Vince Ebert - Wot Se Fack, Deutschland. Warum unsere Gefühle den Verstand verloren haben

  • Titel: Wot Se Fack Deutschland

    Autor: Vince Ebert

    Verlag: dtv

    Erschienen: August 2025

    Seitenzahl: 304

    ISBN-10: 3423264160

    Preis: 17.00 EUR


    Der Autor:

    Vince Ebert, Jahrgang 1968, wuchs im Odenwald auf und studierte Physik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. 1998 startete er seine Karriere als Kabarettist, bekannt wurde er spätestens mit seinen Bühnenprogrammen »Physik ist sexy« und »Denken lohnt sich«


    Das sagt der Klappentext:

    Wenn die Realität immer mehr zur Satire wird, wie kann man das als Satiriker noch toppen: Auf Langeoog blockieren Touristen Rettungswagen, weil sie mit klimaschädlichem Diesel fahren. Die Deutsche Bahn muss einem männlichen Zuggast Schmerzensgeld zahlen, nachdem sie ihn mit »Herr« angesprochen hat, er sich aber als Frau identifiziert. In Krefeld wollte ein Iraner mit 27 verschiedenen Identitäten ein Kino anzünden. Vermutlich war ihm der Ticketpreis für so viele Personen zu hoch.


    Meine Leseeindrücke:

    Ein kluges Buch. Sachlich, aber auch mit Humor beschreibt der Autor unsere Realität. Eine Realität über die man eigentlich nur noch staunen kann. Vince Ebert argumentiert logisch und die Zahlen die er präsentiert lassen einen schon nachdenklich werden. Deutschland ist wieder der „kranke Mann Europas“. Die Zahlen beweisen es. Man merkt das der Autor Physikert ist und keinert dieser woken Spinner. Von mir gibt es eine nachdrückliche Leseempfehlung. Und man sollte nichts auf die Beurteilung im Relotius-Blatt SPIEGEL geben.


    ASIN/ISBN: 3423264160

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Seit Ende der Neunziger ist der promovierte Physiker Vince Ebert mit seinen wissenschaftlichen Comedy-Programmen auf den deutschen Bühnen unterwegs. In vielen seiner Auftritte geht es um die wissenschaftliche Betrachtung alltäglicher Dinge. Nach seinem Buch "Lichtblick statt Blackout" über die Energiewende beschäftigt er sich in seinem neusten Werk mit der generellen Situation in unserem Land. Der Titel „Wot Se Fack, Deutschland?“ fasst die Themen in dem Sachbuch recht gut zusammen, denn vieles in unserer Republik scheint derzeit aus dem Ruder zu laufen. Mit gewohnt sachlichem Blick und stets einer Prise Humor beschäftigt sich Vince Ebert dabei mit unseren Problemen wie dem Gendern, der Politikverdrossenheit, dem Klimawandel und allem, was damit zusammenhängt. Auf seine unaufgeregte Art und ganz ohne Wutreden hinterfragt er den alltäglichen Irrsinn und gibt Denkanstöße, wie man es besser machen könnte. In dem Buch werden allerdings dermaßen viele Fakten und Themen aufgegriffen, dass man „Wot Se Fack“ nicht am Stück, sondern nur kapitelweise verdauen kann. Bei so viel Stoff zum Nachdenken und Hinterfragen ist das aber gar nicht verkehrt.

  • Vince Ebert: Wot Se Fack, Deutschland? Warum unsere Gefühle den Verstand verloren haben, München 2025, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-26416-7, Klappenbroschur, 302 Seiten, Format: 12,6 x 1,85 x 20,5 cm, Buch: EUR 17,00, Kindle: EUR 13,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Der Sieg der Emotionen über die Vernunft, das gefühlige Salbadern statt rationaler Analyse, all das findet nicht nur in der Politik statt, sondern eben auch in der Wirtschaft, in den Medien und in der Mitte der Gesellschaft.“ (Seite 269)


    Wie konnte das Denken aus der Mode kommen?


    Um zu „funktionieren“, müssen wir Menschen denken und fühlen. Ohne Bauchgefühl geht es nicht. Wir haben nicht die Zeit, jeden Handgriff rational zu durchdenken. Um schnelle Entscheidungen treffen zu können, muss vieles intuitiv ablaufen. Doch wenn wir uns auf Emotionen verlassen, wo wir analytisch denken sollten oder wenn wir handeln, weil wir an irrationalen Mumpitz glauben, ist das der sichere Weg in die Katastrophe. Warum aber sind Rationalität und evidenzbasiertes Denken aus der Mode gekommen?


    „Je sorgenfreier eine Gesellschaft lebt, umso mehr fürchtet sie sich. Sie wird neurotisch.“ (Seite 97)


    Gut möglich, dass uns der jahrzehntelange Friede, Wohlstand und der permanente technologische Fortschritt zu Kopf gestiegen sind und dass wir uns aus Übersättigung und Langeweile an hausgemachten Pseudokonflikten abarbeiten und normale Meinungsunterschiede zu radikalen Freund-Feind-Bildern aufbauschen. Mit dem Erfolg, dass uns jetzt die Wehleidigen mit ihren Befindlichkeiten terrorisieren. Sagt der Autor. Das ist aber nicht das Rüstzeug, das man braucht, um mit realen Krisen und Problemen fertigzuwerden.


