Hitlers Kanarienvogel - Sandi Toksvig (ab 12 J.)

  • Englische Originaltitel: Hitler's Canary (2005)
    Erschienen: 2007
    Übersetzt von: Tanja Ohlsen


    Inhalt
    Freundschaft in Zeiten des Krieges. April 1940: Deutsche Soldaten marschieren in Dänemark ein. Der 12-jährige Bamse wird von seinem Vater ermahnt, sich ruhig zu verhalten und keinen Ärger zu machen. Aber Bamse und sein Freund Anton können der Versuchung nicht widerstehen: Zu gern spielen sie hier und da einem deutschen Soldaten einen Streich. Aber dann wird aus dem Spiel Ernst. Antons Leben ist in Gefahr - und Bamse muss sich entscheiden, auf welcher Seite er stehen will ...Anrührend, ehrlich und ungeschminkt wird der Einmarsch der Deutschen in Dänemark aus Sicht eines 12-jährigen erzählt. Viele Figuren aus dem Buch gehen auf Sandi Toksvigs eigene Familie zurück, vor allem auf ihren Vater und auf die Geschichten, die er ihr erzählte.


    Über die Autorin
    Sandi Toksvig wurde 1958 in Kopenhagen, Dänemark, geboren. Ihr Vater war Auslandskorrespondent, daher zog die Familie sehr häufig um. Heute lebt und arbeitet Sandi Toksvig als Radiomoderatorin, Schriftstellerin, Comedian und Schauspielerin in Großbritannien.


    Meine Meinung
    Bamse, der 12-jährige Ich-Erzähler verschläft den Einmarsch der Deutschen am 09. April 1940 in Dänemark, weil er schlicht und ergreifend auf dem Thron von Heinrich V. eingeschlafen ist. Umso erstaunter ist er, als plötzlich Hektik ausbricht und Thomas, der gute Theaterfreund seiner Mutter völlig aufgelöst vom Einmarsch der deutschen Truppen berichtet. Bamse macht sich auf, seine Mutter zu suchen, für die das Leben eine einzige Bühne ist und seinen Vater zu holen, der sich als Maler und Zeichner von politischen Cartoons sein Geld verdient.


    Bamses Eltern sind - so wie es Künstlerfamilien nachgesagt wird - auch etwas aussergewöhnlich. Seine Mutter, für die die Schauspielerei ihr Leben bedeutet, lässt kaum einen eigens von ihr formulierten Satz über die Lippen kommen. Lieber zitiert sie Shakespear, Ibsen oder andere berühmte Personen um sich auszudrücken. Damit sind ihr die Lacher meistens sicher. Der Vater, ein sehr ruhiger und ernster Mann, der seine schauspielernde Frau sehr liebt, stellt den vernünftigen Ausgleich dar und versucht seinen drei Kindern (der älteren Schwester Masha und dem älteren Bruder Orlando) das beste der Welt mitzugeben.


    Sandi Toksvig beschreibt mit einem unglaublich warmherzigen und humorvollen Ton die Schrecken dieser Judenverfolgung in Dänemark. Dabei verliert sie nie den Faden aus den Augen, informiert reichhaltig und macht spürbar, dass auch Bamse in seinen jungen Jahren schon unerträglich Angst vor dem Ungewissen hat, vor dem, was die Deutschen mit den Juden machen.
    Und doch ist Bamse auch so mutig! Voller Angst und trotzdem furchtlos, will er sich wehren - genau wie sein großer Bruder Orlando es macht und den er dafür sehr bewundert. Ihn umtreibt immer mehr die Sorge um seinen besten jüdischen Freund Anton, den er nicht verlieren will und für den er letztlich sein Leben aufs Spiel setzt.
    Auch Bamses Eltern begreifen, dass Widerstand - und sei es nur in Form von Nachbarschaftshilfe - immernoch besser ist als tatenlos zuzusehen.


    Die Geschichte von Bamse, seiner Familie und Anton, seines besten Freundes, ist komisch, traurig, tragisch und steckt voller Hoffnung. Sie lehrt, dass die Menschen auch zu Kriegszeiten nicht ohne Weiteres in "Gut" und "Böse" zu unterteilen sind, dass die Lebensfreude der Mut in solchen Zeiten unersetzlich sind und vor allem auch, dass das Vertrauen in die Menschen nicht vollständig abhanden kommen darf.


    Ein bemerkenswert tragikkomisches Buch über eine aussergewöhnliche und liebevolle Familie der dänischen Widerstandsbewegung!
    Sehr empfehlenswert!