Eiskalte Stille - Jón Hallur Stefánsson

  • Originaltitel: Krosstré (Island, 2005)
    Diese Ausgabe: List-Verlag, 2007, 313 S., ISBN 978-3-548-60726-9



    Inhalt:
    Der Architekt Björn wird von seinem Sohn Marteinn tödlich verletzt in der Nähe seines Sommerhauses gefunden, zu dem er nach einem Anruf mitten in der Nacht gefahren war. Kurz zuvor hatte Marteinn herausgefunden, dass sein Vater eine Affäre mit einer jungen Mitarbeiterin seines Architekturbüros hat. Diese junde Frau wird vermisst. Inspektor Valdimar Eggertsson von der Kriminalpolizei Rejkjavik steht vor der schweren Aufgabe herauszufinden, wer Björn töten wollte und wer von den Personen aus seinem Umfeld die Wahrheit sagt und wer lügt.


    Über den Autor:
    Jón Hallur Stefánsson wurde 1959 geboren. Er arbeitete als Übersetzer, Radiomoderator und Musiker. Bereits sein Romandebüt „Eiskalte Stille“ katapultierte ihn in die erste Riege der nordischen Krimiautoren. Dies ist der Auftakt zu einer neuen Krimiserie.

    Meine Meinung:
    Seit einiger Zeit erfreuen sich Island-Krimis ja großer Beliebtheit. Dies ist mein erster und ich fand hier noch eine Steigerung zu den düsteren, schwermütigen Skandinavien-Krimis mit ihren ausgebrannten, depressiven Protagonisten, deren einziges Interesse im Alkohol und Sex liegt, vor. Ein intelligent gemachter, gut aufgebauter Krimi, in flüssiger, ordentlicher Übersetzung.


    Der Autor hat jeden Handlungsstrang fest im Griff und hält das hohe Niveau bis zum Schluß aufrecht.
    Jedes der kurzen Kapitel wird aus Sicht einer anderen Person geschildert, was ich etwas gewöhnungsbedürftig fand. Es fiel mir außerordentlich schwer, für eine dieser Personen Sympathie zu entwickeln, geschweige denn konnte ich mich mit einer von ihnen identifizieren. Und dann diese grausigen Vornamen! Niemand sollte Hallgrímur heißen oder Haflidi oder gar Hildigunnur!


    Die überaus ausführlichen Beschreibungen der Vergangenheit nahezu jeder Person in diesem Roman waren etwas nervend und für das Verständnis der Handlungsweise der Protagonisten aus meiner Sicht nicht immer notwendig. Dafür durfte ich teilhaben an einer sehr realistischen Schilderung der isländischen Lebensverhältnisse, die nicht unbedingt als sympathisch zu bezeichnen sind. Interessant zu lesen aber war es allemal. Zum Schluß war ich fast widerwillig fasziniert von dieser makabren Geschichte, dem ganz persönlichen, unabänderlichen Elend, in dem jeder Einzelne von ihnen steckt und das zu einem so nicht vorhersehbaren, fulminanten Finale führt.


    Mein Fazit:
    Gutgemachte, spannende Geschichte mit ein paar Längen. Insgesamt aber nicht unbedingt mein Ding und wahrscheinlich mein letzter Island-Krimi. Für Freunde dieses Genres aber ganz sicher zu empfehlen.

  • Dieses Buch hat mich mal wieder dazu veranlasst, darüber nachzudenken, was einen guten, insbesondere einen guten isländischen Krimi ausmacht.
    Und ich kam zu dem Schluss, dass dieser hier eindeutig zu den besseren zählt.


    Prinzipiell geht es um ganz normale Krisen im Zusammenleben verschiedener Menschen, die freilich vor der isländischen Kulisse und den spezifischen gesellschaftlichen Bedingungen, etwa einer stark calvinistisch geprägten Leistungsgesellschaft, noch bedrückender wirken.
    Wie Jane Doe bemerkte, werden die Handlungsstränge konsequent zuende gebracht, die meisten Szenen sind auch psychologisch glaubwürdig und insgesamt ist das Buch anschaulich und spannend geschrieben.


    Dennoch, zwei für den Krimiverlauf nicht ganz unerhebliche Szenen/Ideen sind eindeutig bei Indridason geklaut, auch wenn Stefansson sie für meine Begriffe deutlich besser umgesetzt hat.
    Sachlich falsch ist der Hund in Reykjavik (hier ist Hundehaltung verboten) und die Schilderung der Kopulation der Spinnen; aber das würde ich unter künstlerischer Freiheit verbuchen (you can call me Krümelkacker :grin)


    Und die Sache mit der Buttersäure hat mir lange Kopfzerbrechen bereitet, bis ich endlich draufkam, wie der Hase läuft. Aber hier unterstelle ich mal wohlwollend einen Übersetzungsfehler.


    Auch ich meine: ein Muss für Islandfans, ein Kann für Freunde verwickelter, aber logischer (gesellschaftskritischer?) Krimis, aber definitiv nichts für Menschen, die skandinavische Kriminalromane nicht mögen.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Titel: Eiskalte Stille
    OT: Krosstre
    Autor: Jon Hallur Stefansson
    Übersetzt aus dem Isländischen von: Betty Wahl
    Verlag: List Taschenbuch
    Erschienen: September 2007
    Seitenzahl: 352
    ISBN-10: 3548607268
    ISBN-13: 978-3548607269
    Preis: 8.95 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Ein Architekt Anfang 40 wird in der Nähe seiner Sommerhütte bei Thingvallavatn tödlich verletzt aufgefunden. Für Valdimar Eggertsson von der Kripo Reykjavik wird schnell klar, dass im Umfeld des Mannes nichts so ist, wie es den Anschein hat. Doch welche seiner Lügen wurde ihm zum Verhängnis?


    Der Autor:
    Jon Hallur Stef nsson wurde 1959 in Island geboren. Er studierte an den Universitäten von Island und Granada Literatur und Spanisch und arbeitete danach als Mitherausgeber einer Literaturzeitschrift, als Radiomoderator und -produzent sowie als Musiker und Übersetzer.


    Meine Meinung:
    Ein Krimi der nicht enttäuscht, der aber auch nicht euphorischen Jubel auslöst. Solide Krimiware aus dem oberen Drittel – zur Spitze aber wird es nicht reichen. Die Geschichte wird sehr solide erzählt, manchmal aber etwas unterkühlt. Zudem ist zu bemängeln, dass der Spannungsbogen ab und an mal ein wenig nachlässt. Das Ende der Geschichte ist durchaus überraschend und fügt sich auch logisch in die Handlung ein – auch wenn der Autor hier vielleicht ein klein wenig zu hastig erzählt.
    Das Buch firmiert unter der Bezeichnung „Island-Krimi“ - allerdings spielt das Land Island hier nur eine sehr untergeordnete Rolle. Die Geschichte hätte so auch in jedem anderen Land spielen können. Das „typisch Isländische“ fehlt in diesem Buch völlig.
    Die erzählte Geschichte ist stimmig und irgendwelche „Überkonstruierungen“ sucht man glücklicherweise vergeblich. Eine Geschichte quasi aus dem „wirklichen Leben“.
    Fazit: Ein Krimi für angenehme Lesestunden – auch wenn man ganz sicher nicht zuviel erwarten sollte. Grundsolide Krimiunterhaltung, die ein klein wenig über dem Durchschnitt zu finden ist. 7 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.