Tanja Kinkel – Sieben Jahre

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    1756: Friedrich II. von Preußen steht im Zenit seiner Macht - bis es seiner Erzfeindin Maria Theresia gelingt, das junge Königreich Preußen nahezu vollständig zu isolieren. Der König geht zum Angriff über. Sein Feldzug, der als Siebenjähriger Krieg in die Geschichte eingehen wird, verlangt auch seiner Familie alles ab: Während sein Bruder und Thronfolger Wilhelm unter dem Druck zerbricht, erweist sich der bisher als leichtfüßig verrufene Heinrich als brillanter Stratege, gleichzeitig Friedrichs schärfster Kritiker und wichtigste Stütze, und seine Schwester Amalie schickt sich an, auf unerhörte Weise eigene Wege zu gehen. Im Inferno von Krieg und Familiendrama steht ausgerechnet der rechtelose schwarze Pagen Hannibal an ihrer Seite, der gleichzeitig voller Mut für eine eigene bessere Zukunft kämpft …


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)

    Tanja Kinkel, geboren 1969 in Bamberg, studierte Germanistik, Theater- und Kommunikationswissenschaft und erhielt diverse Literaturpreise und Stipendien. Sie ist u. a. Mitglied im Deutschen PEN, Präsidentin der Internationalen Feuchtwanger Gesellschaft L. A. und wurde mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.

    Tanja Kinkel ist eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen.


    Allgemeines

    Erschienen am 14. Oktober 2025 im HOFFMANN UND CAMPE VERLAG als HC mit 848 Seiten

    Gliederung: Personenverzeichnis – Prolog – Roman in sechs Teilen – Epilog – Autorennachwort

    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven

    Handlungsort und -zeit: Verschiedene Orte in Preußen, Wien – 1730 (Epilog), 1756 – 1763 (Hauptteil und Epilog)


    Inhalt und Beurteilung

    Der Titel „Sieben Jahre“ bezieht sich auf den Siebenjährigen Krieg, ausgelöst durch den Kampf um die Vorherrschaft in Europa zwischen dem preußischen König Friedrich II und seiner Widersacherin Maria Theresia, der österreichischen Kaiserin. Ausgehend vom Streit um Schlesien wurde dieser Krieg mit immer mehr Akteuren (England, Frankreich, Russland) in wechselnden Bündnissen quasi zum ersten globalen Krieg.

    Der Roman schildert jedoch nicht nur den Verlauf des Siebenjährigen Krieges, sondern stellt vor allem die Mitglieder der königlichen Familie Preußens in den Mittelpunkt. Im Prolog erlebt man den Vater Friedrichs II und seiner Geschwister, den sogenannten „Soldatenkönig“, der sich nicht nur mit seiner Frau bis aufs Blut bekämpft, sondern in der gesamten Familie ein Schreckensregiment errichtet. Vor dem Hintergrund dieser lieblosen und gewaltgeprägten Kindheit entfalten sich im Folgenden die komplizierten Beziehungen der Geschwister dieser dysfunktionalen Familie. Sowohl Friedrich II als auch sein jüngerer Bruder Heinrich sind homosexuell und haben trotz ihnen aufgezwungener Ehefrauen, die sie aus ihrer Nähe verbannt haben, keine Nachkommen. Es obliegt dem altersmäßig zwischen ihnen stehenden Bruder und Thronfolger Wilhelm, für Nachwuchs zu sorgen. Wilhelm ist ein überaus sympathischer und empathischer Mensch, aber kein Stratege und deshalb als militärischer Anführer unbrauchbar. Deshalb ist Friedrich II auf den klugen und militärisch begabten Heinrich angewiesen, zwischen den beiden herrschen jedoch Konkurrenzstreben und eine Abneigung, die oft an Hass grenzt.

    Amalie, die Schwester der beiden Kontrahenten, hat sich einer Eheschließung entzogen, sie wird offiziell zur Äbtissin des Stifts Quedlinburg ernannt, allerdings lässt sie sich dort kaum blicken und führt ein weltliches Leben, wobei sie sich immer wieder in die Angelegenheiten ihrer Brüder einmischt- wegen ihrer scharfen Zunge ist sie gefürchtet.

    Die Lektüre erfordert wegen der vielen Romanfiguren, der ständigen Szenenwechsel und der gelegentlich eingeschobenen Rückblenden eine Menge Konzentration. Das Psychogramm der Familie ist sehr gelungen, es verschafft interessante und für die meisten Leser vermutlich neue Einblicke in das Leben und den Charakter des Alten Fritz. Gleiches gilt für die interessante Persönlichkeit seines jüngeren Bruders Heinrich, der – zu Unrecht – weitaus weniger bekannt ist als sein Bruder.

    Anhand des Lebensweges des afrikanischen Pagen Hannibal, der erst bei Wilhelm und dann bei Amalie als „Kammermohr“ dient, und der Zofe Franziska wird ein Blick auf die Folgen des Krieges aus der Perspektive der einfachen Leute ermöglicht.

