'Die Glocken von Vineta' - Seiten 555 - Ende

  • Kapitel 16:
    Anton ist inzwischen getauft und dementsprechend etwas fanatisch und missionierend, so möchte er dass Natalia sich taufen lässt und spricht von ihrer Beziehung als Sünde . Er versucht wohl im Christentum seine Identität und Halt zu finden. Ich glaube nicht, dass das reichen wird.
    Immerhin ist folgender Satz auf Seite 569 kennzeichnend für ihn:
    „Einem Gott der Milde. Der jeden Frevel verzieh und verhängte Strafen zurücknahm wie der grinsende Perun, hätte er sich niemals unterworfen.“


    Anton lernt seinen Sohn Stani kennen. Der fünfjährige Stani und Anton finden auch gleich zueinander. Anton ist stolz auf ihn und sieht seinen Sohn vor seinem geistigen Auge schon als Gelehrten an einer Universität.


    Lara ist sehr von Anton angetan, den sie schon als Kind verehrte.
    Gefällt mir, dass Lara sich selbst einen Mann wählt, da ihre Schwestern keine Wahl hatten.
    Ob sie gerne Däninen geworden sind, wage ich fast zu bezweifeln.


    Ende des Kapitels trifft Jula auf Stani. Schlimm! :-(

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Er versucht wohl im Christentum seine Identität und Halt zu finden. Ich glaube nicht, dass das reichen wird.
    Immerhin ist folgender Satz auf Seite 569 kennzeichnend für ihn:
    „Einem Gott der Milde. Der jeden Frevel verzieh und verhängte Strafen zurücknahm wie der grinsende Perun, hätte er sich niemals unterworfen.“


    Ich bin ausgesprochen erleichtert, dass Du das so liest.
    Ich hatte etwas Angst, es liesse sich gar nicht so herauslesen. Ich habe es so gemeint.


    "Christentum" ist ja bei allem Wissen, das er sich darueber anzueignen sucht, ein bisschen eine Schimaere fuer ihn.


    Alles Liebe von Charlie

  • Kapitel 17:
    Kasi wird jetzt immer eingesperrt und von der Magd sogar wie ein Tier an einem Halsstrick geführt. Das finde ich sehr traurig. Natalia hätte das nicht zugelassen.


    Es folgen jetzt einige höchst emotionale Szenen:
    Anton erzählt Warti, dass Stani sein Sohn war und Warti kann seine Schlüsse daraus ziehen.
    Er sagt nur ein Wort: Geh


    Jakubs Tod wird sehr berührend geschildert. Für mich war er eine herausragende Persönlichkeit in diesem Roman.
    Kurz darauf stirbt auch Oda, ähnlich bewegend, nur von Natalia in ihrer letzte Stunde begleitet.


    Ganz stark die letzte Szene dieses Kapitels: Natalia ganz alleine mit Vineta, ihre Stadt:
    Venedig des Nordens, Heidenbabel, Paradies der Sünder.

  • Kapitel 18:
    In dem im wahrsten Sinne des Wortes „stürmischen“ Finale steht Bole noch einmal sehr im Vordergrund, der erst Jula ersticht und dann Anton seine wahre Herkunft verrät.
    Das erklärt übrigens, warum Stani auch Warti so sehr ähnlich sah. Das hatte glaube ich Kveta mal erwähnt.


    Ich denke, die Entscheidungen am Schluß, wer nun mit wem geht und wer bleibt, waren richtig gewählt.
    Die Bedrohung durch den Untergang Vinetas schwebte ja von Anfang an über ihnen.
    An eine Flucht Wartis und Natalias habe ich nie geglaubt, dazu liebte Warti die Stadt zu sehr, er will eher untergehen als sie im Stich zu lassen, zumal die Dänen ihn wohl kaum ziehen lassen würden.
    Für Warti gab es keine Alternative. „Was soll einer wie ich in einer Welt, in der Vineta keinen Platz mehr hat?“
    Und Natalia wollte ihn nicht verlassen.


