Eine kleine Stadt in North Dakota
So war die Welt, Roman von Louise Erdrich, EBook, Aufbau-Verlag
Ein schwermütiger Roman
Kismet lebt mit ihren Eltern in Argus, eine kleine Stadt im amerikanischen mittleren Westen. Crystal, ihre Mutter, arbeitet Tag und Nacht um Kismet die Highschool zu ermöglichen, derweil für ihren Vater Martin nichts elegant und gut genug sein kann. Plötzlich interessiert sich Gary für das Mädchen, er ist der Footballstar der Schule und Sohn reicher Eltern, die mit dem Anbau von Zuckerrüben das große Geschäft machen. Das Mädchen fühlt sich von Garys Werben geehrt, aber sie mag auch den belesenen Hugo. Dann macht Gary ihr einen Antrag, den Kismet annimmt, obwohl sie sich ganz und gar nicht sicher ist. Crystal ist entsetzt über diese frühe Heirat. Am Tag der Hochzeit verschwindet Martin mit dem Geld aus dem Spendenfond, der für die Renovierung der Kirche vorgesehen ist. Die Geschehnisse überstürzen sich.
Das Buch gliedert sich in 5 Teile, die einzelnen kurzen Kapitel tragen eine zusammenfassende Überschrift. Die Autorin schreibt ausgesprochen bildhaft, das Setting läuft während der Lektüre wie Kino im Kopf ab. Die Sprache an sich, ist ausdrucksstark und der Plot atmosphärisch dicht. Die dystopische beklemmende Stimmung ist gänzlich auf mich übergegangen, esoterische Züge sind dabei, doch zwischendurch gibt es auch humoristische Szenen. Der Stil ist auktorial verfasst, abwechselnd aus der Sicht verschiedener Charaktere. Ein umfassendes Bild und eine tiefe Innenansicht der Figuren sind dadurch möglich.
Zusätzlich finde ich, geht es um die Nachteile und Gefahren des konventionellen Anbaus, mit Herbiziden, Pestiziden und Düngemitteln und es wird nachvollziehbar aufgezeigt, welchen Schaden Mensch und Tier dadurch langfristig angerichtet wird. Dieser Satz hat mich nachdenklich gemacht: „Aber unter passenden Bedingungen lässt sich alles vom Antlitz der Erde tilgen.“ Diese Ansichten passen gut zu diesem Buch, hätte ich auf diese Weise in einem Roman aber nicht erwartet. Das erinnert mich an das Klimaquartett von Maja Lunde.
Abgesehen vom Umweltaspekt, hat die Geschichte genügend Geschehnisse, esoterische Szenen sind ebenfalls eingearbeitet, sodass es mir alles in allem, ein wenig viel erscheint. Der Leser muss hier viel zwischen den Zeilen lesen und sich einiges erahnen können.
Die Figuren sind hervorragend und überzeugend charakterisiert, Crystal ist eine wahnsinnig starke Frau, sie hat einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, auch Hugo hat sich enorm entwickelt, ist immer stärker geworden, auch Martin hat mich überraschen können, eigentlich haben sich alle Figuren verändert, meist zu ihrem Besten, das macht sie authentisch. Einzig Kismet hat mich enttäuscht von ihr hätte ich mir mehr Entwicklung gewünscht. Ihre Unentschlossenheit ist selbst im Epilog noch deutlich.
Eine gute Unterhaltung war es allemal, es ist jedoch kein Buch welches man schnell in eine paar Stunden liest, vieles hat mich innehalten und über das gelesene nachdenken lassen. Mich hat es sehr gefordert, die dystopischen Szenen haben mir tatsächlich Angst gemacht. Auch in meiner Heimat werden Zuckerrüben angebaut, eine Zuckerfabrik ist in der Nähe. Noch ein Satz den man sich merken sollte: „Ebenso lauert in jedem Löffel (Zucker) der pragmatische Nihilismus des industriellen Zuckeranbaus auf Kosten unseres Lebensraums auf Erden. Das ist die Süßigkeit die unsere Sinne besticht.“
Wer sich für den biologischen Anbau als Alternative, bzw. Umweltschutz interessiert, oder auch Fans der Autorin und ihren speziellen Schreibstil, sollte hier zugreifen.
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ASIN/ISBN: 3351042515 |