    Emotionen statt Tatsachen


    Wie konnte es so weit kommen, dass wir den eigenen Emotionen mehr vertrauen als wissenschaftlichen Tatsachen und Erkenntnissen? Dass es nur noch um Äußerlichkeiten, Unterschiede und persönliche Empfindlichkeiten geht? Dass die politische Korrektheit manchmal arg aus dem Ruder läuft? Irgendwas verträgt sich da nicht!


    „Die Idee der Wissenschaft basiert auf geistiger Freiheit und nicht auf politischer Korrektheit. Tatsächlich waren viele revolutionäre Erkenntnisse in der Wissenschaft zum Zeitpunkt ihrer Entstehung im heutigen Sinn politisch völlig inkorrekt.“ (Seite 76)



    Widersprüche aushalten


    Die sozialen Medien machen die Sache nicht besser. Dort dominiert der Tribalismus und das schnöde Schwarz-Weiß-Denken. Wächst man damit auf, lernt man nicht mehr, Widersprüche und Mehrdeutigkeiten aushalten zu können („Ambiguitätstoleranz“). Die Algorithmen der IT-Konzerne fördern auch nicht gerade das kritische Denken, sondern triggern unsere unguten Eigenschaften: Missgunst, Neid, Häme und Abwertung.


    Bullsh*t, Mumpitz, Denkverbote


    Wissenschaft soll Wahrheiten finden. Dabei muss jede Fragestellung erlaubt sein. Denkverbote und quasireligiöse Debatten sind kontraproduktiv. Und wer aus ideologischen Gründen vorsätzlich unwissenschaftlichen Bullsh*t verbreitet, handelt unseriös.


    Als Mumpitz betrachtet der Autor z.B. die Behauptung,


    Unbewiesener Unsinn sei auch, dass Frauen im Berufsleben diskriminiert würden. Das Gegenteil sei der Fall. Heißt also, wenn eine Frau einen bestimmten Posten nicht bekommt, war sie nicht kompetent oder fleißig genug.


    „Für die meisten Toppositionen in der Wirtschaft sind nun mal Fähigkeiten gefragt, die eher im technisch-analytischen Bereich liegen als im geisteswissenschaftlich-sozialen. Und das Interesse, diese Fähigkeiten zu erwerben, ist bei Frauen geringer als bei Männern.“ (Seite 198)


    Selbst wenn Frauen lieber „typisch weibliche“ Berufe ergreifen, haben sie sicher nicht gesagt: „Au ja, super, lass uns diese Berufsfelder als unproduktive Tätigkeiten aus dem Bruttoinlandsprodukt rausnehmen und lausig bezahlen!“ Aber gut …


    Utopie statt Ökonomie



    Okay. Ich habe verstanden: Wir befassen uns mit nebensächlichem Wohlfühlklimbim, statt die eigentlichen Probleme anzugehen. Und wir verlangen von der Politik Lösungen für alles, statt eigenverantwortlich zu handeln. Doch wie kommen wir aus dieser Nummer wieder raus?


    Fakten auf den Tisch, sagt der Autor, auch wenn es unbequeme Wahrheiten sind. Nachweislich unwirksame Maßnahmen einstellen, Mut beweisen und keine Angst vor offener Konfrontation haben. Selbstbestimmung statt Vollkaskomentalität. Mit satt, bequem und wehleidig kommen wir nicht weiter. Ja, gut. Auch gegen analytisches Denken vorm Handeln ist nichts einzuwenden.


    Was wir erleben, gibt es gar nicht?


    Das Buch enthält eine Menge interessanter Denkanstöße und ist amüsant zu lesen. Es hat mich aber verunsichert. Wenn ich hier beispielsweise lese, es sei erwiesen, dass Frauen im Beruf keine Nachteile haben, frage ich mich, ob das wirklich stimmt und ob meine Kolleginnen, Freundinnen und ich vier Jahrzehnte lang in einer alternativen Realität gelebt haben. Zählen unsere anders gearteten Erfahrungen wenigstens als „anekdotische Evidenz“?


    Ich stelle es mir schwierig vor, den Menschen erst beweisen zu müssen, dass das, was sie tagtäglich als belastend erleben, als Problem gar nicht existiert. Ich fürchte daher, dass es Fakten – wenn es belastbare Fakten gibt - gegen Emotionen auch weiterhin schwer haben werden. Dabei wäre eine gesunde Balance zwischen Fühlen und Denken so wichtig!


    Der Autor


    Vince Ebert, geboren 1968, wuchs im Odenwald auf und studierte Physik in Würzburg. 1998 startete er seine Karriere als Kabarettist, die FAZ nennt ihn so »scharf- wie hintersinnig«. Bekannt wurde Ebert mit seinen Bühnenprogrammen ›Physik ist sexy‹, ›Denken lohnt sich‹ und ›Vince of Change‹. Bis heute ist sein Motto: »Make Science great again«, das gilt in Zeiten wissenschaftlich begründeter Debatten mehr denn je. Vince Ebert ist bekannt aus der ARD-Sendung ›Wissen vor acht – Werkstatt‹. Seine Bücher sind allesamt SPIEGEL-Bestseller. Ebert lebt in Wien.


    ASIN/ISBN: 3423264160

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner