Elisabeth Sandmann - Wir dachten, das Leben kommt noch

  • Klappentext

    Pat bekommt überraschend einen Anruf der BBC-Moderatorin Gwen, die sich für ihre Vergangenheit interessiert. Aber will sie darüber überhaupt reden? Nach so vielen Jahrzehnten, in denen sie kein Sterbenswort verraten durfte? Jahre, in denen sie dachte, das Leben kommt noch? Pats Vergangenheit führt tief hinein in ein unbekanntes Kapitel wagemutiger Frauen des Widerstands, die Sabotageakte verübten, geheime Funksprüche absetzten, lautlos töten mussten und beständig unterschätzt wurden. Gwen findet auf einer Recherchereise nach Paris nicht nur Erstaunliches über ihre verwegene Großmutter heraus, die dort in den Jahren der Okkupation lebte. Sie entdeckt auch jenen Schlüssel, der es Pat ermöglichen wird, sich der eigenen Erinnerung zu stellen.

    Pats Geschichte reicht Jahrzehnte zurück und fühlt sich noch heute so brisant an, dass einem beim Lesen der Atem stockt.


    Über die Autorin

    Elisabeth Sandmann ist Verlagsbuchhändlerin, promovierte Literaturwissenschaftlerin und Verlegerin. Seit Jahrzehnten beschäftigt sie sich mit den Biografien außergewöhnlicher Frauen. 2015 veröffentlichte sie das Sachbuch »Der gestohlene Klimt«, das sich mit einem spektakulären Restitutionsfall beschäftigt. Sie lebt mit ihrem Mann in der Nähe von München und ist Mutter eines erwachsenen Sohnes.


    Mein persönliches Fazit

    Wer Sandmanns erstes Buch „Porträt auf grüner Wandfarbe“ gelesen hat, dem werden einige Figuren in diesem Buch bekannt vorkommen. Denn Gwen man sich erneut auf die Suche einem Teil ihrer Familiengeschichte. Dieses Mal geht es um einen bestimmten Abschnitt im Leben ihrer Großmutter Ilsabé, die zu Zeiten des 2. Weltkriegs im von Deutschland besetzten Paris lebte. Gleichzeit erhält Gwen ein Angebot für ein äußerst interessantes Buchprojekt. Sie soll über die „SOE-Girls“ schreiben. Agentinnen im inoffiziellen Auftrag der britischen Regierung, die aus dem Untergrund heraus agierten. In Paris erfährt Gwen nicht nur erstaunliches über ihre Großmutter, sondern kann auch wichtige Informationen über die britischen Agentinnen sammeln. Und stellt Kontakt zu Pat her, einer Frau, die eine ganz außergewöhnliche Zeitzeugin ist.


    Ich finde es grundsätzlich eine schöne Idee, Gwens Familiengeschichte und auch schob bekannte Figuren mit einzubeziehen. Das macht die Geschichte noch ein bisschen persönliches. Allerdings ist mir manchmal der Bogen von Ilsabés Geschichte zu Pats Geschichte doch etwas zu weit geschlagen. Gut gefallen haben mir dafür die Rückblenden auf Pats Leben in den 1940ern und wie sie sich viele Jahre später an diese Zeit zurückerinnert. Es wird deutlich, wie sehr sie in den direkten Nachkriegsjahren und auch noch später darunter gelitten hat, mit so gut wie niemandem über diese Themen reden konnte. Das engt den Kreis der Personen, die sie verstehen und ihre Gefühle nachvollziehen können, sehr stark ein. Es hat mich auch traurig gemacht zu lesen, wie Pat sich über die Jahre von vielen Menschen zurückgezogen hat.


    Die Geschichte von Gwens Großmutter war gut in das Setting eingebaut. An der einen oder anderen Stelle war es mir ein kleines bisschen zu dick aufgetragen, passte aber insgesamt zur Dramatik der Handlung. Sandmanns Stil ist leicht und trotzdem einfühlsam. Es ist für mich eine solide Geschichte über ein außergewöhnliches Thema, dass einen Anstoß zu weiterer Literatur hierzu gibt. Absolut herausragend empfand ich das Buch letztlich aber nicht, dafür wiederum steht mir Gwens Familiengeschichte dann doch zu sehr im Fokus.


    ASIN/ISBN: 3492073670

  • Meine Rezension:


    Geheime Mission


    BBC-Moderatorin Gwen soll für ein neues Buch recherchieren, Arbeitstitel: unbekannte Pionierinnen. Konkret kontaktiert Gwen die Engländerin Pat, welche im Zweiten Weltkrieg für die sogenannte SEO (Special Operations Executive) im Einsatz war und verschlüsselte Funknachrichten von Frankreich nach London gesendet hat, eine gefährliche Aufgabe, die von so manchem Mitglied der Truppe mit dem Leben bezahlt worden ist. Dass sie dabei auch noch Geheimnisse ihrer Großmutter aufdeckt, ahnt Gwen anfangs natürlich nicht.


    Brisante Geschehnisse aus dem britischen Nachrichtendienst stehen in diesem Roman im Mittelpunkt, akribische Recherche und die Einbettung in eine fiktive Geschichte verleihen dem Ganzen eine authentische Note. Speziell zu Beginn des Buches sind jedoch die beiden Zeitebenen verwirrend, da auch in der Gegenwartshandlung (1998) Rückblenden, Erzählungen und besprochen Kassetten immer wieder in die 1940er-Jahre zurückführen. Zudem muss man achtgeben, dass man die drei Namen Lily, Lilou und Laura nicht durcheinanderbringt. Hat man aber einmal den Überblick, dann entspinnt sich vor dem geistigen Auge des Lesers eine abwechslungsreiche und bewegende Geschichte, denn insbesondere Pat wird auch über all die Jahre nach dem Krieg noch von schwerwiegenden Erinnerungen heimgesucht. An mancher Stelle vielleicht ein wenig zu sachlich dargestellt, kann man sich trotzdem die Anspannung der Einsatzkräfte im fremden Land vorstellen. War Pat in ihren ersten Tagen in Frankreich noch locker und unbedarft, so schärft sie ihre Sinne immer mehr, um getarnte Feinde zu entlarven. Sandmann stellt diese wichtige Funktion der geheimen Mission im Krieg recht anschaulich dar, wirft moralische Fragen rund um kriegsbedingten Gehorsam und eigenen Überlebenswillen auf und erklärt insbesondere auch noch im Nachwort, wie schnell die unerschrockene Leistung etlicher Frauen wieder in Vergessenheit geraten ist, während Männer stets als Kriegshelden gefeiert worden sind.


    Eine sehr realitätsnahe Erzählung, das Portrait der Frauen im geheimen Nachrichtendienst ist gelungen.



    Titel Wir dachten, das Leben kommt noch

    Autor Elisabeth Sandmann

    ASIN B0FGY53VPN

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Geb. Buch (384 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 31. Oktober 2025

    Verlag Piper


    ASIN/ISBN: B0FGY53VPN