Eisland – Jenny Erpenbeck

  • Hörbuch


    Hörkultverlag, Eichborn, 1 CD, ca. 78 Minuten


    Gelesen von Katharina Schüttler, 2007


    Kurzbeschreibung:
    3 Geschichten aus dem Erzählungsband Tand aus dem Jahr 2001


    Über die Autorin:
    Jenny Erpenbeck wurde 1967 in Ostberlin geboren und lebt heute als freie Schriftstellerin und Regisseurin in Berlin und Graz. Für ihr Prosa-Debüt Die Geschichte vom alten Kind erhielt sie mehrere Stipendien und die Empfehlung des Aspekte Literaturpreises. Zuletzt erschien ihr Roman Wörterbuch (Eichborn Berlin, 2005). Die für das Hörbuch ausgewählten Kurzgeschichten Eisland, Im Halbschatten meines Schädels und Tand entstammen ihrem Erzählband Tand, welcher 2001 bei Eichborn Berlin erschienen ist.


    Über die Sprecherin:
    Katharina Schüttler, geboren 1979 in Köln, war schon als Kind in Film- und Fernsehproduktionen zu sehen, u.a. im Kinofilm Die Lok und mehreren Tatort-Folgen. Neben ihrer Arbeit für Film und Fernsehen spielte sie auch Theater, z.B. in Lolita (2002, Schauspiel Hannover) unter der Regie von Peter Kastenmüller oder in Hedda Gabler (2005, Berliner Schaubühne).


    Meine Rezension:
    Die 3 gut ausgewählten Geschichten sind ziemlich unterschiedlichen, besitzen aber einen gemeinsamen Ton, der komplett durchgehalten wird.


    Es beginnt mit Eisland, der Titelgeschichte dieses Hörbuchs.
    Die namenslose Protagonistin stammt aus Polen und kommt in eine Fischverarbeitungsfabrik in eine für sie fremde Gegend, in der sie sich in ein merkwürdiges Hotel einmietet. Es wirkt fast kafkaesk!
    Es sind Momentaufnahmen, die die Geschichte ausmachen. Erinnerungen durchziehen die Gedanken der Protagonistin.
    Jenny Erpenbeck gelingt es mit klarer, eigenständiger Sprache eine adäquate kristallklare und kühle Atmosphäre zu erzeugen.
    Die Geschichte selbst ist handlungsarm und erinnert sehr an das Niveau der Novelle „Die Geschichte vom alten Kind“, mit der die Autorin bekannt geworden ist.


    Im Halbschatten meines Schädels zeigt eine Dreiecksgeschichte. Der Stil ist sehr lyrisch, oft dominieren kurze Sätze. Z.B. „Ich höre die Stille!“ oder „Wir fallen! Wir stürzen!“
    Die Heldin, ihr Geliebter und dessen Frau stehen im Mittelpunkt der Handlung.
    Der Erschöpfungszustand der Protagonistin wird beim Zuhören spürbar.
    Sehr gut gemacht!


    Das Hörbuch schließt dann mit „Tand“, der Titelgeschichte des Erzählungsbands, dass alle 3 Geschichten lieferte.
    Erzählt wird ein längerer Zeitraum. Die Erzählerin spricht über ihre Großmutter, anfangs ist sie noch ein Kind, später als Erwachsene wird ihre Großmutter aufgrund einer Alzheimererkrankung nahezu wieder zum Kind und die Rollen wechseln. Sonst gibt es nur wenige Figuren. Ein Gärtner und eine Köchin werden zwar erwähnt, treten aber als Figuren nicht in Erscheinung.
    Detailgenau wird der Alltag geschildert. In dieser Intensität habe ich das selten gelesen.
    Das heimliche Thema ist die Sprache.


    Fazit: Die herausragende Sprache, über die Jenny Erpenbeck verfügt, lässt das handlungsarme vergessen. Es ist die Sprache selbst, die spannend wird. Ein bemerkenswerter Stil, ein hörenswertes Hörbuch!

  • Da mich das erste Buch, das ich von Jenny Erpenbeck las, „Gehen, ging, gegangen“, sehr beeindruckte, war es selbstverständlich, dass ich um dieses Hörbuch keinen Bogen machte, als ich zufällig darauf stieß.


    Der Titel der ersten Erzählung „Eisland“ passt nicht nur zur ersten Geschichte, die in Island spielt, er passt auch zu den beiden anderen, in denen es um Gefühlskälte geht.


    Es passiert nicht viel. Dennoch fesselt dieses Buch. Distanziert und mit genauester Beobachtung erzählt die Autorin vom Leben der Hauptpersonen. Es werden keine Gefühlswelten ausgebreitet. Allein die Beschreibung der Umgebung, Vorgänge und Gedanken strahlen Eiseskälte und Einsamkeit aus.

    Und irgendwann wurde mir bewusst, wie dieses Eisland auch in meinem Innersten hochkroch.


    Großartig!


    ASIN/ISBN: 382185460X