Der Kaiser der Freude - Ocean Vuong

  • East Gladness in New England (USA) im Herbst 2009: Hai, Sohn einer vietnamesischen Einwanderin, ist tablettenabhängig, gescheitert und verzweifelt. Der queere 19-Jährige hat sein Studium abgebrochen und will nun Suizid begehen. Aber Grazina, eine alte Frau und Migrantin aus Litauen, kann ihn davon gerade noch abbringen. Zwischen den beiden entsteht eine besondere Verbindung…


    „Der Kaiser der Freude“ ist ein Roman von Ocean Vuong.


    Aufgeteilt in 25 Kapitel, wird die Geschichte aus der Sicht von Hai erzählt. Die Handlung umspannt mehrere Monate und spielt in den Jahren 2009 und 2010.


    Vor allem in sprachlicher Hinsicht hat mich der Roman begeistert. Mit poetischer Note, authentischen Dialogen und eindrücklichen Beschreibungen: So lässt sich der atmosphärisch starke Stil charakterisieren.


    Auch die Figuren wirken sehr lebensnah. Sie besitzen psychologische Tiefe und werden schlüssig gezeichnet. Das gilt insbesondere für Hai, den Protagonisten, dessen Denken und Fühlen nachvollziehbar geschildert wird.


    Es geht um Menschen am Rand der Gesellschaft. Um einen Alltag außerhalb des Amerikanischen Traums. Um ein unglamouröses Leben, das viele kennen. Trostlosigkeit und Einsamkeit auf der einen, kleine Augenblicke des Glücks und Gemeinschaft auf der anderen Seite. Dadurch schafft die Geschichte einige Anknüpfungspunkte und regt zum Nachdenken an.


    Auf den mehr als 500 Seiten ist der Roman unterhaltsam und berührend, aber wenig temporeich und ohne größere Überraschungen. Das recht offene Ende habe ich als stimmig empfunden.


    Der deutsche Titel kommt zwar leider nicht an die Wortspielerei des Originals („The Emperor of Gladness“) heran, passt aber dennoch gut. Auch das reduzierte und gleichzeitig stimmungsvolle Cover ist gleichwohl ansprechend wie inhaltlich angemessen.


    Mein Fazit:

    Mit „Der Kaiser der Freude“ hat Ocean Vuong einen außergewöhnlichen, lesenswerten Roman geschrieben.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3446282742

  • Verbesserungsbedürftig


    Wie lebt es sich als Außenseiter in einer Gesellschaft voller Zwänge? Das beschreibt Ocean Vuong in „Der Kaiser der Freude“.

    Hai ist queer und hat eine vietnamesische Mutter. Um durch den Tag zu kommen, nimmt er Pillen. Direkt zu Beginn des Romans möchte er sein Leben beenden. Dann ist da Grazina, seine Retterin. Sie hat den Holocaust überlebt und hat mit ihren Erinnerungen zu kämpfen. Hai wird ihr Pfleger und kommt bei ihr unter. Zudem beginnt er, inmitten anderer Außenseiter in einem Diner zu arbeiten.

    Vuong spricht in seinem Buch wichtige Themen an. Posttraumatische Belastungsstörungen gehören genauso dazu wie Drogen, Depression, Armut, fehlende Zugehörigkeit, mangelndes Selbstvertrauen, abwesende Eltern oder unterlassene Hilfe. All diese Themen in ein Buch zu packen ist eine Herausforderung, die Vuong nur bedingt gelungen ist. Die Themen werden allesamt in schöner, lyrischer Sprache angeschnitten, jedoch nicht vertieft. Das zeigt sich besonders in den Charakteren, denen die Tiefe fehlt. Wir erfahren von den Problemen als solches, nicht aber, wie es den Charakteren damit geht. Es mangelt an Ecken und Kanten, an dem gewissen Etwas- sowohl bei den Charakteren, als auch in der Spannung. Das ist nämlich ein weiteres Problem: auch wenn die Themen wichtig sind, zieht sich die Handlung hin und zwischendurch wird es anstrengend, dem Geschehen aufmerksam zu folgen.

    Die Story hat Potenzial, die Themen sind wichtig und die Sprache ansprechend- allerdings fehlen die Details bei Charakteren und Spannung. Daher gebe ich schweren Herzens drei Sterne.