Joanne Harris - Wie wilder Wein

  • OT: Blackberry Wine


    Kurzbeschreibung
    Wein verzaubert. Zumindest wenn er in sich den Geschmack der Kindheit trägt: den Duft der Gärten oder die Süße der Obstwiese. Ein Schluck genügt, und Jay Mackintosh erinnert sich an seinen größten Kindheitswunsch: einen eigenen Garten.


    Kurz entschlossen zieht er nach Frankreich in ein Dorf im Bordeaux. Der kleine Ort entpuppt sich als ein Wespennest voller Intrigen. Was nur haben alle gegen seine Nachbarin Marise, die allein ihre Tochter großzieht? Gern würde Jay der jungen Frau helfen. Marise allerdings scheint für ihn recht wenig übrig zu haben ...


    Meine Meinung
    Der Klappentext ist natürlich mal wieder Mist und erwähnt die wichtigsten Fakten nicht. Jay Mackintosh ist eigentlich ein Schriftsteller, der Anfang 20 mit der romantisch verklärten Niederschrift der Sommer seiner Kindheit einen großen Wurf gelandet hat - den Roman Jackapple Joe - und seitdem nichts mehr.


    Zum Broterwerb schreibt er jetzt, Mitte 30, unter Pseudonym irgendwelche Schmöker, aber nichts mehr von Bedeutung - irgendwie scheint ihm da die "wahre" Kreativität abhanden gekommen zu sein.


    Er lebt mit einer "taffen" Karrierefrau zusammen (unnötig zu erwähnen, daß beide ständig enttäuscht voneinander sind) und trinkt zuviel. Eines Tages erwischt er eine Flasche Wein aus dem Nachlass von Joe... der zentralen Figur seiner Jugend und dem Vorbild für seine Romanfigur Jackapple Joe.... und dieser Wein scheint es in sich zu haben.


    Er beschließt spontan, sein unbefriedigendes Leben in England hinter sich zu lassen und sich in Frankreich in einem Kaff in der Einöde nierzulassen, um dort ungestört schreiben zu können. Dort wird er peu à peu in die Abgründe des Dorflebens hineingezogen... (ein Wespennest!)


    Mehr verrate ich natürlich nicht über das Buch. Ihr sollt es ja selbst lesen - oder auch nicht ;-).


    Teils hat es mir auch gut gefallen, die Autorin versteht es, dem inneren Auge gute Szenarien zu bieten. Im Roman wechseln sich Kapitel der Gegenwart mit Kapiteln, die in Jays Jugend spielen, ab. Da aber die Kapitel entsprechend überschrieben sind, weiß man stets, in welcher Zeit man sich befindet.


    Die Autorin beschreibt Menschen und Orte sehr poetisch und auch leicht märchenhaft. Das ist ebenso gut wie schlecht, denn das Buch ist nicht ganz real zu sehen. So taucht z.B. Joe eines Tages vor Jay auf und es ist nie ganz klar, wie real oder imaginär diese Gestalt nun ist. Das sind allerdings auch m.E. die schwächsten Szenen des Buches.


    Es ist zwar kein "Tatsachenroman", sondern aufgrund des Auftauchens von Joe eher ein wenig phantastisch? surreal? einzustufen, dennoch haben mich diese Szenen und Joes Dialoge mit Jay gestört. Das hätte meiner Meinung nach nicht in diesem Ausmaß stattfinden müssen.


    Die Geschichte um Jay und seine Lebensgefährtin Kerry sowie um Jay und seine neue Heimat waren ganz gut erzählt - auf Joe hätte ich allerdings in dem Umfang gut und gerne verzichten können.


    Daher fand ich das Buch auch nur mittelmäßig - es waren einfach zu viele Joe-Szenen in der Gegenwart dabei, die mich irgendwie angenervt haben.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Batcat ()

  • Komisch, ich hatte diese Rezi doch schon vor zwei Jahren geschrieben. Na gut, sie ist weg. Hier dann nur mehr eine kurze Anmerkung dazu:


    Im Prinzip hat Batcat bereits alles gesagt, worum es geht, bis auf die Gespräche mit Joe, die ich etwas anders in Erinnerung habe. Die Geschichte springt immer zwischen 1977, Jay als 13jähriger Junge und 1999 als 20jähriger Schrifsteller, hin und her und soweit ich mich noch erinnere fand ich gerade diese diversen Zwiegespräche mit seinem alten Freund Joe recht interessant, vor allem brachten sie sehr oft eine gewisse Selbsterkenntnis. Ist kein unbedingt aufregendes Buch, hat mir aber damals ganz gut als Sommerlektüre gefallen. :wave

  • Es ist schon eine geraume Zeit her, dass ich "Wie wilder Wein". Bewusst schrieb ich damals keine Rezension, zum einen weil ich das Buch unbeendet ließ, zum anderen weil die Autorin es wie selten ein anderer Schriftsteller geschafft hat, tolle Bücher und grottenschlechten Mist zu schreiben.
    "Chocolate" begeisterte mich, "Fünf Viertel einer Orange" beflügelte mich, ja und dann kam "Wie wilder Wein"... Schon oft wurde die Story um ein Karrierepärchen erzählt und ich wusste, dass mich bei dieser Geschichte nichts großartig Neues erwartete. Ich redete mir gut zu, dass es letztlich darauf ankommt, wie erzählt wird, wie eine Geschichte verpackt wird und dass Frau Harris mich bisher nicht enttäuscht hatte.
    Die Figuren blieben blass, von einer Beziehung zwischen Protagonisten und Leser konnte keine Rede sein, einen Spannungsbogen gab es nicht und über diese Mängel half noch nicht einmal eine Beschreibung des frankophilen Landlebens hinweg.
    Nach einem Drittel des Buches habe ich es aufgegeben.
    Mein Fazit: Finger weg!


    (Ach ja, da Bücher nach Verrissen angeblich besonders gut laufen, möchte ich auf mein Angebot bei BT hinweisen :grin)

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    "Chocolate" begeisterte mich, "Fünf Viertel einer Orange" beflügelte mich, ja und dann kam "Wie wilder Wein"...


    Oh, wie schön - beide habe ich zuhause und nicht angerührt, weil ich vom wilden Wein schon so bedient war. Das ermutigt mich jetzt doch wieder. :grin

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat


    Original von Salonlöwin
    "Chocolate" begeisterte mich, "Fünf Viertel einer Orange" beflügelte mich


    "Chocolate" hat mir sehr gut gefallen, danach habe ich "Fünf Viertel einer Orange" gelesen, habe es aber nicht zu Ende lesen können :( obwohl ich es 2003 im Krankenhaus gelesen habe und eigentlich die nötige Ruhe dazu gehabt hätte.
    Der Schreibstil der Autorin ist schon gewöhnungsbedürftig, weshalb ich mir keine weiteren Romane dieser Autorin mehr zugelegt habe .....

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend