Siegfried Obermeier / Mein Kaiser – Mein Herr

  • Liebe Eulen,


    ich habe mich über die Diskussion "TOP 5 der historischen Romane" an Siegfried Obermeier / Mein Kaiser – Mein Herr erinnert.


    Es ist schon etliche Jahre her, dass ich das Buch gelesen habe. Aber ich erinnere mich, dass ich es spannend fand. Habe viel erfahren über Kaiser Karls riesiges Reich und über die damaligen Sitten und Gebräuche.
    Die Inhaltsangabe habe ich kopiert, weil ich die Story nicht mehr so zusammengebracht hätte.


    Inhalt
    *****
    Gerold ist der uneheliche Sohn des Herzogs Tassilo von Bayern und der Hörigen Gertrud. Schon in seiner Jugend kommt er, der sich als wahres Sprachgenie erwiesen hat, an den Hof des fränkischen Königs Karl. So kommt es auch, dass Gerold immer wieder in die Auseinandersetzung zwischen seinem Vater Tassilo und dem König hineingezogen wird.
    Als Gesandter König Karls bekommt er immer wieder die Aufgabe, unliebsame Nachrichten an den Hof des bayerischen Herzogs zu bringen, was ihn bei seiner Familie nicht unbedingt beliebt macht. Schließlich muss Gerold mit ansehen, wie sein Vater entmachtet und mitsamt seiner fast vollständigen Familie ins Kloster verbannt wird.
    Doch Gerold entgeht aufgrund seiner treuen Dienste für die Krone diesem Schicksal und es gelingt ihm sogar, zum Vertrauten Karls zu werden. Nachdem er die verlustreichen Feldzüge Karls gegen die Sachsen und nach Hispania mitgemacht hat, und dabei selbst nicht ganz unbeschadet davongekommen ist, dient er dem König fortan als Sekretär, Dolmetscher und Gesandter.
    Er freundet sich mit Omar aus Corduba an und lernt von diesem auch noch Arabisch. Wenn er nicht gerade auf Reisen ist, verbringt Gerold seine Zeit meist in Aquisgranum (Aachen), der neuen Residenz des im Jahr 800 zum Kaiser gekrönten Karls. Dort muss er miterleben, wie seine Geliebte von sächsischen Verschwörern ermordet wird.
    Gerold, der inzwischen über ein halbes Dutzend Sprachen spricht, fungiert nun auch als Lehrer für die Kinder des Kaisers. Insbesondere Hiltrud, die Tochter Karls und seiner dritten Frau Fastrada, hat es ihm angetan. Obwohl Hiltrud nicht einmal halb so alt ist wie ihr angebeteter Lehrer, verlieben sich die beiden unsterblich ineinander. Da sie sicher sind, dass der Kaiser eine solche Verbindung niemals gutheißen würde, entschließen sich die beiden zur Flucht. Doch diese scheitert kläglich. Gerold fällt beim Kaiser in Ungnade und landet im Kerker.
    Mit der Zeit beruhigt sich Karl aber wieder und Gerold wird in Gnaden wieder am Hof Karls aufgenommen. Ganz ungeschoren kommt er allerdings nicht davon. Er wird als Gesandter zum Hof Harun-Al-Raschids, des Kalifen von Bagdad, geschickt. Diese Mission gilt als absolutes Selbstmordkommando, denn alle vorherigen Gesandtschaften sind nicht mehr zurückgekehrt. So ist dies auch die letzte Reise Gerolds als Gesandter des von ihm stets bewunderten Kaisers.


    Testbericht von http://www.dooyoo.de/member/orlan/


    Herzliche Grüße,
    Mariegod

  • Klappentext: Reisen und Gefahren, Liebe und Krieg, Verbrechen und Leidenschaft - das war sein Leben: Gerold von Regensburg, Sonderbotschafter am Hof Karls des Großen, schildert uns, wie es wirklich war, damals im frühen Mittelalter.


