Die Gurkenflieger - Katharina Gerwens & Herbert Schröger

  • Kurzbeschreibung
    Das niederbayerische Kleinöd steht kopf: Der vierjährige Paul Daxhuber ist spurlos verschwunden. Die Großeltern, bei denen er aufwächst, seit seine Mutter Corinna ihn dort ablieferte, sind verzweifelt. Auch die polizeilichen Ermittlungen unter der Leitung von Franziska Hausmann werfen zunächst nur weitere Fragen auf: Warum verschwand Corinna damals so plötzlich? Hat sie womöglich ihr eigenes Kind entführt? Und welche Rolle spielen die polnischen Erntehelfer, die mit den Gurkenfliegern auf den Feldern ihre Runden drehen? Hinter der scheinbar idyllischen Fassade des Dorfes lauern ungeahnte Abgründe


    Über die Autoren
    Katharina Gerwens, geboren 1952 in Epe/Westfalen, verbrachte ihre Kindheit auf dem Dorf. Nach ihrer Ausbildung zur Journalistin arbeitete sie in verschiedenen Verlagen und ist heute als freie Lektorin und Autorin tätig. Sie lebt mit Mann und Kater in München.
    Herbert Schröger, geboren 1959, lebt als gebürtiger Münchner mit niederbayerischen Wurzeln in München-Giesing. Als glühender Anhänger des TSV 1860 München betreut er ein Fanmagazin redaktionell. Da er sich auch als freier Übersetzer betätigt, übernahm er es, den literarischen Geschöpfen von Katharina Gerwens, mit der zusammen er den Niederbayern-Krimi »Stille Post in Kleinöd« verfaßte, die richtigen bayerischen Idiome in den Mund zu legen.


    Eigene Meinung:
    Wer den ersten Niederbayern-Krimi "Stille Post in Kleinöd mag, wird auch "Die Gurkenflieger" mögen... alle anderen dagegen werden wohl mit diesem Buch nicht richtig warm werden :rolleyes .


    Man trifft als Leser nahezu alle aus dem ersten Band bereits bekannten Bewohner des Dorfes Kleinöd wieder; einerseits wird erzählt, was sich in den letzten 4 Jahren bei den einzelnen Familien ereignet hat, andererseits gibt es aber auch zahlreiche Rückblenden in die Vergangenheit und man erfährt einiges mehr über die Tochter der Daxhubers, Corinna, und deren plötzliches Verschwinden, als sie mit 18 Jahren das Heimatdorf verließ.
    Wieder sind die kleinbürgerlichen Charaktere der alten Genreration und ihr Verhalten typisch für ein bayerisches Dorf und die detaillreiche Schilderung ist meiner Meinung nach der große Pluspunkt dieses Buches. Über die ein oder andere Übertreibung sieht man dann auch gerne hinweg und bei der Fülle an sonstigen Informationen fallen sie alles in allem nicht wirklich auf.


    Gut fand ich auch die Abschnitte, in denen es um den/die Entführer/in geht und darum, wie er/sie den kleinen Paul dazu bringt zu glauben, das alles sei "nur ein Traum". Da lief mir manches Mal ein kalter Schauer über den Rücken, wenn ich mir vorgestellt habe, wie leicht es ist, Realität und Traum für ein Kind verschwimmen zu lassen...


    Ansonsten... naja... als Krimi an sich finde ich "Die Gurkenflieger" ziemlich schwach.
    Es werden zwar falsche Fährten gelegt ("Hat sie womöglich ihr eigenes Kind entführt? Und welche Rolle spielen die polnischen Erntehelfer, die mit den Gurkenfliegern auf den Feldern ihre Runden drehen?"), doch diese verlaufen sich nicht nur im Laufe der Ermittlungen, sondern auch im Buch an sich im Sande.
    Vieles hat - kriminaltechnisch gesehen - überhaupt keinen Bezug zueinander, ist überaus unrealistisch und echten Polizisten/innen wird wahrscheinlich beim Lesen das Grausen überkommen :grin .
    Was ich ausserdem ziemlich schwach finde, ist, daß der Titel des Buches überhaupt nicht passt. Zwar werden die niederbayerischen "Gurkenflieger" erwähnt und beschrieben, doch mit der eigentlichen Handlung haben sie letztendlich NICHTS zu tun. Sie sind lediglich ein typisches Detail für Niederbayernkenner und es scheint, als wollte sich die Autorin dies zu Nutzen machen, allerdings ohne recht zu wissen wie.


    Fazit: wenn man nicht den Anspruch hat, einen guten und spannenden Krimi zu lesen, sondern eher einen voyeuristischen Blick hinter die Dorfkulissen tun möchte, ist "Die Gurkenflieger" ein netter Kriminalroman, der sich gut zwischendurch lesen läßt.
    Nicht mehr und nicht weniger.

  • Hallo,


    ich kann mich da im großen und ganzen einfach Bücherelfin anschließen.