    Die Gräuel dieses Krieges mit Abertausenden von verwundeten und gefallenen Soldaten werden auch durch Beschreibungen der Schlachten verdeutlicht. Im Hinblick auf die Schlachten, bzw. deren strategische Planungen und Diskussionen ergeben sich teilweise Längen, hier hätte die Erzählung etwas gerafft werden können.

    Sehr interessant sind auch die medizinhistorischen Einblicke in die Krankengeschichte der Hohenzollern und den Stand der medizinischen Versorgung um die Mitte des 18. Jahrhunderts.


    Fazit

    Ein anspruchsvoller, gut recherchierter Roman über den Siebenjährigen Krieg mit inhaltlichem Schwerpunkt auf dem Beziehungsgeflecht innerhalb der dysfunktionalen königlichen Familie, stellenweise etwas zu ausführlich gehalten!

    8 Punkte

    ASIN/ISBN: B0F3G2C861

  • Sieben Jahre – Tanja Kinkel

    Hoffmann&Campe, 2025

    848 Seiten


    Mein Eindruck:

    Friedrich II ist nicht gerade unbekannt, seinen Bruder Heinrich kannte ich nicht. Tanja Kinkel schreibt in diesem umfangreichen Roman über deren komplizierte Beziehung, über Heinrichs queres Leben und über den Wandel der Zeit, den die Brüder mitgestalteten.

    1756 beginnt der siebenjährige Krieg, aber Kinkel geht erzählerisch weiter zurück und zeigt auch die Jugend von Friedrich, der Große, wie er später bezeichnet wurde und der 14 Jahre jüngere Bruder.

    Kinkel zeigt zwei ausgeprägte Charaktere.


    Das Buch ist ein Ereignis, an der die Autorin schon seit 2020 jahrelang arbeitete, aber es ist auch ein Geduldsspiel. 848 Seiten Seiten müssen auch erst einmal bewältigt werden und trotzdem glaube ich der Autorin, das sie sogar viel ausgespart hat.


    Das Buch bietet einiges, aber man muss als Leser wissen, worauf man sich einlässt.


    ASIN/ISBN: 3455020984

  • Friedrich der Große, ein mächtiger Herrscher seiner Zeit !

    Mit ihrem neuesten Werk „Sieben Jahre“ hat die bekannte Autorin historischer Romane wohl ihr Meisterwerk geschaffen. Mit seinen über 800 Seiten, die in einem beeindruckenden Hardcover mit wunderschönem Farbschnitt verpackt wurden, eignet es sich nicht direkt als leichte Bettlektüre, aber das will Tanja Kinkel ja auch nicht erreichen. Sie widmet diesen biografischen Roman Friedrich dem II. und dem Siebenjährigen Krieg. Auf wirklich beeindruckende Weise macht sie ihre Leserschaft mit dem preußischen Krieg aber auch Friedrichs Familie und der Dienerschaft bekannt. Das Buch vermischt historische Fakten mit fiktiven Elementen, um ein Panorama von Krieg, Politik, Liebe und Verrat zu zeichnen.

    Der junge Friedrich und seine Geschwister sind geprägt durch die strenge, ja oft gnadenlose Erziehung ihres Vaters, dem Soldatenkönig, und tun sich manchmal schwer damit, Nähe zu zeigen oder gar Schwächen einzugestehen. Doch Friedrichs Zorn richtig sich nicht nur gegen den Vater, sondern vor allem auch gegen seine Erzfeindin Maria Theresia von Österreich, gegen die er einen erbitternden Krieg führt. Wie immer, kann es auch in diesem Krieg nicht nur Gewinner geben …

    Gut gefallen haben mir bei diesem Roman, dass man als Leser die Möglichkeit bekommt, das Geschehen aus völlig unterschiedlichen Perspektiven betrachten zu dürfen. Hier kommen die Geschwister, mal mehr und mal weniger zu Wort aber auch dem Dienstpersonal wird eine Stimme gegeben.

    Vor Jahren habe ich die modernere Dokumentation "Friedrich – Ein deutscher König", in der Anna und Katharina Thalbach die Hauptrollen spielen, gesehen und schnell war mir beim Lesen dieses Buchs viel wieder präsent. Ich hatte Bilder im Kopf und das Kopfkino wollte gar nicht mehr aufhören! Wer die Dokumentation noch nicht kennt, dem sei hiermit vor oder nach dem Genuss des Romans ans Herz gelegt!

    Mit einer Authentizität, die wohl ihresgleichen sucht, schaffte Tanja Kinkel bei mir trotz der Opulenz ihres Werks eine Nähe und sogar Wärme zu den verschiedenen Charakteren, an die ich so gar nicht geglaubt hatte. Die Recherchearbeiten zu „Sieben Jahre“ müssen immens gewesen sein und hierfür spreche ich gerne meine Bewunderung aus. Dennoch möchte ich anmerken, dass man schon ein gewisser Geschichtsfan sein sollte, um dieses Buch genießen zu können.

    Trotz ein paar Längen, die wohl bei diesem Umfang fast unumgänglich sind, hat mich dieses Buch berührt und beeindruckt, wofür ich gerne strahlende vier von fünf Sternen vergeben möchte. Traut euch ran an diesen prachtvollen Wälzer und taucht ein in die Geschichte, die bei mir viele Wissenslücken schließen konnte.