"Old Jazz" von Mike Williams

  • Frank Harmon ist noch ein Kind, als er seine Mutter tot auf dem Küchenboden vorfindet; eine Erfahrung, die sein Leben in vielerlei Hinsicht völlig verändet. Das war's mit seiner Familie. Denkt er. Bis er viele Jahre später, als er längst schon Wahl-Australier ist, mitten in der Nacht einen Anruf aus England erhält. Die Dame gibt sich als Halbschwester zu erkennen, weitere Tochter seines unbekannten Vaters, der nun tot ist. Harmon geht nun auf Spurensuche und stößt auf zwei Jazzmusiker - seine Eltern - und eine untergegangene Epoche mit all ihren Geheimnissen. Dabei gewinnen er und seine (Viel-)Geliebte mehr als nur seine Familiengeschichte, gilt es doch, das eigene Leben neu zu bewerten und, vielleicht, zu verändern.



    Mike Williams wurde 1948 in England geboren und lebt seit seinem 15. Lebensjahr in Australien. Er hat sich in vielen Berufen versucht und arbeitet zurzeit als Buchhändler in Perth. Seit 1989 veröffentlicht er auch eigene Arbeiten, Prosa und Poesie. Sein Frank Harmon ist, wie es scheint, sehr viel mehr als ein lyrisches Ich: Die langen Wanderungen durch den westaustralischen Busch etwa und die Bedeutung, die ihnen zukommt, sind Williams' ureigene Erfahrung.




    Einer der wenigen Romane, bei denen Ich-Form und Präsens funktionieren. Sicherlich nicht die beste Geschichte, aber gut erzählt. Das Farmland, das in karges, von Eukalyptusbüscheln bestimmtes Land übergeht, Salz in der Luft, das vom Staub abgelöst wird, wenn die Küste nur mehr Erinnerung ist, all die Gerüche und die Farben Westaustraliens habe ich lange nicht mehr so intensiv empfunden. Allein deshalb lohnt sich's.
    Das Paar, das den Mond betrachtet, die Füße am Feuer, während die Eule ruft und die Nacht nach Rauch und Flusswasser riecht, der Mann auf den Klippen, der sein Saxophon fürs Meer spielt - solche Skizzen sind fast schon zuviel des Guten und je nach Stimmung des Lesers von wilder Schönheit oder eben pathetisch. Das gilt auch für die Gedichte Frank Harmons, die seine Liebe zu Australien und zum Jazz in Wortbilder bannen. Ich hab's sehr gerne gelesen.