    Eigene Einschätzung:


    Ich bin zufällig wieder auf dieses Buch gestoßen, das ich vor Jahren gelesen und bei meinen Eltern auf dem Speicher deponiert hatte. In Erinnerung hatte ich nur noch, daß es mir beim ersten Lesen nicht sonderlich gefallen hatte. Also wollte ich ihm eine zweite Chance geben.


    Jetzt steh' ich da, ich armer Tor, und kann sagen, es gefällt mir immer noch nicht.


    Warum eigentlich nicht? Karl der Große, Tassilo von Baiern - genau mein Thema. Das Buch kam mir über weite Strecken auch sehr gut recherchiert vor, viele Episoden spielen im heutigen Bayern und sollten mich eigentlich brennend interessieren. Trotzdem hat mich das Buch ziemlich kalt gelassen.


    Am liebsten würde ich es abtun mit: ist halt ein typisches "Männer"-Buch. Gerold, ein illegitimer Sproß des bald abgesetzten letzten bajuwarischen Herzogs, schreibt kurz vor Lebensende seine Memoiren. Und das läuft, vielleicht normal für einen alten Mann, auf eine episodenhafte Ansammlung von Abenteuern hinaus, mal amouröser und mal kriegerischer Natur. Man zieht also ins Gefecht, massakriert, vergewaltigt, begräbt ein paar Kumpels. Geht auf Gesandtschaftsreise, sieht großartige Bauwerke und die eine oder andere Grausamkeit, trifft etliche Berühmtheiten aus den Geschichtsbüchern und läßt sich zwischendrin von irgendwelchen Damen ins Bett ziehen. Hat alles ungefähr den gleichen Stellenwert und rauscht am Leser (oder zumindest an dieser einen Leserin) gleichermaßen eintönig vorbei.


    Vielleicht liegt es an der Hauptfigur. Ich habe mich selbst schon kritisch befragt, ob ich Gerold einfach nicht vergeben kann, daß er den fränkischen König Karl seinem leiblichen Vater Tassilo (den er oberflächlich durchaus mag) vorzieht. Das spielt vielleicht mit, aber es geht tiefer, denke ich. Gerold verehrt Karl glühend - selbst, wenn er nicht mit ihm einer Meinung ist, selbst, wenn er ihn betrügt und hintergeht, selbst angesichts maßloser Grausamkeiten. Im Gegensatz zu vielen Historikern nimmt dieser Roman das "Blutgericht an der Aller" in vollem Umfang für wahr an! Aber alles ist entschuldigt mit dem lapidaren Hinweis darauf, daß es eben notwendig gewesen sei, um die "deutschen" (sic!) Stämme zu einigen - und überhaupt, wenn Karl das nicht gemacht hätte, wäre alles nur noch schlimmer gekommen. Und bei den anderen, bei den Byzantinern und Mauren, da geht es ja noch viel schlimmer zu.


    Neben dieser unkritischen Haltung der Hauptfigur ist es vor allem das Oberflächliche des Romans, das mich nie richtig in den Lesefluß kommen ließ. Jahr um Jahr werden da die Ereignisse aus Reichsannalen und Einhards Karls-Vita abgearbeitet und die Lücken entweder mit farbenfrohen Beschreibungen fremder Städte oder irgendwelcher Liebeshändel aufgefüllt. Figuren tauchen im Buch eigentlich nur auf, um einige Seiten später wieder zu verschwinden, bevor man sich wirklich auf sie hätte einlassen können. Sämtliche Damen sind mannstoll und scheinen keine sonstigen Hobbys zu haben, Priester (im Buch gerne als "Pfaffe" bezeichnet) sind entweder Hurenböcke oder bigott, aber mit ganz wenigen Ausnahmen äußerst unsympathisch. Der Kaiser mag sie übrigens auch nicht.


    Viele Dinge habe ich auch nicht begriffen.


    Der letzte Teil des Romans, die Gesandtschaftsreise zu Harun ar-Rashid, hat mich dann streckenweise doch sehr stark an Karl May erinnert. Nur ist Karl May witziger.


    Also in Summe: meins war's nicht, meins wird's auch nicht mehr. Ich vergebe fünf Eulen-Punkte.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.