Der Drahtzieher - Sarah Pines
Herausgeber: Diogenes; 1. Edition (21. August 2024)
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Kurzbeschreibung:
Theodor Hugo Hasselt hat Haltung, Wutanfälle und fluktuierende Finanzen. Der Fabrikant aus dem Sauerland soll das eingeschlafene deutsch-britische Eisenbahnprojekt »Vom Kap nach Kairo« wiederbeleben. In Südafrika verliebt er sich rettungslos in seine Cousine Alba und führt sie heim auf sein Landgut in Iserlohn. Doch dort angekommen, will Alba plötzlich Theodors besten Freund Albert, der wiederum mit Marthe verlobt ist, Theodors Jugendliebe und Langzeitgeliebter. Ein Hohelied und ein Abgesang auf die unvergleichlichen Zwanzigerjahre.
Über die Autorin:
Sarah Pines ist im Sauerland und in Bonn aufgewachsen, hat Literaturwissenschaft in Köln und an der Stanford University studiert und wurde in Düsseldorf mit einer Arbeit über Baudelaire promoviert. Sie schreibt für die Kulturressorts der ›Zeit‹, der ›Welt‹ und der ›NZZ‹. Pines lebt als freie Autorin in New York. ›Der Drahtzieher‹ ist ihr Debütroman.
Meine Meinung:
Wenn schon eine Geschichte hier in der Gegend (Sauerland / Märkischer Kreis) und dann noch in den 1920er Jahren spielt, dann hat sie meine Neugier geweckt.
Die Hauptfigur von Sarah Pines' Debütroman ist Theodor, seines Zeichens Drahtfabrikant (daher der wörtlich gemeinte Romantitel) im Sauerland, das seit vielen Jahrhunderten als Zentrum des deutschen Drahtgewerbes gilt. Dementsprechend überzeugt ist Theodor von sich und seiner gesellschaftlichen Stellung. Selbst auf seiner beruflichen Reise nach Südafrika zeigt er sich standesbewusst ("denn was könne es Anheimelnderes geben, als vom Zug aus die Aussicht auf über Felder verstreute Einheimische bei der Baumwollernte zu genießen", S. 47) und heimatverbunden ("im Sauerland, wo sich nicht Löwe und Antilope, sondern bodenständigere Tiere Gute Nacht sagten", S. 50). Er ist fasziniert von seiner selbstbewussten Cousine Alba, die er, bis über beide Ohren verliebt, mit nach Hause nimmt. Doch dort entwickelt sich die ganze "Angelegenheit" anders als er denkt. Denn Alba nimmt sich, was (und wen) sie möchte, ist dabei aber auch nicht wirklich glücklich. Das Unheil nimmt seinen Lauf und stürzt alle Beteiligten in ein emotionales Chaos, das unaufhaltsam zu einem Strudel aus Unglück wird, aus dem sie sich nicht befreien können.
Sarah Pines breitet das gesamte Wirrwarr aus Gefühlen und Konventionen, in dem sich ihre Figuren, allen voran Theodor, verstricken, vor dem Leser aus und das in einer zunächst ungewohnten Sprache, die Konzentration und einige Seiten Einlesen erfordert, dann aber sehr gut zu Zeit und Stand der Hautpersonen passt. Sie ist anspruchsvoll, teilweise aber auch sehr witzig (z.B. Stichwort "Karens Kabause") und trägt damit ihren Teil zu dem Schauspiel bei, dessen Zeuge der Leser hier wird. Ungewohnt sind die Ausblicke in die nähere und weiter entfernte Zukunft, die sich mal mehr, mal weniger gut in die Geschichte einfügen.
In der Geschichte selbst passiert jedoch leider insgesamt recht wenig. Das bezieht sich zum einen auf den eher dünnen Handlungsstrang, was als solches nicht schlimm ist, aber zum anderen leider eben auch auf das Innenleben der Personen, was das Lesevergnügen dann doch etwas geschmälert hat.
Nichtsdestotrotz liefert Sarah Pines mit "Der Drahtzieher" einen durchaus beachtlichen Debütroman ab, der neugierig auf weitere Romane macht.
Von mir 7/10 Punkte.
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ASIN/ISBN: 3257072783 |