ALS BLINDER PASSAGIER von Quilombo Hoknay

  • Die Geschichte von einem, der durchgekommen ist.


    Klappentext:


    Tausende afrikanischer Flüchtlinge sterben Jahr für Jahr bei dem Versuch, in Europa ein besseres Leben zu finden. Dies ist die packende Geschichte von einem, der durchgekommen ist.


    Als Blinder Passagier auf einem Schiff landet der Togoer Quilombo Hoknay (Pseudonym) in Deutschland. Als vermeintlicher Oppositioneller und Befehlsverweigerer, als Deserteur und entflohener Strafgefangener, vom Militär gefoltert, von seiner Familie verstoßen.


    Da sein Asylantrag zunächst abgelehnt wird, setzt er alles daran, eine deutsche Frau zu heiraten, damit er bleiben kann. Um jede potentielle Chance zur „Beziehungsarbeit“ zu nutzen, lebt er bald in Polygamie wie sein Vater in Afrika. Mit dem Unterschied, dass seine Frauen nichts voneinander wissen und dass nicht er sie finanziert, sondern eher die Frauen ihn.


    Unter oftmals aberwitzigen Umständen schafft er es schließlich, seinen persönlichen Traum zu erfüllen: den Traum von einer ganz normalen bürgerlichen Existenz.


    Schonungslos erzählt der Protagonist sein bisheriges Leben. Eine Geschichte von Verzweiflung und Abenteuer, vom Überleben, von Voodoo, von Hass und von Liebe. Am Ende auch die Geschichte der erfolgreichen Integration eines Asylanten in die deutsche Gesellschaft - die doch so ganz anders verlief, als man sich das gemeinhin vorstellen möchte.


    Rezension:


    Wow! Der Mann hat was durchgemacht...
    Zum Thema Polygamie z.B. hatte ich persönlich bisher nicht viele Gedanken verloren. Macht und Spaß für den Mann eben - und eine Herabwürdigung der Frauen. Was es aber für ein Kind bedeuten kann, in einer polygamen Familie aufzuwachsen, welche starke Rolle die Polygamie für Mensch und Gesellschaft spielt, das erfährt man hier aus erster Hand. Und was es bedeutet, in der togoischen Armee zu dienen, als Oppositioneller verdächtigt, eingesperrt und gefoltert zu werden und schließlich flüchten zu können - das ist ein noch härteres Kapitel.
    Im ersten Teil des Buches schildert Quilombo Hoknay seine Kindheit und Jugend in Afrika und die spektakuläre Überfahrt nach Deutschland als Blinder Schiffspassagier. Im zweiten Teil erfährt man, wie er sich als Asylbewerber durchschlägt und auf "Frauenjagd" geht, um durch die Heirat einer Deutschen ein Bleiberecht zu erwirken. In beiden Teilen gibt es manch haarsträubende Episode, die einen kräftig schlucken lässt. Mal möchte man heulen für den Protagonisten, mal möchte man ihm links und rechts eins um die Ohren geben, aber nicht zu sachte.
    Und das ist - neben authentischen Einblicken in die Lebensverhältnisse Westafrikas einerseits und den Existenzkampf eines (zumal schwarzen!) Asylanten in Deutschland andererseits - für mich die besondere Stärke dieses spannenden Buches: die seltene Offenherzigkeit, mit der der Autor all das erzählt. Geradeaus und ehrlich, schonungslos auch sich selbst gegenüber.
    Dynamisch und dicht geschrieben in meist einfachen, knappen Sätzen ohne Blabla, ist dieser ungewöhnliche Schicksalsbericht zudem packend zu lesen - ein Literaturerlebnis, das nachwirkt.