt


    ASIN/ISBN: B0DK62PR13

  • Kraft der Natur


    Ein Haus am Wasser, rundherum die Berge. Dieses Cover spricht mich nicht nur wegen der farblichen Gestaltung (meine Lieblingsfarbe ist lila) an, sondern auch wegen der Landschaft.


    Gro und ihr Mann Niklas haben lange Zeit in Stavanger gelebt. Nach seinen Tod kann Gro weder in der Stadt bleiben noch ihrer Arbeit auf den Ölplattformen nachgehen. Sie zieht sich in ein Haus am Fjord zurück, widmet sich der Natur- bevor eines nachts ein Gewitter für überraschenden Besuch sorgt…


    Ich habe selber ein halbes Jahr zum studieren in Norwegen gelebt. Stavanger, die ursprüngliche Heimat von Protagonistin Gro, war damals mein Zuhause auf Zeit. Entsprechend war mein Interesse spätestens dann geweckt als ich von der Stadt im Buch las. Aber auch die Grundstory machte mich neugierig.

    In Norwegen ist es nicht ganz unüblich, sich für eine Zeit in die Natur zurückzuziehen. Viele Norweger besitzen eine „Hytte“, oft aus Holz, am Wasser oder in den Bergen. Doch dauerhaft in der Natur zu leben, wie Gro es tut, ist selbst bei den naturverbundenen Norwegern eine Seltenheit. Das wird unter anderem dann deutlich, wenn Gro zum einkaufen in die Stadt fährt oder sich mal ein Schiff zu ihr verirrt. Durch detaillierte Beschreibungen von Gesprächen und Problemen in der Abgeschiedenheit gelingt es Strohmeyer, dieses Gefühl an die Leser zu übermitteln. Aber nicht nur diese Situationen werden authentisch dargestellt. Auch Gros Kontakt zur Natur und den Tieren wird gefühlvoll geschildert. Eine Robbe hat dabei ebenso eine wichtige Position wie ein Vogel, den Gro pflegt.

    Zusätzliche Spannung wird eher zufällig aufgebaut. Der Sturm bringt einen Schiffbrüchigen, Tagebücher werfen ebenso Fragen auf wie das Gespräch mit der Schwiegermutter und Suizide werden als Unfall getarnt. Ich finde das Buch absolut gelungen, selbst wenn mancher Leser Gros Geschichte als zäh empfinden könnte- für mich ist die detaillierte Beschreibung von Gros Leben in der Natur perfekt und passt zu Norwegen. Ich gebe fünf Sterne.