    Beeindruckend zum Ende das Bild vom Wasser und dem Läuten der Glocken von Vineta.

  • Vor Deinen treffenden, klaren Zusammenfassungen kann ich nur den Hut ziehen und mich bedanken.
    Ich wuenschte, ich koennte Dich als Expose-Schreiber engagieren.


    Herzlichen Dank fuer Deine schoenen Beschreibungen meines Buches, die ich mir aufheben werde. Ich bin richtig traurig, dass Du jetzt durch bist und keine mehr kommen werden.


    Alles Liebe von Charlie

  • Prolog:
    Der Prolog zeigt die Flüchtenden, überraschenderweise aus der Sicht von Lara.


    Das war´s dann mit Vineta.
    Ob Anton und Lara und die anderen in Venedig wieder eine solche Heimat finden werden?


    Ich bin durch. In kürze werde ich noch etwas im Rezensionsthread schreiben.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Für Warti gab es keine Alternative. „Was soll einer wie ich in einer Welt, in der Vineta keinen Platz mehr hat?“
    Und Natalia wollte ihn nicht verlassen.


    Herr Palomar, in meinem Buch stand etwas ganz anderes:
    Natalia kann nicht mit Anton leben, aber sie kann auch nicht ohne ihn leben.
    Vineta will sie nicht verlassen und das wiederum vereint sie mit Warti.


    So oder so fand ich Schluss ganz augezeichnet :-]


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Charlie, zunächst finde ich es klasse, dass du auf negative Kritik nicht beleidigt reagierst :anbet und sowieso ist meine Meinung eben nur eine einzelne Meinung, die völlig unmaßgeblich ist:


    Ich meinte keine einzelnen Stellen, die reißerisch sind, obwohl mir hierbei spontan der Tod des Herrn Boris bei dem Versuch der Vergewaltigung einfällt.
    Um weitere Szenen zu benennen, müsste ich das Buch erneut lesen, aber das werde ich frühestens in einem Jahr wieder tun.


    Mir ging es um das bereits erwähnte Verhalten Julas, das sich immer weiter steigert und das so ausführlich nicht hätte sein müssen. Es hätte keine Aktivierung dieses Blutgottes bedurft, damit sie sich an Stani vergreift, denn ihr Hass auf alles wäre Grund genug gewesen, zumal ich auch nicht verstanden habe, wieso Strahle ein so fanatischer Anhänger dieses Gottes ist.
    Der Hass auf die Christen ist nicht greifbar ist, ergibt keinen Sinn und wirkt so reißerisch.


    Dass Anton Boles Sohn ist, damit kann ich leben, obwohl es für die Geschichte nicht nötig gewesen wäre. Als ob die ganze Geschichte bis dahin nicht schon dramatisch genug wäre, setzt du noch einen drauf und lässt Anton die Halbschwester schwängern ... und das wurde mir dann einfach zu viel.


    Und ich wiederhole: Das sind nur kleine Mängel in einem überdurchschnittlichen Roman!


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Zitat

    Original von Kalypso
    Herr Palomar, in meinem Buch stand etwas ganz anderes:
    Natalia kann nicht mit Anton leben, aber sie kann auch nicht ohne ihn leben.
    Vineta will sie nicht verlassen und das wiederum vereint sie mit Warti.


    Klar, sie will Vineta nicht verlassen.


    Letztendlich sagt Natalia: Mein Leben ist zum Platzen prall, und wie stets nehme ich mir davon, was mir am Besten schmeckt.


    Das ist in diesem Fall anscheinend eher ein Untergehen zusammen mit Warti in Vineta.