    Grundsätzlich erkannte ich das Dorfleben von daheim auch wieder. Konnte "mich" (bis auf das eigentliche Thema - die Entführung des kleinen Pauls) so ziemlich mit dem Dorfleben identifzieren. ;)


    In Sachen Krimi, bzw. Aufklärung des Falles, lief es meiner Meinung irgendwie nebenher.
    Im gesamten Buch habe ich mich auch immer wieder gefragt, was genau der Titel mit der Handlung zu tun habe. Im Grunde so gut wie nichts. Es bestand absolut kein Zusammenhang.


    Wenn man aber wirklich einfach mal etwas weniger spektakuläres zwischendurch lesen möchte, ist es ein netter Zeitvertreib.


    Wie geschrieben, schließe ich mich der Meinung an.

  • Also, wenn Du vorhast beide zu lesen, würde ich schon mit "Stille Post in Kleinöd" anfangen, denn mit dem Wissen über die Dorfbewohner, das man darin erhält, versteht man einiges in "Die Gurkenflieger" besser bzw. anders.


    Allerdings ist es nicht so, daß man den ersten Band zwingend gelesen haben muss, um "Die Gurkenflieger" verstehen zu können.

  • Die Gurkenflieger
    Katharina Gerwens & Herbert Schröger
    , Dezember 2008
    Piper, ISBN: 3492251617
    Seiten: 320


    "Die Gurkenflieger" ist der zweite Band der Reihe "Die Fälle Kriminalkommissarin Franziska Hausmann". Der erste Teil heißt "Stille Post in Kleinöd" und wurde schon von mir gelesen.


    Inhalt:
    Das niederbayerische Kleinöd steht kopf: Der vierjährige Paul Daxhuber ist spurlos verschwunden. Die Großeltern, bei denen er aufwächst, seit seine Mutter Corinna ihn dort ablieferte, sind verzweifelt. Auch die polizeilichen Ermittlungen unter der Leitung von Franziska Hausmann werfen zunächst nur weitere Fragen auf: Warum verschwand Corinna damals so plötzlich? Hat sie womöglich ihr eigenes Kind entführt? Und welche Rolle spielen die polnischen Erntehelfer, die mit den Gurkenfliegern auf den Feldern ihre Runden drehen? Hinter der scheinbar idyllischen Fassade des Dorfes lauern ungeahnte Abgründe...



    Über die Autoren:
    Katharina Gerwens, geboren 1952 in Epe/Westfalen, verbrachte ihre Kindheit auf dem Dorf. Nach ihrer Ausbildung zur Journalistin arbeitete sie in verschiedenen Verlagen und ist heute als freie Lektorin und Autorin tätig. Sie lebt mit Mann und Kater in München.


    Herbert Schröger, geboren 1959, lebt als gebürtiger Münchner mit niederbayerischen Wurzeln in München-Giesing. Als glühender Anhänger des TSV 1860 München betreut er ein Fanmagazin redaktionell. Da er sich auch als freier Übersetzer betätigt, übernahm er es, den literarischen Geschöpfen von Katharina Gerwens, mit der zusammen er den Niederbayern-Krimi »Stille Post in Kleinöd« verfasste, die richtigen bayerischen Idiome in den Mund zu legen.



    Meine Meinung:
    Der Titel "Die Gurkenflieger" finde ich nicht so passend, da die Gurkenflieger nur ein paar mal am Rande erwähnt werden und keine wichtige Rolle spielen. Die polnischen Gastarbeiter, die auf diesen "Gurkenpflückmaschinen" arbeiten, werden zwar verdächtigt den kleinen Paul entführt zu haben, aber das nur einen kurzen Augenblick.


    Das Cover zeigt Einweckglas mit Essiggurken, insofern passt der Titel doch wieder, aber eben nicht zum Inhalt. Ansonsten sieht man noch einen weiß-blauen Himmel mit Schäfchenwolken und Getreidehalme. Der Vermerk, dass es sich um einen Niederbayern-Krimi handelt ist sehr hilfreich.


    Insgesamt hat mir das Buch "Die Gurkenflieger" viel besser gefallen als der erste Band dieser Reihe. Ich habe mich gleich wieder heimisch gefühlt, da viele alte Bekannte u. a. der Dorfpolizist Schmiedinger und die Daxhubers auftauchen. Von Franziska und ihrem Kollegen Bruno fehlt anfangs noch jede Spur, aber als das Verbrechen verübt worden war, erscheinen sie sogleich auf der Bildfläche. In Hause der Blumentritts wohnen jetzt nicht mehr wie im vorherigen Band Lydia und ihre Tochter, sondern die Familie Blumentritt mit 2 Kindern u. a. dem Enzo, der später Journalist werden möchte und sich dafür jetzt schon ins Zeug legt. Er ist eine Art Junior-Reporter für den Landauer Anzeiger und unterstützt sozusagen Georg Cannabich mit Informationen aus Kleinöd.


