Peter Richter "Deutsches Haus"

  • Wie die Deutschen von der Wiege bis zur Barre leben erzählt Peter Richter
    in seiner Einrichtungsfibel "Deutsches Haus". Kapitelweise geht der promovierte kunsthistoriker, Jahrgang 1973, auf die Wohnverhältnisse
    der Deutschen in jedem Lebensabschnitt ein.
    Zu Beginn des Buches wagt der Autor das, was viele sich bislang nicht trauten, auszusprechen: Kein Mensch benötigt eine TV-Show, die einem den eigenen schlechten Wohngeschmack vor Augen hält.
    Richter rechnet gnadenlos mit den Tine Wittlers dieser Welt ab. Und diese Abrechnung geschieht mit soviel Humor, dass der Leser entsetzt festellt, dass das Lesen eines Sachbuches Vergnügen bereiten kann.
    Dabei scheint ihm nichts fremd zu sein; Standesdünkel kennt der Autor jedenfalls nicht, wenn er die soziokulturellen Unterschiede bei
    der Geburt deutscher Kinder aufzeigt. Die Elite wählt das Einzelzimmer im Krankenhaus, die alternative Klientel das Geburtshaus und
    die Arbeitslosengeld-II-Empfängerin verlässt nach der Entbindung schnellstmöglich die sterile Krankenhausstation.
    Mit wieviel Aufwand das Kinderzimmer hergerichtet wird, das ohne einen Ikea-Besuch nicht vonstatten gehen kann erfährt der Leser genauso wie
    was einem passieren kann, wenn man umzieht oder sich überlegt, Wohneigentum anzuschaffen.
    Bei all diesen Schilderungen wundert sich der Leser immer wieder über die Lebensklugheit und die Beobachtungsgabe des Autors, vor allem als es um das Leben im Alter und die eigene Beerdigung geht. Und wer wissen möchte, warum es eine Überlegung Wert ist, wieder in die Kirche einzutreten,
    dem sei das letzte Kapitel des Buches empfohlen.
    Peter Richter hat mit "Deutsches Haus" geschafft, was viele Einrichtungsexperten lange Jahre nicht vermochten, nämlich über das tatsächliche Wohnen und Leben in Deutschland zu schreiben.
    Was wäre das Buch ohne einen Wermutstropfen. Die gebundene Ausgabe strotzt vor Rechtschreibfehlern, die der Goldmann Verlag hoffentlich in der Taschenbuchausgabe korrigiert hat.


    Mein Fazit: Bestseller müssen nicht schlecht sein und dieses Buch ist der beste Beweis dafür. Unbedingt kaufen!