  • Danke, Kalypso, das ist ja auch ohne Einzelstellen aufschlussreich genug.
    Das mit dem Christentum aergert mich besonders, es waere wichtig gewesen, da deutlich und stark zu arbeiten, denn das war ein Element des Romans, auf das ich in der Planung viel wert gelegt habe und das haette funktionieren sollen. Vineta hin oder her geht es ja auch um die Vernichtung eines Volkes, einer Kultur durch ein anderes/ eine andere, und ich haette gern gehabt, dass sich das auch uebertragen, parabelhaft lesen laesst.
    Das war aber vermutlich einfach zu ambitioniert, ein zu grosses Broetchen fuer meinen kleinen Hals, dafuer muss man vielleicht erst einmal routinierter schlucken.
    Trotzdem freue ich mich, dass anderes funktioniert und gefaellt und Spass macht.
    (Und besonders freu ich mich - auch wenn ich ueber sowas vermutlich nicht sabbeln sollte - ueber Deinen Hinweis bezueglich des "zu viel" bei den verwandtschaftlichen Ver- und Entflechtungen am Ende. Da hat mich naemlich gerade ein Testleser beim neuen Roman - zu etwas ganz aehnlichem - gefragt, ob ich Fan von Charles Dickens bin ... bin ich nicht! Obwohl der aus Portsmouth ist ...)


    Den Schiedsrichter in Eurer Diskussion ueber den Schluss mach' ich nicht, weil mir beides gefaellt, das Ihr gelesen habt. Ich finde auch nicht, dass es sich widerspricht, es gehoert beides zu meiner Natalia, die hier das Leben ganz annimmt und aufgibt zugleich.


    Alles Liebe von Charlie

  • Charlie, die Bedeutung der Vernichtung einer Kultur ist mir auch ohne den mir unverständlichen Christenhass durchaus klar geworden ;-)


    Dieses "zu viel" ist dann bei mir immer der Punkt, bei dem ich innerlich aufstöhnen muss, da es unglaubwürdig oder sinnlos (oder beides) wird. Bei einem tiefgängigen und bis dahin überzeugenden Roman irritiert mich so etwas, während ich fluffige Unterhaltungsromane, die aus einer Aneinanderreihung vermeintlich dramatischer Szenen bestehen, überhaupt nicht mehr ertragen kann.


    Es besteht schon ein kleiner Unterschied zwischen Herrn Palomars Meinung und meiner, denn er erwähnt Anton nicht. Was natürlich nicht weiter schlimm ist, da eine Geschichte auf verschiedene Leser durchaus unterschiedlich wirken kann.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Zitat

    Original von Kalypso
    , während ich fluffige Unterhaltungsromane, die aus einer Aneinanderreihung vermeintlich dramatischer Szenen bestehen, überhaupt nicht mehr ertragen kann.


    Das geht mir kein bisschen anders.
    Von einer bestimmten Stelle an weiss man dann auch: von jetzt an wird's immer schneller, schlimmer, schauderhafter und das Weiterlesen kann man sich ersparen.


    Unaufgeregtes, massvolles, selbstbewusstes Erzaehlen verhindert solche Ausuferungen, denke ich. Aber daran muss ich wohl noch eine ganze Weile ueben. In jedem Fall tut es sehr gut, seine Kanten, Haken und ueberstehenden Spitzen an Lesern abzureiben.


    Den Unterschied zwischen Deiner Antwort und der von Herrn Palomar habe ich durchaus gesehen - nur nicht den Widerspruch. Dem, was ich geplant habe, entspricht beides. Sie kann mit dieser Anton-Situation nicht mehr weitermachen, sie will ihn jetzt gehen lassen, und es ist in Ordnung und richtig fuer sie, bei Warti und Vineta zu bleiben, es ist eine Erleichterung, das, was sie jetzt tun will.
    Mir hat jemand geraten, ich solle gnaedig sein und Natalia leben lassen. Abgesehen davon, dass ich das dramaturgisch falsch gefunden haette und mein Text mir dann auf einer symbolischen Ebene auseinandergebrochen waere (was er offenbar sowieso tut), haette ich es auch nicht gnaedig gefunden. Ich war der Ansicht, dass ihr nach dem Verlust ihres Kindes dieses Ende auch gelegen kam, dass sie Ruhe hatte.


    Alles Liebe von Charlie

  • Charlie, für mich war der Schluss für die Geschichte, die ich gelesen habe, perfekt!