    Georg Cannabich und Gertraud Halber sind neue Protagonisten und arbeiten beim Landauer Anzeiger, wobei Georg Redakteur und Getraud Sekretärin ist. Die Gespräche der beiden sind urkomisch und brachten mich oft zum Schmunzeln. Getraud ist nämlich an Georg interessiert, er hingegen ist froh, wenn er sie nicht sehen muss. Eine Szene ist dafür sehr charakteristisch: Georg sagt: "Liebe Frau Halber, Sie sind nun einmal das Sekretariat, das Vorzimmer und der Empfang - und ich bin kreativ. Und beim kreativen Arbeiten ist mir noch nie langweilig gewesen, im Gegenteil, da würde mich sogar jede Ablenkung stören, vor allem, wenn Sie so charmant ist wie Sie." Daraufhin strahlt Getraud Georg an und merkt dabei nicht, dass er das "charmant" ironisch gemeint hat...


    Der Dialekt wirkt zwar immer noch etwas übertrieben und gekünstelt an manchen Stellen, aber ich habe mich wohl daran schon gewöhnt. Wobei mir aufgefallen ist, dass das Bairische reduziert wurde und nicht mehr so häufig vorkommt wie in "Stille Post in Kleinöd". Durch den Dialekt wird das Buch ein wenig aufgelockert und es ergeben sich daraus auch witzige Stellen: "...Und schon hat's die stangerlgrad umg'haut."


    Der Satz ist sicherlich wahr: "Die Leut haben's heutzutag einfach viel zu eilig, als dass sie noch so ganz genau hinschauen täten. Aber dafür sehen s' dann auch irgendwann genau das, was sie eigentlich ned sehen sollen."


    Bei der Familie Daxhuber gab's wohl in der Vergangenheit Probleme, da ihre Tochter Corinna in jungen Jahren davongelaufen ist. Etwas später erhalten sie dann per Taxi ein Baby, das ihre Tochter ihnen schickt um auf ihn aufzupassen, für längere Zeit. Das Baby ist der kleine Paul, aber wer ist bloß sein Vater und warum hat Corinna ihn zu ihren Großeltern geschickt? Man erfährt im Buch mehr über die Vergangenheit der Familie Daxhuber und warum Corinna wegging.


    Die offenen Fragen vom vorherigen Buch werden leider nicht geklärt, man erfährt nur, dass im Hause Blumentritt jemand anders wohnt, aber nicht was mit Lydia Blumentritt passierte. Ihre Tochter sitzt im Gefängnis, aber sie? An einer Stelle wird allerdings der Satz: "Gott hab sie selig" erwähnt, vielleicht ist sie bereits gestorben...


    In "Stille Post in Kleinöd" hat sich angedeutet, dass sich Bruno und Ludwig gut verstehen. Man darf also gespannt sein wie es weitergeht.
    Als nun der kleine Paul verschwindet, vermutlich wurde er entführt, kann Franziska nicht anders und fährt nach Kleinöd, wo sie überschwänglich begrüßt wird, denn wo sie jetzt endlich da sei, können sie den Jungen auch wiederfinden. Franziskas Problem ist allerdings, dass sie sich in die Fälle so sehr hineinsteigert und immer als persönlich nimmt.


    Was mir allerdings bei dem Buch gar nicht gefallen hat, ist, dass die Lösung des Falls eigentlich schon mitten im Buch bekannt wird. Dadurch wird die Spannung geringer und man möchte nicht unbedingt weiterlesen. Mir gefällt es viel besser, wenn ich bis zum Ende mitraten kann wer der Täter ist und welche Motive er hat. Sehr positiv dagegen finde ich, dass in diesem Buch die neue Rechtschreibung verwendet wurde. Diesmal haben es die Autoren auch geschafft das Ende etwas spannender zu gestalten, in dem sie eine Person auftauchen lassen mit der keiner mehr gerechnet hätte.


    Am Ende hätte ich noch gerne mehr über Corinna und Paul bzw. seinem Vater erfahren. Im Großen und Ganzen ist es den Autoren gelungen ihre Ideen, im Vergleich zu "Stille Post in Kleinöd", besser umzusetzen. Und sollte ein dritter Band herauskommen, werde ich ihn auf jeden Fall lesen, da die Reihe besser zu werden scheint.


    Erster Satz: "Der Schrei war so laut und gellend, dass alle Gespräche schlagartig verstummten und sich sämtliche Händler und Besucher des Marktes der kleinen, blassen Frau zuwandten, die sich die Hand aufs Herz gelegt hatte, nach Luft schnappte und jeden Augenblick ohnmächtig zu werden drohte."


    Letzter Satz: "Hochwürden Moosthenninger unterbrach sich kurz, nahm einen kräftigen Schluck Bier, klopfte auf den Stapel mit den Spielkarten und fragte: Wer wär denn jetzte eigentlich dran mit Geben?"


    Fazit: "Die Gurkenflieger" ist eine gelungene Fortsetzung der Reihe um Franziska Hausmann, die mit etwas mehr Spannung und besser ausgefeilten Personen aufwarten kann.


    Ich vergebe 4 von 5 möglichen Punkten.