Commissario Gaettano und der lügende Fisch von Fabio Nola

  • https://www.amazon.de/Commissa…sa%252Caps%252C142&sr=8-1Mord in Neapel


    In Neapel ist der Tag des Heiligen Gennaro, auch bekannt als Tag des Blutwunders, ein wichtiger Feiertag voller Prozessionen und Brauchtum. Doch was, wenn an exakt diesen Tag jemand bedroht wird und die Hilfe der Polizei sucht? Darum geht es in Commissario Gaetano und der lügende Fisch.

    San Gennaro, dessen Gedenktag mit vielen gebeten und Prozessionen am 19. September sowie im Mai gefeiert wird, ist für die Neapolitaner ein wichtiger Mann, der seinen Kopf für die Freiheit Neapels gelassen hat. An diesen Feiertag hat die Polizei durch die Feierlichkeiten vor Ort mehr zu tun als sonst, da die Prozessionen viel Betreuung im Bezug auf Sicherheit benötigen. Entsprechend wenig kann Commissario Salvatore Gaetano für den Turiner Iannus Caputano tun, der ihn an diesen Tag um Schutz bittet. Nicht einmal 24 Stunden später ist der Mann genauso enthauptet wie einst Gennaro….

    Der Krimi ist sehr spannend. Zum einen ist die Ausgangslage hoch brisant: ein Turiner mit Wohnsitz in Neapel ist aufgrund der Fehde der beiden Städte keine Norm, ebenso wenig wie eine Enthauptung am Feiertag eines Heiligen. Der Grundstein für einen spannenden Krimi ist so schon gelegt. Allerdings spielen hier weitere Aspekte eine Rolle. Geheimnisse von alten italienischen Familien, kriminelle Machenschaften sowie ein Mord getarnt als Krankheit bilden ein komplexes Konstrukt, was es erst zu hinterfragen gilt. Dies wird anschaulich durch Gedankengänge Gaetanos sowie Geschehnisse in seinen eigenen Umfeld geschildert. Ich als Leserin bekomme so den Eindruck, selbst direkt vor Ort zu sein.

    Dieser Eindruck wird dadurch weiter untermauert, dass Gaetano Neapel beschreibt. Es werden Bezüge zu Gerüchen nach Urin und Benzin sowie bildliche Vergleiche zu den vollen Gassen gemacht, wodurch ich mir beim Lesen einen Eindruck Neapels machen kann. All das hilft dabei, den Krimi zu verstehen, ist der Mord doch genauso dreckig wie die Stadt selbst.

    Neben der bildhaften und detaillierten Sprache kommt der Humor nicht zu kurz. Nola schreibt den Krimi mit einer gewissen Leichtigkeit, baut komische Situationen ein und schafft es mit humoristischen Wortspielen und vergleichen, das heikle Thema zumindest ein wenig zu entschärfen. Die Spannung bleibt dabei nie auf der Strecke und das große Finale beinhaltet einige Wendungen. Ich persönlich gebe den Krimi zehn Punkte und empfehle ihn jeden, der etwas italienischen Flair sucht und dabei mehr über Neapel lernen möchte.

  • Herausgeber: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG (17.04.2025)

    Taschenbuch: ‎528 Seiten

    ISBN-10: ‎ 3423221070

    ISBN-13: ‎ 978-3423221078


    Kurzbeschreibung


    In Neapel mordet nicht nur die Camorra


    Die Neapolitaner feiern ihren Heiligen San Gennaro. Während in den engen Gässchen das Leben tobt, wird Commissario Salvatore Gaetano an den Schauplatz eines brutalen Mordes gerufen. In einem Appartamento mitten im Centro Storico sitzt ein Mann ohne Kopf – enthauptet wie Neapels Stadtpatron. Was steckt dahinter: Mafiafehde, Beziehungstat oder doch ein Ritualmord? Statt sich von vorgefertigten Meinungen lenken zu lassen, vertraut Gaetano lieber auf sein sensibles Gespür für die Bewohner und die Geheimnisse der Stadt. Doch der Mörder bleibt ihm immer einen Schritt voraus.


    Autor


    Fabio Nola ist das Pseudonym eines deutschen Historikers (*1982). Er hat in Neapel studiert und wohnte zusammen mit fünf neapolitanischen Jurastudenten mitten im wilden, bunten Centro Storico. Diese Zeit inspirierte ihn zu seiner Krimireihe um den feinfühligen Commissario Salvatore Gaetano.


    Rezension


    Was wie ein launiger Italien-Krimi aussieht, entpuppt sich als düsterer, kluger Auftakt für eine neue Reihe: „Commissario Gaetano und der lügende Fisch“ von Fabio Nola ist alles – außer bequem.


    Schon der Einstieg lässt keine Zweifel: Ein Mann wird enthauptet, mitten im Centro Storico von Neapel, zur Hoch-Zeit des San-Gennaro-Festes. Was wie ein Ritual wirkt, wird zur Tür in einem vielschichtigen Fall – voller Wendungen, Abgründe und gesellschaftlicher Fragen. Mafia? Eifersucht? Fanatismus? Alles denkbar.


    Commissario Gaetano selbst ist eine Zumutung: cholerisch, zynisch, alkoholabhängig und gegenüber seinen Kolleg:innen ist er grob, herablassend, manchmal schlicht gemein. Aber glaubwürdig bis ins Mark. Nola verzichtet auf falsche Heldenmythen. Gaetano darf unsympathisch sein, solange er echt ist – und genau das ist er. Ein Ermittler, der mit sich selbst im Clinch liegt, der scheitert, aufsteht, weitermacht. Kein Genie, kein Held – einfach ein Mensch in einer kaputten Welt.


    Und Neapel? Keine Postkarte. Die Stadt lebt, flucht, verdirbt, betört – und ist immer präsent. Die Hitze, die Gerüche, die engen Gassen, die Korruption – all das wird zum Klangteppich des Romans. Nola kennt seine Stadt – und zeigt sie ohne Zuckerguss.


    Der Fall selbst ist hart, aber nie Selbstzweck. Die Gewalt dient nicht dem Schock, sondern treibt die Fragen voran: Was ist Schuld? Was treibt Menschen an? Die Ermittlungen verlaufen in Wellen, nie geradlinig, nie vorhersehbar. Und auch das ist Teil der Spannung.


    Fazit: Kein Wohlfühlkrimi, sondern ein literarisch anspruchsvoller, psychologisch dichter Krimi mit bissiger Hauptfigur, glaubhaftem Setting und erzählerischer Substanz. Wer Lust hat auf einen düsteren Neapel-Krimi mit Tiefe statt Klischees – hier entlang.


    9/10


    ASIN/ISBN: 3423221070