    Ansonsten weißt du sicher selbst, dass du es niemals allen Lesern recht machen kannst, denn das kann niemand.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Nein, das moechte ich auch nicht.
    Ich finde beispielsweise meine Entscheidung, Anya verschwinden und nicht wieder auftauchen zu lassen, weiterhin voellig richtig, weil das der von mir geschilderten Erzaehlwirklichkeit entspricht - alles andere faende ich beschoenigend.


    Und der Schluss stimmt fuer mich auch so, wie er ist.
    Jemand hat mir gesagt, Bole und Anton haette das Ueberleben nicht verdient. Den Gerechtigkeitssinn dieses Lesers kann ich zwar ruehmen, aber das hat fuer mich mit dramaturgischen Entscheidungen eher wenig zu tun.


    In anderer Kritik hingegen erkenne ich meine erzaehlerischen Fehler und Schwaechen (manche vermutet man ja selbst, andere hat man schon einmal gehoert, wieder andere ist zwar neu, aber sobald man sie ausgesprochen hoert, fuehlt man sich ertappt), die ich gern genauer untersuchen und zur Weiterentwicklung benutzen moechte.


    Abgesehen davon, dass es mir schier unbeschreiblich viel Spass macht, mit Euch ueber meinen Roman zu reden, ist das fuer mich der dickste Bonus dieser Leserunde.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Charlie
    Ich finde beispielsweise meine Entscheidung, Anya verschwinden und nicht wieder auftauchen zu lassen, weiterhin voellig richtig, weil das der von mir geschilderten Erzaehlwirklichkeit entspricht - alles andere faende ich beschoenigend.


    Dem kann ich nur zustimmen.



    Zitat

    Original von Charlie
    Jemand hat mir gesagt, Bole und Anton haette das Ueberleben nicht verdient. Den Gerechtigkeitssinn dieses Lesers kann ich zwar ruehmen, aber das hat fuer mich mit dramaturgischen Entscheidungen eher wenig zu tun.


    Wenn man schon die Gerechtigkeit bemühen möchte, würde ich eher sagen, die beiden haben den Tod nicht verdient. Aber auch das kann man wohl sehen, wie man will.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Meine Aussage dazu war auch eher freundlich ironisch gemeint.
    Ich fand es eine hoechst bemerkenswerte, um nicht zu sagen erstaunliche Idee, als Kriterium fuer die Entscheidung ueber das Ueberleben von Romanfiguren deren Verdienste zu bemuehen.


    Herzliche Gruesse von Charlie

  • Stecke gerade im ersten Teil des letzten Abschnittes.
    Was für ein fanatischer Christ der Anton geworden ist, das erschreckt mich.
    Zur Hochzeit zwischen Warti und Natalia wurde geschrieben, dass Natalia nicht gefragt wurde, ob sie überhaupt heiraten will. Und nun beschließt Anton einfach, dass Natalia und Stani Christen werden, will sie sogar zwingen...


    Jetzt muss ich aber schnell weiterlesen gehen...

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Was für ein fanatischer Christ der Anton geworden ist, das erschreckt mich.
    Zur Hochzeit zwischen Warti und Natalia wurde geschrieben, dass Natalia nicht gefragt wurde, ob sie überhaupt heiraten will. Und nun beschließt Anton einfach, dass Natalia und Stani Christen werden, will sie sogar zwingen...


    Anton sagt sogar frech, dass Wartis und Natalias Ehe als nach heidnischen Riten geschlossen, nicht gilt.
    Hierzu gefällt mir Natalias empörte Reaktion: "Meine Ehe gilt nichts, das wagst du zu denken?"
    Wenigstens auf diese Art Loyalität!

  • Zitat

    Original von Charlie
    Meine Aussage dazu war auch eher freundlich ironisch gemeint.
    Ich fand es eine hoechst bemerkenswerte, um nicht zu sagen erstaunliche Idee, als Kriterium fuer die Entscheidung ueber das Ueberleben von Romanfiguren deren Verdienste zu bemuehen.


    Aha ;-)
    Ich gebe zu, dass ich zunächst gestutzt hatte.


    Viele Grüße
    Kalypso