Palast der Erinnerungen - Debra Dean

  • OT: The Madonnas of Leningrad


    Kurzbeschreibung:
    Die junge Marina ist Museumsführerin in der berühmten Leningrader Eremitage. Früher umgaben sie faszinierende Gemälde und die tiefe Zuneigung des Mannes, den sie liebt. Nun aber, im Winter 1941, ist sie allein und die Museumssäle sind leer. In der Stadt herrschen Hunger, Not und Verzweiflung. Doch Marina hat ihren eigenen Weg gefunden, das Elend zu ertragen. Sie geht von Saal zu Saal und erinnert sich der Meisterwerke, die vor dem Krieg dort hingen. Sie sieht anmutige Gesten, betörende Farben, die Strahlkraft des Lichts. So entsteht in Marina das ganze Museum zu neuem Leben. Vor allem die Erinnerung an die Madonnenbilder und das von ihnen ausgehende Leuchten lassen sie alles überleben. Jahrzehnte später sind es wieder die Madonnenbilder, die ihr Trost spenden. Marina, deren Gedächtnis sie immer häufiger im Stich lässt, flüchtet sich erneut zu den Bildern und erlebt noch einmal Geborgenheit und Glück.


    Über die Autorin:
    Debra Dean hat an der University of Oregon studiert. Für ihre Kurzgeschichten und Essays hat sie mehrere Literaturpreise erhalten. Debra Dean lebt mit ihrem Mann in Seattle und unterrichtet Literatur an der Seattle Pacific University. „Palast der Erinnerungen“ ist ihr erster Roman.


    Meine Meinung:
    Palast der Erinnerungen ist ein vielschichtiger Roman, der von der Schönheit der Kunst, einer lebenslangen Liebe und der Kraft der Erinnerungen und dem Verlust derselben erzählt. Auf zwei bzw. drei Zeitebenen begleitet der Leser die heute 82-jährige russische Emigrantin Marina, die immer häufiger ihre Familienmitglieder nicht mehr erkennt und die sich selbst die Antworten auf gerade gestellte Fragen nicht mehr merken kann. Unsicherheit wird zu ihrem ständigen Begleiter im Alltag. Doch glasklar sind ihre Erinnerungen an jenen Winter 1941, in dem sie in Leningrad in der Eremitage arbeitete und dabei half, Tausende von Kunstwerken und Schätzen vor dem Angriff der Deutschen in Sicherheit zu bringen. Diese Erinnerungen geben ihr Kraft und Halt, auch wenn sie eine Zeit voller Entbehrungen und Angst und den Kampf gegen den Hunger und die Kälte und um das Überleben darstellen. Ihre Erinnerung an die vielen Gemälde und Kunstgegenstände helfen ihr dabei, die schwere Zeit zu überstehen und damals wie heute verschwimmen Vergangenheit und Gegenwart, aber auch Realität und Illusion vor ihrem inneren Auge. Debra Deans Roman erzählt eine bewegende Geschichte einer einzelnen Frau, deren Schicksal exemplarisch für all die Helfer und Helferinnen steht, die 1941 an der Evakuierung der berühmten Eremitage beteiligt waren, aber auch exemplarisch für all die, deren Leben sich durch den Verlust des Gedächtnisses völlig verändern. Die einzelnen Zeitebenen sind für sich genommen beeindruckend und einfühlsam beschrieben, wirken in ihrem Zusammenspiel jedoch irgendwie sperrig, so dass mir persönlich der Eindruck eines „kompletten Ganzen“ verwehrt blieb. Möglicherweise auch deshalb, weil für mich die Geschichte der Leningrader Eremitage völliges Neuland war und ich auch über Kunst und Kunstgeschichte nicht genügend Hintergrundwissen besitze um all die berühmten Werke, die erwähnt und beschrieben werden, zu kennen und so gemeinsam mit der Hauptfigur vor meinem inneren Auge auferstehen zu lassen. Einige Seiten mehr hätten dem Roman und mir als Leser sehr gut getan, um den Funken, der zwischendurch – vor allem in den Szenen aus 1941 und den Erinnerungen daran – durchaus übergesprungen ist, über die gesamte Länge des Buches aufrechtzuerhalten. Nichtsdestotrotz eine glatte Empfehlung vor allem für kunstgeschichtlich Interessierte und alle, die einen Einblick in diese historische Epoche mit dem Schwerpunkt der Ereignisse rund um die Eremitage erlangen möchten, die meines Wissens nach leider bislang literarisch nicht Erscheinung getreten sind.


