'Cécile' - Kapitel 09 - 16

  • Stand: Kapitel 14


    Bisher habe ich den Eindruck, dass das Buch vor allem wechselnde Reisebekanntschaften beschreibt. Habe ich nicht irgendwo das Stichwort Hotelroman aufgeschnappt? Auf jeden Fall gleicht das Buch streckenweise einer Reisebeschreibung. Promt bin ich über die ersten Qudelinburg-Poster in einer Dienstelle gestolpert und habe nach dem grünen Kloppstockhaus gesucht.


    Noch immer schwierig gestalten sich für mich die Dialoge zwischen Cécile und Pierre. Es wird vieles angedeutet aber nichts klar. Irgendwie gelingt es mir nicht, zwischen den Zeilen zu lesen.


    Während der Lektüre habe ich mich gefragt, ob Fontane sich mittels Cécile für oder gegen Frauenbildung ausspricht, bin aber zu keinem Ergebnis gekommen. Er scheint mir nur relativ neutral zu schildern, nicht zu urteilen.


    Überhaupt diese Frau. Immer nur wird ihr geschmeichelt und alle spielen bereitwillig mit, sieht man vom Herrn Askanier ab. Was hat diese Frau nur an sich? Und warum dreht sich alles um ihre Schönheit, warum nimmt sie nicht einmal daran eigentlich Anteil? Was ist das Geheimis, der schon mehrmals erwähnten Kinderseele? Was bedeudet dies für die Menschen im Buch, für Fontane und vor allem für mich als Leserin?


    Die ehrlichen Worte über das Mutterdasein haben mich ebenfalls erfreut.


    Den Brief Gordons fand auch ich schön. Der Name Robert hat mich überrascht. Sein Interesse für Cécile ist mir rätselhaft, es hat weder etwas ausdrücklich Sexuelles noch Bewunderndes an sich, aber auch nichts Herablassendes. Der Meinung Herrn Palomars betreffs der fehlenden Umwerbung bzw. Liebesleidenschaft Céciles kann ich mich nur anschließen.


    Interessant ist der Disput um Treue zum Alten gegen Aufgeschlossenheit dem Neuen gegenüber. Bezieht es sich auf das unlängst gegründete Deutsche Kaiserreich? Das Thema Preußen wurde ja gelegentlich erwähnt.


    Erinnerungswert auch die Bemerkung über arme Leute in Kapitel 14, gleich nach der Erziehung jüngerer Geschwister durch die Ältesten.


    @taki
    Es irritiert mich, dass ich weder ein positives noch negatives Bild einer Frau in Cécile bisher erkennen kann. Die Missstände, beispielsweise mindere Bildung, werden genannt, aber keiner wertet entgültig. Pierre wettert, entschuldigt aber auch, Gordon stellt nur fest, denkt an Kinderseele und stellt dem ihre Schönheit und das Geheimnis entgegen.


    eyre
    Bisher konnte ich kein ausdrückliches Anmachen seitens Gordon erkennen, nur Interesse. Pierre scheint nicht von Eifersucht geplagt. Vielleicht gibt es etwas, was sie fest an ihn bindet. Nur Halt, wie angedeutet? Liebe im herkömmlichen Sinne ist es nicht, das habe ich aus einigen Bemerkungen erschlossen.


    Voltaire
    Ich hege ja die Befürchtung, dass ich erst am Ende das große Aha-Erlebnis haben werde und dann erst in der Lage bin, die Andeutungen zu erkennen.


    Es ist nach wie vor spannend.

  • Auch wenn ich derzeit hier recht schweigsam bin, bin ich noch da (diesen Teil habe ich vollständig durch gelesen); komme derzeit aus verschiedenen Gründen allerdings nur sehr langsam voran.



    Zitat

    Akascha
    Nach den ersten 16 Kapiteln bin ich immer noch nicht schlauer geworden, man weiß nicht worauf es nun hinausläuft. ...
    Dieses "Zwischen den Zeilen"-Lesen hat mir damals im Deutschunterricht schon nicht so gelegen, (...)


    :write


    Und ohne jetzt Liesbetts Post komplett zitieren zu wollen, aber die dort geschilderten Probleme habe ich auch. Und kann mir im Moment überhaupt nicht vorstellen, wohin der Roman führen wird.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Also ich bin ja immer ein wenig hinterher, Herr Palomar kann es bestätigen, und deshalb sehr angetan von einer etwas langsameren Gangart. Ich geniesse meine Lektüre ganz gerne und Gedanken brauchen ihre Zeit. Und in Wirklichkeit lese ich auch noch andere Bücher nebenbei, das frisst Kapazität. Also lieber SiCollier, keine Ängste in diese Richtung. :-)

  • So, die restlichen beiden Kapitel sind geschafft. Und da ich das Buch zur Gänze durch habe, werde ich hier nur meine Notizen wiedergeben um das Ende nicht vorweg zu nehmen.


    Die Passage mit der Rücksicht aus Kapitel 15 habe ich mir ebenfalls angestrichen. Dazu dachte ich, dass ihr die Rücksicht vielleicht zuwieder ist, vielleicht zeigt sich ihr Ehemann nur vor Anderen so rücksichtsvoll. Vielleicht nimmt sie es ihm übel, dass Pierre seine eigenen Bedürfnisse nicht vollständig zurück stellt.


    Was mich wunderte war ihre gelegentliche Abneigung gegen ihn. Ich vermutete eine Mischung aus Abscheu und Gewöhnung. Seltsam sind auch Pierres Bewegungen zwischen Spott, der sehr beissend werden kann, und liebevollen Kümmerns. Er ist in dieser Hinsicht ebenso wenig eindeutig wie Cécile. Ein seltsames Pärchen.


    In Kapitel 16 dann hat Fontane durch das Selbstgespräch Gordons all jene Fragen augeworfen, die ich mir selbst dazu gestellt habe.


    Dafür habe auch ich endlich eine zunehmende Neigung Gordons für Cécile erkennen können. Seine Gedanken kreisen recht oft um sie, den Ehemann stellt er weit hinten an. Ob es Liebe oder Leidenschaft ist konnte ich nicht erkennen, nur ein gesteigertes Interesse.


    Ich denke, Fontane neigt gelegentlich ein wenig dazu, den Leser an die Hand zu nehmen.

  • Immerhin blickt Gordon im 16. Kapitel auch noch nicht durch.
    (...) hörte wieder das langgedehnte Ja“, das doch ein kurzes „Nein“ war (...)
    „Was ist mit dieser Frau? So gesellschaftlich geschult und so naiv! Sie will mir gefallen und ist doch ohne rechte Gefallsucht. Alles gibt sich mehr aus Gewohnheit als aus Koketterie. Sie hat augenscheinlich in der vornehmen Welt gelebt, vielleicht in einer allervornehmsten, und hat Auszeichnungen Und Huldigungen erfahren, aber wenig echte Neigung und noch weniger Liebe. (...) Sie hat eine Geschichte, oder er, oder beide, und die Vergangenheit wirft nun ihre Schatten.“


    * * *


    Ich werde jetzt das Buch erst durchlesen und meine Gedanken posten, und erst dann die Beiträge hier durchlesen (und ggf. noch darauf eingehen). Ich will endlich wissen, wie die Geschichte weitergeht bzw. endet.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")