Anne Walter - Abschied vom Glück

  • Auf einmal fünfzig Jahre später, spricht eine Schulfreundin, die Erzählerin auf ein Mädchen aus ihrer Schulzeit an, fragt sie, ob sie sich erinnere. Das tut sie, sie hat es immer getan all die ganzen Jahre lang, auch wenn der "Erwachsenenkummer und zudem noch Niederlagen" sie haben abdriften lassen.
    Erzählt werden nun eben diese Erinnerungen, Gedanken, Fragmente ihres Lebens in der Zeit 1943/44 im besetzten Paris.
    Erinnerungen an ihren drögen Alltag im Krieg, an die aufreibende Scheidung ihrer Eltern, das folgende Leben mit der lieblosen Mutter und dem Hoffen auf die Rückkehr des geliebten Vaters, und vor allem an Rosie Bloch, an ihre beste Freundin und deren, anzunehmend jüdische, Familie, eine aus Österreich geflohene Familie, die nun auch in Paris in Gefahr lebt.
    Flucht vor dem Grauen ihres Alltags finden die beiden Mädchen in ihrer Fantasie, insbesondere beflügelt von einem wunderschönen Gemälde Klimts, auf dem Emilie Bloch, die Großmutter, verewigt worden ist. Sie
    träumen von der glamourösen Zeit in Wien 1902, als dieses Bild entstand, einer zeit des Wohlstands und des Glücks, das jedoch nie wiederkehren wird. Rosie und die Familie werden bald deportiert.
    Die Wucht der Wirklichkeit trifft das Mädchen hart.


    In diesem Buch gibt es viele kleine Kapitel, oft scheint die Sprache stakkatohaft, fast zerrissen, doch bewirkt dies keinerlei Verwirrung, eher eine unheimlich intensive Identifikation mit den Gedanken der Erzählerin. Ihre Gedanken und Gefühle erscheinen plastisch und sind ergreifend. Jedes Detail ist stimmig, die Geschichte rund.
    "Abschied vom Glück" ist ein sehr eigenwilliges, ein besonderes Buch.
    Für mich ein kleines Juwel


    Anne Walter, eine wunderbare, einzigartige Autorin die hierzulande, unberechtigterweise, völlig unbekannt ist.
    "Abschied vom Glück" ist ihr neunter Roman, allerdings ihr erster Roman, der in deutscher Übersetzung erschienen ist und wie mir scheint wird er, mangels kommerziellem Erfolg, auch der einzige bleiben. Der Roman ist, wie man dem Klappentext entnehmen kann, ein stark autobiografisch gefärbter Roman. Dieses Wissen lässt die Geschichte um so intensiver wirken.


    Lesen !!!