    Hier noch der Link zur Eremitage: http://www.hermitagemuseum.org/

  • Ja, leider mit völlig verhunztem Cover :cry


    Meiner Meinung nach wird das Cover dem Buch überhaupt nicht gerecht (TB Ausgabe), da denkt man doch gleich, dass es sich um einen "Frauenroman" handelt :-(
    Blöde Wahl, mich wundert, dass das vom Lektorat so abgesegnet wurde. :gruebel


    Enttäuschte Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Palast der Erinnerungen - Debra Dean


    Ich empfinde den Roman teilweise ganz ähnlich wie Milla.
    Thematik und Romanstruktur sind interessant und gebühren jedem Respekt.
    Allein die Vorstellung der Eremitage im Krieg, in der nur die leeren Bilderrahmen stehen, ist beeindruckend.
    Auch die Sprache und der (zu?) elegante Stil sind überwiegend gelungen.
    Aber das Sperrige des Romans hätte nicht sein müssen. Viele andere Romane, die als sperrig gelten sind es aufgrund ihrer Komplexität und ihrer Ambitioniertheit.
    Hier aber würde ich es der Autorin vorwerfen. Die Kunstwerke, die so eine große Rolle spielen, werden mir als Leser nicht wirklich nahegebracht und es kann eigentlich nicht sein, dass Debra Dean das Buch nur für den kleinen Kreis der Kunstexperten geschrieben hat.
    Vielleicht hängt diese Schwäche des Romans damit zusammen, dass es sich um ein Erstlingswerk handelt.


    Die Alzheimerthematik, die die heutige Zeitebene des Romans bestimmt, ist nicht neu und nicht zum ersten mal beschrieben, für gelungen halte ich diese Abschnitte aber durchaus.
    Die Abschnitte in Kriegszeiten haben mich nur teilweise überzeugt.


    Der Originaltitel The Madonnas of Leningrad gefällt mir besser als der klischeehafte deutsche Titel.


    Edit: Als Vergleich der Cover gebe ich die ISBN der englischsprachigen Ausgabe ein, obwohl ich die deutsche Droemer-Hardcover-Ausgabe gelesen habe,aber das Cover der englischen Ausgabe gefällt mir noch besser.


    Hier habe ich für Interessirrte eine Leseprobe gefunden:
    http://www.droemer-knaur.de/pdf/palast_der_erinnerungen.pdf


    Ich vergebe dem Roman knappe 7 Punkte.

  • Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, vor allem die gewählte Erzählweise; das Schicksal der jungen Marina während des Krieges und parallel dazu die Geschichte der alten Frau, die langsam an Alzheimer erkrankt und von ihrem Ehemann Dmitri liebevoll betreut wird. Immer mehr verschmelzen die Erinnerungen an die Kriegszeit mit der Gegenwart, und Marina kann oft zwischen Gegenwärtigem und Vergangenem nur mehr mit Mühe unterscheiden.
    Ein wunderbares, einfühlsames Buch, das von einem Leben erzählt, wie es stellvertretend für viele aus dieser Zeit stehen könnte.
    Und genauso sensibel wie die Geschichte erzählt wird, ist auch die Sprache. Ein berührender Roman, der von der ersten bis zur letzten Seite einfach nur schön zu lesen ist.