Schwarz auf Rot - Qui Xiaolong

  • Schwarz auf Rot TB Ausgabe Februar 2007
    OT: Wenn Red is Black, 2004


    Kurzbeschreibung von amazon:


    Endlich, seit drei Jahren der erste Urlaub. Oberinspektor Chen nutzt ihn jedoch nicht zur Erholung. Er hat das Angebot erhalten, einen Werbeprospekt ins Englische zu übersetzen. Unternehmer Gu will amerikanische Investoren mit einem renditeträchtigen Großprojekt begeistern. Hinter der Fassade traditioneller Shikumen-Häuser soll für die betuchte neue Mittelschicht eine Shopping-Mall entstehen. Kaum hat er sich jedoch an den lukrativen Auftrag gemacht, geschieht ein Mord. In einem dieser ärmlichen Shikumen-Häuser, in dem zig Familien auf engstem Raum zusammenleben, wird eine Frau am frühen Morgen erstickt. Eigentlich kann der Täter nur einer der Hausbewohner sein, denn das Haus wird nachts abgesperrt, und die ehemalige Rotgardistin Yin war vielen verhaßt. Stutzig wird Chen dann allerdings, als die Parteiobrigkeit auf eine schnelle Lösung des Falls drängt, weil sie politische Turbulenzen befürchtet. Denn wie sich herausstellt, galt die Ermordete als Dissidentin. Sie hat den verfemten Dichter Yang geliebt und nach dessen Tod einen vielbeachteten, aber rasch verbotenen Roman veröffentlicht. Und warum hat der Geheimdienst nach dem Mord das Zimmer der Schriftstellerin durchwühlt? Hauptwachmeister Yu befragt unterdessen die Hausbewohner, die sich jedoch allesamt in Widersprüche verstricken, und der Nachbarschaftspolizist verdächtigt einen nach dem anderen. Inzwischen liest Yus Frau jedoch den Roman der Ermordeten und bringt damit Oberinspektor Chen auf eine literarische Fährte ...


    Über den Autor:


    Qiu Xiaolong, 1953 in Shanghai geboren, arbeitete als Übersetzer, Lyriker ud Kritiker. 1988 reiste er in die USA und beschloss nach dem Massaker am Platz des Himmlischen Friedens, nicht nach China zurückzukehren. Seit 1994 lehrt er an der Washington University St. Louis Chinesische Literatur und Sprache.


    Alle bisher erschienen Chen-Romane findet ihr in der Serienrubrik hier.


    Meine Meinung:


    China hat sich weiterentwickelt, der Kapitalismus im Kommunismus führt zu Verwerfungen. Die Kluft zwischen arm und reich wird immer größer, die Unzufriedenheit mit der eigenen Situation befällt vorallem die "Roten", die einst gefeierten Helden der Kulturrevulution, die sich mit der "eisernen Reisschale", der sicheren, lebenslangen Versorgung getäuscht sehen, weil ein Staatsunternehmen, nach dem anderen Pleite macht. Die lange unterdrückten "Schwarzen", Söhne von Kapitalisten, Intellektuelle, sind auch nicht besser dran. Die moderne Jugend erobert die Welt, fährt Mercedes, der Schimpfwortbegriff "Kleinbürgerlich" wird zum in- Status. In dieser Atmosphäre wird Oberinspector Chen mit einem Auftrag zur Übersetzung der Unterlagen für ein gigantisches Immobilienprojekt beauftragt. Er, der ja Englisch studiert hat, soll dieses Projekt amerikanischen Investoren helfen schmackhaft zu machen. Dafür erhält er nicht nur eine grosse Summe Geldes und Privilegien, die ihn überwältigen, sondern auch die Aussicht auf weitere gute Beziehungen. Da geschieht der Mord an einer ehemaligen Roten, die den Rückweg vom Lande in die Stdt geschafft hat und während Oberinspekor Chens Urlaub ermittelt Genosse Hauptwachtmeister Yu Guangming.


    Die politische Situation in China und die persönlichen Familenschicksale der handelden Personen stehen bei Qui Xiaolong immer im Vordergrund und beeinflussen die Mordermittlung. Er schreibt sich langsam entwickelnde Krimis, in denen auch die chinesische Lyrik eine wesentliche Rolle spielt- der Ehemann der Ermordeten war ein berühmter Lyriker. Wesentlich für die Lösung ders Mordes ist deshalb auch ein Romanmanuskript und sein Verschwinden, ein erschienener Roman, der einige Rätsel enthält und die große Liebe zwischen dem Lyriker Yang und seiner ermordeten Gefährtin Yin.


    Ein wirklich schöner Krimi, der so schöne Sätze enthält wie den: Und viel zu viele Bücher warteten darauf gelesen zu werden.


    Dieses ganz besonders.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von beowulf ()

  • Habe es heute beendet und mir gefiel es auch sehr gut.


    Deinen Ausführungen stimmt ich voll zu. Über den üblichen Krimi hinaus erhielt man immer wieder neue Einblicke und Eindrücke über die Lebensgewohnheiten, Arbeitswelt samt Hierarchie und die Kultur (hier u.a. auch die Lyrik) im neuen China.


    Für mich doch wieder neu wie die Wohnverhältnisse in der Großstadt sind und auch diese Enge und Einfachheit, die wir uns nur schwer vorstellen können. Genauso gewöhnungsbedürftig manche Speisenfolgen, die ich mir nicht genauer vorstellen möchte.


    Spannend im üblichen Krimi-Sinne ist dies Buch bestimmt nicht, aber auf den Fall empfehlenswert.